Kochbücher. Eine Erregung

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Armer Poet, aufgepasst!

Floppen deine expressionistischen Gedichte? Geht dein klammes Zeilenhonorar zur Neige? Dann schreib ein Kochbuch!
Du zögerst? Warst grad bei Weltbild und hast in sechs Festmetern Kochbücher geblättert? Keine Panik – in den Küchenregalen gibt es noch viele Lücken: Einwecken von Soleiern, Überbacken mit Analogkäse, Tranchieren von Kaffernbüffel. Mit Kochbüchern liegst du voll im Trend. Weil man da nicht so viel lesen muss. Also ran an die Feder! Vorausgesetzt dass dein Verlag überhaupt Text in Kochbüchern duldet und nicht nur Bilder.
Gehörst du zu denen, die ihre Kurzgeschichte nie zu Ende schreiben, weil sie über den ersten Satz nicht hinauskommen? Befällt dich die Angst vor dem leeren Blatt? Beim Kochbuch kein Problem: Der erste Teil jeder Seite besteht aus Zahlenkolonnen, Lebensmitteln und Gewürzen – die ideale Lockerungsübung für jede Schreibblockade. Auch der Rest ist nicht weiter dramatisch, da kaum von Belang; die wenigsten lesen die Rezepte, vom Nachkochen ganz zu schweigen. Denn neben den Verkaufszahlen von Kochbüchern explodieren auch die Umsätze mit Tiefkühlpizzen und Einmalburgern. Wir schieben Iglu Schlemmerfilet Bordelaise in den Designerofen und beugen uns am Zedernholztisch über Fotos mit toskanischen Olivenhainen oder sardischen Kräutergärten. Unser vor Jahren angeschaffter Wok ist schon blind vom Staub, doch wir bleiben sitzen, blättern um und seufzen Das könnt ich auch mal kochen.
Du weißt nicht, wie du an Bilder kommen sollst? Sicher graut dir schon vor Onkel Ottos Projektor mit Bergen von Dias aus der Provence. Nimm die Negative, lad sie auf deinen Computer, schneid die romanischen Kirchen raus und schreib damit dein Kochbuch. Onkel Otto freut sich über ein Freiexemplar, und deine Leser über weiteren Bilderstoff.
Du willst überhaupt kein Kochbuch schreiben? Bist du dir da wirklich sicher?
Sitzt du über einem Krimi und kaust dabei an deinem Bleistift? Kommt Kommissar Hanfstängel neben seiner Leiche unversehens ins Grübeln, dann bring ihm einen Topf Chili con Carne aus dem Fundus der Wildensorger Landfrauen aufs Revier. Und selbst Tante Käthes Hasenpfeffer erfährt mit einem Schuss Schwarzpulver schnell das zündende Update.
Dein Hörspiel über strickende Großmütter wird nicht gesendet? Nimm ihnen die Sockenwolle weg und lass sie erzählen von ihren Rezeptkladden. Sollte ihnen schlecht werden vor Königsberger Klopsen oder Pichelsteiner, dann stell ihnen eine Flasche Danziger Goldwasser auf den Tisch.
Dein Ratgeber Weg mit den lästigen Pfunden liegt nicht neben der Kasse? Für die Neuauflage trommle ein paar Marktfrauen zusammen, lass sie mit ihren Knieküchle Frisbee spielen und mit ihren Schneeballen jonglieren. Mach Fotos von ihnen – und denk an die Rezepte.
Du promovierst über die ambivalente Singularität des verkürzten Daktylus in Friedrich Hölderlins Hexametern? Prädestiniert für magazinerprobte Bibliographien oder Ordinarien mit Staublunge? Nicht unbedingt: Hölderlin aß am liebsten Maultaschen mit geschmälzten Zwiebeln. Schick ihm ein paar davon ins Tübinger Stift und ein Viertele Trollinger dazu. Mahlzeit!
 
Dein klammes Zeilenhonorar geht zur Neige? Deine vokallosen Krächz-Gedichte liegen nicht neben der Kasse? Dann schreib doch ein Kochbuch!

Du zögerst? Hast du gerade bei Hugendubel in dreiunddreißig Festmetern Kochbücher geblättert? Keine Panik – es gibt noch viele Lücken in den Küchenregalen: Überbacken mit grünem Tee, Entschlacken mit sizilianischem Mozzarella, Gratinieren von südostnamibischem Kaffernbüffel. Also ran an die Feder – aber erkundige dich vorher, ob dein Verlag in Kochbüchern nicht nur Bilder, sondern auch Text duldet.

Schreibst du deine Geschichten nie zu Ende, weil du über den ersten Satz nicht hinauskommst? Beim Kochbuch kein Problem: Jede Seite besteht zunächst aus Zahlenkolonnen, Lebensmitteln und Gewürzen – die ideale Therapie für jegliche Schreibblockade. Auch der Rest ist nicht weiter schlimm, da kaum von Belang; die allerwenigsten lesen die Rezepte, vom Nachkochen einmal ganz zu schweigen. Denn neben den Verkaufszahlen von Kochbüchern explodieren exponentiell auch die Umsätze mit Fertigpizzen und Einmalburgern. Wir schieben Iglu Schlemmerfilet Bordelaise in unseren Bulthaup-Herd und ergötzen uns an unserem Zedernholz-Küchentisch an Kochbuchbildern mit toskanischen Olivenhainen oder sardischen Kräutergärten. Unser gusseiserner Wok ist schon blind vor lauter Staub, doch wir ziehen den Tiefkühlfisch aus der Röhre, blättern um im Kochbuch und seufzen: Das könnt ich auch mal kochen.

Du weißt nicht wie an die Bilder kommen? Sicher graut dir schon vor Onkel Ottos Diaprojektor und seinen hundertsechsunddreißig neuen Bildern aus der Provence. Lad die ganzen Bilder auf deine Festplatte, schneid die alten Kirchen raus und schreib damit dein Kochbuch. Onkel Otto freut sich über ein Freiexemplar, und dein Publikum über weiteren Bilderstoff.

Du schreibst definitiv keine Kochbücher? Bist du dir da wirklich sicher?

Deinem neuen Bamberg-Krimi fehlt noch der letzte Pfiff? Kommt Oberkommissar Hanfstängel unversehens ins Grübeln über seiner Wasserleiche vom Unteren Leinritt, dann gib ihm einen Schöpfer Chili con Carne aus dem Fundus der Wildensorger Kolpingfrauen auf den Teller. Und selbst Tante Ottilies Hasenpfeffer erfährt mit einem kräftigen Schuss Schwarzpulver im Handumdrehen das zündende Update.

Dein Hörspiel mit den drei strickenden Großmüttern wurde immer noch nicht gesendet? Nimm ihnen die doofe Sockenwolle weg und lass sie erzählen von ihrem Pichelsteiner und ihren Königsberger Klopsen. Und stell ihnen eine große Flasche Danziger Goldwasser mit auf den Tisch.

Du promovierst über die ambivalente Singularität des verkürzten Daktylus in Friedrich Hölderlins frühen Hexametern? Ein Werk für magazinerprobte Bibliographien oder Ordinarien mit Staublunge?
I wo – denn selbst Hölderlin saß nicht nur an seinem Schreibtisch. Besonders gern mochte er Spinatmaultaschen mit geschmälzten Zwiebeln. Schick ihm doch ein paar davon ins Tübinger Stift und ein Viertele Trollinger dazu. Vielleicht verrät er dir ja dann seine Geheimrezeptur für den Nudelteig.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Die Idee ist nett, aber leider kommt der Text nicht zum Punkt, hat keine Pointe. Er ist ein einziger großer, breitgetretener Punkt. Fast alles in ihn ist nur eine leichte Variation auf die ersten drei Sätze. Schade.
 



 
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