LARS, DER BOXER

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Flic

Mitglied
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Zwar liebte Lars als kleiner Junge Deutsch, Mathematik und Erdkunde nicht, aber er ging dennoch gerne in die Schule - wegen der vielen Mitschüler, die er in der Pause misshandeln konnte. Besonders diese Streber, die im Unterricht immer die richtigen Antworten hatten. Aber Muskeln hatten sie nicht wie er, und das war ihr Pech!
Als er in der Achten seinem Banknachbarn Schröder aus Versehen beide Hände brach, bestellten die Lehrer Lars’ Eltern in die Sprechstunde, und dann sagten die Eltern: „Junge, wenn du nicht im Unterricht aufpasst, wird aus dir nichts werden.“
Aber Lars war schon damals stärker als sein Vater, und seine Hausaufgaben machte ja Schröder, als er nach acht Wochen wieder schreiben konnte.

Es machte Lars auch nix aus, dass seine Eltern ihm das Taschengeld kürzten: Ein paar Jungs aus den höheren Klassen gaben ihm Kohle, wenn sie zusehen durften, wie er jemandem die Fresse polierte. Einer von ihnen wettete auf ihn, wenn er gegen andere antrat, und gab ihm den Tipp mit dem Boxverein, wo man lernen konnte, mit noch besserer Technik Fressen zu polieren. Und je mehr und schöner er die Fressen polierte, desto größer wurde das Publikum, das ihm zujubelte, wenn er im Ring dem Gegner so lange gegen die Birne drosch, bis dieser, blutig wie ein geköpftes Huhn, zu Boden ging.

Es gab viele Leute mit viel Kohle, die sie nicht sinnvoll loswerden konnten und sie dann ausgaben „um den Kampf zu sehen“. Lars wurde berühmt und reich und ein Idol für die Jugend. Fernsehanstalten stritten sich darum, wer es live senden durfte, wie er jemanden niederhaute wie damals auf dem Schulhof, nur dass jetzt viele Prominente zuschauten, keine Lehrer rumnörgelten und es erlaubt und eine Kunst war (obwohl Lars den Unterschied zu früher nicht begriff. Nämlich hatten die Leute trotzdem immer noch was dagegen, wenn er gelegentlich auch rein privat jemanden verdrosch, zum Beispiel seine Frau, wenn sie nicht parierte).

Wenigstens war er beliebter als Schröder, der übrigens manchmal zuschauen kam (wahrscheinlich, weil er froh war, dass Lars inzwischen jemand anderen misshandelte). Und mehr Kohle hatte Lars auch als Schröder: weil er früher nicht im Unterricht aufgepasst hatte. Weil Lars nämlich Europameister im Schwergewichts-Misshandeln geworden war, aber Schröder nur irgendsowas mit Bundeskanzleien machte (oder so was ähnliches). Egal!

(c) RobR
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
zu

erst einmal herzlich willkommen auf der lupe.
da mir aber dein werk für meinen geschmack zu wenig humor und satire enthält, verschiebe ich es in den bereich Kurzprosa.
lg
 

Flic

Mitglied
Hallo,

damit bin ich nicht einverstanden. Wie du schon schreibst, "nach deinem Geschmack" nicht witzig, aber gerade du solltest wissen, dass man unter Humor verschiedener Ansicht sein kann...

MfG
Flic
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
ja,

nach meiner meinung zu wenig humor und satire. nach meiner meinung eine platte, widerwärtige geschichte. und da ich der mod des hs forums bin, kann ich nach meinem geschmack handeln.
lg
 

Flic

Mitglied
Hallo,


an dieser Stelle wirds interessant - falls du begründest, was 'widerwärtig' ist an dem Text; die Begründung ist m. E. für eine Kritik notwendig, im Übrigen bin ich tatsächlich auch daran interessiert.

So wie du das bisher machtest, bin ich befremdet.


MfG,
Flic
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
nun,

das beginnt schon beim ersten satz - lars geht gern in die schule, weil er dort andere misshandeln kann. kennst du solche kinder? oder findest du es gut, dass es solche kinder gibt? und die kommen dann auch nicht mit dem gesetz in konflikt, sondern werden später berühmte sportler? ich kann da nur n kopf schüteln.
lg
 

Flic

Mitglied
Hallo,

danke für die Antwort,

du schreibst:

lars geht gern in die schule, weil er dort andere misshandeln kann. kennst du solche kinder? oder findest du es gut, dass es solche kinder gibt?
Ich finde, dass Boxen kein Sport ist, sondern eine Form gesellschaftlich akzeptierter Körperverletzung. In meinem Text skizziere ich - satirisch - den krassen Fall - eines Menschen, der sich etablieren kann, weil es eine Menge Menschen gibt, die gern zuschauen, wenn sich zwei Leute blutig schlagen. Dies beginnt auf dem Schulhof und setzt sich vor laufenden Fernsehkameras fort. Esist genau das Phänomen, das ich angreife, indem ich die satirische Form der Überzeichnung wähle. Durch die groteske Darstellung will ich eben genau das erreichen: dass man erlebt, wie widerwärtig das im Grunde ist.

Ich weiß nicht, wie du darauf kommst, das ICH das gut finden könnte. Ich habe diesen Text geschrieben, um genau die entgegengesetzte Position zu beziehen (ich finde es/Boxen ekelhaft und unwürdig) Um das auszudrücken, verwende ich satirische Mittel: Übertreibung und paradoxe Darstellung - (Achtung! Ironie!).

Lars wurde berühmt und reich und ein Idol für die Jugend. Fernsehanstalten stritten sich darum, wer es live senden durfte, wie er jemanden niederhaute wie damals auf dem Schulhof, nur dass jetzt viele Prominente zuschauten, keine Lehrer rumnörgelten und es erlaubt und eine Kunst war.
Kann man diesen Satz anders auffassen als ich ihn intentionierte? Die Intention war ein klarer Angriff auf die "Vermarktung von Misshandlung"?

Würd mich interessieren, was andere dazu sagen, ehrlich. Du, flammarion, hast mich gründlich missverstanden.



Flic

P.S.: Ja, ich kenne Kinder, die gerne andere misshandeln. Und manche davon werden Boxer und verdienen später damit Geld.
P.S.: Und es IST eine Satire, auch wenn sie dir nicht gefällt - und gehört ins Satireforum und nicht nach Kurzprosa.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
auweia!

jeder blamiert sich, so gut er kann.
danke für deine freundliche aufklärung. ich stelle fest, dass wir im grunde genommen der selben meinung sind. nachdem ich mir deine geschichte noch mal auf der zunge hab zergehen lassen, erkenne ich, dass sie sehr wohl eine satire ist. kommt also wieder zurück in das entsprechende forum. und es wird zeit, dass auch mal n anderer was dazu sagt.
lg
 
D

Denschie

Gast
Hallo flic und flammarion,
ich kann verstehen, dass der Text zunächst irritiert.
Nicht unbedingt, weil ich dachte, du willst damit
Gewalt verherrlichen willst, sondern weil die Intention
("Boxen ist gesellschaftlich gebilligte, sinnlose Gewalt")
allzu deutlich hervortritt. Es fehlt mir ein bisschen
die Geschichte, das Erzählerische. Du stilisierst Lars
zu einem Fallbeispiel, ohne die (für mich dann an der
Stelle wichtige) Diskussion. Verstehst du, ich habe das
Gefühl, einen argumentativen Text zu lesen, der sich
noch nicht ganz entfaltet hat. Die bloße Schilderung
eines (fiktiven) Lebens, von der Misshandlung von Mit-
schülern bis zur Profiboxerkarriere, reicht mir nicht.
Es ist nichts Halbes und nichts Ganzes.
Der Text ließe sich gut als Aufhänger für einen Essay
über das Boxen nehmen. Oder eben durch erzählerische
Elemente in eine Geschichte umarbeiten.
Viele Grüße,
Denschie
 

Flic

Mitglied
Hallo flammarion,


erstmal danke für die Rückverschiebung nach Satire!
(Bei 'Kurzprosa' matcht dieser Text ja die Erwartungshaltungen vermutlich noch viel weniger).

Danke auch für die Bereitschaft, dich mit meinen Einwänden zu beschäftigen. Es ist dennoch eine interessante Frage weiterhin, aus welchem Grund dieser Text offensichtlich nicht ad hoc als Satire erkannt wird. Hier warte ich mal weitere Reaktionen ab, falls denn noch welche kommen.
Ich weiß, ich bin manchmal sehr trocken.

Ich hatte mal eine südamerikanische Kollegin, die mit mir gar nix anfangen konnte. Was ich nicht wusste, ist, dass die Humorform der Ironie (überspitzt das Gegenteil von dem zu sagen, was man meint) - in ihrer Heimat ganz wenig ausgeprägt ist.
Wenn also etwas total daneben ging und ich sagte: "Klasse, besser hätte es nun wirklich nicht laufen können!" erntete ich komplett ratlose Reaktionen, weil sie den Inhalt meines Satzes 1:1 aufgriff.
Aber es hilft ja bekanntlich oft, über alles zu sprechen
:)).


MfG,
Flic


P.S.: Zeitgleich nun dein Beitrag, Denschie,
danke dafür!


Ich glaube, ich weiß, was du meinst; der zweite Teil löst sich etwas vom ersten ab, weil ich nicht eigentlich bei Lars bleibe, sondern vom konkreten Fall zur Formel wechsle. Dadurch gebe ich vor, was der Leser denken soll - das ist *seufz* ein Vorwurf, der mich häufig trifft - zu dogmatisch zu sein in meinem Schreiben.
Ist es das, was du meinst?

Ich schau mal, ob ich für den vorliegenden Text noch eine Lösung finden kann.


MfG,
Flic
 
D

Denschie

Gast
ja, das ist es. wobei ich das prinzipiell nicht
negativ finde. du kannst sehr gerne dogmatisch
deine meinung über das boxen kundtun. ich habe selbst
noch nicht allzu viel darüber nachgedacht, besonders
nicht darüber, ob es tatsächlich die "schläger" in
der schule sind, die später diese sportart ausüben.
(ich wage das zu bezweifeln.)
wie gesagt, mich stört es nicht, wenn du deine
meinung vertrittst, und das gerne auch mehr oder weniger
dogmatisch. aber der "literarische" rahmen sollte dabei
passen. deshalb mein eindruck, dass der text entweder
mehr erzählerische elemente benötigt, oder einen
"nachsatz" in essayistischer form, der sich von dem
fall lars distanziert und allgemein die meinung des
autors wiedergibt.
viele grüße,
denschie
 

Flic

Mitglied
Boxen

Hallo Denschie und danke!


Gut, dann habe ich dich verstanden und werde mal schauen. Vielleicht gelingt mir noch eine Form, - den Protagonisten zu 'entwickeln' - vielleicht ihn kämpfen zu lassen oder etwas Dergleichen.


besonders nicht darüber, ob es tatsächlich die "schläger" in der schule sind, die später diese sportart ausüben.
Zu dem Thema kann ich dich informieren, dies ist tatsächlich häufig so; ich kenne einen Sozialarbeiter, der erzählt, dass Jugendliche, die wegen Körperverletzung verurteilt wurden, oft in Kampfsportvereinen zu finden sind. Jugendhilfeeinrichtungen, die oft mit solchem Klientel zu tun haben, befürworten und finanzieren dies häufig. Nun könnte man sagen, das sei kontraproduktiv (weil die auffällig gewordenen Jugendlichen dort "gefährlicher werden"), aber die JAs sehen Kampfsport (natürlich neben klassischen Antiaggressionstrainings) als Möglichkeit, Aggressionen abzubauen. Auf deutsch: Besser die Jungs reagieren sich im Boxtraining ab denn auf der Straße.
Dennoch möchte ich deutlich machen: Nicht jeder, der im Verein boxt, hat ein Problem mit Aggressionskontrolle!

MfG,
Flic
 



 
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