Lost in Bayern

2,80 Stern(e) 5 Bewertungen

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Es ist schön, in Bayern zu sein. Man darf um 11 Uhr bereits Bier trinken, Brezeln essen und Blasmusik lauschen, alles unter einem Bild von Franz Josef Strauß. Ein Paradies! Hier braucht sich niemand zu verstecken! Nee, alles erlaubt. Weil das alles Brauchtum ist.
Besonderes Brauchtum gibt es im Hofbräuhaus. Man tritt ein, schiebt den Vorhang von dicker Luft beiseite und taucht ein in eine Welt, in der Durst schlimmer ist als Heimweh. Die Luft ist wie gesagt zum Schneiden und die Menschen sind lustig. Sie kommen vor allem aus Amerika, Japan, England, Holland und Nordrhein-Westfalen. Nur die Bedienung kommt aus Bayern, die Madeln erkennbar am tiefen Dekollete, das fast den Nabel freigibt und die Angst nährt, darin ersticken zu können, falls man(n) mit dem Kopf zu nahe daran kommt. Das Ganze ist sehr verkaufsfördernd, auch wenn die meisten Männer nur in die Augen der Madeln blicken, um dann sofort den Blick zu senken.
Man quetscht sich an einen Tisch, wird augenblicklich in eine Konversation verwickelt und prostet Unbekannten zu. Diese sind sehr freundlich und entpuppen sich als Psychologen. Sofort versagt meine Stimme. Ich kann nicht weiterreden, wenn vier Psychologen am Tisch sitzen. Das möchten die aber. Also verlange ich eine Erklärung, weshalb man freiwillig in ein völlig überfülltes Brauhaus geht, wie in der Sauna schwitzt, überteuertes Bier aus riesigen Gläsern trinkt, die man kaum alleine hochheben kann und fast schreien muss, um sich zu unterhalten, erst recht, als auch noch eine Blaskapelle aufspielt.
Der neben mir sitzende Psychologe antwortet: „Ganz einfach“, sagt er, „wir Menschen sind soziale Wesen. Wir machen so etwas!“ Ach! Darauf wäre ich nie gekommen! Soziale Wesen, die dort zudem fast ausschließlich Haxen essen. Das ist nicht normal. Ich mache das nicht. Ich esse lieber Schmarren, Kaiserschmarren, der fast so gut wie bei mir selbst schmeckt. Die Psychologen schaufeln sich ohne Ende Senf auf die Haxen, weil der umsonst ist.
Umsonst ist auch die Musik, die Musiker spielen lächelnd, und ich weiß nicht, ob sie über sich selbst oder über die Menschen lachen, die sie ständig fotografieren. Vor allem Japaner stehen in Dreierreihen davor, blass, ernst, die Kamera im Anschlag, schießen ihre Bilder und hauen wieder ab. Sie müssen das Ganze doch für vollkommenen Irrsinn halten? Nein, wir sind nur alle soziale Wesen.
Auch die Mutter, aus Essen stammend, die ihren kleinen Sohn hoch hält, damit er besser die lustigen Musikanten sehen kann. Der Sohn sieht aus wie aus einem Kindermodentrachtenkatalog. Lederhose, rot-weiß kariertes Hemd. Herzig. „Ich ziehe ihn immer so an, wenn wir in Bayern sind“, erklärt Mutti, die lieber im Businessanzug durch das Hofbräuhaus läuft. Ich wünsche dem Sohn, dass er sein Outfit in zehn Jahren unter Freudengeheul verbrennt und kostenlose Therapiestunden der Psychologen bekommt.
Einer der Psychologen legt ein Buch auf den Tisch. Jetzt kommt es, denke ich, jetzt reden wir über Freud und Adler und.....aber nein, es ist ein Buch über Biersorten. Er möchte nämlich alle deutschen Biersorten kennen lernen, da er aus Australien kommt! Ah! Wir schlagen Kölsch nach. Er ist entsetzt über die kleinen Gläser. Geht ja gar nicht! Reagenzgläser! Dann doch lieber Maßkrüge! Auch wenn das ältere Paar, das sich einen teilt, dafür eine Stunde braucht. Egal!
Dann setzt sich noch ein Mann mit Penetrationshintergrund an den Tisch, rollt die Augen, taxiert alle Damen und beginnt gleich zu baggern, was das Zeug hält. Jetzt reicht es aber. Ich drücke seinen Kopf ins Bierglas und bin beruhigt, als er endlich still ist. Möge er im Säuferhimmel sein!

Am nächsten Tag überlege ich, mir ein Dirndl zu kaufen, Vielleicht falle ich dann so nicht auf? Die Psychologen befanden, dass ich als Rheinländerin im weitesten Sinne doch sehr lustig sei. Natürlich sind die Rheinländer lustig, die sind immer lustig, ständig! Fast so wie die Bayern. Als ich die Dirndl sehe, so viele, komme ich mir vor wie im Karneval. Nee, kein Dirndl! Lieber kaufe ich zwei Schnapspinnchen mit bayerischer Verzierung.
Aus Protest gegen das ewige Bier gehe ich abends zu einem fränkischen Weinfest. Das gibt es tatsächlich. Es ist irgendwie bizarr, mitten in München auf einem fränkischen Weinfest zu sein. Es ist einigermaßen gut besucht. Alles Radikale, die kein Bier (mehr) wollen. Allerdings wird auch hier munter mit den Nachbarn geredet, vor allem „Wo kommen Sie denn her?“ ist total wichtig! Aber keiner hat so ein Heimatgefühl wie die Bayern! Keiner! Wer sagt schon stolz, ich bin aus Nordrhein-Westfalen?! Nee, die Bayern pflegen das Grab ihres Ludwig, sie ziehen Tracht an und trinken morgens Bier und schon die Kleinsten reden Dialekt, dass es eine wahre Freude ist. Das ist schon anders als im übrigen Deutschland. Im Prinzip gibt es Deutschland und Bayern.
Zurück zum Weinfest. Dem Angriff eines Baggerkönigs enthebt mich die SMS eines meiner Kinder, wo bitteschön die besche Hose sei. Nun, das ist kein Notfall, denn eigentlich ist mein Handy nur für Notfälle da. Aber dann ist es doch ein Notfall, denn es geht ja nun gar nicht, dass das Kind besche schreibt. Also sofort zurück gesimst, dass es bitte beige heißt. Ja, das sei schon klar... Daraufhin entwickelt sich ein reger Nachrichtenaustausch über die deutsche Rechschreibung mit dem Schluss, ein Rechtschreibprogramm für Handys zu erfinden.
Den Rest des Abends beobachte ich alle Menschen mit beschen Hosen und will sie fragen, ob sie wissen, wie man die Farbe schreibt.
Ich habe übrigens zwei besche Hosen und sie sind so praktisch, weil sie eben beige sind und alle anderen Farben zu ihnen passen.
Es gibt auch besche Lederhosen, also helle, womit wir wieder bei den Bayern wären. Und in Bayern. Unter uns: In Bayern ist es schön. Weißblauer Himmel, soziale Wesen und Kühe mit Glocken. Also bald – bin ich wieder da....
 
Hallo DocSchneider,

das Lesen hat mir richtig Spaß gemacht.
Den Ausdruck „Kölsch in Reagenzgläsern“ solltest du beim Duden anmelden.

Liebe Grüße. Rhondaly.
 

Ironbiber

Foren-Redakteur
Bayern ist eine Reise wert

Ein amüsantes Stimmungsbild aus meinem Nachbarbundesland, übertrieben gezeichnet, voller Vorurteile und fern ab der Realität.

Mit einem Satz: Du hast die Heimat König Ludwigs, seine Eingeborenen und die zuagroaßte (zugereisten) Saupreißen richtig charakterisiert und ich habe mich bestens amüsiert. Wenn es nicht sieben Uhr morgens wäre, würde ich gleich mal ein Paar Weißwürscht und eine Mass verdrücken.

Grüß Gott … Ironbiber
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Vielen Dank für die freundlichen Kommentare. Ich hoffe, niemand fühlt sich auf den Schlips getreten. ;-)

Liebe Flammarion, habe das "besche" geändert. Mit Deiner Einschätzung "nett" kann ich allerdings wenig anfangen. Nett bedeutet in NRW eher der kleine Bruder von Scheiße.....aber ich nehme an, Du hast es nett gemeint. ,-))

Lieber Ronaldy, die kölschen Reagenzgläser sind nicht von mir, das habe ich beim Kabarettisten Konrad Beikircher gehört. Da ich aber im echten Leben genau diese Gläser bevorzuge, ist der Ausdruck natürlich hängengeblieben. Gut, wenn Du Dich amüsiert hast, denn das solltest Du ja auch.

Lieber Ironbiber, schönes bayerisches Frühstück gehabt? Mit ohne Weißwurst? Ich freue mich, wenn Dir der Text gefällt. Ich schwöre, dass er kaum überzeichnet ist. ;-)
Übrigens hat mich das mit dem Heimatgefühl der Bayern tatsächlich beeindruckt.
LG an alle bayerischen und übrigen deutschen Menschen, Doc
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Es ist schön, in Bayern zu sein. Man darf um 11 Uhr bereits Bier trinken, Brezeln essen und Blasmusik lauschen, alles unter einem Bild von Franz Josef Strauß. Ein Paradies! Hier braucht sich niemand zu verstecken! Nee, alles erlaubt. Weil das alles Brauchtum ist.
Besonderes Brauchtum gibt es im Hofbräuhaus. Man tritt ein, schiebt den Vorhang von dicker Luft beiseite und taucht ein in eine Welt, in der Durst schlimmer ist als Heimweh. Die Luft ist wie gesagt zum Schneiden und die Menschen sind lustig. Sie kommen vor allem aus Amerika, Japan, England, Holland und Nordrhein-Westfalen. Nur die Bedienung kommt aus Bayern, die Madeln erkennbar am tiefen Dekollete, das fast den Nabel freigibt und die Angst nährt, darin ersticken zu können, falls man(n) mit dem Kopf zu nahe daran kommt. Das Ganze ist sehr verkaufsfördernd, auch wenn die meisten Männer nur in die Augen der Madeln blicken, um dann sofort den Blick zu senken.
Man quetscht sich an einen Tisch, wird augenblicklich in eine Konversation verwickelt und prostet Unbekannten zu. Diese sind sehr freundlich und entpuppen sich als Psychologen. Sofort versagt meine Stimme. Ich kann nicht weiterreden, wenn vier Psychologen am Tisch sitzen. Das möchten die aber. Also verlange ich eine Erklärung, weshalb man freiwillig in ein völlig überfülltes Brauhaus geht, wie in der Sauna schwitzt, überteuertes Bier aus riesigen Gläsern trinkt, die man kaum alleine hochheben kann und fast schreien muss, um sich zu unterhalten, erst recht, als auch noch eine Blaskapelle aufspielt.
Der neben mir sitzende Psychologe antwortet: „Ganz einfach“, sagt er, „wir Menschen sind soziale Wesen. Wir machen so etwas!“ Ach! Darauf wäre ich nie gekommen! Soziale Wesen, die dort zudem fast ausschließlich Haxen essen. Das ist nicht normal. Ich mache das nicht. Ich esse lieber Schmarren, Kaiserschmarren, der fast so gut wie bei mir selbst schmeckt. Die Psychologen schaufeln sich ohne Ende Senf auf die Haxen, weil der umsonst ist.
Umsonst ist auch die Musik, die Musiker spielen lächelnd, und ich weiß nicht, ob sie über sich selbst oder über die Menschen lachen, die sie ständig fotografieren. Vor allem Japaner stehen in Dreierreihen davor, blass, ernst, die Kamera im Anschlag, schießen ihre Bilder und hauen wieder ab. Sie müssen das Ganze doch für vollkommenen Irrsinn halten? Nein, wir sind nur alle soziale Wesen.
Auch die Mutter, aus Essen stammend, die ihren kleinen Sohn hoch hält, damit er besser die lustigen Musikanten sehen kann. Der Sohn sieht aus wie aus einem Kindermodentrachtenkatalog. Lederhose, rot-weiß kariertes Hemd. Herzig. „Ich ziehe ihn immer so an, wenn wir in Bayern sind“, erklärt Mutti, die lieber im Businessanzug durch das Hofbräuhaus läuft. Ich wünsche dem Sohn, dass er sein Outfit in zehn Jahren unter Freudengeheul verbrennt und kostenlose Therapiestunden der Psychologen bekommt.
Einer der Psychologen legt ein Buch auf den Tisch. Jetzt kommt es, denke ich, jetzt reden wir über Freud und Adler und.....aber nein, es ist ein Buch über Biersorten. Er möchte nämlich alle deutschen Biersorten kennen lernen, da er aus Australien kommt! Ah! Wir schlagen Kölsch nach. Er ist entsetzt über die kleinen Gläser. Geht ja gar nicht! Reagenzgläser! Dann doch lieber Maßkrüge! Auch wenn das ältere Paar, das sich einen teilt, dafür eine Stunde braucht. Egal!
Dann setzt sich noch ein Mann mit Penetrationshintergrund an den Tisch, rollt die Augen, taxiert alle Damen und beginnt gleich zu baggern, was das Zeug hält. Jetzt reicht es aber. Ich drücke seinen Kopf ins Bierglas und bin beruhigt, als er endlich still ist. Möge er im Säuferhimmel sein!

Am nächsten Tag überlege ich, mir ein Dirndl zu kaufen, Vielleicht falle ich dann so nicht auf? Die Psychologen befanden, dass ich als Rheinländerin im weitesten Sinne doch sehr lustig sei. Natürlich sind die Rheinländer lustig, die sind immer lustig, ständig! Fast so wie die Bayern. Als ich die Dirndl sehe, so viele, komme ich mir vor wie im Karneval. Nee, kein Dirndl! Lieber kaufe ich zwei Schnapspinnchen mit bayerischer Verzierung.
Aus Protest gegen das ewige Bier gehe ich abends zu einem fränkischen Weinfest. Das gibt es tatsächlich. Es ist irgendwie bizarr, mitten in München auf einem fränkischen Weinfest zu sein. Es ist einigermaßen gut besucht. Alles Radikale, die kein Bier (mehr) wollen. Allerdings wird auch hier munter mit den Nachbarn geredet, vor allem „Wo kommen Sie denn her?“ ist total wichtig! Aber keiner hat so ein Heimatgefühl wie die Bayern! Keiner! Wer sagt schon stolz, ich bin aus Nordrhein-Westfalen?! Nee, die Bayern pflegen das Grab ihres Ludwig, sie ziehen Tracht an und trinken morgens Bier und schon die Kleinsten reden Dialekt, dass es eine wahre Freude ist. Das ist schon anders als im übrigen Deutschland. Im Prinzip gibt es Deutschland und Bayern.
Zurück zum Weinfest. Dem Angriff eines Baggerkönigs enthebt mich die SMS eines meiner Kinder, wo bitteschön die beesche Hose sei. Nun, das ist kein Notfall, denn eigentlich ist mein Handy nur für Notfälle da. Aber dann ist es doch ein Notfall, denn es geht ja nun gar nicht, dass das Kind beesche schreibt. Also sofort zurück gesimst, dass es bitte beige heißt. Ja, das sei schon klar... Daraufhin entwickelt sich ein reger Nachrichtenaustausch über die deutsche Rechtschreibung mit dem Schluss, ein Rechtschreibprogramm für Handys zu erfinden.
Den Rest des Abends beobachte ich alle Menschen mit beeschen Hosen und will sie fragen, ob sie wissen, wie man die Farbe schreibt.
Ich habe übrigens zwei beesche Hosen und sie sind so praktisch, weil sie eben beige sind und alle anderen Farben zu ihnen passen.
Es gibt auch beesche Lederhosen, also helle, womit wir wieder bei den Bayern wären. Und in Bayern. Unter uns: In Bayern ist es schön. Weißblauer Himmel, soziale Wesen und Kühe mit Glocken. Also bald – bin ich wieder da....
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Doc,

für mich ist dieser Text eine Ansammlung von albernen Klischees und Vorurteilen, wie sie in jedem Provinzkäseblatt immer mal wieder auftauchen. Man hat den Eindruck, der/die Autor/in sei zum ersten Mal in Bayern gewesen und habe sehr gestaunt, dass es dort anders zugeht als in NRW, dass die Menschen noch Lebensfreude ausstrahlen und diese auch nicht verbergen.
Es ist irgendwie bizarr, mitten in München auf einem fränkischen Weinfest zu sein.
Was ist daran bizarr? Auch wenn manche Franken es nicht gern hören: Franken gehört auch zu Bayern, und warum soll es nicht ein Weinfest in der Landeshauptstadt geben?

Falls Du Dich noch einmal nach Bayern verirren solltest: Die "Brezeln" heißen dort Brezn, die "Madeln" Madln, der "Schmarren" ist ein Schmarrn, und der ganze Text ist auch nicht weit davon ab.

Was übrigens die beigen Hosen darin zu suchen, erschließt sich mir nicht – wahrscheinlich musste der Text noch ein wenig gestreckt werden.

Ach ja, und dann der Titel: Warum ein Mix aus Deutsch und Englisch? Mach doch gleich „Lost in Bavaria“ daraus, das klingt weltläufiger.

Gruß Ciconia
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
O je, Ciconia, jetzt hast Du es mir aber gegeben. Klar ist der Text voller Klischees, klar ist das alles erlebt, auch die beesche Hose, klar ist das alles nicht ganz richtig geschrieben.
Ach, am besten trinke ich jetzt mehrere Mass (Maß?) Bier. Auf einem fränkischen Weinfest.
;-)))
 
U

USch

Gast
Hallo doc,
ganz nett geschriebener Text, aber es fehlt mir der Pfiff. Versuche doch mal da eine richtige Story hineinzubringen. Es plätschert sonst nur so lustig dahin.
Nicht verzagen und LG USch
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo USch, ich muss Dich leider enttäuschen, es wird keine Geschichte geben, es sind nur Schlaglichter, lose verbunden.
Nix fur ungut und lg, Doc
 



 
Oben Unten