Kurzgeschichte

Fledder

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Ja, ich lebe in Düsseldorf!

Düsseldorf ist an sich eine schöne Stadt. Ich wohne fast im Zentrum Düsseldorfs, der Stadtteil nennt sich Flingern. Flingern war früher einmal Ackerland und vor zig Jahren prägten hochherrschaftliche Gebäude das Stadtteilbild. Nach dem Krieg sah das natürlich anders aus, denn Flingern ist ganz schön zerbombt worden. Ich lebe direkt an der B8, das ist die Bundesstraße, die direkt nach Rom führt :))) Verständlich, wenn es laut wird, wenn vierspurig die Lkw vor dem Haus entlangrattern und zweispurig die Straßenbahn. Aber es hat auch was für sich, ich wohne zentral.

Düsseldorf hat viel zu bieten und ist ziemlich abwechslungsreich. Fährt man ein bißchen aus der Stadt heraus findet man noch immer viel Ackerland und Wiesen. Ansonsten ist unser "Naherholungsgebiet" der Vater Rhein. Oft gehe ich im Sommer dort grillen, wenn es mal lecker warm ist. Es gibt dort Sandstrände wie am Meer und wenn man seinen Grill dort aufstellt, ist man nie alleine. Im Sommer gibt es jedes Jahr eine riesige Kirmes, die auf der anderen Rheinseite aufgebaut wird- auf der falschen Rheinseite, wie die Düsseldorfer sagen. Die falsche Rheinseite heißt, daß auf dieser Seite Köln liegt. Das ist immer ein kleiner Kampf zwischen Düsseldorfern und Kölner, keiner weiß warum, denn eigentlich sind die Kölner gut drauf. Aber es ist eben so und wird auch augenzwinkernd gepflegt.

Auf jeden Fall endet die Kirmes immer mit einem bombastischen Feuerwerk, von dem man von der Kirmes aus selbst nichts sieht. Deshalb findet sich Gott und die Welt dann auch beim Grillen auf der RICHTIGEN, auf unserer Rheinseite ein. Nach und nach gesellen sich immer mehr Grüppchen in exakt 15 m Abstand dazu, um das Feuerwerk zu genießen. Das ganze Spektakel - verbunden mit dem obligatorischen Altbier, das auch oft in Fässern dort angeschleppt wird - geht dann bis in die frühen Morgenstunden.

Es gibt ansonsten noch die Möglichkeit, sich in der Altstadt zwischen tausenden von Menschen zu betrinken. Es ist eben Geschmacksache. Das schöne ist, daß man sich aussuchen kann, wohin man gehen möchte. Selbst in der Altstadt, die mittlerweile von Touristen überfüllt ist, findet man hier und da noch Kneipen, in denen alles noch so läuft wie früher. Die einschlägigen Brauereien sind sehr gemütlich und man wird oft von den Kellnern, die sich hier Köbesse nennen, rauh aber herzlich bedient. Dort kann man dann das absolut frischeste Alt genießen.

Die Düsseldorfer sind ein geschwätziges, aber freundliches Volk. Nicht so wie die Hanseaten, denen eher strenge Zurückhaltung nachgesagt wird. Der rheinische Frohsinn zeigt sich gerne an den Düsseldorfer Tresen, denn jeder wird von jedem angequatscht. Und wehe wenn ein Düsseldorfer herausfindet, daß er jemandem gegenübersteht, der von auswärts kommt...

Ich habe eine Delegation von Chinesen beobachtet, die zur Messezeit in Düsseldorf weilten. Diese gesellten in einer Düsseldorfer Brauerei zufällig an einen "heiligen Stammtisch", der mit den "Düsseldorfer Jongens" besetzt war. Dies ist ein Verein, der noch den Brauchtum Düsseldorfs pflegt. Die Chinesen begriffen anfangs gar nicht, warum sie sofort angesprochen wurden und gleich mehrere Gläser Altbier vor sich vorfanden. Sie kicherten peinlich berührt und grinsten und verbeugten sich mehrmals. "Kumm", sacht einer von den Düsseldorfer Jongens, "däm Chinesen bringe m´r jetz en Liedsche bei." Und kurzerhand wurde sich bei den Chinesen untergehakt, ein Liedchen angestimmt und geschunkelt. Die Chinesen waren vollends verwirrt, sangen aber irgend etwas mit. Später wurde mit Händen und Füßen über Gott und die Welt diskutiert, ich denke die Jongens sprachen über die erhöhten Bierpreise und die Chinesen über ihr Wirtschaftswachstum - aber irgendwie verstand man sich.

So kann es "Auswärtigen" ergehen.

Für jeden Geschmack gibt es etwas, sei es für Hardrock-Freaks, für Yuppies, für Techno-Leute, für Rapper, für Schlagerfans oder für Leute, die anstatt zum Ballermann auf Mallorca fahren, einfach zum Ballermann in die Altstadt. Da gibt es das gleiche in grün wie auf Mallorca - darauf sind sogar viele Düsseldorfer stolz, ich kann jedenfalls nichts daran finden.

Seit einigen Jahren haben wir auch eine Uferpromenade, die sich auch großer Beliebtheit erfreut. Man kann dort den Schiffen nachsehen, die 10 m weiter an einem vorbeifahren oder einfach nur in die Wellen schauen. Jung und alt flaniert dort, aber man muß etwas sportlich sein, um den Rollerblade-Scatern auszuweichen.

Flanieren kann man natürlich auch auf der Kö. Ich hasse die Kö. Ein teures Geschäft reiht sich an das andere und sonntags kann man tolle Sachen dort erleben. Menschen, die so schön sind, daß es kaum zum Aushalten ist, schieben sich mit ca. 0,0002 km/h die Kö rauf und runter. Wenn man nicht gerade eine Supermodellfigur hat und halbnackt gehen kann, ist es selbst bei 30 Grad im Schatten dringend erforderlich, daß man wenigstens dann einen Nerz trägt. So schreiten "Herr und Frau Kabeljau" dann einher und man sieht und wird gesehen. Dann und wann muß man sich Schaufenster betrachten und lauthals vor einem Schmuckgeschäft kundtun, daß dort wahrhaftig in der Auslage der gleiche Ring liegt, genau dieser für 39.000 DM, liegt, den "Schatz" Ihr letztens noch zur Royce-Royce-Einweihung geschenkt hat.

Ich habe einmal einen Kaffe auf der Kö getrunken (draußen nur Kännchen). Da das Kännchen 15,00 DM kostete, gab ich 17,00 DM - zwei Mark Trinkgeld, weil die Kellnerin so freundlich war. Sie schaute überrascht. Ich sagte: stimmt so, sie ging fort, kam dann wieder, ob ich mich nicht vertan hätte, das Kännchen kostet doch nur 15,00 DM. Nee, nee, meinte ich, es ist doch schon OK... Und die Frau konnte es nicht fassen. Ich habe mir auch überlegt, ob dort nur Menschen einen Kaffee trinken, die nerz- und klungerbehangen einen Monat für ein Kännchen Kaffee sparen müssen. Irgendwie paßt es nicht zusammen.

Ansonsten ist Düsseldorf sehr hektisch, sehr voll - aber das ist alles Empfindungssache. Ich finde oft erst nach einer 3/4 Stunde Herumkurven (!) abends einen Parkplatz, von dem ich zumindest zu Fuß meine Wohnung aufsuchen kann. Eine Garage zu finden, die in der Nähe liegt, gleich einem Lottogewinn. Den muß man allerdings auch haben, damit man dann die Garage finanzieren kann. Ansonsten finanziere ich unser Straßenverkehrsamt, denn es ist ein hoher Aufwand, meine Knöllchen zu verwalten.

Ich weiß ja nicht, ob das überhaupt mal einer liest und woher er dann kommt. Aber vielleicht kommst Du ja mal zu einem Kurztrip in unsere Landeshauptstadt - wirst schon sehen... Dann schreib mir doch Deine Eindrücke - ich würde mich freuen!!!
 
Hallo Fledder,

eine schöne und gelungene Beschreibung. Bin zwar kein Düsseldorfer aber öfters mal dort, nur so zum Vergnügen...und es gefällt mir!

Liebe Grüße
Walter
 



 
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