Klimasonett

Klima, so nett? Sonett gar?

Klimawandel 2057

Wie trostlos Krume, Staub, nur sand'ge Klüfte,
die wirft der heiße Wind als seinen Raub
und wirbelt sie umher wie dürres Laub
und schleudert, reißt sie hoch in Wüstenlüfte.

Wie trostlos siecht der lang' schon trock'ne Fluß,
du siehst dort drunten kaum ein schmales Rinnsal,
beim Blick tief in das dürre, graue Inntal,
nichts netzt beim Queren Dir den müden Fuß.

Dein Biß klingt spröd', denn Sand knirscht in der Frucht,
du suchst ein Blatt, doch tot sind alle Blätter.
Und der, der Dich erinnerungstrunken sucht,

wie trostlos und verzweifelt, altes Wetter:
Vergebens ist's zu hoffen noch auf Flucht.
Umsonst die Suche. Wo nur warst Du, Retter?

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Alte Version
Trostlos die Krume, nur Staub,
sandige Klüfte,
hoch in die Lüfte
wirft sie der Wind, als seinen Raub.

Trostlos der trockene Fluß,
kaum noch ein Rinnsal
hier in dem Inntal
netzt Dir beim Queren den Fuß.

Knirschend der Biß in die Frucht,
tot sind die Blätter.
Und wer Dich noch sucht,

trostlos ist der, altes Wetter:
Vergebens die Hoffnung auf Flucht.
Wo war Dein Retter?

sehr eindrücklich. wehe so was träte in österreich mal tatsächlich auf! ein sonett nach allen regeln der kunst ist das nicht, das weißt du, aber das ist für die message überhaupt nicht wichtig meines erachtens. wenn die menschheit nur die richtigen konsequenzen aus diesem szenario ziehen könnte!

Hallo Alex,

das stimmt natürlich, die Reime in den Quartetten sind nicht ganz 100%
Bei den Versmaßen bin ich mir nicht wirklich sicher...
Ich werde da noch mal nachschauen.

Aber wenn man in die Literatur schaut, heisst auch vieles Sonett, was nicht 100% ist, selbst bei den grossen Namen.

Ich finde es faszinierend, einem Thema mit einer so strengen Form zu begegnen, die dann das Thema anders sehen läßt.

Ein Inntal gibt es sogar schon in Deutschland Und noch fließt Wasser darin...

Danke für Deine Antwort und viele Gruesse

Herbert

Hallo Herbert,

das mit dem Sonett ist denkbar einfach:

* Es hat 14 Zeilen.
* Die Form wandelt sich im Laufe der Zeit, seit es um 1000 unter Friedrich II auf Sizilien entstand. Man vermutet, es hatte maurische und römische Wurzeln.
* Das letzte Zeilenpaar oder die 4. Strophe enthalten die "Moral von der Geschicht", da das Sonett ein diskursives (dialogisches) Lehrgedicht ist. Beliebtester Inhalt: die Liebe zum Liebesobjekt bzw. zu Gott.
* Es hat einen 4-, 5-, oder 6-hebigen Jambus als Versmaß.
* Die Reime sollten rein sein.

Damit haben wir eigentlich ziemlich viel Spielraum. Aber eines sei gesagt: Das Sonett ist so etwas wie die Krönung des Reimgedichts. Und damit das flutscht, ist vielvielviel Übung nötig.

Wenn wir das hier Gesagte auf das obige Werk beziehen, sagen wir einmal, das ist ein interessanter Versuch, ein Sonett zu schreiben. Bis zum richtigen Sonett ist allerdings noch ein kleiner Weg zurückzulegen.

Lieber Gruß

W.

Klima, so nett?

Lieber Walther,

vielen Dank für die ausführliche Einführung.
Soweit mir bisher bekannt, gibt es da noch mehr und auch teils andere
Theorie und auch Beispiele zum Sonett...

Wie dem auch sei, der erste Einfall für das Thema war:
Klima, so nett?

Dann hätte ich das Thema "Dies ist kein Sonett, oder doch?" wohl halbwegs elegant umschifft

Herzliche Grüße

Herbert

Eine neue Version, die dem Namen Klimasonett wohl strengere Rechnung trägt...

Klimawandel 2057

Wie trostlos Krume, Staub, nur sand'ge Klüfte,
die wirft der heiße Wind als seinen Raub
und wirbelt sie umher wie dürres Laub
und schleudert, reißt sie hoch in Wüstenlüfte.

Wie trostlos siecht der lang' schon trock'ne Fluß,
du siehst dort drunten kaum ein schmales Rinnsal,
beim Blick tief in das dürre, graue Inntal,
nichts netzt beim Queren Dir den müden Fuß.

Dein Biß klingt spröd', denn Sand knirscht in der Frucht,
du suchst ein Blatt, doch tot sind alle Blätter.
Und der, der Dich erinnerungstrunken sucht,

wie trostlos und verzweifelt, altes Wetter:
Vergebens ist's zu hoffen noch auf Flucht.
Umsonst die Suche. Wo nur warst Du, Retter?

an die neue Versionspolitik angepasst. Die alte Version ist ja noch verfügbar.

> Off-Out

So ist's:

Dein Biß klingt spröd', denn Sand knirscht in der Frucht,
du suchst ein Blatt, doch tot sind alle Blätter.
Und der, der Dich erinnerungstrunken sucht,

Zum Vergrößern anklicken....

So wär's richtig:

Dein Biß klingt spröd', denn Sand knirscht in der Frucht,
du suchst ein Blatt, doch tot sind alle Blätter.
Und der, der Dich [blue]erinn'rungstrunken[/blue] sucht,

Zum Vergrößern anklicken....

Gruß W.

> Off-In

Hallo Walther,

du hast natürlich recht. Das werde ich gleich ändern.

Vielen Dank für die Rückkopplung und die gute Bewertung.

Liebe Grüße

Herbert

Klimawandel 2057

Wie trostlos Krume, Staub, nur sand'ge Klüfte,
die wirft der heiße Wind als seinen Raub
und wirbelt sie umher wie dürres Laub
und schleudert, reißt sie hoch in Wüstenlüfte.

Wie trostlos siecht der lang' schon trock'ne Fluß,
du siehst dort drunten kaum ein schmales Rinnsal,
beim Blick tief in das dürre, graue Inntal,
nichts netzt beim Queren Dir den müden Fuß.

Dein Biß klingt spröd', denn Sand knirscht in der Frucht,
du suchst ein Blatt, doch tot sind alle Blätter.
Und der, der Dich erinn'rungstrunken sucht,

wie trostlos und verzweifelt, altes Wetter:
Vergebens ist's zu hoffen noch auf Flucht.
Umsonst die Suche. Wo nur warst Du, Retter?

Lieber Herbert,

schon vor 50 Jahren war bekannt, dass durch die Begradigung der Flüsse der Grundwasserspiegel in Europa erheblich abgesunken ist. Was sich jetzt allerdings abspielt an Umweltsünden auf der ganzen Erde, dagegen war diese Angelegenheit damals geradezu eine Lappalie. Ja, ich hoffe, dass es der Retter viele geben wird. Allmählich scheint ja doch die Vernunft wenigstens einsichtig zu machen, aber ob die Leute, die es auf Profit abgesehen haben und in der Weltgemeinschaft ein kräftiges Wörtchen mitzureden haben, sich endlich zum Besseren besinnen, das scheint auch mir sehr fraglich.

Insofern hat Dein Text hier seine Berechtigung. Ich hoffe aber auch, dass sich dieses düstere Szenario nicht verwirklichen wird.

Liebe Grüße von Vera-Lena

Liebe Vera-Lena,

die einzige Hoffnung, die mich aus der Grenzen-des-Wachstums-Depression rettete, ist die, dass die Zahl der Leute mit Lösungen genauso schnell oder gar schneller wächst wie die sich immer höher auftürmenden Probleme unserer Wachstumsgesellschaft.

Liebe Grüße

Herbert

> Off-Short-Out
Was gut ist, sollte so bewertet sein. Jetzt ist es gut.
Grüße
> In-Off

Lieber Walther,

Dein Urteil freut mich.

Liebe Grüße

Herbert

Wie trostlos Krume, Staub, nur Sand und Klüfte,
die rafft der heiße Wind als seinen Raub
und wirbelt sie umher wie dürres Laub
und schleudert, reißt sie hoch in Wüstenlüfte.

Wie trostlos siecht in Trockenheit der Fluß,
vor Dir versickert schmal ein Restgerinnsel,
das dürre Inntal klebt am Malerpinsel,
beim Queren netzt Dir nichts den müden Fuß.

Dein Biß klingt spröde, sandig knirscht die Frucht.
[ 4]Du suchst ein Blatt, doch tot sind alle Blätter.
Erinnerung an Regen wird zur Sucht,
[ 4]Du bietest niemand einen Ausweg, Wetter.
Laut rufend hoffen Zähe noch auf Flucht.
[ 4]Erhörst Du uns? Beeil Dich, Klimaretter!

eine ziemlich radikale Neubearbeitung.

Lieber Herbert,

ich kenne die Ur-Version nicht, aber dieser Text hat es in sich. Du hast deine Worte so ausdrucksstark gewählt, dass die Dürre spürbar wird. Dein Gedicht gefällt mir sehr.

Lieben Gruß,
Estrella

Liebe Estrella,

die vorige Version siehst Du beim Anklicken von "Version vom 30. 05. 2008 18:57" oben, unter dem Gedicht.

Dass Dir das Gedicht die Dürre so plastisch macht, freut mich, weil ich genau das wollte.

lG

Herbert

Wie trostlos Krume, Staub, nur Sand und Klüfte,
[ 4]die rafft der heiße Wind als seinen Raub
[ 4]und wirbelt sie umher wie dürres Laub
und schleudert, reißt sie hoch in Wüstenlüfte.

Wie trostlos siecht in Trockenheit der Fluß,
[ 4]vor Dir versickert schmal ein Restgerinnsel,
[ 4]das dürre Inntal klebt am Malerpinsel,
beim Queren netzt Dir nichts den müden Fuß.

Dein Biß klingt spröde, sandig knirscht die Frucht.
[ 4]Du suchst ein Blatt, doch tot sind alle Blätter.
Erinnerung an Regen wird zur Sucht,
[ 4]Du bietest niemand einen Ausweg, Wetter.
Laut rufend hoffen Zähe noch auf Flucht.
[ 4]Erhörst Du uns? Beeil Dich, Klimaretter!