Laßt uns froh und munter sein - oder: auf der Suche nach dem Positiven im Leben

Der Tag hatte gleich schon mit einem Schreck angefangen. Als er die Tür öffnete, um die
Zeitung hereinzuholen, lag dort auf der untersten Stufe die tote Katze. Die Blutlache, in der
sie lag, deutete darauf hin, daß sie an eben dieser Stelle von oben bis unten aufgeschlitzt
worden war. Nicht, daß er über den Tod der Katze traurig gewesen wäre, nein, es war ja
nicht seine Katze, sondern lediglich das Lieblingstier seiner Tochter. Verständnisvoll trug
er die Katze zur Mülltonne, wischte die Blutlache auf und nahm sich vor, seiner Tochter
das Verschwinden der Katze mit Weglaufen und nicht Wieder nach Hause finden zu erklären.

Tags zuvor hatte er seine Eltern beerdigt, die nach der von ihm veranlaßten Einweisung in
ein Altenheim nach einer mutig versuchten Eingewöhnungsphase von 14 Tagen einen anderen
Weg gewählt hatten - sie hatten sich aus den über einen längeren Zeitraum gehorteten Tabletten einen Schlaftrunk gemixt, sich in ihr Bett gelegt, bei den Händen genommen
und waren, ihrem Gesichtsausdruck nach, als die diensthabende Schwester sie fand,
friedlich eingeschlafen.

Seine Frau hatte an der Beerdigung nicht mehr teilnehmen können. Sie war vor etwa einem
Jahr bei einem Autounfall tödlich verletzt worden, als er mit ihr nach einer Party, auf der er
Vorhaltungen seines Chefs wegen einer 3wöchigen krankheitsbedingten Abwesenheit
auf der Firma ,während einer wichtigen innerbetrieblichen Umstellungsphase, mit
reichlich viel Alkohol ertränkt hatte, nach Hause gefahren war und das Auto, das mit voller Wucht in die Beifahrerseite fuhr, einfach übersehen hatte.

Er lebte seitdem allein, denn seine Tochter war wieder in dem Internat in der Schweiz,
in das sie wegen ihrer nicht in den Griff zu bekommenden Drogenprobleme gesteckt worden war -im Grunde, um die Verantwortung auf andere abzuschieben. Der Tochter ging es - abgesehen von gelegentlichen sexuellen Belästigungen ihres Religionslehrers - in dem Internat gut, wie sie sagte.

Die Tochter war das 2. Kind. Das 1. Kind, ein Sohn, war als 6jähriger wie gewohnt zu dem
nahegelegenen Kinderspielplatz gegangen, am Abend nicht nach Hause gekommen und man
hatte ihn, trotz sofort eingeleiteter intensiver Suchmaßnahmen, nie gefunden. Er war einfach
verschwunden, wie ein geplatzter Luftballon, ohne jedoch wie dieser eine schlaffe Hülle
zurückzulassen.

Eigentlich war er Zeit seines Lebens ein Einzelgänger gewesen, der durch Umstände, die er
heute nicht mehr nachvollziehen konnte, zu Frau, Kindern und Haus gekommen war. So
empfand er jetzt nach dem Verlust der Katze, die das letzte und einzige lebendige Wesen
in seinem Haus gewesen war, eine gewisse Art der Erleichterung und er begann zu über-
legen, wie er das Haus jetzt auf seine Bedürfnisse umgestalten würde.

Noch ein Problem schien ihm das Zimmer der Tochter zu sein, doch er war sich irgendwie
sicher, daß er dieses Problem auch auf die eine oder andere Art und Weise lösen würde -
schließlich war es in die Schweiz nicht so weit und es würde sich bei einem gemeinsamen Spaziergang in den Bergen sicher eine Möglichkeit ergeben, das Problem mit dem Zimmer
ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
mann,

das ist so finster, daß man gar nicht weiß, was man dazu sagen soll. da waren diese warmherzigen eltern und dann so ein produkt von sohn? brrr, es schüttelt mich! lg
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Elmar,

ich kenne schwarzen Humor. Gibt es auch schwarze Satire? Wenn ja, dann ist das hier eine wahrlich gelungene. Gut geschrieben. Vielleicht nur falsche Rubrik?

Gruß Ralph
 
Hallo Ralph,
schönen Dank für Deine positiven Zeilen. Ja, im nachhinein denke ich auch, dass diese Geschichte unter "Satire" besser stünde, aber ich bin noch relativ "neu" auf Eurer Seite. Aber Du hast sie ja auch unter Kurzgeschichten gefunden und eine "kurze Geschichte" ist es ja eigentlich auch. Bis dahin. Elmar
 



 
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