Es ist schön, in Bayern zu sein. Man darf um 11 Uhr bereits Bier trinken, Brezeln essen und Blasmusik lauschen, alles unter einem Bild von Franz Josef Strauß. Ein Paradies! Hier braucht sich niemand zu verstecken! Nee, alles erlaubt. Weil das alles Brauchtum ist.
Besonderes Brauchtum gibt es im Hofbräuhaus. Man tritt ein, schiebt den Vorhang von dicker Luft beiseite und taucht ein in eine Welt, in der Durst schlimmer ist als Heimweh. Die Luft ist wie gesagt zum Schneiden und die Menschen sind lustig. Sie kommen vor allem aus Amerika, Japan, England, Holland und Nordrhein-Westfalen. Nur die Bedienung kommt aus Bayern, die Madeln erkennbar am tiefen Dekollete, das fast den Nabel freigibt und die Angst nährt, darin ersticken zu können, falls man(n) mit dem Kopf zu nahe daran kommt. Das Ganze ist sehr verkaufsfördernd, auch wenn die meisten Männer nur in die Augen der Madeln blicken, um dann sofort den Blick zu senken.
Man quetscht sich an einen Tisch, wird augenblicklich in eine Konversation verwickelt und prostet Unbekannten zu. Diese sind sehr freundlich und entpuppen sich als Psychologen. Sofort versagt meine Stimme. Ich kann nicht weiterreden, wenn vier Psychologen am Tisch sitzen. Das möchten die aber. Also verlange ich eine Erklärung, weshalb man freiwillig in ein völlig überfülltes Brauhaus geht, wie in der Sauna schwitzt, überteuertes Bier aus riesigen Gläsern trinkt, die man kaum alleine hochheben kann und fast schreien muss, um sich zu unterhalten, erst recht, als auch noch eine Blaskapelle aufspielt.
Der neben mir sitzende Psychologe antwortet: „Ganz einfach“, sagt er, „wir Menschen sind soziale Wesen. Wir machen so etwas!“ Ach! Darauf wäre ich nie gekommen! Soziale Wesen, die dort zudem fast ausschließlich Haxen essen. Das ist nicht normal. Ich mache das nicht. Ich esse lieber Schmarren, Kaiserschmarren, der fast so gut wie bei mir selbst schmeckt. Die Psychologen schaufeln sich ohne Ende Senf auf die Haxen, weil der umsonst ist.
Umsonst ist auch die Musik, die Musiker spielen lächelnd, und ich weiß nicht, ob sie über sich selbst oder über die Menschen lachen, die sie ständig fotografieren. Vor allem Japaner stehen in Dreierreihen davor, blass, ernst, die Kamera im Anschlag, schießen ihre Bilder und hauen wieder ab. Sie müssen das Ganze doch für vollkommenen Irrsinn halten? Nein, wir sind nur alle soziale Wesen.
Auch die Mutter, aus Essen stammend, die ihren kleinen Sohn hoch hält, damit er besser die lustigen Musikanten sehen kann. Der Sohn sieht aus wie aus einem Kindermodentrachtenkatalog. Lederhose, rot-weiß kariertes Hemd. Herzig. „Ich ziehe ihn immer so an, wenn wir in Bayern sind“, erklärt Mutti, die lieber im Businessanzug durch das Hofbräuhaus läuft. Ich wünsche dem Sohn, dass er sein Outfit in zehn Jahren unter Freudengeheul verbrennt und kostenlose Therapiestunden der Psychologen bekommt.
Einer der Psychologen legt ein Buch auf den Tisch. Jetzt kommt es, denke ich, jetzt reden wir über Freud und Adler und.....aber nein, es ist ein Buch über Biersorten. Er möchte nämlich alle deutschen Biersorten kennen lernen, da er aus Australien kommt! Ah! Wir schlagen Kölsch nach. Er ist entsetzt über die kleinen Gläser. Geht ja gar nicht! Reagenzgläser! Dann doch lieber Maßkrüge! Auch wenn das ältere Paar, das sich einen teilt, dafür eine Stunde braucht. Egal!
Dann setzt sich noch ein Mann mit Penetrationshintergrund an den Tisch, rollt die Augen, taxiert alle Damen und beginnt gleich zu baggern, was das Zeug hält. Jetzt reicht es aber. Ich drücke seinen Kopf ins Bierglas und bin beruhigt, als er endlich still ist. Möge er im Säuferhimmel sein!
Am nächsten Tag überlege ich, mir ein Dirndl zu kaufen, Vielleicht falle ich dann so nicht auf? Die Psychologen befanden, dass ich als Rheinländerin im weitesten Sinne doch sehr lustig sei. Natürlich sind die Rheinländer lustig, die sind immer lustig, ständig! Fast so wie die Bayern. Als ich die Dirndl sehe, so viele, komme ich mir vor wie im Karneval. Nee, kein Dirndl! Lieber kaufe ich zwei Schnapspinnchen mit bayerischer Verzierung.
Aus Protest gegen das ewige Bier gehe ich abends zu einem fränkischen Weinfest. Das gibt es tatsächlich. Es ist irgendwie bizarr, mitten in München auf einem fränkischen Weinfest zu sein. Es ist einigermaßen gut besucht. Alles Radikale, die kein Bier (mehr) wollen. Allerdings wird auch hier munter mit den Nachbarn geredet, vor allem „Wo kommen Sie denn her?“ ist total wichtig! Aber keiner hat so ein Heimatgefühl wie die Bayern! Keiner! Wer sagt schon stolz, ich bin aus Nordrhein-Westfalen?! Nee, die Bayern pflegen das Grab ihres Ludwig, sie ziehen Tracht an und trinken morgens Bier und schon die Kleinsten reden Dialekt, dass es eine wahre Freude ist. Das ist schon anders als im übrigen Deutschland. Im Prinzip gibt es Deutschland und Bayern.
Zurück zum Weinfest. Dem Angriff eines Baggerkönigs enthebt mich die SMS eines meiner Kinder, wo bitteschön die besche Hose sei. Nun, das ist kein Notfall, denn eigentlich ist mein Handy nur für Notfälle da. Aber dann ist es doch ein Notfall, denn es geht ja nun gar nicht, dass das Kind besche schreibt. Also sofort zurück gesimst, dass es bitte beige heißt. Ja, das sei schon klar... Daraufhin entwickelt sich ein reger Nachrichtenaustausch über die deutsche Rechschreibung mit dem Schluss, ein Rechtschreibprogramm für Handys zu erfinden.
Den Rest des Abends beobachte ich alle Menschen mit beschen Hosen und will sie fragen, ob sie wissen, wie man die Farbe schreibt.
Ich habe übrigens zwei besche Hosen und sie sind so praktisch, weil sie eben beige sind und alle anderen Farben zu ihnen passen.
Es gibt auch besche Lederhosen, also helle, womit wir wieder bei den Bayern wären. Und in Bayern. Unter uns: In Bayern ist es schön. Weißblauer Himmel, soziale Wesen und Kühe mit Glocken. Also bald – bin ich wieder da....
Besonderes Brauchtum gibt es im Hofbräuhaus. Man tritt ein, schiebt den Vorhang von dicker Luft beiseite und taucht ein in eine Welt, in der Durst schlimmer ist als Heimweh. Die Luft ist wie gesagt zum Schneiden und die Menschen sind lustig. Sie kommen vor allem aus Amerika, Japan, England, Holland und Nordrhein-Westfalen. Nur die Bedienung kommt aus Bayern, die Madeln erkennbar am tiefen Dekollete, das fast den Nabel freigibt und die Angst nährt, darin ersticken zu können, falls man(n) mit dem Kopf zu nahe daran kommt. Das Ganze ist sehr verkaufsfördernd, auch wenn die meisten Männer nur in die Augen der Madeln blicken, um dann sofort den Blick zu senken.
Man quetscht sich an einen Tisch, wird augenblicklich in eine Konversation verwickelt und prostet Unbekannten zu. Diese sind sehr freundlich und entpuppen sich als Psychologen. Sofort versagt meine Stimme. Ich kann nicht weiterreden, wenn vier Psychologen am Tisch sitzen. Das möchten die aber. Also verlange ich eine Erklärung, weshalb man freiwillig in ein völlig überfülltes Brauhaus geht, wie in der Sauna schwitzt, überteuertes Bier aus riesigen Gläsern trinkt, die man kaum alleine hochheben kann und fast schreien muss, um sich zu unterhalten, erst recht, als auch noch eine Blaskapelle aufspielt.
Der neben mir sitzende Psychologe antwortet: „Ganz einfach“, sagt er, „wir Menschen sind soziale Wesen. Wir machen so etwas!“ Ach! Darauf wäre ich nie gekommen! Soziale Wesen, die dort zudem fast ausschließlich Haxen essen. Das ist nicht normal. Ich mache das nicht. Ich esse lieber Schmarren, Kaiserschmarren, der fast so gut wie bei mir selbst schmeckt. Die Psychologen schaufeln sich ohne Ende Senf auf die Haxen, weil der umsonst ist.
Umsonst ist auch die Musik, die Musiker spielen lächelnd, und ich weiß nicht, ob sie über sich selbst oder über die Menschen lachen, die sie ständig fotografieren. Vor allem Japaner stehen in Dreierreihen davor, blass, ernst, die Kamera im Anschlag, schießen ihre Bilder und hauen wieder ab. Sie müssen das Ganze doch für vollkommenen Irrsinn halten? Nein, wir sind nur alle soziale Wesen.
Auch die Mutter, aus Essen stammend, die ihren kleinen Sohn hoch hält, damit er besser die lustigen Musikanten sehen kann. Der Sohn sieht aus wie aus einem Kindermodentrachtenkatalog. Lederhose, rot-weiß kariertes Hemd. Herzig. „Ich ziehe ihn immer so an, wenn wir in Bayern sind“, erklärt Mutti, die lieber im Businessanzug durch das Hofbräuhaus läuft. Ich wünsche dem Sohn, dass er sein Outfit in zehn Jahren unter Freudengeheul verbrennt und kostenlose Therapiestunden der Psychologen bekommt.
Einer der Psychologen legt ein Buch auf den Tisch. Jetzt kommt es, denke ich, jetzt reden wir über Freud und Adler und.....aber nein, es ist ein Buch über Biersorten. Er möchte nämlich alle deutschen Biersorten kennen lernen, da er aus Australien kommt! Ah! Wir schlagen Kölsch nach. Er ist entsetzt über die kleinen Gläser. Geht ja gar nicht! Reagenzgläser! Dann doch lieber Maßkrüge! Auch wenn das ältere Paar, das sich einen teilt, dafür eine Stunde braucht. Egal!
Dann setzt sich noch ein Mann mit Penetrationshintergrund an den Tisch, rollt die Augen, taxiert alle Damen und beginnt gleich zu baggern, was das Zeug hält. Jetzt reicht es aber. Ich drücke seinen Kopf ins Bierglas und bin beruhigt, als er endlich still ist. Möge er im Säuferhimmel sein!
Am nächsten Tag überlege ich, mir ein Dirndl zu kaufen, Vielleicht falle ich dann so nicht auf? Die Psychologen befanden, dass ich als Rheinländerin im weitesten Sinne doch sehr lustig sei. Natürlich sind die Rheinländer lustig, die sind immer lustig, ständig! Fast so wie die Bayern. Als ich die Dirndl sehe, so viele, komme ich mir vor wie im Karneval. Nee, kein Dirndl! Lieber kaufe ich zwei Schnapspinnchen mit bayerischer Verzierung.
Aus Protest gegen das ewige Bier gehe ich abends zu einem fränkischen Weinfest. Das gibt es tatsächlich. Es ist irgendwie bizarr, mitten in München auf einem fränkischen Weinfest zu sein. Es ist einigermaßen gut besucht. Alles Radikale, die kein Bier (mehr) wollen. Allerdings wird auch hier munter mit den Nachbarn geredet, vor allem „Wo kommen Sie denn her?“ ist total wichtig! Aber keiner hat so ein Heimatgefühl wie die Bayern! Keiner! Wer sagt schon stolz, ich bin aus Nordrhein-Westfalen?! Nee, die Bayern pflegen das Grab ihres Ludwig, sie ziehen Tracht an und trinken morgens Bier und schon die Kleinsten reden Dialekt, dass es eine wahre Freude ist. Das ist schon anders als im übrigen Deutschland. Im Prinzip gibt es Deutschland und Bayern.
Zurück zum Weinfest. Dem Angriff eines Baggerkönigs enthebt mich die SMS eines meiner Kinder, wo bitteschön die besche Hose sei. Nun, das ist kein Notfall, denn eigentlich ist mein Handy nur für Notfälle da. Aber dann ist es doch ein Notfall, denn es geht ja nun gar nicht, dass das Kind besche schreibt. Also sofort zurück gesimst, dass es bitte beige heißt. Ja, das sei schon klar... Daraufhin entwickelt sich ein reger Nachrichtenaustausch über die deutsche Rechschreibung mit dem Schluss, ein Rechtschreibprogramm für Handys zu erfinden.
Den Rest des Abends beobachte ich alle Menschen mit beschen Hosen und will sie fragen, ob sie wissen, wie man die Farbe schreibt.
Ich habe übrigens zwei besche Hosen und sie sind so praktisch, weil sie eben beige sind und alle anderen Farben zu ihnen passen.
Es gibt auch besche Lederhosen, also helle, womit wir wieder bei den Bayern wären. Und in Bayern. Unter uns: In Bayern ist es schön. Weißblauer Himmel, soziale Wesen und Kühe mit Glocken. Also bald – bin ich wieder da....