Life`s a bitch

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Raskolnikov

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Life`s a bitch

Ladytron im Hintergrund, klingt schön maschinell, etwas emotional aufwühlendes wäre jetzt wohl die Überdosis.
18.8.02: gegen 1:14 : Konrad und ich machen uns nach einigen Cocktails und Bier auf zu Strandbar in Mitte. Irgendwie sehen die Leute alle ein wenig nervig auf mainstream getrimmt aus. Über dem Wasser kursieren Laserlichtspiele, Redbullaufblastonnen stehen rum und wir kommen sowie nicht rein. Leicht entspannt entschließen wir uns zum Rosenthalerplatz aufzubrechen, wir verlassen gerade den Monbijoupark, da läuft ausgerechnet sie uns fast in die Arme, der Abend scheint gelaufen. Aufgebracht in der Waffenschmiede eingelaufen, lassen wir uns in zwei alte Sportschalensitze fallen und ordern erst einmal Berliner, ich bin erleichtert Konrad meistert die Situation ganz gut und ich kann meinem Erzählrepertoire wieder einige deprimierende Geschichten zufügen. Gegen 5 Uhr auf der Kastanienallee brechen wir auf, die Trainingsjacken sind inzwischen zugeknöpft.

14.8.02 gegen 20:35 in meiner Wohnung : Mühsam versuche ich die 23 Teelichter bei Laune zu halten, damit sie nicht schon jetzt den Geist aufgeben. Im Hintergrund dudelt Senior Rossi und ich fühle mich gut, nein nicht ganz jedenfalls sollte es sich so anfühlen. Hmm, auf jeden Fall nett rausgeputzt, könnte glatt einen Werbespot drehen. Die Geschenke sind meines Erachtens auch nicht übel mit eigenem Bezug und doch unverfänglich. Zum ersten ein blaues Girl T-Shirt mit dem Aufdruck Syndikat, hinten drauf Neukölln 44 in gelben Lettern, zum anderen ein chinesisches Werbeplakat aus den 30er mit einer lasziven Frau die Tabakware raucht, auf jeden Fall recht sinnlich. Muss mir schon fast selbst ein Kompliment machen, obwohl wenn ich es so bedenke wurden meine Geschenke in der Vergangenheit recht geachtet. Man denke an die Trommel, in der wohl anscheinend später Maden drin wahren, die jedoch nie bespielt worden ist und das chinesische Holzdrachenmodell zum selber machen, was soll`s .Zum Glück habe ich dann doch kein Ring besorgt, denn dann kam doch alles anders, aber irgendwie wusste ich es von Anfang. „Leider habe ich nichts Passendes gefunden, was ich dir schenken könnte. Ich weiß auch nicht, warum mir das immer so schwer fällt, etwas für dich zu finden.“

Rückblick irgendwann im Sommer 1997 in einer Dorfgemeinde, meine Schwester holt mich von der Bushaltestelle ab, wir fahren hinter einem Mädchen her in das ich mich verliebt zu haben glaube. Irgendwann im November konnte ich mich zu einen Dateversuch hinreißen, es ist mir irgendwie lieber, wenn ich angesprochen werde.

4.5.2002 gegen 16 Uhr in meiner Wohnung, Berlin. Die letzten Tage konnte mehr oder weniger nur vor mir hinphantasieren, schien alles wie ein beschissener Drogentrip untermalt von Mad Season`s ....wake up young man it`s time to wake up.... . Layne Staley war mir nah, es kam mir fast so vor als würde seine Stimme in meinen quälenden Gefühlen schwimmen und eine schimmernde Lichtspur hinterlassen. Jetzt ist er seit einiger Zeit tot, erst ein paar Tage nach einem Speedball in seiner Wohnung gefunden, erstes Verwesungsstadium.
Sie ließ sich verleugnen, zu spät am schlafen zu früh am schlafen. Kurz nachdem ich mühsam versucht hatte Ikeaplastickbecher zu zerstören und die Morgenzeitung in Fetzen verstreut lag, rief ich um 7:00 morgens an; 20 mal schellen lassen, dann wurde endlich einer wach aus der verfickten WG, das Nachsehen ob sie schon wach war dauerte verhältnismäßig lange, sicher wussten alle schon Bescheid.

3.5.2002 gegen 23:45 irgendwo draußen im Regen : Der Tag, die perfekte filmische Untermalung für meine Stimmung, schade hätte ich doch aufnehmen sollen. Der Magen fühlt sich an, als müsste er ständig erbrechen, bloß an essen zu denken weckt in mir den Gedanken an Bullemie, interessante Radikalkur. Gewissheit, das Wort wälzte sich mit fetten Lettern über den Tag. Während es mir immer beschissener und beschissener ging, war mir irgendwie bewusst das du mit so einen verfickten Hurensohn wahrscheinlich die ganze Zeit rumfickst, aber man malt sich alles immer pompös aus wahrscheinlich war es doch erbärmlicher. Das Staropramen kam irgendwie gar nicht richtig an, sondern floss nur in Strömen die Kehle hinab. Draußen stürmte es immer noch.

16.5.2002 gegen 00:23 in einem Park am Rosenthalerplatz : Kann mich nicht erinnern wann ich das letzte Mal zu Hause war, betrunken werde ich schon seit langen nicht mehr, hat schon etwas pathetisch, poesiehaftes an sich, die ganzen Nächte wie ein glühender Funken durch die Nacht zu schwirren. Im Club hat eben noch eine gute russische Band gespielt, jedenfalls ist das alles woran ich mich erinnere, das Mädchen an der Theke sah nett aus und lächelte mich an. Man weiß dann nie so recht, ob das Lächeln dann einem selber gilt oder quasi zum Inventar gehört. Ich unterhalte mich kurz mit ihr, frage sie so einige Sachen, meine Konzentration geht den Bach runter und ertrinkt dann vollends im Bier.

4.5.2002 gegen 17:05 im Cafe Xenzi : Gemütlich und klein eingerichtet, vor allem nicht so nervig hip wie teilweise in Mitte oder Friedrichshain. Der Schokokuchen ist einfach ein Geschmacksfeuerwerk nebenbei leichte Popmusik und ledergestärkte Stühle. Meine Schwester konnte noch Zeit erübrigen, was ich wirklich sehr nett fand. „Es lief doch schon immer etwas blöd und außerdem war sie auch ziemlich langweilig, jedenfalls ist es im Endeffekt besser für dich, sie ist einfach eine blöde selbstgerechte Kuh.“ Worte wie Balsam, hätten aber ruhig ein wenig deftiger ausfällen können. z..B. „Diese verdammte Hure hat dich gar nicht verdient, kommt wir fahren zur Wohnung und verwüsten sie, oder „die und diesen verdammten Schwanzlutscher werden wir schon kräftig aufmischen, ein Baseballschläger wird dafür wohl nicht ausreichen, die werden sich erbärmlich in ihren Blutlachen winden und winseln.“ Schon besser, damit hast du wohl Recht.

8.06.2002 gegen 12:05 in der Kleinstadt : Bin nach Hause gefahren, zu meinen Eltern, wirkt manchmal Wunder die abgeschiedene Stille. „Wir sind schon erleichtert, dass es endlich zu Ende ist, es war doch eigentlich immer nur Frust, du bist schon besser dran so.“ Irgendwie ein komisch leeres Gefühl ab und zu nach Rechtfertigungen und guten Begründungen suchen. Mein Vater erzählt mir von einer Beziehung, die auch arg zu Bruch ging, irgendwie anders aber trotzdem gut. Meine Mutter meint mehr Erfahrungen sind schon besser und ich sollte doch endlich froh sein, als junger gutaussehender, intelligenter Mann. Ja, das stimmt schon. Dawson`s Creek läuft im Fernsehen, immer etwas nervig wie einem die Gören, da bedeutungsschwangeres Nichts um die Ohren pfeffern, aber ich sympathisiere mit Dawson. Joey hat sich gerade von ihm abgewendet, der Kampf um sie ist verloren, Pacy einst bester Freund der bittere Gewinner, da kann man schon mitfühlen. Naiver Romantiker kein schlechter Titel, wirkt jedenfalls moralisch erhaben. Rivers Cuomo singt say it ain`t so vom blauen Album und ...my girlfriend is a liar, i stand beside her… von Pinkerton. Überhaupt ist Pinkerton für mich das beste Album, obwohl kommerziell erfolglos doch als Seelenstrip gefeiert, die Texte standen im Vordergrund und nicht die Musik, wie Cuomo sagte, auf jeden Fall besser als das Zeug heute.

10.06.2002 gegen 23:00 Kufa in Krefeld : Aus diesem Laden gibt es in diesem beschissenen Nest ja nicht viel, weiß schon warum ich weg bin. Zusammen mit ein paar alten Bekannten, Klaus und Christian, fahren wir im BMW meiner Eltern los. Ich sag zwar was, dann haben sie wenigstens auch noch Gesprächstoff, aber irgendwelche Streicheleinheiten oder derbe Flüche sind wohl nicht zu erwarten. Der Schlachthof ist voll von Teenies, die froh sind mal ihre gerade neu erstandenen Klamotten auszuführen und ansonsten verkrampft auf der Tanzfläche rumstehen. Der Weg zum nächsten Bier ist beschwerlich gepflastert mit Heerscharren junger Leiber, die Dancemusik ist auch nicht so der Hit. In der KuFa spielen wir Karten, aufregendes Programm zumal sie nur den einfachsten Spiele beherrschen und eine völlig betrunkene Frau versucht mich abzuschleppen, immerhin ich seh aus wie 32 . Der Abend hat ein wenig Gelächter gefunden.

18.09. 2002 gegen 21:54 irgendwo in der Einöde: And you will know us by the trail of dead begleitet mich. “Mistakes and regrets“ lässt sich für so vieles gebrauchen. Es ist schon spaßig, wie erhaben ein Moment nur durch Musik beflügelt wird, ein jeder Schritt kommt majestätisch, die vorbeigleitenden Felder blühen voller Poesie und alles prasselt ab an diesem Schutzwall. Versuche noch ein paar Erinnerungen zusammenzukratzen. Denke an den Satz von Maximillian Herre aus Anna : „Manchmal lach ich drüber, doch dann merk ich wieder, wie es mich trifft, Komik ist Tragik in Spiegelschrift.“ „Du fehlst mir, trotz allem.“, „und in meinen Augen bist du dann auch kein Bittsteller oder so etwas in der Art.“ Interpol „pda“ hat irgendwie etwas von der sterilen, kühlen Glattheit einer Kühlkammer für Leichen, mir gefällt es. „Aber es ist vielleicht gut erst einmal einen Abstand zu haben, damit wir uns irgendwann mal auf einer anderen Ebene begegnen können – wenn das geht.“ Nas klingt mit Memory Lane im Outro und ich vermisse Antworten auf die es keine Frage gibt.

22.08.2002 Berlin Kreuzberg gegen 0:00: Habla con ella im York, meine Schwester erzählt mir, dass sie viele Orte kennt und dies doch irgendwie eine merkwürdige Reise zurück war. Wir treffen noch einige Bekannte und trinken Bier, erzählen, hören zu usw. Ein ganz guter Start, Oasis begleitet mich auf den nächtlichen Weg zurück. Champagne Supernova und ich möchte am liebsten im nächsten schwarzklaren See versinken nur zu sehen, wie der Himmel sich betrachtet. Fast 20 Stunden später mit Vincent im Sage Club, wir trinken viel, auch schon vorher. Irgendwie zerfällt jedes Wort zusammen, sie steht direkt neben mir, hm vielleicht Zufall, aber wahrscheinlich nicht, Vincent nickt zustimmend und ihre Augen kreuzen wie wilde Landefeuer im Dunkel des Clubs umher.

14.09.2002 gegen 10:30 im Gericht : Vorher eingestimmt mit Staind mudshovel „all your promises, you promised only pain“, schön wie man sich immer Zitate passend raussuchen kann, habe wahrscheinlich schon eine richtige Briefmarkensammlung zusammengekriegt. Er sitzt auf der Anklagebank und sucht vergebens nach seiner Wahrheit, dass schätze ich hier, dass die Desillusionierungenen kurz und scharf von den Tatsachen glattgebügelt werden und dennoch bei all den Wahrheiten irgendwie etwas auf der Strecke bleibt. Ich denke an deine Worte, aber es hat einfach keinen Sinn mehr. Draußen ist es noch angenehm warm, ich nehme mir die CD, die mir der junge Richter zusammengestellt hat und bin angenehm überrascht, alles liegt gerade so weit entfernt. The end is the beginning is the end is the beginning is the end………………..
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hm,

das ist eher ein tagebucheintrag als eine geschichte, nach meiner meinung. deine gedichte jedenfalls sind x mal besser. ganz lieb grüßt
 

Raskolnikov

Mitglied
Zugegeben der Text entspricht wohl nicht der klassischen Form einer Geschichte, was ich auch beabsichtigt habe. Er sollte einfach nackt daherkommen, lose verbunden bis chaotisch und das ist wohl bei Tagebucheintragungen auch der Fall, da sie momentane Stimmungen bloß einfangen, ihr aber keine Konturen geben. Es ist einfach der Versuch naiv eine Entwicklung zu skizzieren, diese teilweise zu kommentieren und auszufüllen, wobei in sich durchbrochen ist und ohne regelmäßigen Fluss zu einem Ende kommt. Es wirkt halt alles recht banal bis belächelnswert ohne richtig zu einer Aussage zu kommen, aber die bedarf es vielleicht auch nicht immer. Gruß Raskolnikov
 

Zefira

Mitglied
Ich mag solche Sachen durchaus, Raskolnikov, aber ich habe mich gefragt, warum Du die zeitliche Entwicklung so durcheinanderrührst.

Ich habe es zweimal gelesen. Beim erstenmal so straight runter. Beim zweitenmal hin- und herscrollend bei dem Versuch, den zeitlichen Ablauf einzuhalten. Und habe dann entnervt aufgegeben, weil ich mich fragen mußte, warum ich mir die Mühe mache.

Hat die Reihenfolge der Einträge einen Sinn? Wenn ja - dann wüßte ich den gern. Wenn nein, wenn beliebig - dann verleihe ihr doch bitte den einzige Sinn, den sie haben kann, nämlich den zeitlichen, und setze das ganze in entsprechende Reihenfolge. Sonst ist es doch nur intellektuelle Spielerei.
 

Raskolnikov

Mitglied
Die Reihenfolge der zeitlichen Entwicklung soll eigentlich schon einen Sinn verfolgen. Vielleicht kann man es am besten so erklären, dass ein straighter Ablauf der einzelnen Stationen sicherlich der Form und Übersicht halber einen Erzählstil viel besser weitergibt. Mir ging es jedoch darum, die Situation des Erzählers zu schildern, der für sich erst mal alles einordnen muss, die Querverweise und Verbindungen im eigenen Erlebten sucht und dem die verschiedenen Abläufe in den Sinn kommen, wenn er versucht über die Situation zu reflektieren. Wahrscheinlich sind solche Situationen auch einfach wirr und man versucht mehr zu erkennen als eigentlich da ist, weil man sich mit dem Jetzt nicht abfinden will, es ist einfach ein Auszug ein Protokoll zwar unvollständig aber doch irgendwie zentriert. Das klingt vielleicht alles ein wenig komisch, aber hoffentlich wird die Intention dadurch deutlicher, denn der zeitliche Ablauf hat eigentlich nur eine geringe Bedeutung. Wäre schön wenn es für dich hilfreich ist. Gruß Raskolnikov
 



 
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