Lea´s Ostereiersuche

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Wasserlinse

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Lea´s Ostereiersuche

„Morgen fahren wir zu Opa“, sagte Lea´s Mutter. „Pack schnell deine Sachen“. Lea sah ihre Mutter fragend an. „Du weißt doch, morgen kommt der Osterhase, und der legt seine Eier am liebsten ins grüne Gras“, fügte ihre Mutter lächelnd hinzu. „Doch hier bei uns sind die paar Grünflächen voller Tretminen.“ Lea wusste genau, was ihre Mutter damit meinte. Sie durfte in der Stadt nie über Grasflächen laufen, weil die vielen Hunde ihr Geschäft dort hinterließen.
Woher weiß der Osterhase nur, dass er meine Ostereier bei Opa im Garten verstecken muss?, wunderte sich Lea. Oder hat Steffi doch recht? Steffi, ihre Freundin, hatte behauptet, dass die Erwachsenen die bunten Eier im Laden kauften. „Vergiss nicht ein Buch mitzunehmen, die Fahrt ist lang“, hörte sie ihre Mutter aus der Küche rufen. Steffi grübelte nicht länger darüber nach. Sie freute sich viel zu sehr auf die Reise. Sie mochte ihren Opa gerne. Er konnte so tolle Geschichten erzählen. Am Liebsten wäre sie gleich losgefahren.
Am Ostermorgen gab es Frost und ein eiskalter Wind pfiff durch die Bäume. Zum Glück regnete es nicht. Im letzten Jahr hatte sie ihre Ostereier in der Scheune suchen müssen. Da hatte es in Strömen geregnet. Lea´s Opa hatte einen großen Garten mit vielen alten Bäumen. Dort konnte man sich wunderschön verstecken. Ob sie lange suchen würde? Lea war ganz schön aufgeregt. Vor der Abreise hatte sie nichts essen können. „Du kannst im Auto weiterschlafen“, meinte die Mutter.
Doch Lea hatte nicht schlafen können. Sie hatte ihr Bilderbuch schon mindestens zehn mal durchgeblättert und noch häufiger gefragt, ob sie bald da seien, als sie endlich vor dem alten Häuschen anhielten. Opa stand schon am Fenster und winkte.
„Schön, dass ihr da seid! Kommt herein, der Kaffee steht schon auf dem Tisch“, begrüßte er sie. Wie jedes Jahr gab es dazu ein Osterbrot.
Lea hatte immer noch keinen Hunger. Sie trank schnell ihren Kakao. „Kann ich nicht gleich suchen gehen?“, bettelte sie. „Nein du wartest! Wir gehen alle zusammen“, antwortete die Mutter mit einem strengen Blick auf ihre ungeduldige Tochter. „Ich muss mal!“, sagte Lea und verschwand.
In dem alten Haus gab es eine alte Toilette. Zum Spülen musste man an einer Kette ziehen. Das gefiel Lea. Danach wollte sie das Fenster öffnen. Sie nahm den kleinen Hocker, den sie auch brauchte, um sich am Waschbecken die Finger zu waschen und stellte ihn ans Fenster. Trotzdem musste sie sich gewaltig strecken, um an den Fenstergriff zu gelangen. Sie öffnete das Fenster. Neugierig blickte sie hinaus.
Nanu! Opa ist schon im Garten. Was macht der da? Gerade wollte sie ihn rufen, da erschrak sie. Opa hatte ein Körbchen in der Hand. Wie gemein! Die haben nicht auf mich gewartet? Doch dann traute sie ihren Augen kaum. Opa nahm das Körbchen und versteckte es im Holzstapel.
Lea rannte zu ihrer Mutter. Da kam Opa gerade ins Zimmer und sagte: „Ich glaube, der Osterhase war gerade da.“ Fast hätte Lea gerufen: Du lügst! Du warst doch schon draußen. Aber sie schluckte nur. Sie beschloss, ihre Entdeckung erst mal für sich zu behalten.
Lea brauchte nicht zu suchen. Zielstrebig ging sie auf das Versteck zu und hielt ihr Körbchen hoch. „Das war nicht der Osterhase!“, platzte es jetzt aus ihr heraus. Sie war enttäuscht und wütend auf die Erwachsenen.
„Du meinst, der Osterhase legt seine Eier immer ins Gras“, lachte ihre Mutter, „und nicht zwischen die Holzscheite?“
Der Opa legte beruhigend den Arm auf Lea´s Schulter. „Komm ich erzähle dir, wie die Eier auf den Holzstapel gekommen sind.“ Jetzt war Lea gespannt, wie Opa sich da herausreden würde. Sie setzte sich zu ihm auf die Gartenbank.
„Also! Stell dir vor, der Osterhase hatte nicht aufgepasst! Die meisten Autos fahren auch viel schneller, als es dort erlaubt ist. Plötzlich ist es passiert. Ein Auto hat den armen Osterhasen erwischt. Zum Glück war nur sein langes Hinterbein gebrochen. Er jammerte und schluchzte: Jetzt kann ich den Kindern keine Ostereier bringen. Der Rat der Tiere wurde einberufen. Gemeinsam überlegten sie, wer die Aufgabe übernehmen könnte.
Die Amsel sprach: Nein, unmöglich. Wir Vögel müssen Nester bauen, einige brüten sogar schon. Die Mäuse sagten: Wir Nager sind zu klein, die Eier sind uns viel zu schwer. Herr Fuchs meinte: Auch wir Säugetiere müssen unsere Jungen versorgen. Meine Frau säugt die Kleinen und ich muss für Futter sorgen. Die Eule kratzte sich hinterm Ohr: Alle Tiere des Waldes, der Wiesen und der Felder sind mit der Aufzucht und der Pflege ihrer Kinder beschäftigt. Das kann nicht warten, sonst sind die Kleinen nicht stark genug, wenn der nächste Winter kommt.
Der Osterhase schniefte. Traurig putzte er seine Nase. Eier bemalen, das kann ich noch. Aber wer bringt die Eier zu den Kindern? Ostern ohne Ostereier, das hat es ja noch nie gegeben.“
„Gibt es denn nur einen Osterhasen?“, fragte Lea dazwischen. Ihren Ärger hatte sie fast vergessen. Nur ihr Opa konnte so toll erzählen.
Der Opa nickte. „Leider! Früher gab es viele Osterhasen. Heutzutage sind sie so selten. Zu viele Straßen, zu wenig Wiesen und Hecken, wo er sich verstecken kann. Ja, in meiner Kindheit gab es noch viele, unzählig viele Hasen.“
„Dann muss ein Hase jetzt alles alleine machen?“, fragte Lea weiter.
„Du hast Recht! Deswegen war er ja so traurig. Und als alle ratlos um ihn herum standen, hörten sie plötzlich den Kuckuck rufen.
Die Eule lachte. Ja, das ist die Lösung. Der Kuckuck baut keine Nester und legt seine Eier einfach in ein fremdes Nest. Er kümmert sich auch nicht um seine Kinder.“
„Und wer füttert den kleinen Kuckuck?“ Lea war ganz entsetzt.
„Das macht der Vogel, dem das Nest gehört. Er brütet das Ei aus und füttert den kleinen Kuckuck“, antwortete ihr Opa. „Oft ist das Kuckuckskind sogar viel größer als die Stiefmutter.“ Lea staunte.
„Ja und deshalb musste der Kuckuck dieses Jahr den Kindern die Ostereier bringen“, lächelte Opa und sah Lea zufrieden an.
Doch Lea war nicht zufrieden. „Ich habe dich gesehen. Du hast die Eier dort versteckt“, platzte es aus ihr heraus.
Ihr Opa grinste. „Ach, du hast mich beobachtet. Deshalb hast du nicht suchen müssen - aber die Geschichte ist ja auch noch nicht zu Ende:
Der Kuckuck brachte die bunten Eier für die Kinder, aber keiner hatte ihm gesagt, dass er die Eier auch verstecken soll. So hat er das Körbchen mit deinen Eiern einfach vor die Tür gestellt. Ich wollte gerade nachschauen, wie kalt es ist. Also, ob ich eine dicke Jacke brauche, wenn wir in den Garten gehen. Da habe ich das Körbchen gesehen. Und da ich weiß, wie gerne du suchst, habe ich schnell alles im Holzstapel versteckt. Es sollte nicht zu einfach für dich sein.“
Lea umarmte ihren Opa. Sie wusste jetzt, dass er sie nicht täuschen wollte. Er hatte die Ostereier versteckt, nur um ihr eine Freude zu bereiten. „Du bist der beste Opa von allen“, sagte sie. Und damit hatte sie ganz sicher recht.
 

Charlene

Mitglied
Hallo Wasserlinse!

Mir hat deine Ostergeschichte sehr gut gefallen, besonders von da an, wo Lea bei ihrem Opa ankommt und die Geschichte, die der Großvater erzählt. Schön fand ich die Details, wie die Kette auf dem Klo, oder dass Lea einen Hocker braucht.
Das einzige, was mir aufgefallen ist, war am Anfang ein Satz, als Lea darüber nachdenkt, ob ihre Freundin Recht hat und du dann schreibst:
Steffi grübelte nicht länger darüber nach.
Da ist doch Lea gemeint, oder?

Viele Grüße aus Nürnberg nach Nürnberg!

~ Charlene ~
 



 
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