Landstraßenliebe

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Silke_Honert

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Landstraßenliebe


„…black veeeelvet with that little boy smiiiiile, black veee…” Ich hatte mich an meiner Cola verschluckt und versuchte mich hustend der Dose zu entledigen, während ich in der anderen Hand mit meinem Bic Mac und meiner Zigarette jonglierte und gleichzeitig versuchte, das Lenkrad festzuhalten. Eigentlich mochte ich keine Alannah Myles-Songs, aber ich grölte sie leidenschaftlich gern mit, wenn ich mit meinem Smart unterwegs war. Das allein hätte bei meinem nicht vorhandenen Talent wohl schon für eine Verhaftung ausgereicht. Aber wahrscheinlich war es doch mehr die Tatsache, dass ich mal wieder völlig die Kontrolle über meinen Wagen verloren hatte und gekonnt Schlangenlinien fuhr, die dazu führte, dass ich das zweite Mal in dieser Woche von meinem Lieblingspolizisten angehalten wurde. Lieblingspolizist deshalb, weil dieser Mann so unerhört schneidig in seiner grünen Motorraduniform aussah und eine Stimme wie George Clooney hatte. Und ich musste es schließlich wissen – die meisten meiner Strafzettel auf diesem Streckenabschnitt hatte ich in den letzten Monaten von ihm bekommen. Und so folgte ich ihm auch diesmal gern, als er mich überholte und an den Straßenrand winkte. Ich konnte es gerade noch verhindern, ihm hinten drauf zu fahren, als mir beinahe der halbaufgegessene Bic Mac aus der Hand rutschte und die Asche meiner Zigarette in die Cola fiel, die ich mir zwischenzeitlich zwischen die Knie geklemmt hatte.
[ 3]Er stieg ab und beäugte kritisch die fünf Zentimeter Abstand zwischen meinem Wagen und seinem Motorrad und kam gemächlich näher. Er nahm den Helm ab und angesichts seiner verwuschelten Haare stieß ich einen verträumten Seufzer aus.
[ 3]„Sagen Sie, machen Sie das eigentlich absichtlich?“
[ 3]Aaah, diese Stimme….! Treuherzig sah ich ihn an.
[ 3]„Absichtlich? Was meinen Sie denn bloß?“
[ 3]„Versuchen Sie nicht, mich zu verarschen!!! Kein Mensch kann sich am Steuer so dämlich aufführen, dass er jede Woche an der gleichen Stelle dabei erwischt wird, wie er den Straßenverkehr in einer Weise gefährdet, die einfach unglaublich ist!“
[ 3]Huch, jetzt schien der gute Mann aber wirklich wütend zu sein. Jedenfalls hatte er mich die anderen Male nie so angebrüllt. Unauffällig versuchte ich mein Mittagessen verschwinden zu lassen, hielt aber vorsichtshalber inne, als ich seinen giftigen Blick bemerkte.
[ 3]„Tut mir wirklich leid…“, bemerkte ich lahm, während er mit ruckartigen Bewegungen, die seine Wut erkennen ließen, seinen Block aus der Brusttasche seines Overalls zog.
[ 3]„Das sollte es auch. Wenn ich sie noch mal anhalten muss, sind Sie Ihren Führerschein endgültig los. Ist das jetzt klar?“
[ 3]Mir lief ein wohliger Schauer über den Rücken. Ich mochte es, wenn er so streng mit mir war.
[ 3] „Aber ja doch…klar! Kommt bestimmt nicht wieder vor. Versprochen!“
[ 3]„Wer´s glaubt wird selig. Sie sind so eine Gefahr für den Verkehr, dass man Sie gar nicht auf die Straße lassen sollte.“
[ 3]„Jetzt machen Sie aber mal halblang“, verteidigte ich mich, „nur weil ich ein kleines bisschen abgelenkt war, bin ich noch lange keine schlechte Autofahrerin!“
[ 3]Großer Fehler.
[ 3]„Ein kleines bisschen?!“
[ 3]Er sah ganz so aus, als ob er mich jeden Moment durch das Fenster meines Smarts ziehen wollte.
[ 3]„Es hätte verdammt noch mal nicht viel gefehlt, und Sie hätten sich auch noch mit den Füßen die Lippen nachgezogen, sie Wahnsinnige!“ brüllte er mich an.
[ 3]„Aber nein!“ versicherte ich ihm, „sehen Sie, so gelenkig bin ich gar nicht. Außerdem benutze ich nur Lipgloss, da ist es nicht so schlimm, wenn´s mal nicht ganz so exakt hinkommt!“
[ 3]Ich hatte mich inzwischen der Zigarette und des Bic Macs entledigt und präsentierte ihm strahlend meinen Tutti Frutti-Erdbeer-Gloss. Er starrte mich fassungslos an. Seine Lippen zuckten.
[ 3]„Steigen Sie doch bitte mal aus, meine Dame“, brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen gefährlich langsam hervor.
[ 3]Vorsichtig stieg ich aus und fragte mich, was ihn denn bitteschön jetzt schon wieder so wütend gemacht hatte. Er ging zu seinem Motorrad und kam mit der Tasche vom Gepäckträger zurück. Dann zückte er das Alkohol-Messgerät.
[ 3]„Ich bin nicht betrunken!“ meinte ich empört.
[ 3]„Nein, dafür aber völlig durchgeknallt“, murmelte er.
[ 3]„Wie bitte?!“ Ich glaubte mich verhört zu haben.
[ 3]Seine Erwiderung konnte ich nicht verstehen, weil ein alter, ziemlich demolierter, aber offenbar gekonnt aufgemotzter Opel Kadett mit mindestens hundertvierzig km/h, hupend an uns vorbeibrauste.
[ 3]„Ja, Himmelarschundzwirn, sind denn heute nur Idioten unterwegs?!“
[ 3]Beleidigt verschränkte ich meine Arme von der Brust.
[ 3]„Hauen Sie in Gottes Namen ab. Und sorgen Sie dafür, dass ich Sie nie wieder sehen muss!“
[ 3]Dieser arrogante Kerl! Tat doch glatt so, als sei ich schlimmer als die Beulenpest. Und jetzt schwang er sich auch noch auf sein Motorrad und ließ mich einfach stehen. Sauer sah ich ihm nach, wie er den Opel verfolgte und stieg schließlich wieder in mein Auto.

Es dauerte eine Weile, bis ich wieder in die richtige Stimmung kam. Tina Turner sang „Two People“, ich hatte inzwischen meinen Bic Mac aufgegessen, knabberte nun an einem Schokoriegel und hatte die Cola gegen einen Milch-Shake ausgetauscht. Als ich mir gerade eine Zigarette anzünden wollte, sah ich einen grünen Fleck am rechten Straßenrand näher kommen. Ich hielt an und zog demonstrativ an meiner Zigarette, während ich beobachtete, wie mein Polizist an meine Beifahrerseite kam und einstieg.
[ 3]„´nen Platten gehabt?“
[ 3]„Ja.“
[ 3]„Und der Opel ist weg?“
[ 3]„Ja.“
[ 3]„Scheißtag, was?“
[ 3]„Ja.“
[ 3]„Willste was abhaben?“
[ 3]Er beäugte Schokoriegel und Milch-Shake und entschied sich für Ersteres.
[ 3]„Ich wünschte, Du wärst am Steuer etwas vorsichtiger. Dir ist schon klar, dass das, was Du hier machst, ganz schön gefährlich ist?“
[ 3]Liebevoll sah ich ihn an. „Ich mag es, wenn Du richtig streng mit mir bist.“
[ 3]„Ich weiß.“
 
K

kaffeehausintellektuelle

Gast
... völlig die Kontrolle über meinen Wagen verloren hatte und gekonnt Schlangenlinien fuhr ...

das passt nicht zusammen. ich hab mal völlig die kontrolle über meinen wagen verloren und landete mit totalschaden im graben. es war mir leider nicht möglich, gekonnt schlangenlinien zu fahren.

die k.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
…und warum bitte duzen sich die beiden am Ende des Textes (und das auch noch groß geschrieben)?

„ Als ich mir gerade eine Zigarette anzünden wollte, sah ich einen grünen Fleck am rechten Straßenrand näher kommen“_____Ich denke, der Typ ist liegengeblieben, wie kann er da näher kommen? Relativitätstheorie hin oder her – hier passt es nicht.
 



 
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