Kreislauf des Hasses

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Kreislauf des Hasses



Der Schlag trifft mich mit voller Wucht mitten ins Gesicht. Sofort pulsiert die betroffene Stelle, ich spüre wie mein Auge anschwillt.
Der nächste Schlag folgt auf meinen Hinterkopf. Er lässt mich zu Boden gehen. Wie ein Blitz durchzuckt mich der Schmerz. Sie tritt in meinen Unterbauch. Wieder ein Blitz. Hätte ich einen Wunsch frei, so wünschte ich mir eine Ohnmacht, um diesen Schmerz nicht weiter ertragen zu müssen. Tritte in den Bauch, Beschimpfungen, ich werde bespuckt. Was um alles in der Welt geht nur in diesem Mädchen vor? Ich habe gesessen, auf der Holzbank, mitten im Park bei strahlendem Sonnenschein und gelesen. Ich richtete nur kurz die Augen auf von meinem dicken Buch, um ihnen ein paar Sekunden Entspannung zu gönnen von dem starren Blick auf die Buchstaben. Ich sah direkt in das gleisende Licht der Sonne, als ich sie hörte. "Was glotzt´n so blöde? Willste in paar, oder was is los?!" Ich erkannte nicht, woher diese wütende Stimme kam oder wen sie überhaupt ansprach, denn die Sonne tauchte mein Sichtfeld in weiße, blaue und grüne tanzende Punkte. "Ey, guck weg, sonst kriegste eine!" Wieder diese Stimme. So langsam zeichnete sich das Gesicht eines jungen Mädchens ab, direkt vor mir. Langes, blondes Haar, zusammengesteckt zu einem Zopf. Die Kleidung wie von einem Sportler. Weite Jogginghosen, ein viel zu großes T-Shirt. Die blauen Augen des Mädchens strahlten puren Hass aus. Ich kannte sie nicht. Anscheinend fühlte sie sich angegriffen. Ich musste wohl in ihre Richtung geblickt haben, als die Sonne mich blendete. Das Zusammenkneifen meiner Augen muss sie als Provokation aufgefasst haben. Wieder ein Tritt, diesmal direkt auf meine Nase. Das krachen sagt mir, das sie wohl gebrochen sein muss. Plötzlich Stimmen, jemand zerrt das wütende Mädchen von mir weg, brüllt sie an. Sie brüllt zurück, läuft dann weg. Den Wortlaut dieses kurzen Dialoges kann ich nicht erfassen. Der Schmerz bohrt sich durch sämtliche Partien meines Körpers, vor allem durch meinen Bauch. Dann wird es schwarz...
Als ich zu mir komme, finde ich mich in meinem Zimmer wieder. Ich blicke nach rechts. Dort entdecke ich meinen Wecker, welcher mir sagt, es sei sechs Uhr Abends. Drei Stunden sind vergangen seit es schwarz wurde in meinem Kopf.Ich versuche mich aufzurichten, als ein Schwall des Schmerzes mir sagt, ich solle lieber in der aktuellen Position verharren. Mein Kopf fühlt sich an wie Apfelmus. Ich höre einen dumpfen Schrei. Ich bin es, die schreit. Ich tue es nicht bewusst. Der Schmerz muss raus, bahnt sich seinen Weg nach draussen durch meine Stimmbänder. Die Tür öffnet sich. Mama. Sie streicht mit ihrer Hand über mein Gesicht, spricht mir tröstende Wort zu, wischt die Tränen weg, die bei meinem Schrei ausgebrochen sein müssen. Ich will ihr erklären, was passiert ist. Doch ich kann nicht. Denn ich weiß nicht, wie es dazu kommen konnte. Ich wollte doch nur lesen. Meine Mutter verlässt den Raum mit den Worten "Schlaf noch ein bischen, Kleines. Alles ist gut.".
Ich beginne nachzudenken. Was ist das für eine Welt, in der man nicht einmal in Ruhe lesen kann? In der man nicht einfach so durch die Gegend blicken kann, ohne gleich angepöbelt zu werden? In mir kriecht etwas auf, irgendwas stimmt nicht. Aber was? Mein Herz schlägt wie verrückt, ich spüre Erleichterung, Angst und Hass. Doch warum? Ich versuche, diese Gefühle zuzuordnen. Ich habe Angst... Warum? Weil so etwas jederzeit wieder passieren kann. Weil ich nichts dafür kann. Weil ich mich nicht wehren kann. Weil ich es nicht kommen sah. Weil es so unbegreiflich ist. Ich bin erleichtert. Warum? Weil ich es überlebt habe. Weil mir jemand geholfen hat. Weil ich weiß, dass ich nicht schuld daran war. Ich hasse. Ich hasse weil... Da gibt es doch noch einen Grund?! Ein Grund, welcher anklopft, aber nicht rein will in meine Gedanken. Oder nicht hinein kann. Ich rufe mach meine Mutter. Ihre Schritte hallen im Flur. Sie öffnet meine Tür und kommt herein. "Mama, was ist passiert?" Ihre Augen sehen rot aus. Sie beginnen, zu glänzen.
"Mom?" sie weiß den Grund für meine widersprüchlichen Gefühle.
"Kleines..." bringt sie nur heraus, bevor ihr Tränen ihre Wange entlang rinnen.
Sie lenkt ihre Hände zu meinen. Ich glaube, sie will die meinen umschliessen, doch nein. Sie ergreift mein Handgelenk, dann führt sie meine Hand. Sie legt nur eine kurze Strecke zurück, ehe sie verweilt. Über meinem Bauch. Dann lässt sie sie sinken, auf meinen Unterbauch. Dort legt sie sie ab und blickt mich an - mit tränenerfüllten Augen. Ich spüre die Wärme meines Bauches, aber auch eine scheußliche Kälte. Vor meinen Augen setzt sich ein Bild zusammen. Ich erinnere mich. Ich erinnere mich an die Wärme, welche bis vor ein paar Stunden von meinem Bauch ausging, ich erinnere mich an Freude, an Schutz, den ich bieten wollte. Ich erinnere mich...! Sie hat es mir genommen. Als sie mich getreten hat, als der Blitz einschlug, ist etwas in mir gestorben. Sie hat es mir genommen! Sie hat mir mein Kind genommen! Ich brülle, so laut ich kann. Diesen Schmerz kannte ich bisher noch nicht. Der Schmerz, das eigene Fleisch und Blut verloren zu haben. Wegen nichts! Wegen eines Blickes gen Sonne! Wegen eines Mädchens, das voller Hass steckt und alles gegen sich gerichtet sah! Wegen einer Welt, welche aus den Fugen geraten ist!
Ich habe Angst, weil ich niemals schützen kann.
Ich bin erleichtert, weil ich nicht mehr schützen muss.
Ich hasse sie! Ich hasse sie! Ich werde ihr das gleiche antun! Ich werde ihr weh tun!
"Kleines, tu das nicht" unterbricht mich die sanfte Stimme meiner Mutter. Sie muss in meinen Augen gelesen haben, das ich verstand und Hass in mir aufteigt..
"Richte deine Wut nicht gegen sie, denn das bringt erneuten Hass. Hass tötet, deshalb ist es, wie es ist. Sorge nicht dafür, dass der Hass die Oberhand gewinnt. Ich habe sie bereits zahlen lassen...."
Erneut öffnet sich meine Zimmertür, zwei Polizisten betreten mein Zimmer, nehmen meine Mutter mit...
Sie hat sie getötet! Meine Mutter hat das Mädchen mit den hasserrfüllten Augen getötet! Das Mädchen nahm mir mein Kind und meine Mutter! Das ist der Kreislauf der Welt... Hass nährt Hass nährt Hass nährt Hass... Ich blicke nach rechts, entdecke eine Blisterpackung Schmerztabletten. Wird das Mädchen es schaffen, drei Generationen durch Hass zu töten? ...
 

Haremsdame

Mitglied
Hallo Emily,

Dein Text ist Dir gut gelungen. Es war spannend für mich, ihn zu lesen. Trotzdem habe ich einiges daran auszusetzen:

1. solltest Du schon zu Beginn mehr Absätze bilden, weil der Text dann leichter zu lesen ist

2. solltest Du noch einmal drüber gehen und diverse Flüchtigkeitsfehler ausmerzen (zum Beispiel :
Ich rufe mach meine Mutter.
oder
Sie muss in meinen Augen gelesen haben, das ich verstand und Hass in mir aufteigt..
3. obwohl ich den Schmerz und den Hass gut nachvollziehen kann, finde ich, dass Du zum Schluss (eigentlich schon in dem Moment, wo Deine Protagonistin zu Hause im Bett liegt und feststellt, dass...) etwas zu dick aufträgst. Das macht den Text unglaubwürdig, was ich sehr schade finde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Mutter so reagiert, wie es die in Deiner Geschichte getan hat - trotz dieser nachvollziehbaren Wut...

Mein Tipp:
Überarbeite das Ganze nochmal! Es lohnt sich!

Mit den besten Grüßen
die Haremsdame
 
Kreislauf des Hasses



Der Schlag trifft mich mit voller Wucht mitten ins Gesicht. Sofort pulsiert die betroffene Stelle, ich spüre wie mein Auge anschwillt.
Der nächste Schlag folgt auf meinen Hinterkopf. Er lässt mich zu Boden gehen. Wie ein Blitz durchzuckt mich der Schmerz. Sie tritt in meinen Unterbauch. Wieder ein Blitz. Hätte ich einen Wunsch frei, so wünschte ich mir eine Ohnmacht, um diesen Schmerz nicht weiter ertragen zu müssen. Tritte in den Bauch, Beschimpfungen, ich werde bespuckt. Was um alles in der Welt geht nur in diesem Mädchen vor?
Ich habe gesessen, auf der Holzbank, mitten im Park bei strahlendem Sonnenschein und gelesen. Ich richtete nur kurz die Augen auf von meinem dicken Buch, um ihnen ein paar Sekunden Entspannung zu gönnen von dem starren Blick auf die Buchstaben. Ich sah direkt in das gleisende Licht der Sonne, als ich sie hörte. "Was glotzt´n so blöde? Willste in paar, oder was is los?!"
Ich erkannte nicht, woher diese wütende Stimme kam oder wen sie überhaupt ansprach, denn die Sonne tauchte mein Sichtfeld in weiße, blaue und grüne tanzende Punkte. "Ey, guck weg, sonst kriegste eine!" Wieder diese Stimme. So langsam zeichnete sich das Gesicht eines jungen Mädchens ab, direkt vor mir. Langes, blondes Haar, zusammengesteckt zu einem Zopf. Die Kleidung wie von einem Sportler. Weite Jogginghosen, ein viel zu großes T-Shirt. Die blauen Augen des Mädchens strahlten puren Hass aus. Ich kannte sie nicht. Anscheinend fühlte sie sich angegriffen. Ich musste wohl in ihre Richtung geblickt haben, als die Sonne mich blendete. Das Zusammenkneifen meiner Augen muss sie als Provokation aufgefasst haben.
Wieder ein Tritt, diesmal direkt auf meine Nase. Das Krachen sagt mir, dass sie wohl gebrochen sein muss. Plötzlich Stimmen, jemand zerrt das wütende Mädchen von mir weg, brüllt sie an. Sie brüllt zurück, läuft dann weg. Den Wortlaut dieses kurzen Dialoges kann ich nicht erfassen. Der Schmerz bohrt sich durch sämtliche Partien meines Körpers, vor allem durch meinen Bauch. Dann wird es schwarz...
Als ich zu mir komme, finde ich mich in meinem Zimmer wieder. Ich blicke nach rechts. Dort entdecke ich meinen Wecker, welcher mir sagt, es sei sechs Uhr Abends. Drei Stunden sind vergangen seit es schwarz wurde in meinem Kopf.Ich versuche mich aufzurichten, als ein Schwall des Schmerzes mir sagt, ich solle lieber in der aktuellen Position verharren. Mein Kopf fühlt sich an wie Apfelmus. Ich höre einen dumpfen Schrei. Ich bin es, die schreit. Ich tue es nicht bewusst. Der Schmerz muss raus, bahnt sich seinen Weg nach draussen durch meine Stimmbänder.
Die Tür öffnet sich. Mama. Sie streicht mit ihrer Hand über mein Gesicht, spricht mir tröstende Wort zu, wischt die Tränen weg, die bei meinem Schrei ausgebrochen sein müssen. Ich will ihr erklären, was passiert ist. Doch ich kann nicht. Denn ich weiß nicht, wie es dazu kommen konnte. Ich wollte doch nur lesen. Meine Mutter verlässt den Raum mit den Worten "Schlaf noch ein bischen, Kleines. Alles ist gut.".
Ich beginne nachzudenken. Was ist das für eine Welt, in der man nicht einmal in Ruhe lesen kann? In der man nicht einfach so durch die Gegend blicken kann, ohne gleich angepöbelt zu werden? In mir kriecht etwas auf, irgendwas stimmt nicht. Aber was? Mein Herz schlägt wie verrückt, ich spüre Erleichterung, Angst und Hass. Doch warum? Ich versuche, diese Gefühle zuzuordnen. Ich habe Angst... Warum? Weil so etwas jederzeit wieder passieren kann. Weil ich nichts dafür kann. Weil ich mich nicht wehren kann. Weil ich es nicht kommen sah. Weil es so unbegreiflich ist. Ich bin erleichtert. Warum? Weil ich es überlebt habe. Weil mir jemand geholfen hat. Weil ich weiß, dass ich nicht schuld daran war. Ich hasse. Ich hasse weil... Da gibt es doch noch einen Grund?! Ein Grund, welcher anklopft, aber nicht rein will in meine Gedanken. Oder nicht hinein kann. Ich rufe nach meiner Mutter. Ihre Schritte hallen im Flur. Sie öffnet meine Tür und kommt herein. "Mama, was ist passiert?" Ihre Augen sehen rot aus. Sie beginnen, zu glänzen.
"Mom?" sie weiß den Grund für meine widersprüchlichen Gefühle.
"Kleines..." bringt sie nur heraus, bevor ihr Tränen ihre Wange entlang rinnen.
Sie lenkt ihre Hände zu meinen. Ich glaube, sie will die meinen umschliessen, doch nein. Sie ergreift mein Handgelenk, dann führt sie meine Hand. Sie legt nur eine kurze Strecke zurück, ehe sie verweilt. Über meinem Bauch. Dann lässt sie sie sinken, auf meinen Unterbauch. Dort legt sie sie ab und blickt mich an - mit tränenerfüllten Augen. Ich spüre die Wärme meines Bauches, aber auch eine scheußliche Kälte. Vor meinen Augen setzt sich ein Bild zusammen. Ich erinnere mich. Ich erinnere mich an die Wärme, welche bis vor ein paar Stunden von meinem Bauch ausging, ich erinnere mich an Freude, an Schutz, den ich bieten wollte. Ich erinnere mich...! Sie hat es mir genommen. Als sie mich getreten hat, als der Blitz einschlug, ist etwas in mir gestorben. Sie hat es mir genommen! Sie hat mir mein Kind genommen! Ich brülle, so laut ich kann. Diesen Schmerz kannte ich bisher noch nicht. Der Schmerz, das eigene Fleisch und Blut verloren zu haben. Wegen nichts! Wegen eines Blickes gen Sonne! Wegen eines Mädchens, das voller Hass steckt und alles gegen sich gerichtet sah! Wegen einer Welt, welche aus den Fugen geraten ist!
Ich habe Angst, weil ich niemals schützen kann.
Ich bin erleichtert, weil ich nicht mehr schützen muss.
Ich hasse sie! Ich hasse sie! Ich werde ihr das gleiche antun! Ich werde ihr weh tun!
"Kleines, tu das nicht" unterbricht mich die sanfte Stimme meiner Mutter. Sie muss in meinen Augen gelesen haben, dass ich verstand und Hass in mir aufsteigt..
"Richte deine Wut nicht gegen sie, denn das bringt erneuten Hass. Hass tötet, deshalb ist es, wie es ist. Sorge nicht dafür, dass der Hass erneut die Oberhand gewinnt."
Wieder öffnet sich meine Zimmertür, zwei Polizisten betreten mein Zimmer, nehmen meine Mutter mit...
Ich erinneremich... Sie hat mich gerettet im Park... Sie hat das Mädchen weggezerrt von mir. Hat meine Mutter hat das Mädchen mit den hasserrfüllten Augen getötet? Nahm mir das Mädchen mein Kind und meine Mutter? Das ist der Kreislauf der Welt... Hass nährt Hass nährt Hass nährt Hass... Ich blicke nach rechts, entdecke eine Blisterpackung Schmerztabletten. Wird das Mädchen es schaffen, drei Generationen durch Hass zu zerstören? ...
 

Haremsdame

Mitglied
Hallo Emily,

jetzt liest sich das Ganze viel besser! Allerdings sind Dir beim Überarbeiten des Schlusses noch Flüchtigkeitsfehler unterlaufen:
Ich erinneremich... Sie hat mich gerettet im Park... Sie hat das Mädchen weggezerrt von mir. Hat meine Mutter hat das Mädchen
Wäre schön, wenn Du die noch beseitigen könntest
meint die Haremsdame
 
Kreislauf des Hasses



Der Schlag trifft mich mit voller Wucht mitten ins Gesicht. Sofort pulsiert die betroffene Stelle, ich spüre wie mein Auge anschwillt.
Der nächste Schlag folgt auf meinen Hinterkopf. Er lässt mich zu Boden gehen. Wie ein Blitz durchzuckt mich der Schmerz. Sie tritt in meinen Unterbauch. Wieder ein Blitz. Hätte ich einen Wunsch frei, so wünschte ich mir eine Ohnmacht, um diesen Schmerz nicht weiter ertragen zu müssen. Tritte in den Bauch, Beschimpfungen, ich werde bespuckt. Was um alles in der Welt geht nur in diesem Mädchen vor?
Ich habe gesessen, auf der Holzbank, mitten im Park bei strahlendem Sonnenschein und gelesen. Ich richtete nur kurz die Augen auf von meinem dicken Buch, um ihnen ein paar Sekunden Entspannung zu gönnen von dem starren Blick auf die Buchstaben. Ich sah direkt in das gleisende Licht der Sonne, als ich sie hörte. "Was glotzt´n so blöde? Willste in paar, oder was is los?!"
Ich erkannte nicht, woher diese wütende Stimme kam oder wen sie überhaupt ansprach, denn die Sonne tauchte mein Sichtfeld in weiße, blaue und grüne tanzende Punkte. "Ey, guck weg, sonst kriegste eine!" Wieder diese Stimme. So langsam zeichnete sich das Gesicht eines jungen Mädchens ab, direkt vor mir. Langes, blondes Haar, zusammengesteckt zu einem Zopf. Die Kleidung wie von einem Sportler. Weite Jogginghosen, ein viel zu großes T-Shirt. Die blauen Augen des Mädchens strahlten puren Hass aus. Ich kannte sie nicht. Anscheinend fühlte sie sich angegriffen. Ich musste wohl in ihre Richtung geblickt haben, als die Sonne mich blendete. Das Zusammenkneifen meiner Augen muss sie als Provokation aufgefasst haben.
Wieder ein Tritt, diesmal direkt auf meine Nase. Das Krachen sagt mir, dass sie wohl gebrochen sein muss. Plötzlich Stimmen, jemand zerrt das wütende Mädchen von mir weg, brüllt sie an. Sie brüllt zurück, läuft dann weg. Den Wortlaut dieses kurzen Dialoges kann ich nicht erfassen. Der Schmerz bohrt sich durch sämtliche Partien meines Körpers, vor allem durch meinen Bauch. Dann wird es schwarz...
Als ich zu mir komme, finde ich mich in meinem Zimmer wieder. Ich blicke nach rechts. Dort entdecke ich meinen Wecker, welcher mir sagt, es sei sechs Uhr Abends. Drei Stunden sind vergangen seit es schwarz wurde in meinem Kopf.Ich versuche mich aufzurichten, als ein Schwall des Schmerzes mir sagt, ich solle lieber in der aktuellen Position verharren. Mein Kopf fühlt sich an wie Apfelmus. Ich höre einen dumpfen Schrei. Ich bin es, die schreit. Ich tue es nicht bewusst. Der Schmerz muss raus, bahnt sich seinen Weg nach draussen durch meine Stimmbänder.
Die Tür öffnet sich. Mama. Sie streicht mit ihrer Hand über mein Gesicht, spricht mir tröstende Wort zu, wischt die Tränen weg, die bei meinem Schrei ausgebrochen sein müssen. Ich will ihr erklären, was passiert ist. Doch ich kann nicht. Denn ich weiß nicht, wie es dazu kommen konnte. Ich wollte doch nur lesen. Meine Mutter verlässt den Raum mit den Worten "Schlaf noch ein bischen, Kleines. Alles ist gut.".
Ich beginne nachzudenken. Was ist das für eine Welt, in der man nicht einmal in Ruhe lesen kann? In der man nicht einfach so durch die Gegend blicken kann, ohne gleich angepöbelt zu werden? In mir kriecht etwas auf, irgendwas stimmt nicht. Aber was? Mein Herz schlägt wie verrückt, ich spüre Erleichterung, Angst und Hass. Doch warum? Ich versuche, diese Gefühle zuzuordnen. Ich habe Angst... Warum? Weil so etwas jederzeit wieder passieren kann. Weil ich nichts dafür kann. Weil ich mich nicht wehren kann. Weil ich es nicht kommen sah. Weil es so unbegreiflich ist. Ich bin erleichtert. Warum? Weil ich es überlebt habe. Weil mir jemand geholfen hat. Weil ich weiß, dass ich nicht schuld daran war. Ich hasse. Ich hasse weil... Da gibt es doch noch einen Grund?! Ein Grund, welcher anklopft, aber nicht rein will in meine Gedanken. Oder nicht hinein kann. Ich rufe nach meiner Mutter. Ihre Schritte hallen im Flur. Sie öffnet meine Tür und kommt herein. "Mama, was ist passiert?" Ihre Augen sehen rot aus. Sie beginnen, zu glänzen.
"Mom?" sie weiß den Grund für meine widersprüchlichen Gefühle.
"Kleines..." bringt sie nur heraus, bevor ihr Tränen ihre Wange entlang rinnen.
Sie lenkt ihre Hände zu meinen. Ich glaube, sie will die meinen umschliessen, doch nein. Sie ergreift mein Handgelenk, dann führt sie meine Hand. Sie legt nur eine kurze Strecke zurück, ehe sie verweilt. Über meinem Bauch. Dann lässt sie sie sinken, auf meinen Unterbauch. Dort legt sie sie ab und blickt mich an - mit tränenerfüllten Augen. Ich spüre die Wärme meines Bauches, aber auch eine scheußliche Kälte. Vor meinen Augen setzt sich ein Bild zusammen. Ich erinnere mich. Ich erinnere mich an die Wärme, welche bis vor ein paar Stunden von meinem Bauch ausging, ich erinnere mich an Freude, an Schutz, den ich bieten wollte. Ich erinnere mich...! Sie hat es mir genommen. Als sie mich getreten hat, als der Blitz einschlug, ist etwas in mir gestorben. Sie hat es mir genommen! Sie hat mir mein Kind genommen! Ich brülle, so laut ich kann. Diesen Schmerz kannte ich bisher noch nicht. Der Schmerz, das eigene Fleisch und Blut verloren zu haben. Wegen nichts! Wegen eines Blickes gen Sonne! Wegen eines Mädchens, das voller Hass steckt und alles gegen sich gerichtet sah! Wegen einer Welt, welche aus den Fugen geraten ist!
Ich habe Angst, weil ich niemals schützen kann.
Ich bin erleichtert, weil ich nicht mehr schützen muss.
Ich hasse sie! Ich hasse sie! Ich werde ihr das gleiche antun! Ich werde ihr weh tun!
"Kleines, tu das nicht" unterbricht mich die sanfte Stimme meiner Mutter. Sie muss in meinen Augen gelesen haben, dass ich verstand und Hass in mir aufsteigt..
"Richte deine Wut nicht gegen sie, denn das bringt erneuten Hass. Hass tötet, deshalb ist es, wie es ist. Sorge nicht dafür, dass der Hass erneut die Oberhand gewinnt."
Wieder öffnet sich meine Zimmertür, zwei Polizisten betreten mein Zimmer, nehmen meine Mutter mit...
Ich erinnere mich... Sie hat mich gerettet im Park... Sie hat das Mädchen weggezerrt von mir. Hat meine Mutter das Mädchen mit den hasserrfüllten Augen getötet? Nahm mir das Mädchen mein Kind und meine Mutter? Das ist der Kreislauf der Welt... Hass nährt Hass nährt Hass nährt Hass... Ich blicke nach rechts, entdecke eine Blisterpackung Schmerztabletten. Wird das Mädchen es schaffen, drei Generationen durch Hass zu zerstören? ...
 
Kreislauf des Hasses



Der Schlag trifft mich mit voller Wucht mitten ins Gesicht. Sofort pulsiert die betroffene Stelle, ich spüre wie mein Auge anschwillt.
Der nächste Schlag folgt auf meinen Hinterkopf. Er lässt mich zu Boden gehen. Wie ein Blitz durchzuckt mich der Schmerz. Sie tritt in meinen Unterbauch. Wieder ein Blitz. Hätte ich einen Wunsch frei, so wünschte ich mir eine Ohnmacht, um diesen Schmerz nicht weiter ertragen zu müssen. Tritte in den Bauch, Beschimpfungen, ich werde bespuckt. Was um alles in der Welt geht nur in diesem Mädchen vor?
Ich habe gesessen, auf der Holzbank, mitten im Park bei strahlendem Sonnenschein und gelesen. Ich richtete nur kurz die Augen auf von meinem dicken Buch, um ihnen ein paar Sekunden Entspannung zu gönnen von dem starren Blick auf die Buchstaben. Ich sah direkt in das gleisende Licht der Sonne, als ich sie hörte. "Was glotzt´n so blöde? Willste in paar, oder was is los?!"
Ich erkannte nicht, woher diese wütende Stimme kam oder wen sie überhaupt ansprach, denn die Sonne tauchte mein Sichtfeld in weiße, blaue und grüne tanzende Punkte. "Ey, guck weg, sonst kriegste eine!" Wieder diese Stimme. So langsam zeichnete sich das Gesicht eines jungen Mädchens ab, direkt vor mir. Langes, blondes Haar, zusammengesteckt zu einem Zopf. Die Kleidung wie von einem Sportler. Weite Jogginghosen, ein viel zu großes T-Shirt. Die blauen Augen des Mädchens strahlten puren Hass aus. Ich kannte sie nicht. Anscheinend fühlte sie sich angegriffen. Ich musste wohl in ihre Richtung geblickt haben, als die Sonne mich blendete. Das Zusammenkneifen meiner Augen muss sie als Provokation aufgefasst haben.
Wieder ein Tritt, diesmal direkt auf meine Nase. Das Krachen sagt mir, dass sie wohl gebrochen sein muss. Plötzlich Stimmen, jemand zerrt das wütende Mädchen von mir weg, brüllt sie an. Sie brüllt zurück, läuft dann weg. Den Wortlaut dieses kurzen Dialoges kann ich nicht erfassen. Der Schmerz bohrt sich durch sämtliche Partien meines Körpers, vor allem durch meinen Bauch. Dann wird es schwarz...
Als ich zu mir komme, finde ich mich in meinem Zimmer wieder. Ich blicke nach rechts. Dort entdecke ich meinen Wecker, welcher mir sagt, es sei sechs Uhr Abends. Drei Stunden sind vergangen seit es schwarz wurde in meinem Kopf.Ich versuche mich aufzurichten, als ein Schwall des Schmerzes mir sagt, ich solle lieber in der aktuellen Position verharren. Mein Kopf fühlt sich an wie Apfelmus. Ich höre einen dumpfen Schrei. Ich bin es, die schreit. Ich tue es nicht bewusst. Der Schmerz muss raus, bahnt sich seinen Weg nach draußen durch meine Stimmbänder.
Die Tür öffnet sich. Mama. Sie streicht mit ihrer Hand über mein Gesicht, spricht mir tröstende Wort zu, wischt die Tränen weg, die bei meinem Schrei ausgebrochen sein müssen. Ich will ihr erklären, was passiert ist. Doch ich kann nicht. Denn ich weiß nicht, wie es dazu kommen konnte. Ich wollte doch nur lesen. Meine Mutter verlässt den Raum mit den Worten "Schlaf noch ein bisschen, Kleines. Alles ist gut.".
Ich beginne nachzudenken. Was ist das für eine Welt, in der man nicht einmal in Ruhe lesen kann? In der man nicht einfach so durch die Gegend blicken kann, ohne gleich angepöbelt zu werden? In mir kriecht etwas auf, irgendwas stimmt nicht. Aber was? Mein Herz schlägt wie verrückt, ich spüre Erleichterung, Angst und Hass. Doch warum? Ich versuche, diese Gefühle zuzuordnen. Ich habe Angst... Warum? Weil so etwas jederzeit wieder passieren kann. Weil ich nichts dafür kann. Weil ich mich nicht wehren kann. Weil ich es nicht kommen sah. Weil es so unbegreiflich ist. Ich bin erleichtert. Warum? Weil ich es überlebt habe. Weil mir jemand geholfen hat. Weil ich weiß, dass ich nicht schuld daran war. Ich hasse. Ich hasse weil... Da gibt es doch noch einen Grund?! Ein Grund, welcher anklopft, aber nicht rein will in meine Gedanken. Oder nicht hinein kann. Ich rufe nach meiner Mutter. Ihre Schritte hallen im Flur. Sie öffnet meine Tür und kommt herein. "Mama, was ist passiert?" Ihre Augen sehen rot aus. Sie beginnen, zu glänzen.
"Mom?" sie weiß den Grund für meine widersprüchlichen Gefühle.
"Kleines..." bringt sie nur heraus, bevor ihr Tränen ihre Wange entlang rinnen.
Sie lenkt ihre Hände zu meinen. Ich glaube, sie will die meinen umschliessen, doch nein. Sie ergreift mein Handgelenk, dann führt sie meine Hand. Sie legt nur eine kurze Strecke zurück, ehe sie verweilt. Über meinem Bauch. Dann lässt sie sie sinken, auf meinen Unterbauch. Dort legt sie sie ab und blickt mich an - mit tränenerfüllten Augen. Ich spüre die Wärme meines Bauches, aber auch eine scheußliche Kälte. Vor meinen Augen setzt sich ein Bild zusammen. Ich erinnere mich. Ich erinnere mich an die Wärme, welche bis vor ein paar Stunden von meinem Bauch ausging, ich erinnere mich an Freude, an Schutz, den ich bieten wollte. Ich erinnere mich...! Sie hat es mir genommen. Als sie mich getreten hat, als der Blitz einschlug, ist etwas in mir gestorben. Sie hat es mir genommen! Sie hat mir mein Kind genommen! Ich brülle, so laut ich kann. Diesen Schmerz kannte ich bisher noch nicht. Der Schmerz, das eigene Fleisch und Blut verloren zu haben. Wegen nichts! Wegen eines Blickes gen Sonne! Wegen eines Mädchens, das voller Hass steckt und alles gegen sich gerichtet sah! Wegen einer Welt, welche aus den Fugen geraten ist!
Ich habe Angst, weil ich niemals schützen kann.
Ich bin erleichtert, weil ich nicht mehr schützen muss.
Ich hasse sie! Ich hasse sie! Ich werde ihr das gleiche antun! Ich werde ihr weh tun!
"Kleines, tu das nicht" unterbricht mich die sanfte Stimme meiner Mutter. Sie muss in meinen Augen gelesen haben, dass ich verstand und Hass in mir aufsteigt..
"Richte deine Wut nicht gegen sie, denn das bringt erneuten Hass. Hass tötet, deshalb ist es, wie es ist. Sorge nicht dafür, dass der Hass erneut die Oberhand gewinnt."
Wieder öffnet sich meine Zimmertür, zwei Polizisten betreten mein Zimmer, nehmen meine Mutter mit...
Ich erinnere mich... Sie hat mich gerettet im Park... Sie hat das Mädchen weggezerrt von mir. Hat meine Mutter das Mädchen mit den hasserfüllten Augen getötet? Nahm mir das Mädchen mein Kind und meine Mutter? Das ist der Kreislauf der Welt... Hass nährt Hass nährt Hass nährt Hass... Ich blicke nach rechts, entdecke eine Blisterpackung Schmerztabletten. Wird das Mädchen es schaffen, drei Generationen durch Hass zu zerstören? ...
 



 
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