Katharina III

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Katharina III

Katharina war ihm irgendwie zwischen die Dielen gerutscht.
Jetzt hockte er auf dem Boden und spielte mit Wollmäusen, ganz Kater, weil die Nacht viel zu lang war und immer noch pochte und das Bett voll mit ihrem Geruch, den er sich aufheben wollte für den Abend, wenn der Tag ihn durchgekaut haben würde und ihm die Klarheit käme, dass sie wieder weg war, fürs Erste oder auch länger und er aber kein Vermissen, keine Sehnsucht empfinden wollte oder konnte, da ja weiterhin die Sonne schien – bestimmt, irgendwo – eine Sonne, unter der sie lachte wie ein kleines, erschrockenes Tier, weil auch sie es nicht zu fassen bekam und aber einfach hineinbeißen wollte, eine seltsame Sonne allerdings, die gar nichts schön färbte oder wärmte sondern nur draufknallte, als wäre alles immer nur simpel, ein Licht, mit dem man erst einmal zurechtkommen musste.
Was dauern konnte.
Und dann war sein kleiner Finger der Henkel der Kaffeetasse und seine Schulter steckte ihm im Ohr, ganz verknotet, das alles, wie, damit man nicht vergäße, an etwas Bestimmtes zu denken, das aber mit einem selbst scheinbar gar nichts zu tun hatte, weil man in jenem Moment nur froh war, heilfroh, dass sich eine Art Decke über den Riss legte, der quer durch die Tage verlief und der dadurch natürlich aber nicht verschwunden war sondern weiterhin wie eine Fallgrube lauerte, ein Riss, durch den hindurch man bereits mehr als einmal hinausgefallen war aus der Stube, in der man andernfalls gestorben wäre.
Und dann fand man plötzlich alles vollständig verändert, auf hübsche Art zwar, aber eben auch so, als würde das Ganze beim nächsten kleinen Niesen oder Blinzeln aus den Regalen stürzen wie eine ewige Lawine, was immerhin irgendwie zum Winter passen würde, dachte er, und dann, dass das niemals wieder jemand sortieren könnte danach, auch nicht der Frühling und nicht der Sommer und nicht die Eichhörnchen, die Teufel waren, wie jeder wusste, und holte tief Luft am offenen Fenster.
Man kann's aber auch übertreiben, dachte er.
 

Val Sidal

Mitglied
eenemenetekel,

deinem Text gelingt es sehr gut, die Gefühlsgemengelage eines jungen Mannes (auf zwischen 25 und 35 schätze ich ihn) in einer einzigen Szene einzufangen: Angst vor dem endgültigen Verlust, Leid und Selbstmitleid, Hilflosigkeit aber auch etwas Abgestumpftsein und ein noch atmender Instinkt für die Selbsterhaltung.

Ich habe einige Vorschläge eingearbeitet, die meiner Meinung nach den Text zugänglicher machen, ohne dabei deine erzählerische Intention (zu sehr) zu beeinträchtigen:

Katharina war ihm irgendwie zwischen die Dielen gerutscht.
Jetzt hockte er auf dem Boden und spielte mit Wollmäusen, ganz Kater, weil die [blue]viel zu lange[/blue] Nacht [strike][red]war und[/red][/strike] immer noch pochte und das Bett voll mit ihrem Geruch, den er sich aufheben wollte[blue]Komma[/blue] für [strike][red]den Abend[/red][/strike][blue]später[/blue], wenn der Tag ihn durchgekaut haben würde und ihm die Klarheit käme, dass sie wieder weg war, fürs Erste oder auch länger[blue]Komma[/blue] [red][strike]und[/strike][/red] er aber kein Vermissen, keine Sehnsucht empfinden wollte [strike][red]oder konnte[/red][/strike] [red](oder konnte: das ist unstimmig; der ganze Absatz zeigt das Gegenteil. Der Erzähler weiß alles – auch das.)[/red], da ja weiterhin die Sonne schien – bestimmt, irgendwo – eine Sonne, unter der sie [blue]vielleicht/wahrscheinlich[/blue][red](die Perspektive sollte beibehalten werden, sonst bricht das Bild)[/red] lachte wie ein kleines, erschrockenes Tier, weil auch sie es nicht zu fassen bekam und aber einfach hineinbeißen wollte, eine seltsame Sonne allerdings, die gar nichts schön färbte oder wärmte[blue]Komma[/blue] sondern nur draufknallte, [red][strike]als wäre alles immer nur simpel, ein Licht, mit dem man[/strike][/red][blue]als wäre es nur ein neues Licht, mit dem man einfach[/blue] erst einmal zurechtkommen musste.
[blue](Abschnitt - Leerzeile)[/blue]
Was dauern konnte.
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Und dann war sein kleiner Finger der Henkel der Kaffeetasse und seine Schulter steckte ihm im Ohr, ganz verknotet, [strike][red]das alles[/red][/strike] [red](überfflüssig)[/red], wie, damit man nicht vergäße, an etwas Bestimmtes zu denken, das aber mit einem selbst [strike][red]scheinbar[/red][/strike] gar nichts zu tun hatte, weil man[red] [strike]in jenem Moment[/strike][/red] nur froh war, heilfroh, dass sich eine Art Decke über den Riss legte, der quer durch die Tage verlief [strike][red]und der[/red][/strike][blue]aber[/blue] dadurch natürlich aber nicht verschwunden war sondern weiterhin wie eine Fallgrube lauerte, ein Riss, [strike][red]durch den hindurch man bereits mehr als einmal hinausgefallen war aus der Stube[/red][/strike][blue]durch den man bereits mehr als einmal hindurchgefallen war aus der Stube[/blue], in der man andernfalls gestorben wäre.
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Und dann fand man plötzlich alles vollständig verändert, auf hübsche Art zwar, aber eben auch so, als würde das Ganze beim nächsten kleinen Niesen oder Blinzeln aus den Regalen stürzen wie eine ewige Lawine, was immerhin irgendwie zum Winter passen würde, dachte er, und dann, dass das niemals wieder jemand sortieren könnte danach, auch [strike][red]nicht der Frühling und nicht der Sommer und[/red][/strike][red](das ist hübsch wg. Winter und so, schwächt aber die Eichörnchen-Wirkung)[/red] nicht die Eichhörnchen, die Teufel waren, wie jeder wusste, und holte tief Luft am offenen Fenster.
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Man kann's aber auch übertreiben, dachte er.
Vielleicht kannst du damit was anfangen.
Wenn meine Lesart deine Intention nicht trifft, dann -- Pardon.
 
U

USch

Gast
Hallo eenemenetekel,
eine für mich ungewöhnliche, aber kreative Art zu schreiben. Dieses stakkatohaft Treibende hat was. Die schnell wechselnden Bilder erfordern erhöhte Aufmerksamkeit. Ich mußte viele Teile mehrmals lesen, um da mitzukommen. Aber das ist vielleicht eher ein Problem meines Alters. Als Film ginge das nicht für mich, es sei denn ich sehe ihn auf DVD und könnte bei Bedarf zurückspulen.
Jüngere Menschen, die schon als Jugendliche mit PCs und Computerspielen aufgewachsen sind, haben nachgewiesenermaßen andere Gehirnstrukturen entwickelt, die es ermöglichen schnelle Schnitte besser zu verarbeiten.
LG USch
 
moin val!

vielen dank für die intensive beschäftigung mit dem text und die guten vorschläge!
vor allem die gliederung wird deutlich griffiger durch die eingefügten leerzeilen.

zu den anderen punkten:
weil die [blue]viel zu lange[/blue] Nacht [red][strike]war und[/strike][/red] immer noch pochte und das Bett voll mit ihrem Geruch
hier werde ich wohl die ursprüngliche version beibehalten, da so - für mein verständnis - die nacht und der geruch enger verbunden sind.
den er sich aufheben wollte[blue]Komma[/blue] für [red][strike]den Abend[/strike][/red][blue]später[/blue]
ist besser. "später" bietet dem prot mehr raum.
[red][strike]oder konnte[/strike] (oder konnte: das ist unstimmig; der ganze Absatz zeigt das Gegenteil. Der Erzähler weiß alles – auch das.)[/red]
völlig richtig - wird entfernt.
eine Sonne, unter der sie [blue]vielleicht/wahrscheinlich[/blue][red](die Perspektive sollte beibehalten werden, sonst bricht das Bild)[/red] lachte
guter hinweis. es stünde auch noch "bestimmt" zur wahl. das muss ich noch entscheiden ...
[red][strike]als wäre alles immer nur simpel, ein Licht, mit dem man[/strike][/red][blue]als wäre es nur ein neues Licht, mit dem man einfach[/blue] erst einmal zurechtkommen musste.
hier bin ich noch unschlüssig.
[red][strike]das alles[/strike] (überfflüssig)[/red], wie, damit man nicht vergäße, an etwas Bestimmtes zu denken, das aber mit einem selbst [red][strike]scheinbar[/strike][/red] gar nichts zu tun hatte, weil man [red][strike]in jenem Moment[/strike][/red] nur froh war
werde ich wahrscheinlich streichen.
[red][strike]durch den hindurch man bereits mehr als einmal hinausgefallen war aus der Stube[/strike][/red][blue]durch den man bereits mehr als einmal hindurchgefallen war aus der Stube[/blue]
"hindurchgefallen war aus der stube" gefällt mir nicht.
[red][strike]nicht der Frühling und nicht der Sommer und[/strike](das ist hübsch wg. Winter und so, schwächt aber die Eichörnchen-Wirkung)[/red]
hmm. das kann ich leider nicht ändern. frühling und sommer sind zwei der wenigen dinge, an die prot bisher wirklich glauben konnte - etwa nach dem motto "jeder winter geht vorbei". dass er jetzt aber auch daran zweifelt, unterstreicht meines erachtens seine gefühlslage.
und die teuflischen eichhörnchen ... wenn sie unmittelbar nach "sortieren" erscheinen, ergibt sich für mich die assoziation "putzteufel", was aber nicht gewollt ist.
nein, sie sind richtige teufel - schwefelstinkend und mit dreizack, den sie prot abwechselnd entweder in den hintern, den magen oder die augen rammen, was sein weltbild auf gewisse art zurechtrückt.
auch dass ihre wirkung durch die eingeschobenen jahreszeiten geschwächt wird, finde ich nicht: eichhörnchen sind erschreckend, egal zu welchem zeitpunkt und in welchem zusammenhang sie auftauchen. hoffe ich zumindest ... ;)

deine lesart hat mir auf jeden fall weitergeholfen!

danke nochmal und lg
 
moin usch!

danke auch dir für das feedback!

ja, die katharina-texte sind experimente. ihr stil ist auch für mich neu, und ich versuche zu ergründen, was er leisten und wie weit man ihn treiben kann.
mir gefällt das tempo und der rhythmus; aber natürlich fordert dies eine hohe konzentration seitens des lesers.
auch für mich selbst wäre es wahrscheinlich unerträglich, mehr als etwa zwei seiten in dieser schreibweise am stück zu lesen ... ;)

lg
 

Val Sidal

Mitglied
eenemenetekel,

freut mich, dass du mit meinen hinweisen arbeiten konntest.
quote:nicht der Frühling und nicht der Sommer und(das ist hübsch wg. Winter und so, schwächt aber die Eichörnchen-Wirkung)

hmm. das kann ich leider nicht ändern. frühling und sommer sind zwei der wenigen dinge, an die prot bisher wirklich glauben konnte - etwa nach dem motto "jeder winter geht vorbei". dass er jetzt aber auch daran zweifelt, unterstreicht meines erachtens seine gefühlslage.
... war mir klar, dass du der kleinen szene nicht aus versehen eine nahezu vollständige jahreszeitenaufzählung zumutest. möglicherweise ist dieser aspekt auch in einem (für den leser nicht zugänglichen) größeren zusammenhang wichig.
das problem sehe ich darin, dass, der erzähler mit ", dachte er" den bewusstseinstrom des protagonisten aufgreift. so erscheint es mir unglaubwürdig, den protagonisten in seinem inneren monolog "nicht der Frühling und nicht der Sommer" sagen zu hören. es klingt nach erzähler-kommentar.
wie findest du so was:
[blue]was immerhin irgendwie zum Winter passen würde und danach auch kein Frühling wieder sortieren könnte - auch und nicht der Sommer -, dachte er, und nicht die Eichhörnchen, die Teufel waren,[/blue]
... ich finde, das hätte einen selbstironischen anklang, womit der aufzählcharakter aufgeweicht und die hinleitung zum letzten satz geschmeidiger wäre. aber: reine geschmackssache. nicht böse sein!

PS: habe gestern fast ein eichhörnchen überfahren - der teufel war zum glück schnell genug.

ps: der stil gefällt mir -- klingt ein bisschen nach einem franzosen oder spanier ...
 
hey val!

das problem sehe ich darin, dass, der erzähler mit ", dachte er" den bewusstseinstrom des protagonisten aufgreift. so erscheint es mir unglaubwürdig, den protagonisten in seinem inneren monolog "nicht der Frühling und nicht der Sommer" sagen zu hören. es klingt nach erzähler-kommentar.
das stimmt schon, allerdings ist der genaue wortlaut:
"... was immerhin irgendwie zum Winter passen würde, dachte er, [blue]und dann[/blue], dass das niemals wieder jemand sortieren könnte danach, auch nicht der Frühling und nicht der Sommer ..."
wird es durch dieses "und dann" nicht genügend deutlich, dass prot weiterdenkt?
es gibt ja auch im verlauf des textes mehrfach perspektivwechsel - dort allerdings ohne vermittlung durch "dachte er".
hier aber ist die einschaltung des erzählers in meinen augen technisch nötig, damit die klammer geschlossen wird (es beginnt ja auch mit erzählerstimme) und prot am ende am fenster atmen kann, ohne dafür den fluss zu unterbrechen.
was immerhin irgendwie zum Winter passen würde und danach auch kein Frühling wieder sortieren könnte - auch und nicht der Sommer -, [blue]dachte er, und nicht die Eichhörnchen[/blue], die Teufel waren,
eine sehr hübsche idee!
darüber werd ich mal nachdenken.

lg

ps: dann wohl spanier - ich lese gerade viel in dieser richtung.

ps: ja, die teufel sind flink ;)
 

Val Sidal

Mitglied
eenemenetekel,

wird es durch dieses "und dann" nicht genügend deutlich, dass prot weiterdenkt?
... na ja, "und dann" hallt beim leser mehrdeutig: mal als logische verknüpfung der inhalte, mal als strukturierung der erzählzeit, und dann, als floskel. meine denke ging beim ganzen text in die richtung, den vielen "unds" eine schärfere markierung zu geben, sodass der leser keine verarbeitungszeit für die einordnung benötigt. aber - die art, wie du den monolog des prots führst und ihn mit dem erzähler verstrickts, wird ihn beim leser erscheinen lassen. und nur du kannst entscheiden, wie er wahrgenommen werden soll.

es gibt ja auch im verlauf des textes mehrfach perspektivwechsel - dort allerdings ohne vermittlung durch "dachte er".
hier aber ist die einschaltung des erzählers in meinen augen technisch nötig, damit die klammer geschlossen wird (es beginnt ja auch mit erzählerstimme) und prot am ende am fenster atmen kann, ohne dafür den fluss zu unterbrechen.
... vollkommen deiner meinung!
 
Katharina III

Katharina war ihm irgendwie zwischen die Dielen gerutscht.

Jetzt hockte er auf dem Boden und spielte mit Wollmäusen, ganz Kater, weil die Nacht viel zu lang war und immer noch pochte und das Bett voll von ihrem Geruch, den er sich aufheben wollte, für später, wenn der Tag ihn durchgekaut haben würde und ihm die Klarheit käme, dass sie wieder weg war, fürs Erste oder auch länger, er aber kein Vermissen und keine Sehnsucht empfinden wollte, da ja weiterhin die Sonne schien – bestimmt, irgendwo – eine Sonne, unter der sie wahrscheinlich lachte wie ein kleines, erschrockenes Tier, weil auch sie es nicht zu fassen bekam und aber unbedingt hineinbeißen wollte, eine seltsame Sonne allerdings, die gar nichts schön färbte oder wärmte, sondern einfach nur draufknallte wie ein neues, fremdes Licht, mit dem man erst einmal zurechtkommen musste.

Was dauern konnte.

Und dann war sein kleiner Finger der Henkel der Kaffeetasse und seine Schulter steckte ihm im Ohr – ganz verknotet alles, wie, damit man nicht vergäße, an etwas Bestimmtes zu denken, das aber mit einem selbst gar nichts zu tun hatte, weil man einfach nur froh war, heilfroh, dass sich eine Art Decke über den Riss gelegt hatte, der quer durch die Tage verlief und der dadurch natürlich aber nicht verschwunden war, sondern weiterhin wie eine Fallgrube lauerte, ein Riss, durch den hindurch man bereits mehr als einmal hinausgefallen war aus der Stube, in der man andernfalls gestorben wäre.

Und dann fand man plötzlich alles vollständig verändert, auf hübsche Art zwar, aber eben auch so, als würde das Ganze beim nächsten kleinen Niesen oder Blinzeln aus den Regalen stürzen wie eine ewige Lawine, was immerhin irgendwie zum Winter passen würde, dachte er, und dass aber niemals jemand das wieder sortieren könnte danach, auch nicht der Frühling und nicht der Sommer und nicht die Eichhörnchen, die Teufel waren, wie jeder wusste, und holte tief Luft am offenen Fenster.

Man kann's aber auch übertreiben, dachte er.
 

Val Sidal

Mitglied
eenemenetekel,

sehr gelungen, der Text.
zwei winzigkeiten, die du sofort auch wieder vergessen kannst, wenn du willst - wollte sie nur genannt haben:
... hineinbeißen wollte[strike][red],[/red][/strike][blue] – [/blue]eine seltsame Sonne allerdings ...
... die stringenz der narration wird erhöht.

... mehr als einmal hinausgefallen war[blue]Komma[/blue] aus der Stube ...
... der lesefluss wird noch geschmeidiger.

nix für ungut!
 
hey val!

über den gedankenstrich hatte ich auch schon nachgedacht. könnte nicht mehr sagen, warum ich ihn verworfen hab ...

das komma ist rhythmisch sehr hübsch, trennt mir aber zu sehr den fall von der stube.

kleinigkeiten, wie die zeichensetzung, können sich natürlich auch immer wieder und je nach momentanem verständnis verändern.
generell bin ich jetzt aber zufrieden mit dem text.

lg
 
Katharina III

Katharina war ihm irgendwie zwischen die Dielen gerutscht.

Jetzt hockte er auf dem Boden und spielte mit Wollmäusen, ganz Kater, weil die Nacht viel zu lang war und immer noch pochte und das Bett voll von ihrem Geruch, den er sich aufheben wollte, für später, wenn der Tag ihn durchgekaut haben würde und ihm die Klarheit käme, dass sie wieder weg war, fürs Erste oder auch länger, er aber kein Vermissen und keine Sehnsucht empfinden wollte, da ja weiterhin die Sonne schien – bestimmt, irgendwo – eine Sonne, unter der sie wahrscheinlich lachte wie ein kleines, erschrockenes Tier, weil auch sie es nicht zu fassen bekam, aber unbedingt hineinbeißen wollte - eine seltsame Sonne allerdings, die gar nichts schön färbte oder wärmte, sondern einfach nur draufknallte wie ein neues, fremdes Licht, mit dem man erst einmal zurechtkommen musste.

Was dauern konnte.

Und dann war sein kleiner Finger der Henkel der Kaffeetasse und seine Schulter steckte ihm im Ohr – ganz verknotet alles, wie, damit man nicht vergäße, an etwas Bestimmtes zu denken, das aber mit einem selbst gar nichts zu tun hatte, weil man einfach nur froh war, heilfroh, dass sich eine Art Decke über den Riss gelegt hatte, der quer durch die Tage verlief und der dadurch natürlich aber nicht verschwunden war, sondern weiterhin wie eine Fallgrube lauerte, ein Riss, durch den hindurch man bereits mehr als einmal hinausgefallen war aus der Stube, in der man andernfalls gestorben wäre.

Und dann fand man plötzlich alles vollständig verändert, auf hübsche Art zwar, aber eben auch so, als würde das Ganze beim nächsten kleinen Niesen oder Blinzeln aus den Regalen stürzen wie eine ewige Lawine, was immerhin irgendwie zum Winter passen würde, dachte er, und dass aber niemals jemand das wieder sortieren könnte danach, auch nicht der Frühling und nicht der Sommer und nicht die Eichhörnchen, die Teufel waren, wie jeder wusste, und holte tief Luft am offenen Fenster.

Man kann's aber auch übertreiben, dachte er.
 
Katharina III

Katharina war ihm irgendwie zwischen die Dielen gerutscht.

Jetzt hockte er auf dem Boden und spielte mit Wollmäusen, ganz Kater, weil die Nacht viel zu lang war und immer noch pochte und das Bett voll von ihrem Geruch, den er sich aufheben wollte, für später, wenn der Tag ihn durchgekaut haben würde und ihm die Klarheit käme, dass sie wieder weg war, fürs Erste oder auch länger, er aber kein Vermissen und keine Sehnsucht empfinden wollte, da ja weiterhin die Sonne schien – bestimmt, irgendwo – eine Sonne, unter der sie wahrscheinlich lachte wie ein kleines, erschrockenes Tier, weil auch sie es nicht zu fassen bekam, aber unbedingt hineinbeißen wollte – eine seltsame Sonne allerdings, die gar nichts schön färbte oder wärmte, sondern einfach nur draufknallte wie ein neues, fremdes Licht, mit dem man erst einmal zurechtkommen musste.

Was dauern konnte.

Und dann war sein kleiner Finger der Henkel der Kaffeetasse und seine Schulter steckte ihm im Ohr – ganz verknotet alles, wie, damit man nicht vergäße, an etwas Bestimmtes zu denken, das aber mit einem selbst gar nichts zu tun hatte, weil man einfach nur froh war, heilfroh, dass sich eine Art Decke über den Riss gelegt hatte, der quer durch die Tage verlief und der dadurch natürlich aber nicht verschwunden war, sondern weiterhin wie eine Fallgrube lauerte, ein Riss, durch den hindurch man bereits mehr als einmal hinausgefallen war aus der Stube, in der man andernfalls gestorben wäre.

Und dann fand man plötzlich alles vollständig verändert, auf hübsche Art zwar, aber eben auch so, als würde das Ganze beim nächsten kleinen Niesen oder Blinzeln aus den Regalen stürzen wie eine ewige Lawine, was immerhin irgendwie zum Winter passen würde, dachte er, und dass aber niemals jemand das wieder sortieren könnte danach, auch nicht der Frühling und nicht der Sommer und nicht die Eichhörnchen, die Teufel waren, wie jeder wusste, und holte tief Luft am offenen Fenster.

Man kann's aber auch übertreiben, dachte er.
 



 
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