Lukas und sein Opa jagen den Räuber
An einem schönen Tag in den Sommerferien im letzten Jahr stieg ich mit meinem Opa Kuddel am Bahnhof Hamburg-Berne in die U-Bahn. Für Opa ist das immer noch die Hochbahn. Er hat noch die alte Ringbahn kennen gelernt, die nur oberirdisch fuhr.
Wir wollten bis zum Jungfernstieg fahren. Opa wollte mit mir eine Alster-Rundfahrt mit dem alten Dampfschiff "Sankt Georg" unternehmen.
Opa heißt eigentlich Karl, aber niemand nennt ihn so. Den Namen hat Opa vor vielen, vielen Jahren im Hamburger Hafen von seinen Kollegen bekommen, wo er bis zur Rente gearbeitet hat.
Er stammt aus dem Stadtteil Barmbek. Da sprachen die Menschen
damals Plattdeutsch. Mit mir spricht er meistens Hochdeutsch, weil ich "Platt" ganz schlecht verstehe.
Er schreibt und erzählt gute Geschichten. Treibt noch Leichtathletik und seine Armmuskeln sind fast so stark wie bei einem Boxer!
Mit mir tobt er herum wie ein junger Mann und sagt nie, dass er müde sei. Macht sogar Wettrennen. Leider gewinne ich immer!
Aber ich glaube, er holt nicht alles aus sich heraus, um mich nicht zu enttäuschen! - Ich liebe ihn dafür - und nicht nur deswegen!
Meine Oma Bertha liebe ich auch sehr! Sie kocht mir meine Lieblingsspeisen und geht oft mit mir zum Schwimmen.
Sie liebt Opa auch, und nennt ihn zärtlich "Mein großer Märchenerzähler". Das ist doch viel mehr wert, als wenn andere zu ihrem Mann "Schatzi" oder "Bärchen" sagen!
Sie gibt auch anderen gegenüber mit ihm an! Wenn mal gefragt wird, was er von Beruf war, sagt sie nicht Hafenarbeiter, sondern Schauermann. Sie hofft wohl darauf, dass viele diese Bezeichnung gar nicht kennen. Sie stellen sich vor, dass er beim Wetterdienst gearbeitet hat, als Fachmann für die Voraussage von Regen-, Schnee- oder Hagelschauern!
In der Bahn hing neben der Tür ein Bild von einem Mann mit viel Text, den ich aber noch nicht lesen konnte. Nur die große Überschrift konnte ich buchstabieren und fragte Opa:
"Was heißt Be-loh-nung?"
Er las mir dann den Text vor:
'GESUCHT WIRD DIESER MANN (PHANTOMBILD) ER IST EIN TASCHENDIEB UND HAT ES BESONDERS AUF DAS GELD ÄLTERER DAMEN ABGESEHEN; VERWICKELT SIE MEISTENS IN EIN GESPRÄCH UM SIE ABZULENKEN UND SCHLÄGT DANN ZU.
WIR HATTEN IN DEN LETZTEN DREI WOCHEN SIEBEN ANZEIGEN.
DESWEGEN BITTEN WIR SIE, LIEBE FAHRGÄSTE; SEIEN SIE VORSICHTIG UND BEOBACHTEN SIE IHRE MITREISENDEN.
MANCHMAL HAT ER EINEN BLAUMANN AN, MITUNTER TRÄGT ER ABER AUCH NORMALE SOMMERKLEIDUNG: WICHTIG ZUR IDENTIFIZIERUNG:
ER HAT EINE QUER ÜBER DIE LINKE WANGE VERLAUFENDE NARBE:
DIE HAMBURGER HOCHBAHN AG HAT EINE BELOHNUNG VON
1.000,00 (EINTAUSEND) EURO AUSGESETZT
ALSO AUGEN AUF, LIEBE FAHRGÄSTE! VIELLEICHT LOHNT SICH DAS!!!
Opa lachte. "Na, wollen mal sehen, ob wir ihn nach diesem witzigen Computerbild erkennen können!"
Am Berliner Tor stieg ein Mann mit einem Blaumann ein und setzte sich zwischen zwei Frauen, eine jüngere und eine ältere. Mit der älteren fing er sofort ein Gespräch an. Sie hatte einen Korb auf ihrem Schoß. Da ich nur seine rechte Gesichtshälfte sehen konnte, sagte ich zu Opa: "Ich geh mal vorbei!"
Tatsächlich! Eine tiefe, ekelerregende Narbe! Mir schauderte, und ich setzte mich schnell wieder neben Opa und ergriff seine Hand. Ich brauchte gar nichts zu sagen. Meine Blässe sagte alles! Opa drückte seinen Zeigefinger auf die Lippen.
Ich hätte sowieso nichts sagen können.
Plötzlich fingen er und die alte Dame an zu lachen und mit einem schnellen Griff langte er in den Korb und ließ ihre Geldbörse in seiner großen Hand verschwinden.
Die Frau hatte nichts bemerkt und wischte sich immer noch die Lachtränen aus den Augen. Wir hatten Glück, er wollte jetzt am Jungfernstieg ebenfalls aussteigen. Er ging in Richtung Rathausmarkt und wir hinterher. In der Mönckebergstraße betrat er die Petrikirche, legte 50 Cent auf einen Teller und zündete eine Kerze an. Opa lachte. "Das ist ja ein ganz schlimmer! Der denkt, der liebe Gott verzeiht ihm, weil er 50 Cent vom geklauten Geld gespendet hat!"
Er ging zum Ausgang, überquerte die Straße und ins Kaufhaus Karstadt. Wir natürlich wieder hinterher. Er spazierte einige Male auf dem Hauptgang hin und her und beobachtete die Menschen. Vor ihm ging ein junger Mann, aus dessen Jeans-
Gesäßtasche eine Brieftasche herauslugte. Rasch ging er an ihm vorbei und zog sie mit einem plötzlichen, aber offenbar sanften Griff heraus, ohne dass der Mann das merkte.
Dann schlenderte er aus der Tür, wechselte die Straßenseite
und ging die Treppe zur Station Mönckebergstraße hinunter.
Wir blieben ihm auf der Spur!
Welch ein Glück oder Zufall: Auf dem Bahnsteig standen drei Männer von der U-Bahnwache. Opa ging sofort hin, erzählte alles und einer schrieb gleich mit. Die beiden anderen nahmen den Dieb in die Mitte. Er versuchte sich loszureißen und pöbelte, hatte aber gegen diese kräftigen Männer keine Chance.
Der dritte Mann blieb bei uns stehen und sagte zu Opa:
"Dann steht Ihnen ja die Belohnung zu."
"Ne!" protestierte er. " Mien Enkelkind hett de eeklig Narv an de linke Siet vun sien asig Freet opdeckt!"
Der Wachmann schüttelte den Kopf und sagte zu mir: " Ich
verstehe leider kein Englisch! Aber das Geld werdet Ihr bekommen!" Dann strich er über mein Haar und fragte nach meinem Namen und wo ich wohne. Da gerade eine Bahn einlief, gab er uns die Hand und stieg ein.
Ich war immer noch aufgeregt und sagte: "Eintausend Euro soll ich bekommen? Dann kaufe ich dafür die "Sankt Georg! Oder meinst du, dass die teurer ist?"
"Nein!" antwortete Opa. "Nur im richtigen Leben! Im Märchen kannst du die ganze Welt für Tausend Euro kaufen!"
(FÜR KINDER VON 6 - 12 JAHREN
+ ERWACHSENE VON 66 - 99 -"-)
An einem schönen Tag in den Sommerferien im letzten Jahr stieg ich mit meinem Opa Kuddel am Bahnhof Hamburg-Berne in die U-Bahn. Für Opa ist das immer noch die Hochbahn. Er hat noch die alte Ringbahn kennen gelernt, die nur oberirdisch fuhr.
Wir wollten bis zum Jungfernstieg fahren. Opa wollte mit mir eine Alster-Rundfahrt mit dem alten Dampfschiff "Sankt Georg" unternehmen.
Opa heißt eigentlich Karl, aber niemand nennt ihn so. Den Namen hat Opa vor vielen, vielen Jahren im Hamburger Hafen von seinen Kollegen bekommen, wo er bis zur Rente gearbeitet hat.
Er stammt aus dem Stadtteil Barmbek. Da sprachen die Menschen
damals Plattdeutsch. Mit mir spricht er meistens Hochdeutsch, weil ich "Platt" ganz schlecht verstehe.
Er schreibt und erzählt gute Geschichten. Treibt noch Leichtathletik und seine Armmuskeln sind fast so stark wie bei einem Boxer!
Mit mir tobt er herum wie ein junger Mann und sagt nie, dass er müde sei. Macht sogar Wettrennen. Leider gewinne ich immer!
Aber ich glaube, er holt nicht alles aus sich heraus, um mich nicht zu enttäuschen! - Ich liebe ihn dafür - und nicht nur deswegen!
Meine Oma Bertha liebe ich auch sehr! Sie kocht mir meine Lieblingsspeisen und geht oft mit mir zum Schwimmen.
Sie liebt Opa auch, und nennt ihn zärtlich "Mein großer Märchenerzähler". Das ist doch viel mehr wert, als wenn andere zu ihrem Mann "Schatzi" oder "Bärchen" sagen!
Sie gibt auch anderen gegenüber mit ihm an! Wenn mal gefragt wird, was er von Beruf war, sagt sie nicht Hafenarbeiter, sondern Schauermann. Sie hofft wohl darauf, dass viele diese Bezeichnung gar nicht kennen. Sie stellen sich vor, dass er beim Wetterdienst gearbeitet hat, als Fachmann für die Voraussage von Regen-, Schnee- oder Hagelschauern!
In der Bahn hing neben der Tür ein Bild von einem Mann mit viel Text, den ich aber noch nicht lesen konnte. Nur die große Überschrift konnte ich buchstabieren und fragte Opa:
"Was heißt Be-loh-nung?"
Er las mir dann den Text vor:
'GESUCHT WIRD DIESER MANN (PHANTOMBILD) ER IST EIN TASCHENDIEB UND HAT ES BESONDERS AUF DAS GELD ÄLTERER DAMEN ABGESEHEN; VERWICKELT SIE MEISTENS IN EIN GESPRÄCH UM SIE ABZULENKEN UND SCHLÄGT DANN ZU.
WIR HATTEN IN DEN LETZTEN DREI WOCHEN SIEBEN ANZEIGEN.
DESWEGEN BITTEN WIR SIE, LIEBE FAHRGÄSTE; SEIEN SIE VORSICHTIG UND BEOBACHTEN SIE IHRE MITREISENDEN.
MANCHMAL HAT ER EINEN BLAUMANN AN, MITUNTER TRÄGT ER ABER AUCH NORMALE SOMMERKLEIDUNG: WICHTIG ZUR IDENTIFIZIERUNG:
ER HAT EINE QUER ÜBER DIE LINKE WANGE VERLAUFENDE NARBE:
DIE HAMBURGER HOCHBAHN AG HAT EINE BELOHNUNG VON
1.000,00 (EINTAUSEND) EURO AUSGESETZT
ALSO AUGEN AUF, LIEBE FAHRGÄSTE! VIELLEICHT LOHNT SICH DAS!!!
Opa lachte. "Na, wollen mal sehen, ob wir ihn nach diesem witzigen Computerbild erkennen können!"
Am Berliner Tor stieg ein Mann mit einem Blaumann ein und setzte sich zwischen zwei Frauen, eine jüngere und eine ältere. Mit der älteren fing er sofort ein Gespräch an. Sie hatte einen Korb auf ihrem Schoß. Da ich nur seine rechte Gesichtshälfte sehen konnte, sagte ich zu Opa: "Ich geh mal vorbei!"
Tatsächlich! Eine tiefe, ekelerregende Narbe! Mir schauderte, und ich setzte mich schnell wieder neben Opa und ergriff seine Hand. Ich brauchte gar nichts zu sagen. Meine Blässe sagte alles! Opa drückte seinen Zeigefinger auf die Lippen.
Ich hätte sowieso nichts sagen können.
Plötzlich fingen er und die alte Dame an zu lachen und mit einem schnellen Griff langte er in den Korb und ließ ihre Geldbörse in seiner großen Hand verschwinden.
Die Frau hatte nichts bemerkt und wischte sich immer noch die Lachtränen aus den Augen. Wir hatten Glück, er wollte jetzt am Jungfernstieg ebenfalls aussteigen. Er ging in Richtung Rathausmarkt und wir hinterher. In der Mönckebergstraße betrat er die Petrikirche, legte 50 Cent auf einen Teller und zündete eine Kerze an. Opa lachte. "Das ist ja ein ganz schlimmer! Der denkt, der liebe Gott verzeiht ihm, weil er 50 Cent vom geklauten Geld gespendet hat!"
Er ging zum Ausgang, überquerte die Straße und ins Kaufhaus Karstadt. Wir natürlich wieder hinterher. Er spazierte einige Male auf dem Hauptgang hin und her und beobachtete die Menschen. Vor ihm ging ein junger Mann, aus dessen Jeans-
Gesäßtasche eine Brieftasche herauslugte. Rasch ging er an ihm vorbei und zog sie mit einem plötzlichen, aber offenbar sanften Griff heraus, ohne dass der Mann das merkte.
Dann schlenderte er aus der Tür, wechselte die Straßenseite
und ging die Treppe zur Station Mönckebergstraße hinunter.
Wir blieben ihm auf der Spur!
Welch ein Glück oder Zufall: Auf dem Bahnsteig standen drei Männer von der U-Bahnwache. Opa ging sofort hin, erzählte alles und einer schrieb gleich mit. Die beiden anderen nahmen den Dieb in die Mitte. Er versuchte sich loszureißen und pöbelte, hatte aber gegen diese kräftigen Männer keine Chance.
Der dritte Mann blieb bei uns stehen und sagte zu Opa:
"Dann steht Ihnen ja die Belohnung zu."
"Ne!" protestierte er. " Mien Enkelkind hett de eeklig Narv an de linke Siet vun sien asig Freet opdeckt!"
Der Wachmann schüttelte den Kopf und sagte zu mir: " Ich
verstehe leider kein Englisch! Aber das Geld werdet Ihr bekommen!" Dann strich er über mein Haar und fragte nach meinem Namen und wo ich wohne. Da gerade eine Bahn einlief, gab er uns die Hand und stieg ein.
Ich war immer noch aufgeregt und sagte: "Eintausend Euro soll ich bekommen? Dann kaufe ich dafür die "Sankt Georg! Oder meinst du, dass die teurer ist?"
"Nein!" antwortete Opa. "Nur im richtigen Leben! Im Märchen kannst du die ganze Welt für Tausend Euro kaufen!"
(FÜR KINDER VON 6 - 12 JAHREN
+ ERWACHSENE VON 66 - 99 -"-)