Kalis Brut

nemo

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Ich habe mal einen alten Text überarbeitet un korrigiert.
Hier das Ergebnis.Kalis Brut

Kalis Brut

Diese Stadt ist ein verregnetes Drecksloch. Ein Albtraum aus Stahlbeton, in dem sogar die Ratten vermeiden an die Oberfläche zu kommen. Jeder Blick zum Himmel endet in einer Depression; eine graue, von schwarzen Rauchschwaden durchzogene Wolkendecke hängt tief über den phallusartigen Gebäuden der Konzerne. Die Sonne hat schon längst ihre Versuche aufgegeben dieses verseuchte Stück Erde zu berühren.
Night City. Die Stadt der ewigen Nacht. Ein wahr gewordener Albtraum.
Wie Ungeziefer kriecht der menschliche Abschaum durch die, in künstliches Licht getauchten, Strassen. Immer auf der Suche nach dem Kick, der Befriedigung ihrer niederen Instinkte. Dicke, schwere Regentropfen explodieren vereinzelt auf den asphaltierten Strassen. Es dauert nicht lange und aus dem leichten Schauer wird ein strömender Regenvorhang. Der Geruch von Ozon vermischt sich mit dem süßlichen Gestank des Todes und kündigt ein nahendes Gewitter an.
Es ist weder der richtige Ort zum Leben, noch der richtige Ort zum Sterben. Doch für Clive Danton könnte es keine bessere Stadt geben. Er ist ein Geschöpf der Nacht. Ein Schattenwesen, angepasst an das endlose Zwielicht. Ein unruhiger Geist, begierig nach Erlösung, gefesselt an das Sein. Von dem was er einst liebte, ist nur noch ein Haufen Asche übrig. Julia....

Zwei Jahre sind vergangen, seit sich ihr Gesicht, zu einer schmerzverzehrten Fratze erstarrt, in sein Gehirn einbrannte. Es waren keine einfachen Jahre für Danton gewesen. Der Schmerz und die Selbstvorwürfe hatten ihn beinahe wahnsinnig gemacht. Er quittierte seinen Dienst bei der Night City Police, verkaufte sein Haus, ließ sich eine Adrenalinpumpe und eine elektronische Zielhilfe einbauen und durchstreift seitdem die Stadt auf der Suche nach dem Mörder seiner Frau. Die Ermittlungen der N.C.P. waren ohne Ergebnis abgeschlossen worden; es gab in Night City jährlich mehr Morde als sonst wo auf der Welt und nur jeder Zehnte wurde aufgeklärt. Doch Danton hatte niemals aufgegeben. Immer wieder hatte er sich die Bilder des Tatort angeschaut, immer wieder den blutdurchtränkten Teppich vor Augen, die Leiche Julias, die Glieder in einem unnatürlichen Winkel von sich gestreckt, wie eine leblose Marionette. Immer wieder starrte er auf das Loch in ihrer Brust, aus dem sorgfältig das Herz und die Nieren entnommen wurde. Er hatte die Theorien der Polizei, nach denen es sich um einem Mord der Mafia gehandelt hatte, die neben ihren traditionellen Geschäften ihre Finger auch nach dem florierenden Organhandel erstreckt hatten, nie geglaubt. Viel mehr sah es für Danton nach der Tat eines einzelnen wahnsinnigen Teufelsanbeter aus, oder vielleicht sogar nach einer Sekte, die mit den Organen irgendwelche durchgedrehten Messen abhielten. Seine Vermutungen stießen bei der Polizei allerdings auf taube Ohren, und so entschloss er sich seinen eigenen Weg zu gehen. Einen Weg der ihn dort hingeführt hat wo er nun steht.

Der Regen hat nachgelassen und eine salzige Brise zieht vom Meer, über die Docks von Night-City. Es riecht nach altem Fisch und das Gekreische der Möwen scheint allgegenwärtig zu sein. Danton steht im Schatten eines Schiffcontainers und beobachtet eine verlassene Lagerhalle. Die Fenster des Gebäudes sind mit Holzbrettern zugenagelt und das Mauerwerk wird scheinbar nur durch ein physikalisches Wunder vor dem Zusammenbruch bewahrt. Die Halle befindet sich am Rande des Hafens, außerhalb der Freihandelszone, wo die Wachmannschaften der Hafengesellschaft nur sporadisch patrouillieren. Clive Danton steht dort nun schon seit einige Minuten und seine Aufmerksamkeit gilt einem schwachen Lichtschein, der durch ein Loch in einem der Bretter dringt. Er zittert - nicht weil es kalt ist - eher aus einer Mischung aus Angst und Aufregung, die sich langsam in ihm ausbreitet. Er berührt den kalten Stahl seiner 45er, die in seinem Schulterholster steckt. An seinem Hals kann er das Pochen seines Pulses spüren, wie der stete Paukenschlag auf einer römischen Galeere.

Er weiß, dass sie dort drin sind. Kalis Brut; Spinner, Idioten, geblendet durch den Glauben an einer alten hinduistischen Gottheit. Bereit Menschen zu opfern, um sich das Wohlwollen eines ätherischen Wesens zu sichern. Eigentlich hätte Clive die Polizei alarmieren sollen, als sich sein Verdacht verdichtet hatte. Aber diese Sekte ist eine Krankheit, ein Tumor, der sich in dieser Stadt eingenistet hat und langsam Metastasen bildete. Die Zeit war nun gekommen, einen kleinen chirurgischen Eingriff zu tätigen. Danton tritt aus dem Schatten, zieht seine Waffe und geht ohne zu zögern auf die Lagerhalle zu. Ein großes blechernes Eingangstor, in dem eine kleinere Tür eingelassen ist, versperrt ihm den Weg. Er nimmt kurz Anlauf und lässt sein ganzes Gewicht gegen die Tür krachen. Sie gibt nach und fliegt einige Meter in die Lagerhalle hinein. Danton lässt einen Blick durch die Räumlichkeit fliegen, um die Lage zu checken. Zehn Männer, in schwarzen Kutten gehüllt, starren ihn staunend an. Sie knien vor eine bronzenen Statue, die eine Frau mit vier Armen darstellt. Die Figur ist mit einem eindrucksvollen Schwert bewaffnet und in den anderen Händen hält sie abgetrennte, menschliche Köpfe. Kali, die Mutter der schwarzen Erde, Göttin des Verfalls und der Zerstörung. Ihr Antlitz war das Zerrbild eines Frauengesichts, mit einer langen, gewundene Zunge, die aus ihrem raubtierhaftem Maul ragte. Dieser Anblick reicht, um in Danton einen Schalter umzulegen. Er spürt das Kribbeln des Adrenalins, das durch seine Venen schießt. Die Miene der Betenden verändert sich; die Überraschung weicht aus den Zügen und macht Platz für hasserfüllte Blicke. Sie schießen auf und ziehen Schwerter und Dolche hervor. Danton schaltet die elektronische Zielvorrichtung ein und vor seinen Augen erscheint ein Kreuz sowie eine Reihe von Informationen, die er jedoch nicht wirklich wahrnimmt. Er hebt die Waffe und krümmt den Finger. Erst einmal, dann immer wieder. Er bewegt sich wie im Traum und betätigt unentwegt den Abzug seiner Waffe. Es vergehen keine dreißig Sekunden und die Kultisten sind alle erledigt. Alle bis auf einen, der sich hinter der Statue verkrochen hat. Erst jetzt wird Danton wirklich bewusst, was für ein Gemetzel er angerichtet hat. Er würgt und übergibt sich auf das, was vor ein paar Sekunden noch, ein lebender Mensch gewesen war. Wie durch ein Schleier nimmt er das Klicken seiner Adrenalinpumpe wahr, die sich automatisch ausschaltet. Danton spürt einen kalten Schauer durch sein Rückgrat fahren und am liebsten hätte er sich jetzt hingelegt um zu sterben. Aber er ist noch nicht fertig. Er durchschreitet den Raum, schleicht an den Toten vorbei, als hätte er Angst sie zu wecken, und nähert sich der Statue. Er stellt sich mit dem Rücken an den Sockel und riskiert einen Blick um die Ecke, aber dort ist keiner. Allerdings kann Danton eine kleine Öffnung in dem Sockel der Statue erkennen. Vorsichtig nähert er sich und sieht, dass sich dort eine Treppe befindet die nach unten führt. Langsam tritt er in die Dunkelheit. Als Danton am Fuß der Treppe angelangt ist, schaut er in einen langen, hohen Gang, an dessen Ende ein flackerndes Licht, wie das einer Fackel, ein großes geöffnetes Gittertor aus Metall offenbart. Er nähert sich, immer noch darauf bedacht keinen überflüssigen Lärm zu machen, bis er einen Einblick in den höhlenartigen Raum hinter der Tür bekommt.
Ihm stockt der Atem.

Inmitten dieses Raums hockt ein drei Meter großes Wesen, das in einer Hand den abgetrennten Kopf des letzten Sektenmitglieds hält. Es hockt kauernd über dem Leichnam des Mannes und wühlt mit ihren restlichen drei Armen in seinem offenen Brustkorb. Plötzlich holt es etwas hervor, das Danton, als ein Herz erkennt und stopft es sich gierig in den Schlund. Es kaut schmatzend, hebt den Kopf und blickt Danton für den Bruchteil einer Sekunden in die Augen. Die Adrenalinpumpe schaltet sich ein, Danton hebt die Waffe und drückt ab.
Klick. Waffe leer. Eine Panikwelle überrollt Danton. Klick. Klick. Klick.
Das Wesen bäumt sich auf, stößt ein tiefes Knurren aus und beginnt in Dantons Richtung zu laufen. Danton sucht hektisch in seiner Jackentasche nach einem neuen Magazin. Die Bestie kommt immer näher. Sie senkt den Kopf und streckt alle ihre Arme aus, als wolle sie Danton umarmen. Ihre Zunge schießt aus ihrem Maul und zuckt wie eine Schlange auf Speed. Danton versucht ihr auszuweichen, doch die Kreatur ist zu schnell. Dantons Schrei hallt durch den Gang; auch dann noch, als sein Kopf bereits von seinem Körper getrennt ist.
 

MDSpinoza

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Hmmm, überprüf mal die Rechtschreibung, speziell Groß- und Kleinschreibung.
Mal etwas Fachliches: Mit einer Walther PPK (7,65mm oder 9mm kurz) würde ich mich nicht in so ein Abenteuer stürzen, die ist zu windig. Außerdem, was meinst Du mit Munitionsclip? Etwa ein Magazin? Wenn Du wirklich im Gefecht von einem Clip nachladen willst, viel Spaß, das heißt, die Patronen einzeln vom Clip zu puhlen, sie dann einzeln ins Magazin zu drücken, das Magazin zu wechseln - bis dahin bist Du längst tot. Wenn Dir Dein Held etwas wert ist, gönne ihm mindestens eine .45er, besser einen großen Revolver.
 

MDSpinoza

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Noch etwas, zum Schreien braucht man leider den Kopf. Nur mit einer abgerissenen Luftröhre kriegt man keinen Ton raus. Es sind solche Ungenauigkeiten, die eine Geschichte töten können.
 

jon

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Teammitglied
...und zusätzlich zu dem eben Gesagten empfehle ich, die Atemlosigkeit des Textes etwa zu brechen. Die Stärke, die Power, die ständige Anspannung, die mitschwingt, finde ich durchaus passend, aber einige Absätze mehr würden Raum zum Luftholen lassen.
 

Mazirian

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Hi Nemo,

also ich finds recht spannend geschrieben und bin eigentlich auch nicht der Meinung, dass der Text zu atemlos ist. Eigentlich heißt, ich würde ihn nicht wesentlich erweitern, sondern statt dessen die Vergangenheitsform als Erzählform wählen. Das schafft ein kleines bisschen mehr Distanz zwischen Leser und Handlung.
Ich nehme an, die Gegenwart hast du gewählt, damit man als Leser "näher dran" ist. Aber zum einen ist der Text ohnehin sehr rasant, zum anderen produziert es bei den Rückblenden etliche Zeitfehler
Beispiel:
Aber diese Sekte IST eine Krankheit ... die Zeit WAR nun gekommen... (ist nun gekommen)
...der sich in dieser Stadt eingenistet HAT ... und langsam Metastasen BILDETE (Metastasen bildet oder gebildet hat).

noch zwei kleine Sachen:

die Miene der Betenden verändert sich -> die Mienen der Betenden verändern sich (mehrere Betende haben natürlich auch mehrere Mienen)

die Glieder in einem unnatürlichen Winkel von sich gestreckt -> die Glieder in unnatürlichen Winkeln von sich gestreckt (mehrere Glieder, mehrere Winkel).

Vielleicht würde ich noch ein wenig den misanthropischen Unterton am Beginn dämpfen (...wie Ungeziefer kriecht der menschliche Abschaum...), den da spricht noch nicht Danton, sondern noch der Erzähler, jedenfalls beim ersten Lesen.

schönen Gruß und frohes Neues

Achim
 



 
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