Lukas und sein Opa jagen den Räuber

4,00 Stern(e) 2 Bewertungen

Maribu

Mitglied
Lukas und sein Opa jagen den Räuber

An einem schönen Tag in den Sommerferien im letzten Jahr stieg ich mit meinem Opa Kuddel am Bahnhof Hamburg-Berne in die U-Bahn. Für Opa ist das immer noch die Hochbahn. Er hat noch die alte Ringbahn kennen gelernt, die nur oberirdisch fuhr.
Wir wollten bis zum Jungfernstieg fahren. Opa wollte mit mir eine Alster-Rundfahrt mit dem alten Dampfschiff "Sankt Georg" unternehmen.
Opa heißt eigentlich Karl, aber niemand nennt ihn so. Den Namen hat Opa vor vielen, vielen Jahren im Hamburger Hafen von seinen Kollegen bekommen, wo er bis zur Rente gearbeitet hat.
Er stammt aus dem Stadtteil Barmbek. Da sprachen die Menschen
damals Plattdeutsch. Mit mir spricht er meistens Hochdeutsch, weil ich "Platt" ganz schlecht verstehe.
Er schreibt und erzählt gute Geschichten. Treibt noch Leichtathletik und seine Armmuskeln sind fast so stark wie bei einem Boxer!
Mit mir tobt er herum wie ein junger Mann und sagt nie, dass er müde sei. Macht sogar Wettrennen. Leider gewinne ich immer!
Aber ich glaube, er holt nicht alles aus sich heraus, um mich nicht zu enttäuschen! - Ich liebe ihn dafür - und nicht nur deswegen!
Meine Oma Bertha liebe ich auch sehr! Sie kocht mir meine Lieblingsspeisen und geht oft mit mir zum Schwimmen.
Sie liebt Opa auch, und nennt ihn zärtlich "Mein großer Märchenerzähler". Das ist doch viel mehr wert, als wenn andere zu ihrem Mann "Schatzi" oder "Bärchen" sagen!
Sie gibt auch anderen gegenüber mit ihm an! Wenn mal gefragt wird, was er von Beruf war, sagt sie nicht Hafenarbeiter, sondern Schauermann. Sie hofft wohl darauf, dass viele diese Bezeichnung gar nicht kennen. Sie stellen sich vor, dass er beim Wetterdienst gearbeitet hat, als Fachmann für die Voraussage von Regen-, Schnee- oder Hagelschauern!

In der Bahn hing neben der Tür ein Bild von einem Mann mit viel Text, den ich aber noch nicht lesen konnte. Nur die große Überschrift konnte ich buchstabieren und fragte Opa:
"Was heißt Be-loh-nung?"
Er las mir dann den Text vor:

'GESUCHT WIRD DIESER MANN (PHANTOMBILD) ER IST EIN TASCHENDIEB UND HAT ES BESONDERS AUF DAS GELD ÄLTERER DAMEN ABGESEHEN; VERWICKELT SIE MEISTENS IN EIN GESPRÄCH UM SIE ABZULENKEN UND SCHLÄGT DANN ZU.
WIR HATTEN IN DEN LETZTEN DREI WOCHEN SIEBEN ANZEIGEN.
DESWEGEN BITTEN WIR SIE, LIEBE FAHRGÄSTE; SEIEN SIE VORSICHTIG UND BEOBACHTEN SIE IHRE MITREISENDEN.
MANCHMAL HAT ER EINEN BLAUMANN AN, MITUNTER TRÄGT ER ABER AUCH NORMALE SOMMERKLEIDUNG: WICHTIG ZUR IDENTIFIZIERUNG:
ER HAT EINE QUER ÜBER DIE LINKE WANGE VERLAUFENDE NARBE:
DIE HAMBURGER HOCHBAHN AG HAT EINE BELOHNUNG VON

1.000,00 (EINTAUSEND) EURO AUSGESETZT

ALSO AUGEN AUF, LIEBE FAHRGÄSTE! VIELLEICHT LOHNT SICH DAS!!!


Opa lachte. "Na, wollen mal sehen, ob wir ihn nach diesem witzigen Computerbild erkennen können!"
Am Berliner Tor stieg ein Mann mit einem Blaumann ein und setzte sich zwischen zwei Frauen, eine jüngere und eine ältere. Mit der älteren fing er sofort ein Gespräch an. Sie hatte einen Korb auf ihrem Schoß. Da ich nur seine rechte Gesichtshälfte sehen konnte, sagte ich zu Opa: "Ich geh mal vorbei!"
Tatsächlich! Eine tiefe, ekelerregende Narbe! Mir schauderte, und ich setzte mich schnell wieder neben Opa und ergriff seine Hand. Ich brauchte gar nichts zu sagen. Meine Blässe sagte alles! Opa drückte seinen Zeigefinger auf die Lippen.
Ich hätte sowieso nichts sagen können.
Plötzlich fingen er und die alte Dame an zu lachen und mit einem schnellen Griff langte er in den Korb und ließ ihre Geldbörse in seiner großen Hand verschwinden.
Die Frau hatte nichts bemerkt und wischte sich immer noch die Lachtränen aus den Augen. Wir hatten Glück, er wollte jetzt am Jungfernstieg ebenfalls aussteigen. Er ging in Richtung Rathausmarkt und wir hinterher. In der Mönckebergstraße betrat er die Petrikirche, legte 50 Cent auf einen Teller und zündete eine Kerze an. Opa lachte. "Das ist ja ein ganz schlimmer! Der denkt, der liebe Gott verzeiht ihm, weil er 50 Cent vom geklauten Geld gespendet hat!"
Er ging zum Ausgang, überquerte die Straße und ins Kaufhaus Karstadt. Wir natürlich wieder hinterher. Er spazierte einige Male auf dem Hauptgang hin und her und beobachtete die Menschen. Vor ihm ging ein junger Mann, aus dessen Jeans-
Gesäßtasche eine Brieftasche herauslugte. Rasch ging er an ihm vorbei und zog sie mit einem plötzlichen, aber offenbar sanften Griff heraus, ohne dass der Mann das merkte.
Dann schlenderte er aus der Tür, wechselte die Straßenseite
und ging die Treppe zur Station Mönckebergstraße hinunter.
Wir blieben ihm auf der Spur!
Welch ein Glück oder Zufall: Auf dem Bahnsteig standen drei Männer von der U-Bahnwache. Opa ging sofort hin, erzählte alles und einer schrieb gleich mit. Die beiden anderen nahmen den Dieb in die Mitte. Er versuchte sich loszureißen und pöbelte, hatte aber gegen diese kräftigen Männer keine Chance.
Der dritte Mann blieb bei uns stehen und sagte zu Opa:
"Dann steht Ihnen ja die Belohnung zu."
"Ne!" protestierte er. " Mien Enkelkind hett de eeklig Narv an de linke Siet vun sien asig Freet opdeckt!"
Der Wachmann schüttelte den Kopf und sagte zu mir: " Ich
verstehe leider kein Englisch! Aber das Geld werdet Ihr bekommen!" Dann strich er über mein Haar und fragte nach meinem Namen und wo ich wohne. Da gerade eine Bahn einlief, gab er uns die Hand und stieg ein.
Ich war immer noch aufgeregt und sagte: "Eintausend Euro soll ich bekommen? Dann kaufe ich dafür die "Sankt Georg! Oder meinst du, dass die teurer ist?"
"Nein!" antwortete Opa. "Nur im richtigen Leben! Im Märchen kannst du die ganze Welt für Tausend Euro kaufen!"

(FÜR KINDER VON 6 - 12 JAHREN
+ ERWACHSENE VON 66 - 99 -"-)
 

Maribu

Mitglied
Lukas...

Liebe Mit-Autor(inn)en,

ich vermisse die Kritiken von:
Helena Sofie, molly, Artair,Carol-Eliza und nicht zuletzt die

spitze Feder von Redakteurin "hera"

Freundliche Grüße

aus dem schönen Hamburg,
Maribu
 

hera

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Maribu,

mir hat dein Kinderkrimi sehr gut gefallen. Man liest, schmunzelt und ist zufrieden.

Die Geschichte ist auch gut aus der Sicht eines Kindes geschildert. Da hast du den Ton sehr gut getroffen.

Was mich ein bisschen gestört hat, ist, dass der Taschendieb so schnell ausfindig zu machen war. Ein bisschen mehr Spannung könntes du erzeugen, durch das Beobachten der Fahrgäste, die Aufmerksamkeit von Opa und Enkelkind ist ja geschärft. Sie haben sich natürlich einen Platz gesucht, von dem aus alles zu überblicken ist und beobachten genau die einsteigenden Leute.

Und der Dieb? Ich glaube, ein Kind würde nicht weggehen, ohne genau zu beobachten, was mit ihm passiert. Also, wenn er Spirenzchen macht, würde ich ihn in Handschellen abführen lassen.
Was ich mich auch gefragt habe: Warum fährt der 3. Wachmann dann eigentlich weg? Müsste er nicht zurück zu seine Kollegen gehen?

Viele Grüße, hera
 

Artair

Mitglied
Hallo Maribu,

mir gefällt Dein Kinderkrimi auch sehr gut :) und ich bin mir sicher, dass die Geschichte durch Heras Hinweise/ Verbesserungsvorschläge noch dazugewinnen wird.
Es gibt eine Stelle an der ich ins Stolpern kam :

Opa heißt eigentlich Karl, aber niemand nennt ihn so. Den Namen hat Opa vor vielen, vielen Jahren im Hamburger Hafen von seinen Kollegen bekommen, wo er bis zur Rente gearbeitet hat.
Da habe ich dann noch einmal nachgelesen, ob mir da irgendein Name entgangen ist, also wie er genannt wurde. Dann kam ich zu dem Schluss, dass er von allen nur "Opa" genannt wurde. Später musste ich dann überlegen, ob er denn nun auch der richtige Opa des Erzählers ist, oder nur so eine Art "Nennopa", aber ganz viel später wird ja dann die Oma erwähnt und dann ist es klar. Ich denke, ich würde an der Stelle noch einmal ein bisschen feilen, damit das deutlicher wird.
Bewerten werde ich erst, wenn Du fertig bist :). Bin gespannt!
Liebe Grüße nach Hamburg,
Artair
 

Maribu

Mitglied
Lukas und sein Opa...

Danke, "hera"!

In einigen Punkten hast du recht!
Die Hochbahnwache darf keine Handschellen anlegen und nicht
verhaften, nur die Bahnpolizei.
Sie treffen sich häufiger auf diesem Bahnhof, weil hier ihr Lieblings-Imbiss steht. Ihre Mittagszeit war vorbei und sie wollten gerade wieder in die Arbeit einsteigen. Sie dürfen auch einzeln in den Bahnen kontrollieren.
Der Text wäre dadurch unnötig aufgebläht worden und hätte für die Geschichte nicht mehr gebracht.

Liebe Grüße Maribu
 

Maribu

Mitglied
Lukas...

Danke auch Dir, liebe(r)? Artair,

Im Plattdeutschen heißt Karl=Kuddel. Im Hafen wurde und wird plattdeutsch gesprochen. So hatte sich das mit "Kuddel" auch ins Privatleben eingeschlichen.
Für seinen Sohn ist er selbstverständlich Papa und für Lukas Opa. Aber die Schwiegertochter nennt ihn auch Kuddel.
Ebenfalls liebe Grüße
Maribu
 

Artair

Mitglied
Liebe(r) Maribu :),
ja, das Opa Kuddel hatte ich überlesen, beziehungsweise das war an dieser Stelle schon zu weit weg. Ich denke, ich würde es einfach noch einmal wiederholen: Opa Kuddel heißt eigentlich Karl... .
Liebe Grüße,
Artair (weiblich-trotz männlichem Namen :))
 

molly

Mitglied
Hallo Maribu,
mir gefällt Deine Räubergeschichte auch. Da Artair dich erst bewertet, wenn Du ausgefeilt hast, (was ich sehr fair finde)ist mir eine Kleinigkeit aufgefallen:

"Für Opa ist das immer [red]noch [/red]die Hochbahn. Er hat [red]noch [/red]die alte Ringbahn kennen gelernt, die nur oberirdisch fuhr."
Zweimal "noch" so kurz hintereinander, vielleicht kannst Du das ändern.
Liebe Grüße
molly
 

Artair

Mitglied
Hallo Maribu,

*räusper* ich korrigiere mich mal selbst. Ich würde es doch anders lösen:

Opa heißt eigentlich Karl, aber niemand nennt ihn so. Den Namen [blue]"Kuddel"[/blue] hat Opa vor vielen, vielen Jahren im Hamburger Hafen von seinen Kollegen bekommen, wo er bis zur Rente gearbeitet hat.
So würde ich das machen :).

Liebe Grüße,
Artair
 

Maribu

Mitglied
Lukas und sein Opa jagen den Räuber

An einem schönen Tag in den Sommerferien im letzten Jahr stieg ich mit meinem Opa Kuddel am Bahnhof Hamburg-Berne in die U-Bahn. Für Opa ist das immer noch die Hochbahn. Er hat noch die alte Ringbahn kennen gelernt, die nur oberirdisch fuhr.
Wir wollten bis zum Jungfernstieg fahren. Opa wollte mit mir eine Alster-Rundfahrt mit dem alten Dampfschiff "Sankt Georg" unternehmen.
Opa heißt eigentlich Karl, aber niemand nennt ihn so. Den Namen Kuddel hat Opa vor vielen, vielen Jahren im Hamburger Hafen von seinen Kollegen bekommen, wo er bis zur Rente gearbeitet hat.
Er stammt aus dem Stadtteil Barmbek. Da sprachen die Menschen
damals Plattdeutsch. Mit mir spricht er meistens Hochdeutsch, weil ich "Platt" ganz schlecht verstehe.
Er schreibt und erzählt gute Geschichten. Treibt noch Leichtathletik und seine Armmuskeln sind fast so stark wie bei einem Boxer!
Mit mir tobt er herum wie ein junger Mann und sagt nie, dass er müde sei. Macht sogar Wettrennen. Leider gewinne ich immer!
Aber ich glaube, er holt nicht alles aus sich heraus, um mich nicht zu enttäuschen! - Ich liebe ihn dafür - und nicht nur deswegen!
Meine Oma Bertha liebe ich auch sehr! Sie kocht mir meine Lieblingsspeisen und geht oft mit mir zum Schwimmen.
Sie liebt Opa auch, und nennt ihn zärtlich "Mein großer Märchenerzähler". Das ist doch viel mehr wert, als wenn andere zu ihrem Mann "Schatzi" oder "Bärchen" sagen!
Sie gibt auch anderen gegenüber mit ihm an! Wenn mal gefragt wird, was er von Beruf war, sagt sie nicht Hafenarbeiter, sondern Schauermann. Sie hofft wohl darauf, dass viele diese Bezeichnung gar nicht kennen. Sie stellen sich vor, dass er beim Wetterdienst gearbeitet hat, als Fachmann für die Voraussage von Regen-, Schnee- oder Hagelschauern!

In der Bahn hing neben der Tür ein Bild von einem Mann mit viel Text, den ich aber noch nicht lesen konnte. Nur die große Überschrift konnte ich buchstabieren und fragte Opa:
"Was heißt Be-loh-nung?"
Er las mir dann den Text vor:

'GESUCHT WIRD DIESER MANN (PHANTOMBILD) ER IST EIN TASCHENDIEB UND HAT ES BESONDERS AUF DAS GELD ÄLTERER DAMEN ABGESEHEN; VERWICKELT SIE MEISTENS IN EIN GESPRÄCH UM SIE ABZULENKEN UND SCHLÄGT DANN ZU.
WIR HATTEN IN DEN LETZTEN DREI WOCHEN SIEBEN ANZEIGEN.
DESWEGEN BITTEN WIR SIE, LIEBE FAHRGÄSTE; SEIEN SIE VORSICHTIG UND BEOBACHTEN SIE IHRE MITREISENDEN.
MANCHMAL HAT ER EINEN BLAUMANN AN, MITUNTER TRÄGT ER ABER AUCH NORMALE SOMMERKLEIDUNG: WICHTIG ZUR IDENTIFIZIERUNG:
ER HAT EINE QUER ÜBER DIE LINKE WANGE VERLAUFENDE NARBE:
DIE HAMBURGER HOCHBAHN AG HAT EINE BELOHNUNG VON

1.000,00 (EINTAUSEND) EURO AUSGESETZT

ALSO AUGEN AUF, LIEBE FAHRGÄSTE! VIELLEICHT LOHNT SICH DAS!!!


Opa lachte. "Na, wollen mal sehen, ob wir ihn nach diesem witzigen Computerbild erkennen können!"
Am Berliner Tor stieg ein Mann mit einem Blaumann ein und setzte sich zwischen zwei Frauen, eine jüngere und eine ältere. Mit der älteren fing er sofort ein Gespräch an. Sie hatte einen Korb auf ihrem Schoß. Da ich nur seine rechte Gesichtshälfte sehen konnte, sagte ich zu Opa: "Ich geh mal vorbei!"
Tatsächlich! Eine tiefe, ekelerregende Narbe! Mir schauderte, und ich setzte mich schnell wieder neben Opa und ergriff seine Hand. Ich brauchte gar nichts zu sagen. Meine Blässe sagte alles! Opa drückte seinen Zeigefinger auf die Lippen.
Ich hätte sowieso nichts sagen können.
Plötzlich fingen er und die alte Dame an zu lachen und mit einem schnellen Griff langte er in den Korb und ließ ihre Geldbörse in seiner großen Hand verschwinden.
Die Frau hatte nichts bemerkt und wischte sich immer noch die Lachtränen aus den Augen. Wir hatten Glück, er wollte jetzt am Jungfernstieg ebenfalls aussteigen. Er ging in Richtung Rathausmarkt und wir hinterher. In der Mönckebergstraße betrat er die Petrikirche, legte 50 Cent auf einen Teller und zündete eine Kerze an. Opa lachte. "Das ist ja ein ganz schlimmer! Der denkt, der liebe Gott verzeiht ihm, weil er 50 Cent vom geklauten Geld gespendet hat!"
Er ging zum Ausgang, überquerte die Straße und ins Kaufhaus Karstadt. Wir natürlich wieder hinterher. Er spazierte einige Male auf dem Hauptgang hin und her und beobachtete die Menschen. Vor ihm ging ein junger Mann, aus dessen Jeans-
Gesäßtasche eine Brieftasche herauslugte. Rasch ging er an ihm vorbei und zog sie mit einem plötzlichen, aber offenbar sanften Griff heraus, ohne dass der Mann das merkte.
Dann schlenderte er aus der Tür, wechselte die Straßenseite
und ging die Treppe zur Station Mönckebergstraße hinunter.
Wir blieben ihm auf der Spur!
Welch ein Glück oder Zufall: Auf dem Bahnsteig standen drei Männer von der U-Bahnwache. Opa ging sofort hin, erzählte alles und einer schrieb gleich mit. Die beiden anderen nahmen den Dieb in die Mitte. Er versuchte sich loszureißen und pöbelte, hatte aber gegen diese kräftigen Männer keine Chance.
Der dritte Mann blieb bei uns stehen und sagte zu Opa:
"Dann steht Ihnen ja die Belohnung zu."
"Ne!" protestierte er. " Mien Enkelkind hett de eeklig Narv an de linke Siet vun sien asig Freet opdeckt!"
Der Wachmann schüttelte den Kopf und sagte zu mir: " Ich
verstehe leider kein Englisch! Aber das Geld werdet Ihr bekommen!" Dann strich er über mein Haar und fragte nach meinem Namen und wo ich wohne. Da gerade eine Bahn einlief, gab er uns die Hand und stieg ein.
Ich war immer noch aufgeregt und sagte: "Eintausend Euro soll ich bekommen? Dann kaufe ich dafür die "Sankt Georg! Oder meinst du, dass die teurer ist?"
"Nein!" antwortete Opa. "Nur im richtigen Leben! Im Märchen kannst du die ganze Welt für Tausend Euro kaufen!"

(FÜR KINDER VON 6 - 12 JAHREN
+ ERWACHSENE VON 66 - 99 -"-)
 

Maribu

Mitglied
Lukas und sein Opa jagen den Räuber

An einem schönen Tag in den Sommerferien im letzten Jahr stieg ich mit meinem Opa Kuddel am Bahnhof Hamburg-Berne in die U-Bahn. Für Opa ist das immer noch die Hochbahn. Er hat die alte Ringbahn kennen gelernt, die nur oberirdisch fuhr.
Wir wollten bis zum Jungfernstieg fahren. Opa wollte mit mir eine Alster-Rundfahrt mit dem alten Dampfschiff "Sankt Georg" unternehmen.
Opa heißt eigentlich Karl, aber niemand nennt ihn so. Den Namen Kuddel hat Opa vor vielen, vielen Jahren im Hamburger Hafen von seinen Kollegen bekommen, wo er bis zur Rente gearbeitet hat.
Er stammt aus dem Stadtteil Barmbek. Da sprachen die Menschen
damals Plattdeutsch. Mit mir spricht er meistens Hochdeutsch, weil ich "Platt" ganz schlecht verstehe.
Er schreibt und erzählt gute Geschichten. Treibt noch Leichtathletik und seine Armmuskeln sind fast so stark wie bei einem Boxer!
Mit mir tobt er herum wie ein junger Mann und sagt nie, dass er müde sei. Macht sogar Wettrennen. Leider gewinne ich immer!
Aber ich glaube, er holt nicht alles aus sich heraus, um mich nicht zu enttäuschen! - Ich liebe ihn dafür - und nicht nur deswegen!
Meine Oma Bertha liebe ich auch sehr! Sie kocht mir meine Lieblingsspeisen und geht oft mit mir zum Schwimmen.
Sie liebt Opa auch, und nennt ihn zärtlich "Mein großer Märchenerzähler". Das ist doch viel mehr wert, als wenn andere zu ihrem Mann "Schatzi" oder "Bärchen" sagen!
Sie gibt auch anderen gegenüber mit ihm an! Wenn mal gefragt wird, was er von Beruf war, sagt sie nicht Hafenarbeiter, sondern Schauermann. Sie hofft wohl darauf, dass viele diese Bezeichnung gar nicht kennen. Sie stellen sich vor, dass er beim Wetterdienst gearbeitet hat, als Fachmann für die Voraussage von Regen-, Schnee- oder Hagelschauern!

In der Bahn hing neben der Tür ein Bild von einem Mann mit viel Text, den ich aber noch nicht lesen konnte. Nur die große Überschrift konnte ich buchstabieren und fragte Opa:
"Was heißt Be-loh-nung?"
Er las mir dann den Text vor:

'GESUCHT WIRD DIESER MANN (PHANTOMBILD) ER IST EIN TASCHENDIEB UND HAT ES BESONDERS AUF DAS GELD ÄLTERER DAMEN ABGESEHEN; VERWICKELT SIE MEISTENS IN EIN GESPRÄCH UM SIE ABZULENKEN UND SCHLÄGT DANN ZU.
WIR HATTEN IN DEN LETZTEN DREI WOCHEN SIEBEN ANZEIGEN.
DESWEGEN BITTEN WIR SIE, LIEBE FAHRGÄSTE; SEIEN SIE VORSICHTIG UND BEOBACHTEN SIE IHRE MITREISENDEN.
MANCHMAL HAT ER EINEN BLAUMANN AN, MITUNTER TRÄGT ER ABER AUCH NORMALE SOMMERKLEIDUNG: WICHTIG ZUR IDENTIFIZIERUNG:
ER HAT EINE QUER ÜBER DIE LINKE WANGE VERLAUFENDE NARBE:
DIE HAMBURGER HOCHBAHN AG HAT EINE BELOHNUNG VON

1.000,00 (EINTAUSEND) EURO AUSGESETZT

ALSO AUGEN AUF, LIEBE FAHRGÄSTE! VIELLEICHT LOHNT SICH DAS!!!


Opa lachte. "Na, wollen mal sehen, ob wir ihn nach diesem witzigen Computerbild erkennen können!"
Am Berliner Tor stieg ein Mann mit einem Blaumann ein und setzte sich zwischen zwei Frauen, eine jüngere und eine ältere. Mit der älteren fing er sofort ein Gespräch an. Sie hatte einen Korb auf ihrem Schoß. Da ich nur seine rechte Gesichtshälfte sehen konnte, sagte ich zu Opa: "Ich geh mal vorbei!"
Tatsächlich! Eine tiefe, ekelerregende Narbe! Mir schauderte, und ich setzte mich schnell wieder neben Opa und ergriff seine Hand. Ich brauchte gar nichts zu sagen. Meine Blässe sagte alles! Opa drückte seinen Zeigefinger auf die Lippen.
Ich hätte sowieso nichts sagen können.
Plötzlich fingen er und die alte Dame an zu lachen und mit einem schnellen Griff langte er in den Korb und ließ ihre Geldbörse in seiner großen Hand verschwinden.
Die Frau hatte nichts bemerkt und wischte sich immer noch die Lachtränen aus den Augen. Wir hatten Glück, er wollte jetzt am Jungfernstieg ebenfalls aussteigen. Er ging in Richtung Rathausmarkt und wir hinterher. In der Mönckebergstraße betrat er die Petrikirche, legte 50 Cent auf einen Teller und zündete eine Kerze an. Opa lachte. "Das ist ja ein ganz schlimmer! Der denkt, der liebe Gott verzeiht ihm, weil er 50 Cent vom geklauten Geld gespendet hat!"
Er ging zum Ausgang, überquerte die Straße und ins Kaufhaus Karstadt. Wir natürlich wieder hinterher. Er spazierte einige Male auf dem Hauptgang hin und her und beobachtete die Menschen. Vor ihm ging ein junger Mann, aus dessen Jeans-
Gesäßtasche eine Brieftasche herauslugte. Rasch ging er an ihm vorbei und zog sie mit einem plötzlichen, aber offenbar sanften Griff heraus, ohne dass der Mann das merkte.
Dann schlenderte er aus der Tür, wechselte die Straßenseite
und ging die Treppe zur Station Mönckebergstraße hinunter.
Wir blieben ihm auf der Spur!
Welch ein Glück oder Zufall: Auf dem Bahnsteig standen drei Männer von der U-Bahnwache. Opa ging sofort hin, erzählte alles und einer schrieb gleich mit. Die beiden anderen nahmen den Dieb in die Mitte. Er versuchte sich loszureißen und pöbelte, hatte aber gegen diese kräftigen Männer keine Chance.
Der dritte Mann blieb bei uns stehen und sagte zu Opa:
"Dann steht Ihnen ja die Belohnung zu."
"Ne!" protestierte er. " Mien Enkelkind hett de eeklig Narv an de linke Siet vun sien asig Freet opdeckt!"
Der Wachmann schüttelte den Kopf und sagte zu mir: " Ich
verstehe leider kein Englisch! Aber das Geld werdet Ihr bekommen!" Dann strich er über mein Haar und fragte nach meinem Namen und wo ich wohne. Da gerade eine Bahn einlief, gab er uns die Hand und stieg ein.
Ich war immer noch aufgeregt und sagte: "Eintausend Euro soll ich bekommen? Dann kaufe ich dafür die "Sankt Georg! Oder meinst du, dass die teurer ist?"
"Nein!" antwortete Opa. "Nur im richtigen Leben! Im Märchen kannst du die ganze Welt für Tausend Euro kaufen!"

(FÜR KINDER VON 6 - 12 JAHREN
+ ERWACHSENE VON 66 - 99 -"-)
 

Maribu

Mitglied
Lukas...

Hallo molly,

danke für den Tipp! - Habe einmal "noch" gelöscht.
Du kennst das wohl auch, man kann es noch so oft
durchlesen, um zu korrigieren, es wird immer noch etwas übersehen. (Gut, wenn man dann aufmerksame Mitkämpfer hat!)
Liebe Grüße
Maribu
 

HelenaSofie

Mitglied
Hallo Maribu,

ich habe den Text nach dem Einstellen schon gelesen. Nach den erfolgten Hinweisen und sehr positiven Kommentaren anderer Mitglieder wollte ich nicht noch mehr Änderungsvorschläge hinzufügen, da Vieles Ansichtssache ist und aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden kann. Nachdem du aber nicht locker gelassen hast bezüglich eines Kommentars habe ich mir die Geschichte noch einmal genau angesehen.
Ein schöner, von Inhalt und Sprache kindgemäßer Text.
Einige Hinweise und Änderungsvorschläge hätte ich aber noch:
"An einem schönen Tag in den Sommerferien im letzten Jahr..."
Hört sich nicht so gut an beim Vorlesen. Lass "im letzten Jahr" einfach weg.
Die ersten vier Zeilen passen zur Überschrift. Was dann kommt, ist zwar interessant, lenkt aber vom Thema ab und bei "In der Bahn..." muss man sich erst wieder an den Anfang erinnern. Ich würde den Text straffen und von "Wir wollten..." bis "Hagelschauern" streichen.
Lukas weiß schon, was eine Belohnung ist, der Opa erklärt es auch nicht. Er will eher wissen: Wofür bekommt man eine Belohnung?
Durch den Blaumann und die große Narbe ist für mich auch zu früh klar, dass er der Gesuchte ist. Ich würde Blaumann und Narbe weglassen und statt dessen vielleicht einen auffallenden Ohrring, der am Anfang noch durch eine Strickmütze nicht zu sehen ist, als Merkmal angeben. Vielleicht wird es dem Mann dann zu warm und er verschiebt die Mütze etwas. Am Schluss bleibt noch die Frage offen, was mit den gestohlenen Geldbörsen geschieht.

Maribu, ich wünsche dir noch viele schöne Ideen für gute Geschichten und grüße dich

HelenaSofie
 



 
Oben Unten