sunufatarungo
Mitglied
Kennen sie das? Sie fahren eine dunkle Straße mitten in der Stadt. Die Strecke kennen sie im Schlaf. Und plötzlich biegen sie rechts ab. Einfach so. Sie haben das Gefühl, geradeaus wäre richtig, aber sie haben nicht wirklich die Wahl. Sie fahren also rechts ab und kommen auf eine Straße, die sie zu kennen glauben. Vage erinnern sie sich an einzelne Häuser, Schilder, Bäume. Aber alles so absolut ungreifbar. Auf der Straße kommen ihnen die Lichtkegel unsichtbarer Scheinwerfer an unsichtbaren Autos entgegen. Sie könnten schwören, dass sie diese Gegend kennen. Und dann ist die Straße zuende und sie stehen vor einem Haus. Und hier muss ich die Geschichte aus meiner Sicht weitererzählen, denn sie können das nicht wissen. Ich steige aus und betrachte das Haus. Es ist groß, ausgesprochen groß. Und modern, viel Glas und so. Da stehe ich nun am Ende der Straße vor einem Haus, in einer Sackgasse, vor dem Haus vor dessen Tür die Straße endet. Da stehe ich nun vor dem Haus am Ende der Straße und an der Tür steht mein Name. „Himmel oder Hölle?“ fragt mich ein kleiner Mann mit Brille, der keinen Hut aufhat. Ich ignoriere die Frage und schaue das Türschild an. „Interessant“, denke ich laut. „In der Tat“, erwidere ich und nicke mir zustimmend zu. Ich bin nicht wirklich überrascht, mich zu sehen, aber eine gewisse Freude ist allemal im Spiel. Ich will also die Tür öffnen, aber die ist schon auf. Nicht, dass sie nicht abgeschlossen ist, nein, von einem Moment zum anderen steht sie sperrangelweit offen. Gut, denke ich, ein Problem weniger. Ich trete über die Schwelle um mir ein Stück weiter unten selbst über den Weg zu laufen. „Guten Tag“, sagt die Schildkröte und eilt gemächlich zum Fünfuhrtee mit den letzten Tagen des Frühlings. Die Milchstraße führt über einen See aus Selbstmitleid zu einer kleinen Kathedrale. Ohne es zu wissen setze ich mich auf eine der Bänke. „Schönes Haus“ denkt der große dünne Herr neben mir leise und spannt einen Regenschirm auf. Eine Stimme bittet mich zu gehen und ohne mich umzusehen tauche ich durch das Taufbecken hinaus ins Freie. Die Säulen biegen sich unter meinen Schritten und der glutrote Horizont versinkt in einem winzigen Punkt ocker. Es wird spät und es ist Zeit, aufzustehen. Keine Zeitung, aber ein lila Strickpullover. Von Gott, für meinen Nachbarn. Zufälle gibt es. Ich rufe mir ein Taxi und trabe einsam die Prärie hinab bis zum Laden an der Ecke. Eine Eidechse huscht vorbei, wirft mir einen freundlichen Blick zu und lässt sich genüsslich von einer streunenden Pointe verspeisen. Die Welt dreht sich für eine Sekunde schneller, was aber reicht, um mich zu Fall zu bringen. Ich kippe und lande federweich auf dem harten Beton. Ich entgleite in eine Art Trance und finde mich in einem Schuhgeschäft wieder. Ohne etwas zu kaufen schlage ich den Laden kaputt. Der Verkäufer dankt mir und nachdem ich ein angemessenes Trinkgeld eingestrichen habe, verlasse ich fröhlich pfeifend das Schwimmbecken. Ohne Hosen in einem Dornenbusch zu stehen ist etwas grauenhaftes, aber zum Glück ist mir das ja nicht passiert. „Schach“, denke ich bei mir und rolle rücklings den Hügel runter. Dem Wahnsinn verfallen jagen mich leicht bekleidete Nymphen durch Sturzbäche von Lust. Amor zielt und trifft daneben, was eine Verkettung unglücklicher Umstände nach sich zieht und neben einem Schiff auf einem Baum einige weiterer kurioser Auswirkungen hat. Die Plattennadel meiner Gedanken kratzt über das Vinyl etlicher Visionen und verursacht hässliche Sprünge beim rückwärts fahren. Ich hebe meinen Blick und stehe an einer Ampel. Sie zeigt auf grün. Los geht’s.
