K.

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Paul

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K.

Ich mochte K.
K. war eher einer von den Unauffälligen. Ein ruhiger Typ, wie man so sagt. Er hatte einen etwas eigentümlichen Humor, was ihn nicht gerade zum Liebling der Kollegen machte. Ich mochte ihn gerade deswegen.
K. redete nicht viel. Warum auch.
Nach seinem Urlaub kam K. nicht wieder.
Anfangs wusste keiner, wo er abgeblieben war. Seine Arbeit hatte einfach ein anderer übernommen, als wäre K. niemals da gewesen. Sehr seltsam, wie ich fand. Ich vermisste ihn. Er hatte eine gute Ausstrahlung gehabt, fand ich. Was immer gut bedeuten mag.
Allmählich machte das Gerücht die Runde, dass K. erkrankt sei. Man wusste zunächst nichts genaues. Es wurde viel spekuliert. Ein Unfall? Psychisch? Sucht? Burnout?
Alles war möglich.

Später erfuhr man, K. hat Krebs.
Bösen Krebs, wie sie sagten. Was immer böse bedeuten mag.
Er bekäme Anwendungen und würde noch länger fern bleiben. Wenn überhaupt jemals wieder kommen.
Anwendungen.
Keiner sagte. Chemo oder Bestrahlung.
Anwendung klang so nach Kuraufenthalt mit Fangopackungen und Wassertreten. Derweil kotzte er sich wahrscheinlich irgendwo die Seele aus dem Leib und die Haare fielen ihm büschelweise aus.
Chemo ist auch böse.
Böses gegen böses.

Nach einem halben Jahr kam K. plötzlich wieder.
Er arbeitete anfangs nur halbtags. Wiedereingliederung. In die Kette. In das Zahnradsystem.
Er war etwas dünner geworden und trug jetzt einen Kurzhaarschnitt.
Die Gerüchte verebbten jäh und etwas anderes wurde zum Thema. Über K.´s böse Krankheit wurde tunlichst nicht mehr gesprochen. Als wäre nichts gewesen.
Als ich K. das erste mal wieder sah, sagte ich zu ihm: „ Schön dass du wieder da bist.“
Er schaute mich lange an. Seine Äuglein blitzten.
K. sagte nichts. Warum auch.

Ich mochte K.
Ich glaube er mich auch.
 

Ofterdingen

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Hallo Paul,

Mir gefällt an deinem Text, dass du versuchst, ihn knapp zu halten und zuzuspitzen. Durch die verwendeten Kontraste gut – böse, reden – nicht reden, etwas sagen – etwas anderes nicht sagen usw. wird er für meinen Geschmack jedoch ein bisschen zu plakativ und holzschnittartig. Habe ihn aber gerne gelesen, hat was Anrührendes.

LG,
Ofterdingen
 



 
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