Kleine Schule der Aktfotografie

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SCHNEPF

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Pst ... ganz unter uns ... habt ihr auch schon einmal so einen Akt versucht? Ich meine, so ein Foto, ganz ohne was, so ganz nackig, von oben bis unten. Nein ... überhaupt noch nicht? Ich schon ... aber es ist schwierig. Das könnt ihr mir glauben. Aber wenn ihr’s auch einmal probieren wollt, dann geb’ ich euch ein paar Tipps. Die kann man immer brauchen, eben weil’s so schwierig ist, das Aktfotografieren.

Ich fang gleich mit dem Schwierigsten an: Ein Modell finden. Das ist wirklich schwierig, ich sag’s euch. Ohne Modell, da könnt ihr nämlich alles andere glatt vergessen. So ein Modell muss man finden, aber meistens findet man keins.

Das Problem dabei ist ja die Ehefrau. Nein, nicht weil die nicht mag. Die mag ja nie. Das könnt ihr mir glauben. Also, da braucht ihr’s erst gar nicht versuchen. Aber das hat auch sein Gutes. Wenn ihr einmal stolz die Bilder herzeigen wollt, dann passiert es euch nicht, dass einer gleich schreit: „Uih ... des is ja die Deinige, so erkenn is glei ....“

Bei einer Freundin, hab’ ich mir sagen lassen, da soll’s schon gehen. Aber nur wenn man verheiratet ist, weil sie damit die Frau ausstechen will. Bei der Freundin soll ja deshalb immer mehr gehen, als bei der Frau. Das muss ja auch so sein ... sonst bräuchte man sie ja nicht, die Freundin. Aber wie gesagt, nix für ungut, ich hab’ mir das nur so sagen lassen.

Das Problem mit der Frau liegt ja auch ganz wo anders. Da sagt man ihr tausendmal, man will das ja nur wegen der Kunst. Wegen sonst gar nichts. Aber glauben tut sie’s nicht. Sie glaubt’s ganz einfach nicht, nicht ums Verrecken! Da rennst wie gegen eine Wand.

Und wenn sie dann doch einmal so tut, als würd’ sie’s glauben, dann nur, damit endlich Ruhe wird und weil sie halt glaubt, man findet eh keine. Und wenn dann doch, dann müsst ihr euch was einfallen lassen, nämlich auf die Frage: „Woher kennst du denn so eine?“

Na, hoffentlich nicht aus so einem Magazin mit den Inseraten: „Modell frei ...“. Da geht’s am Ende gar nicht ums Fotografieren und eins müsst ihr mir glauben, das Taschengeld reicht für so eine nicht. Auch nicht, wenn ihr das Rauchen dafür aufgebt. Da meint man ja immer, das Anziehen wär’ heut so teuer, nein, das Ausziehen noch viel mehr, je mehr, umso teurer. Das könnt ihr mir glauben!

Aber wo findet man denn nun wirklich eine? In schlauen Büchern steht, man soll die Umgebung im Auge behalten. Gut gebrüllt, Löwe! Die schöne Nachbarin sollte man besser nicht fragen. Aber ein offenes Ohr sollte man schon haben. Vielleicht sagt einmal eine nach einem Blick in so ein Hochglanzmodemagazin: „So möchte ich auch einmal fotografiert werden.“ Also, das darf man nicht überhören; da muss man dran bleiben. Aber nur nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Zuerst macht man ihr ein paar schöne Bilder in ihrem neuen Outfit und - wenn sie mit den Bildern zufrieden war - geht da vielleicht bald auch noch ein bisschen mehr. Vielleicht hat sie auch noch schöne Wäsche, in der sie ein paar Bildchen von sich haben möchte oder auch im ganz neuen Stringtanga für den Urlaub. Dann läuft’s schon! Dann kann man langsam anfangen, an die Kunst zu denken.

Vielleicht will aber auch eine ein paar Bilder - ein bisschen sexy - für so ein Casting, zum Hinschicken, ob sie genommen wird. Aber aufgepasst; das ist ein zweischneidiges Schwert! Wird sie genommen, hat sie wahrscheinlich hinterher keine Zeit mehr. Wird sie nicht genommen, dann hat es bestimmt an den Bildern gelegen. Das muss aber nicht gleich das Aus sein. Da müsst ihr dann Überzeugungsarbeit leisten. Es muss eben noch geübt werden und überhaupt: Auf den Bildern war doch viel zu viel Stoff drauf. Glaubt ihr, dass sie’s glaubt? Na ... ich weiß nicht, ihr schaut mir so ungläubig.

Manchmal geht’s aber schneller als man glaubt und man hat plötzlich eine. Dann muss man für den Ernstfall gerüstet sein. Man kann ja schon - bis es so weit ist - bei den Experten ein bisschen kiebitzen. Habt ihr schon? - Ja? - Das hab’ ich mir gedacht! Aber ich weiß nicht, ob euch dabei schon was aufgefallen ist. Wahrscheinlich nicht, weil ihr habt dafür ja noch gar kein Auge. Das will ich euch ja gerade erst verpassen. Schaut euch die Bilder nun nochmals ganz genau an. Jetzt einmal ganz ohne schlechtem Gewissen; jetzt geht es ja schließlich nur um die Kunst. Na, merkt ihr’s? Aalglatt sind die Frauen, von oben bis unten. Da sieht man keinen Abdruck vom Slipbund oder einer Schließe und da haben sich auch keine Träger und BH-Bügel verewigt. Ja, da schaut ihr, auf was man alles schauen muss, damit man hinterher nichts sieht!

Aber keine Angst, ich sag’ euch schon alles. Schön der Reihe nach. Schon damit’s euch nicht auch so ergeht wie mir, damals, beim ersten Mal. Da stand sie endlich vor mir, so ganz ohne was und ich will schon - endlich am Ziel meiner Wünsche - auf den Auslöser drücken, da seh’ ich es gerade noch. Himmel und Hölle! Nein, eher Berge und Täler ... oder doch nur Furchen? Hätte ich sie alle mit einem Filzstift nachgezogen, wäre das Ergebnis wohl dem Schnittmuster für eine Schönheitsoperation sehr nahe gekommen. Dabei hatte ich mich vorsorglich seelisch schon darauf eingestellt, dass aus den ersten Fotos nix werden wird, aber gleich so für nix und wieder nix wollte ich auch nicht anfangen. „Nein“, hab’ ich gesagt, „so nicht!“ Und beim nächsten Mal, da sollte sie mal schön ohne was drunter kommen, so wie’s die anderen auch machen. Also, ein bisschen Professionalität muss man schon erwarten können.

Eine zu finden - wie gesagt - ist das Schwierigste, aber wenn ihr eine habt, dann ist es das Wichtigste, dass ihr wisst, was ihr wollt. Sie weiß es meistens nicht. Sie steht da mit hängenden Schultern und weiß nicht wohin mit Armen und Beinen. Jetzt müsst ihr Regie führen. Jetzt ist Schluss mit lustig, jetzt beginnt der Ernst des Lebens.

Dazu dann beim nächsten Mal mehr, wenn wir hier wieder ganz unter uns sind. Und ich hoffe, ihr findet bis dahin eine. Sonst braucht ihr nämlich gar nicht weiter lesen, wie das so mit dem Fotografieren ist. Denn: Ohne Modell geht da wirklich nix. Das wenigstens werdet ihr mir doch glauben.
 

katia

Mitglied
hihi

hallo schnepf,

ist ganz lustig, deine geschichte. gerade, weil es zum fotografieren gar nicht kam. bin ja auf den nächsten teil gespannt

sagt
kati
 



 
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