Jongleur

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george

Mitglied
Jongleur

Mein bester Freund sagt über mich,
ich sei Jongleur,
und er hat Recht,
ich liebe diesen Lebenssport.

Nur wenn man oberflächlich hinsieht, ist’s
der Bälle Zahl, der Keulen oder Fackeln,
Termine, Menschen, Hobbies und Gefühle,
die mein Leben machen.

Viel spannender ist’s jedoch,
den Rhythmus immer neu zu finden,
die Muster, Regeln zu verändern
und trotzdem in der Luft zu halten.

Auch ich hab’ nur zwei Hände,
auch ich hab’ nur das eine Leben,
und trotzdem will ich ständig wieder
mein Leben neu erfinden.

Ich bin Jongleur,
ich übe täglich.


4.4.2003
 

george

Mitglied
Du weißt's ja inzwischen, Stoffel. Das mit den Bällen, Keulen etc. stimmt wirklich. Der Rest aber eben auch...

Die meisten Zuseher beim Jonglieren interessiert nur immer die Anzahl der Gegenstände (z.B. drei, vier, fünf Bälle - mehr ist sehr, sehr schwierig), die Muster sehen sie oft nicht. Für den Jongleur sind's die Muster, die den Sport interessant machen. Viele Drei-Ballmuster sind viel schwieriger als z.B. vier Bälle in der Luft zu halten (simples Beispiel: drei Bälle mit einer Hand zu jonglieren...)

Jonglieren erfordert viel Selbstdisziplin aber auch viel Kreativität. Genau das, was auch sonst wichtig ist - für mich wenigstens. Es ist eine Lebenseinstellung:

Die Muster verändern und Dinge mit verschiedenem Gewicht zu jonglieren, Erlerntes immer neu in Frage zu stellen...Und in Kauf zu nehmen, daß die Muster zusammenbrechen. Unweigerlich!! Fallenlassen ist ein Zeichen von Fortschritt..

Mit Bällen, Keulen, Fackeln habe ich übrigens schon lange nicht mehr jongliert. Den Rest jonglier' ich täglich...
 
S

Stoffel

Gast
He, da Du des Jonglieren mächtig bist,
so kann es sein,
das es mit anderen Dingen des Lebens durch diese Fähigkeit ja auch besser geht../klappt?

Ist es auch schon Jonglieren, wenn ichs mit zwei Apfelsinen kann?
Naja, wohl ein ganz guter Anfang, oder *smile*

lG
Stoffel
 

george

Mitglied
Auch mit einer einzigen Apfelsine oder einem einzigen Ball kann man tolle Sachen machen! z.B. über die Schulter werfen, vorne auffangen etc. Der Rhythmus ist's.

Die Einstellung hilft. Und es ist nicht das Jonglieren mit Gegenständen, was wirklich wichtig ist (siehe oben).

Noch was: Eine der interessantesten Varianten ist's, mit anderen zusammen zu jonglieren. Dann allerdings muss der Rhythmus stimmen. Auch auch in diesem Fall kommt unweigerlich das Ende: Eine/r lässt immer fallen. Genau das ist das Beste: Neu anfangen, vielleicht mit einem neuen Muster oder Rhythmus.
 
S

Stoffel

Gast
yes!
Du sagst es.
Gemeinsam jonglieren...

gute Idee..*grübel*

lG
Stoffel
 

Vera-Lena

Mitglied
Jonglieren

Hallo, george,

mein ganzs es Berufsleben hindurch gab es diese Jogliererei, und ich hatte immer das Gefühl drei Leben auf einmal zu leben. Um das alles überhaupt verarbeiten zu können, lag ich jede nacht zwei Stunden wach, um die Essenz aus allem Erlebten zu ziehen. Inzwischen habe ich endlich das Gefühl, nur noch ein Leben zu leben, und das Jonglieren, vor allem mit Worten, macht jetzt wirklich Spaß. "Das Leben immer wieder neu erfinden", das ist wirklich das Wichtigste, daß Du immer diese Quelle in Deinem Inneren spürst, die nie aufhört zu fließen.
Als ich gestern mein Gedicht "Spiel mit mir" geschrieben habe, kannte ich diesen Text von Dir noch nicht. Manchmal hat man eben parallele Gedanken. das Interssante daran ist, wie gleiche Ideen unterschiedlich bearbeitet werden. Mit Caruso hatte ich auch schon mal am selben Tag dasselbe Thema und mit Andrea am selben Tag denselben Titel.

Dein Text macht eine tiefgründige Aussage. Er gefällt mir sehr gut.

Liebe Grüße Vera-Lena
 

george

Mitglied
Danke, Vera-Lena,

für Deinen Kommentar. Das Schöne ist, daß ich zur Zeit trotz sehr vielen "Jonglierens" sehr gut schlafe. Ich habe einfach gelernt, nicht nur andern, sondern auch mir selbst Fehler zu verzeihen. Auch Profi-Jongleure lassen - wenn Sie an Ihre Grenzen gehen - vor Publikum hin und wieder eine Keule fallen. Dann wiederholt man halt den gleichen Trick nochmals.

Es ist ein gutes Gefühl sich wegzuentwickeln vom Perfektionisten zum Profi-Lebenden....

Liebe Grüße
 

Schakim

Mitglied
...dann wiederholt man eben den Trick nochmals...

Hi, george!

Deine Gedanken mit dem Jonglieren haben mir auch gefallen. Mehr noch die Antworten, die Du darunter geliefert hast, v.a. die an Vera-Lena.
"... Dann wiederholt man halt den gleichen Trick nochmals." Ich hoffe ja, dass Du nicht immer wieder versuchst, Dein Leben auszutricksen... Du solltest nicht schauspielern wie im Zirkuszelt, sondern die Realität am Schopf packen, wenn sie auch manchmal noch so hart ist!

Entschuldige, aber diese Gedanken kamen mir auf bei Deiner Antwort an Vera-Lena...

Wünsche Dir ein schönes Wochenende - übrigens "Rennen" hilft manchmal auch, um den Kopf wieder klar zu kriegen...!
Schakim
 

george

Mitglied
Hi Schakim,

danke für Deine Antwort. Nein, tricksen bringt nichts. Aber die Assoziation, durch das Wort "Trick" entstanden, ist einfach nicht richtig. Wenn Du "Trick" durch "Kunststück" oder "Muster" ersetzt, wird es sofort klar.

Fuer einen Jongleuer sind ist ein hohes Mass an Selbstkritik und Beständigkeit wichtig.
Wenn Du Fehler machst, ist ganz klar, wer sich verbessern muss: Du selbst.
Und es hilft nur eines: Neu anfangen.

Du kannst weder Ball, Ring, Keule austricksen, noch Dich selbst. Wenn das Muster nicht passt, passt's nicht. No tricks! Diskussionen und langes Hadern sind sinnlos. Immer wieder der Gedanke: Fallenlassen ist ein Zeichen von Fortschritt.

Noch'n Gedanke/Gefühl, der/das auch ausgesprochen werden sollte. Jonglieren ist das egoistischste, selbstbezogenste und harmonischste (!!!) Hobby, was ich je betrieben habe. Du mußt Dich ganz stark auf Dich selbst beziehen, hoch konzentriert jede Deiner Bewegungen am Anfang bewußt einsetzen, sie sezieren, Stück für Stück aufbauen bei einem neuen Muster. Üben, üben, üben.

Die Welt besteht nur noch aus den vier Bällen, drei in der Luft, zwei auf der linken Seite, einer kommt gerade runter, der andere fliegt innen an ihm vorbei auf dem Weg nach oben, der dritte "steht" gerade einen Meter über Deinem Kopf, 20 cm nach rechts versetzt oberhalb der rechten Hand. In der rechten Hand fühlst (!!) Du noch den vierten Ball, den Du gerade nach oben wirfst, innen vorbei am dritten Ball. (Versetztes Vierball-Jonglieren, jeweils zwei Bälle bleiben ein einer Hand.). Beim Fangen siehst Du nicht hin, der Ball kommt automatisch in Deine Hand, die Hand findet ihn schon (wenn Du richtig abgeworfen hast!!) Dein Blick geht zwischen den Bällen nach vorne oben, durch Dein Muster hindurch. Das Tolltste ist das Gefühl in den Händen, wenn du Tennisbälle nimmst (Klasse Oberfläche), die mit Wasser gefüllt sind (deswegen kannst Du mit einem Jongleur immer in die Wüste gehen!!!!!). (Almost) better than sex!

Na, habe ich Dir jetzt Lust auf's Jonglieren gemacht? Ich warne Dich aber: Bis Du vier Bälle jonglieren kannst, dauert es mindestens ein Jahr, tägliches Üben vorausgesetzt, wenn Du ein blutiger Anfänger bist.

Jonglieren hat sehr, sehr viel Verwandtes mit dem Schreiben. Die Selbstbezogenheit, Konzentration sind ähnlich, die Anzahl der Muster ist unendlich. Erst dann, wenn etwas halbwegs Stimmiges zustande gekommen ist, kannst Du wieder auf Andere zugehen...

Es gibt aber auch drei Unterschiede, m.E:
a) Die Schwerkraft kannst Du nicht abschalten. Runtergefallen ist runtergefallen!
b) Es gibt keinen perfekten Jongleur.
c) Du bist nie fertig.

Einen schönen Samstag, Du Reime-Pharao!
No tricks!
 

george

Mitglied
Dacht' ich's mir doch.
Ein Tip, Schakim, für's Vierball-Jonglieren (so geht's am Anfang am leichtesten)

Lern zuerst zwei Bälle in einer Hand zu jonglieren. Den "unteren" Ball, innen vorbei nach aussen werfen. Wenn Du das mindesten dreissig Mal mit beiden Händen beherrschst, dann machst Du es gleichzeitig mit beiden Händen (dabei versetzt loswerfen, wenn Du die "unteren" Bälle gleichzeitig loswirfst, ist es viel schwieriger!)

Joggen? Gute Idee. Aber ich muss noch mein Motorrad heut' zum Laufen bringen. (Streng geheim).
Herzliche Grüsse
 



 
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