Kebet eines Faisenkintes

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Carlo Ihde

Mitglied
Liepär Kott fier liepen tich.
Toch kann es sein, tu liepst unns nich
tann müssen fier auf tich vazichten
unnt müssen fier's allain ainrichten.

Lieper Kott erparme tich
tenn fähe tu erparmst tich nich
tann müssen fier kroß elent leiten
unnt mit leit unns lank bescheiten.

Lieper Kott o hör mich an,
fass leit mit Kintern machen kann,
so kapst, tsu meinem leit, tu keine
tsunke mir, oder nur tiese kleine.

Lieper Kott so hellf mir toch.
 
H

Heidrun D.

Gast
Herr Carlo,

ich mag diese Art von Texten sehr; sie sind wie eine Reise durch das Labyrinth der Gehirnströme, erfordern wegen der Buchstabendreher Witz und Konzentration beim Leser (Ob sie hier deshalb so selten Anklang finden? ;) ).

Interessant daran ist, dass durch die vorgenommenen Veränderungen ein neuer, manchmal tieferer Sinn entsteht.

Eines meiner diesbezüglichen Lieblingswerke ist:

lichtung

manche meinen
lechts und rinks
kann man nicht velwechsern
werch ein illtum

(Ernst Jandl)
Liebe Grüße
Heidrun
 
L

label

Gast
Hallo Carlo Ihde

wenn ich dieser Gott wäre, würde ich mich sofort erbarmen, so anrührend ist das Gebet.
Wenn ich dieser Gott wäre, dann hätte ich auch sofort verstanden was das Lyri möchte.
So habe ich mehrere Tage gegrübelt was denn [blue]tsunke[/blue]ist.
Heute, beim soundsovielten Male hatte ich eine Eingebung: Zunge?

Ich finde dein Werk außergewöhnlich gut. Und du bekommst nur deshalb keine 10 Punkte, weil ich so lange grübeln musste.

tipp @ für ähnlich beschränkte wie mich, irgendwo eine Übersetzung anbieten

ganz herzliche Grüße
label
 

Carlo Ihde

Mitglied
Oh, ja konnte ich mir nicht vorstellen, dass das mit der "tsunke" nicht sofort zu lesen ist. Aber klar, ich wusste das auch nur, weil ich es ja selbst geschrieben hatte. Ich glaube, ich brauch da wirklich noch etwas mehr Einfühlungsvermögen für den Leser. Sollte es nochmal ähnlich schwierige Fälle geben, werde ich eine Übersetzung dazu tun. Aber nur unter der Maßgabe, dass ich dann meine verdienten (versprochenen) 10 Punkte kriege.

:)

*grüß*
 

atoun

Mitglied
Lieber Herr Carlo,

...Sie wollen doch wohl nicht etwa die Trägheit ankurbeln?

Ihre bisherigen Werke zeichnen sich stets durch Esprit und eigene, ungewöhnliche Ideen aus, die nur eine bewegliche Bereicherung sein können.

Übersetzung?
Pah!
Wo kommen wir denn dahin, wenn es nur noch Fährmänner gibt und die Schuster überflüssig werden?


schmunzelnde Grüße @all
von atoun
 

Carlo Ihde

Mitglied
Auch das sehe ich ein, liebes atoun. Ich will ja im Endeffekt Ihnen genauso wenig auf den Schlips treten, und werde dann überlegen, ob die Übersetzung tatsächlich sein muss. Grundsätzlich wäre ich zwar auch dagegen, wollte aber niemanden aktiv daran hindern, die Texte zu verstehen. Ich hoffe, das ist verständlich.

Grüße
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Carlo,

ich denke der Eigentliche "Witz" an dieser Geschichte ist, dass das Kind einen Sprachfehler hat und darüber zu Recht so tief unglücklich ist.

Die Spannung, die es ertragen muss zwischen dem ständig in seiner Umwelt erwähnten "lieben Gott" und dem eigenen Schmerz, weil es durch den Sprachfehler, der vielleicht wirklich auf einer verkürzten Zunge basiert, so sehr benachteiligt ist, entlädt sich sogar in einer Drohung gegen diesen Gott

"und wehe, Du erbarmst Dich nicht,
dann müssen wir groß Elend leiden
und mit Leid uns lang bescheiden."

Es gefällt mir auch, dass Du die Sprache gewählt hast, in der Gebete oft geschrieben stehen.

Man kann das alles so lesen, wie es da steht, unbedingt laut, und sich darüber totlachen, wie wahrscheinlich alle Menschen lachen, welche dieses Kind sprechen hören. Man kann den Text aber auch ernst nehmen und in diesem Fall hast Du die Wahrnehmung des Kindes und seine Fähigkeit, sein Leid zu klagen sehr gut getroffen.

Wie immer Du selbst es gemeint haben magst, ich lese es auf diese Weise und finde es sehr gut. Und bejammere schon ein zweites Mal, dass ich kein anständiges kostenloses Programm heruntergeladen bekomme, um Deine Texte hier zu sprechen.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Leise Wege

Mitglied
Beansprucht den Leser, zunächst allein von der Schreibweise her, und dann vom Inhalt.
Die tsunke!!! Weija, das hat bei mir auch gedauert, aber :) dürfte irgendwie gar nicht anders sein. Das ist es insgesamt und deshalb: gut

Lg Moni
 

Carlo Ihde

Mitglied
Ich akzeptiere gerne den bescheidenen Ruhm, der aus diesem Stück Text folgt und freu mich des Daseins.

@Vera-Lena: das mit dem Einsprechen ist in der Tat so ein Problem, dessen Gebräuchlichwerden wohl eine der nächstgrößeren Herausforderungen der LL sein könnte. Spannend wär es allemal.

Liebe Grüße an die guten Punktwerter.

Ja. Das mit der "tsunke" scheint wirklich etwas zu weit weg vom Bereich normaler Leseintuition. Aber ich denke, ich werde es stehen lassen.

Liepe Krüße nochmal.
 

MarenS

Mitglied
Schon nach der ersten Zeile hatte ich eine Erzählung oder besser einen Brief vor Augen, den Oskar Maria Graf ein Mädchen schreiben ließ. Er beginnt mit:

Lüpste Theres,

ich schreube dür weulst du auch so eine arme Haut pist...

Ich bin nicht sicher es hundertprozentig korrekt wiedergegeben zu haben, Verzeihung Herr Graf, falls nicht!

Dein Gedicht, Carlo, ist hinreißend tragikomisch. Liest man es laut, ist selbst die inzwischen berüchtigte tzunke kein Problem.
Die gewählte, leicht gestelzte Gebetsform ist das Sahnehäubchen.

Grüße von Maren
 
B

bluefin

Gast
der text lebt davon, dass sich der leser an der scheinbaren possierlichkeit eines sprachfehlers ergötzt.

er gehört daher eigentlich in die ecke der "crüppelwitze", wo man sich auf kosten gehandicapter lustig macht: hasenschartige werden missverstanden, lahme schlagen der länge nach hin, psychisch kranke springen in schwimmbecken ohne wasser, stotterer bringen's zu spät auf die reihe und leprakranke zählen ihre tage an den fingern ab.

sei mir nicht böse, carlo, aber lustig finde ich dieses "gebet" ganz und gar nicht. sondern geschmacklos - stell dir vor, du hättest ein kind mit einer schweren sprachstörung oder du wärest selbst stotterer.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 
L

label

Gast
tjaha MarenS DAS war ja dann die Erleuchtung als ich es laut las.
Plötzlich hörte ich es. :D

vielleicht sollte ich weniger im Kopf machen und mehr praktisch :eek:

Das dann einsetzende Begreifen der Zusammenhänge war wie eine Überschwemmung, der Damm war ja gebrochen.
Aber auch das eine gute Erfahrung.
 



 
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