Kindliches

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aquino

Mitglied
Hallucinatio infantilis

Der Teufel kam mich nachts des öfteren holen
Damals in jenen unvergessenen Kindernächten
Der höchsten Katastrophenalarmstufe:
Dunkelbraunes Fell, Pferdefuß, rote Augen, behörnt
Ein Horror-Klassiker

Hatte ich nicht genug gebetet?
Ich betete doch wie ein Besessener
Sicherlich eine halbe Stunde und noch länger
Zu Maria, zum Vater im Himmel
Vergebt mir, dass meine Umwelt mich nicht will
Zumindest nicht so
Und zu den anderen mythischen Ufos
(Zum gehörnten Josef leider nie)
Natürlich wegen meiner Schuld
Denn ich war nicht richtig, klare Sache
Ein peccator sui generis
Und das, obwohl ich Latein noch gar nicht hatte
Immer diese babylonische Sprachverwirrung

Sans le latin, sans le latin
La messe nous emmerde

(Oder : Ohne Latein, ohne Latein
Geht uns die Messe tierisch auf’n Sack)


Verständlich, denn wenn man etwas versteht
Kommt erst das große Gähnen
Dann nur noch Kopfschütteln
Jedenfalls bei mir
Und: die heilsame Wirkung unverständlicher Worte
Kann gar nicht unterschätzt werden

Meine Sünden habe ich allerdings aus dem Register gestrichen
Verdunkelungsgefahr?
Aber was versteht ein Höllenkind schon von der Helle
Mir war nur eine gewisse Frau Holle entfernt bekannt

Kurzum: Ich musste einfach ein besserer Mensch werden

Von hinten schlich sich der Bastard also an mich heran
Dennoch sah ich ihn deutlich vor mir
Ich lag auf dem Bauch, ins Bett gepresst
Vor Angst paralysiert
Mein Atem stockte, mein Herz wummerte
Und generierte Überdruck, Hitze und Angstschweiß
Gleich würde er mich packen
Ich war verloren:
Des Teufels karge Beute

Da spätestens hätte es mir dämmern müssen:
Wer was das wirklich, der sich mir in dieser Verkleidung -
Mein kleines Leben ausknipsen wollend - näherte?
Soviel ahnte ich ja schon:
Um in die Hölle zu kommen
Musste man erst mal den Löffel abgegeben haben
Auch wenn es ein Scheißleben war
Irgendwie hing ich doch an ihm

War es mein kindliches Drehbuch?
Meine Gestaltgebung des Gefühls der Todesgefahr?
Der Düwel die personifizierte Abschiebungserwartung:
„Nur auf Abruf geduldet“?

Jedenfalls bin ich immer noch nicht so recht angekommen

Wozu auch: der Irrweg ist das Ziel
 

aquino

Mitglied
Re: Hallo

Die Überschrift ist Hallucinatio infantilis!
Das Thema ist "Kindliches". Als Erwachsener träume ich schon lange nicht mehr vom Teufel. Aber das ursprüngliche Trauma wirkt wohl noch immer.
aquino
 

Elias

Mitglied
Hallo aquin,

weiß auch nicht so richtig.
Klasse sind einzelne Aussagen, wie:

"Und: die heilsame Wirkung unverständlicher Worte
Kann gar nicht unterschätzt werden"

Ingesamt kommt mir das Stück zu unentschlossen daher. Mehr Abstand vielleicht auch Intellektualisierung wie im Nachtwandler würde m.E. den Text aufwerten.
Das Thema gäbe es zumindest her.

Liebe Grüße

Elias
 

aquino

Mitglied
Mit Intellektualisierung kommt man bei Traumata nicht weit, und Unentschlossenheit oder Blockiertheit ist gerade mein Dilemma. Aber ich werde mir schon auf die Schliche kommen.
aquino
 

Elias

Mitglied
hallo aquino,

schimmert eine Menge Potential (auch Problematisches) durch. Vielleicht kannst du dich im Laufe der Zeit noch freischreiben. Dein Denken ist teils sehr eigenwillig-interessant. Na ja, werd sicher noch öfters von dir lesen.

Liebe Grüße

Elias
 



 
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