Mein Feind

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Silberstreif

Mitglied
Er hat wieder zugeschlagen.
Grausam, unerbittlich, hinterrücks. Ich lebe in ständiger, angstbehafteter Symbiose mit ihm, trotzdem überrascht er mich jedesmal, wenn er mich heimsucht.
Ich hasse ihn. Ich versuche alles um ihm zu entgehen, Woche um Woche stehle ich mich aus seinen Fängen, dennoch erwischt er mich immer wieder unerwartet.
Die unterschiedlichsten Tricks habe ich mir angeeignet um ihm ein Schnippchen zu schlagen. Diverse Hilfsmittel, Ratschläge aller Art - selbst die aberwitzigsten - habe ich ausprobiert. Über Wochen, gar Monate scheinen sie auch von Erfolg gekrönt, so dass ich glaube ihn endgültig vertrieben zu haben, doch dann kehrt er erbarmungsloser und gieriger denn je, zurück.
Möglicherweise wäre es hilfreich, ihn zu ignorieren, ihn zu vergessen, denn die Schäden die er anrichtet lassen sich nach Tagen meistens wieder auf ein Mindestmaß reduzieren, doch ist der Ärger und die Wut im Moment des Erkennens zu groß.
Frustration und Minderwertigkeit bestimmen für einige Zeit mein Selbstverständnis. Wie kann das geschehen? Wie kann das ausgerechnet mir passieren? Wieso?
Ich weiss nicht, ob andere ihn auch kennen, gar so fürchten wie ich. Darüber spricht man nicht. Er ist ein Tabu. Selten jemand würde den Makel, den seine Anwesenheit verursacht, zugeben.
Ich fühle mich einsam in meinem, gegen mich selbst gerichteten, Zorn. Ich habe ihn verflucht, angeschrien, angebettelt. Vergebens. Er ist nicht fassbar, nicht sichtbar, nicht erkennbar. Es bereitet ihm unendliche Freude unerkannt seine Tücke auszukosten.
Meine Verzweiflung nährt ihn. Ein unachtsamer Moment, ein merkliches Nachlassen der Aufmerksamkeit meinerseits, und schon ist er zur Stelle.
Ich weiss, dass mir auf lange Sicht nichts anderes übrigbleibt, als mich in mein Schicksal zu fügen, ihn anzunehmen, als Teil meiner Selbst, als meine Unzulänglichkeit.
Dennoch sträubt sich etwas in mir dagegen. Ich will mich gegen ihn wehren, ihn auslöschen - ein für allemal.
Doch ich vermag das nicht.
Ich stehe wieder da, mit fünf einzelnen Socken. Doch noch gebe ich den Kampf nicht auf, gegen ihn, meinen Feind, den Sockenfresser.
 
K

kaffeehausintellektuelle

Gast
so. ich breche das tabu. wir haben einen gemeinsamen feind. wie gut ich dich verstehen kann.
ich dachte ja bisher, es ist die waschmaschine. ich dachte wirklich, meine waschmaschine ernährt sich von socken.
und ich hab einen korb im badezimmer, so einen kleinen einkaufskorb, der ist prall gefüllt mit einzelnen socken. weil man schmeißt ja einen socken nicht gleich weg, nur weil man seinen partner nicht findet. man lässt sich ja auch nicht gleich scheiden, weil der mann außer haus ist.
aber gelegentlich trenne ich mich dann doch wieder von ein paar stücken, bei denen ich mir sicher bin, der partner taucht nie wieder auf.
und siehe da! plötzlich ist es da. also er ist weg. also einer ist weg, nämlich im müll und der andere ist da. da ich aber nicht so ein organisierter mensch bin, der listen führt mit fehlenden und weggeworfenen und wiederaufgetauchten socken, behalte ich dann die gefundenen erstmal auf. vielleicht war es ja nur eine verwechslung.

ich habe eine lösung gefunden für dieses problem. das problem der lösung ist jedoch, sie ist theoretischer natur.
ich habe beschlossen, ich kaufe 100 schwarze socken der gleichen marke. da ist es dann völlig egal, wenn einer verschwindet, weil ja noch 99 andere da sind. die sich dann auch nicht einsam und verloren fühlen.

allein. es gibt keine socken, auf denen "größe 27 bis 45" steht.

die k., verständnisvoll
 

Oblivia

Mitglied
Seltsam, das erinnert mich an ein Phänomen, dass ich seit Jahren bei mir beobachte. Untypischerweise tauchen bei mir dauernd einzelne Socken auf, die niemandem meiner Familie gehören. Ich habe schon einen großen Karton davon im Keller stehen, und es werden wöchentlich mehr.

Anfangs habe ich mir noch Gedanken darüber gemacht, es dann aber akzeptiert verdrängt. Wenn ihr jetzt von diesem geheimnisvollen Sockenfresser sprecht: Vielleicht wohnt der ja bei mir und legt sich ein Depot für schlechte Zeiten an.

Vielleicht handelt es sich aber auch einen Riss im Raumgefüge, so dass die Socken beim Schleudern durch eine Art Tunneleffekt (siehe: Werner Heisenberg - Die Physik der Atomkerne, 1943) durch das Kontinuum diffundieren.

Oblivia
 

Zeder

Administrator
Teammitglied
ich habe beschlossen, ich kaufe 100 schwarze socken der gleichen marke. da ist es dann völlig egal, wenn einer verschwindet, weil ja noch 99 andere da sind. die sich dann auch nicht einsam und verloren fühlen.

allein. es gibt keine socken, auf denen "größe 27 bis 45" steht.
Liebe KHI,

das GLEICHE Problem trifft mich auch: Es gibt eben keine Universalgrößen-Socken! Vielleicht könnten wir alle unsere Einzelstücke mal zusammen werfen - eventuell gibt es ein paar zufällige Treffer?

@Silberstreif: Du siehst, was Du mit Deinem Text anrichtest... ;-) Sehr schön hast Du das "Geheimnis" bis zum Textende aufbewahrt. Gut!

Viele Grüße,
 

Silberstreif

Mitglied
himmel

das scheint ja wirklich ein äußerst dramatisches Problem zu sein. Und Ihr glaubt nicht, wie froh ich bin, dass ich nicht alleine dieses Mal auf der Stirn trage.

Oblivia: Her mit meinen Socken! Wenigstens die hübschen. Oder stopfe das Raumloch doch mit einer Socke.

:)
 

Oblivia

Mitglied
Nun, das mit der Singularität in meiner Waschmaschine ist ja zunächst einmal eine Hypothese.
Wir haben jetzt allerdings die vielleicht einmalige Gelegenheit, maßgeböliche, vielleicht revolutionäre wissenschaftliche Erkenntnisse zur erringen. Vielleicht schaffen wir es ja sogar, den Nobelpreis für Physik zu bekomen.

Als erstes müssen wir nun ein paar Versuche machen, um zu beweisen, dass dieser Tunnel durch das Kontinuum tatsächlich existiert. Socken alleine reichen da als Beweis nicht aus.

Wie wäre es, wenn ihr einmal typische Gegenstände ind die Waschmaschine steckt, deren Herkunft eindeutig belegen, dass sie von ech kommen. Ich denke da zum Beispiel an Diamantschmuck, gravierte Eheringe, Bilderalben, Ölgemälde,Sammeltassen (Unikate), oder auch Haustiere solange sie die Größe von Socken nichtwesentlich überschreiten, denn ich vermute einen Zusammenhang zwischen der Diffusionswahrscheinlichkeit und der Größe der Explorate. Schaltet dann auf "Kochwäsche" und maximale Schleudergeschwindigkeit, damit die energetisch günstigsten Bedingungen geschaffen werden.

Sobald die ersten Gegenstände in meiner Waschmaschine auftauchen, werde ich hier berichten und die Versuchsergebnisse selbstverständlich genau dokumentieren.

Oblivia (von wissenschaftlichem Feuer erfasst)
 

Silberstreif

Mitglied
Oblivia - meinst Du, das würde mit einem Mann auch gehen? Der könnte dann gleich die Eindrücke in Worte fassen, die während der Reise haften geblieben sind und als Zeuge wäre er auch zu gebrauchen.

Ich suche derweil ein Opfer -
 

Oblivia

Mitglied
Nun ja, klein genug müsste er halt sein.
Der Mann, meine ich...

Olivia (breitgrins)

PS: Übrigens wüßte ich ein Opfer für Dich, aber wenn das Experiment fehlschlägt, müsstest Du ihn behalten.
 

knychen

Mitglied
klare sache

ganz klare sache, silberstreif, du hast einen ratz. ein wunderwerk der evolution. ein wirbloses beuteltier, das dinge verschwinden läßt. nicht um sich davon zu ernähren, sondern um beim besitzer negative schwingungen zu erzeugen und auf diesen vibes herumkauend hämisch in der ecke hockend auf den orgastischen moment wartend, wo der/die suchende mantramäßig vor sich hinfluchend murmelt: "muß doch da sein. war doch keiner weiter hier."
mein keller ist voller werkzeugratze, meine freundin kämpft mit den waschmaschinenratzen, nur unsere tochter ist anscheinend immun. sie findet selbst in der überdimensionierten spielzeugkiste im dunkeln polly-pocket-figuren genau im richtigen moment. lethargie soll helfen, ha, wo ist meine lethargie hin, mistvieh verfluchtes.
 



 
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