Mein Großvater

Vivi

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Er saß immer in seinem Ohrensessel.
und ich durfte ihm die Haare kämmen.
Flocht ihm Zöpfe und band Schleifen hinein
Dabei konnte er sogar schlafen.

Denn schwer war die Arbeit im Wald,
wo er als Hauermeister Bäume fällte.
Sein Familienname Stamm passte also zu
seiner Waldarbeit. Hände und Körper
die wie Holz und Rinde sich anfühlten
und kräftig nach frischem Harz rochen,
schrubbte er mit Kernseife und Bürste.

Selbst das Hasenbrot, jeden Abend brachte er mir ein Stück mit,
schmeckte nach all den Gerüchen.
Am meisten liebte ich den Zigarrenduft an ihm.
Den kalten Stumpen, der im Mundwinkel hing,
zog ich immer heimlich raus,
damit ihm die Asche nicht auf den Schoß fiel.
Wie oft schlief er so in seinem Ohrensessel ein.

Sein kleiner Schnurrbart unter der Nase, und ich,
schenkten etwas Weiches seinem müden Gesicht.
Liebevoll nannte er mich seine Zwiebel.
Ich glaube, weil ich rohe Zwiebeln nicht mochte.

Wenn die Kirchturmglocke zur Nacht läutete
und ich, seine Zwiebel, noch nicht im Hause war,
hing er mit dem Oberkörper aus dem Fenster und pfiff.
Höre ihn heute noch, und was gäbe ich dafür,
würdest Du wieder, vom Duft deiner Zigarre eingehüllt,
im Ohrensessel sitzen -
mein geliebter Großvater.
 



 
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