MEINE IDENTITÄT IST MEINE LIEBE

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Meral Vurgun

Mitglied
MEINE IDENTITÄT IST MEINE LIEBE


Das glühende Herz vom Kerem steht in flammen,
seine Asche schleudert in den Himmel.
Aslis Haare geraten in Brand.
Lassen wir Ferhat das Gebirge weiter bohren.
Ihr Lippen sind getrocknet und durstig.
Sirin zieht das schwarze Kleid an/ sie ist in Trauer.
Unter schweren Soldatenschuhen wird die Erde rissig.
Liebe in Muttersprache ist verboten.
Mem und Zin fallen fürs Vaterland.
Lebensliebe, Liebeswunde habe ich als Erbe übernommen.
Erkenne mich an meinem Herzen.

Die Ehre wurde zur Versteigerung gebracht.
Der Verrat steigt knie hoch auf.
Zwischen zwei Beinen ist Jammergeschrei.
Es gibt keine Wage dafür, offensichtlich,
die Liebe ist für den Handel angeboten.
Erkenne mich an meiner Ehre.

Meine Langhalslaute schweigt in Sivas,
die Bass-Saite wird angezündet, die Lieder geraten in flammen.
Ich bin Mutter... Meine weisse Milch ist Koray...
Mein Akarsu, mein Sulari strömt nicht,
wer kann meinem Hasret widerstehen.
Erkenne mich an meinem Aschen.

Die Räderwerke bewegen sich einander.
Vervielfachen wir uns zehn Mal.
Der Schweiss des Angesichts, der Wein, die Arbeit wurden geplündert.
Ausser unserer Ketten heben wir kein anderes Kapital.
Die Fäuste werden geballt, die Schalter werden zugedreht.
Schulter an Schulter wird Halay getanzt.
Die Stirn ist weiss, die Hände voller Schwielen.
Erkenne mich an meiner Hände.

Die Tapferkeit gehört zu uns.
Der Aufstand dauert seit Spartakus.
Durch dunkle Geschichten kommen wir durch.
Unsere brennenden Fackeln sind Lichter für Morgen.
Unser Horizont ist rot beschmiert.
Die Hoffnung ist in die goldene Zeit verliebt.
Erkenne mich an meinen Idealen.

Die Plätze sind den Menschen nicht geheuer.
Die Menschenmasse ist schweigsam und ruhig,
das ist die Ruhe vor dem Gewitter.
Die Schreie sind heiser en den endlosen Brunnen.
Die Blicke sind scharf.
Erkenne mich an meinen Augen.

Die Augen sind verbunden, die Händen sind von Hinten gefesselt.
Die Kette hinterlässt am Handgelenk Spuren wie eine Blume.
Die Freiheit wird an die schwarzen Wände mit Blut geschrieben.
Eine Handvoll Stirnlocken, so schwarz wie die Nacht,
wird lebendig von der Kopfhaut abgezogen.
Erkenne mich an meinem Widerstand.

Jäger folgen den Spuren.
Die rebellischen Kränzen wachsen auf den Bergspitzen.
Die Schneeglöckchen werden ausgerissen.
Die schwarzen Hände drücken auf den Knopf,
und die Körper werden auf Plätze gelegt.
Von mir fliesst kein tropfen Blut,
meine Wunden streuen Apfelsafran aus.
Meine Leiche ist prächtig und stolz.
Erkenne mich an meiner Leiche.

Die Galgen sind aufgestellt, am Ende des Seils sind Gartennelken,
sie hängen uns von unseren Träumen.
Vernehmungs und gerichtslose Vollstreckungen.
Unsere Namen werden als Attentate von unbekannten betitelt.
Tausende verlorene Gräber,
der Tod kommt verräterisch.
Wir werden ohne Zeremonie und ohne Leichentuch beerdigt.
Erkenne mich an meiner Erde.

Das ist der Zeit, in der das Rad weiter dreht.
Die Ratssitzung wird einberufen, das Wort wird unser Wort sein.
Unsere Lieder kommen in den Himmel.
Erkenne mich an meiner Stimme.




Kerem un Asli
Ferhat und Sirin
Mem und Zin
Sind Liebspaar von Liebelegenden

Muhlis Akarsu, Hasret Gültekin waren Musikanten.
Edibe Sulari war auch Muskantin.
Beide sind 1996 in der Stadt Sivas Türkei von konservativen islamen verbrannt worden.
Koray war ein 12 jähriges Kind. Er wurde auch verbrannt.
 
B

bonanza

Gast
mich faszinieren an deinen gedichten (an diesem) die fremden
geschichten und bilder, die du poetisch zusammenfügst.
auch wenn ich nicht alles verstehe, spüre ich die liebe
der seele/des menschen dahinter.

bon.
 
S

Sandra

Gast
Hallo Meral

Ein wirklich sehr ausdrucksstarkes, gefühlsgewaltiges Gedicht. Es ist immer wieder schön, deine fremdartigen Bilder in sich aufzunehmen.
LG
Sandra
 

Meral Vurgun

Mitglied
Re: Hallo Meral

Hallo Sandra,

oft kommt von meinem Herz gewaltiges Gefühl.
Das hängt vielleicht von meiner Kultur ab.

ich danke dir fürs Lesen und die Antwort.

Grus aus Basel.
 



 
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