Vergangenen Samstag verlor ich meine Tagesaufenthaltsstätte, die zweite dieser Art, wo ich tagsüber am Computer arbeiten und etwas für mein Fortkommen tun konnte. Leider sind solche Tagesstätten nie etwas für Dauer. Es gibt immer wieder Menschen, die einen nicht mögen, allein der Äußerlichkeit wegen, sie reden schlecht und intrigieren, mit dem Ziel dich aus dem Haus zu entfernen, zuletzt mit Erfolg. Zwar gab es keinen Streit, aber mir wurde nahegelegt, das Haus binnen Frist zu verlassen und mir etwas Neues zu suchen. Angeblich weil die Saison nun wieder beginnt und kein Platz mehr für mich wäre (ich war dort tagsüber in einer Art Gemeinschaftsraum, etwas abseits). Ich bettelte um einen Kompromiss, aber auch das war vergebens. Der Hausmeister dort ist ein Tyrann, wenn ich Abends nur 5 Minuten zu spät das Haus verlassen hatte, fing er an mich zu bedrohen: „Wenn Du das nächste Mal hier nicht Punkt 10 raus bist, schmeiß ich dich eigenhändig vor die Tür“, und auch das gibt’s (und der wusste, dass ich Nachts draußen schlafe).
Nun gut, ich bin dann stundenlang durch die Stadt gelaufen, auf der Suche nach etwas Neuem, wo ich tagsüber bleiben kann und halbwegs für mich allein bin. Die Sozialstationen haben zwar Gemeinschaftsräume, aber Rauchverbot ist dort ein Fremdwort und die Öffnungszeiten sind eher an Frühstück und Mittag gebunden.
Ich bin dann letzten Sonntag zur Kirche hin, zum St. Michaelis (auch Michel genannt), dort stand ich dann mit Rucksack und Schlafsack und eine Frau fragte mich, ob ich einer von den Obdachlosen sei, von denen der Pastor in der Kirche sprach, und ich antwortete „Ja, das bin ich“. Sie gab mir 10 Euro und einen Palmwedel, den sie mir an meinen Schlafsack knüpfte. „Weil heute Palmsonntag ist“, meint sie, und wünscht mir viel Glück.
Etwa eine halbe Stunde zuvor saß ich noch auf einer Bank, in eben dieser Kirche, auf der hintersten Reihe, dort wo keine anderen Leute sonst sitzen und ich weiß nicht woran es lag, dass ich weinen musste, vielleicht weil mein geistiges Auge über mir schwebte und dort ein Versager saß, ein Typ der sein Leben lang nichts auf die Reihe bekam, gescheitert in allen Punkten, keine Familie, keine Kinder, nur Unmengen von Papier, für das er sich nichts kaufen kann.
Als der Pastor die Leute dann aufforderte dem Sitznachbarn die Hand zu reichen und „Friede sei mit Dir“ zu wünschen, schaute ich nach links und nach rechts und sah niemanden. So war es 15 Jahre und so ist es immer noch, nur der Ort hatte gewechselt.
Die Pastorin kam dann doch noch zur mir rüber und gab mir die Hand, verbunden mit dem Spruch, den ich schon nannte. „Friede sei mit dir“, sagte sie und ich dachte mir, eine Wohnung wäre mir lieber.
Jedenfalls schämte ich mich, für mein Sosein, die Armut die jeder mir ansieht, wenn er mich nur schon von weitem sieht. „Hallo Penner“, rief gestern ein Kind aus der Kindergarten-Gruppe. Sie sind morgens die Ersten, die mir auf dem Weg zum Waschplatz begegnen.
Wer mich so sieht, fragt sich wahrscheinlich, was hat der Mann für ein Problem ? Er ist jung und wirkt gesund, warum geht er nicht arbeiten, schneidet sich den Bart und versucht ein normales Leben zu führen ? Diese Frage ist ein Echo, ständig wiederkehrend zeigt es auf ein Zweiermenschen Ich.
Das gibt es den Einen, er ist gerade mal 20 und etwas zurückgeblieben und jeder auf der Brücke liebt ihn, wenn er morgens so unbeholfen von dannen tapst, wenn es Zeit wird den Schlafplatz zu räumen, dann sehen die Leute einen sehr schwachen Menschen: „Guck mal, da liegt ein Penner“, oder „Schau mal, der hat dort geschlafen“, dann laufe und bewege ich mich anders, viel langsamer, humpelnden Schrittes, dann spreche ich mit der Stimme von Max, mein schwächstes Ich ! Kraftlos, erschöpft, dem Kinde gleich, dass ich einst verlor, vor vielen Jahren.
Und dann gibt es Bryan, den Starken, den Autor, der hier auch schreibt, er hasst diese Schwäche und auch diese Menschen, die ihn so sehen - in dieser Schwäche - der Äußerlichkeit nach verurteilt, zum Menschen 3. Klasse.
Ja, ich bin intelligent, ich hatte mal einen Beruf und auch ein Leben und ich habe jeden Tag neue Ideen, Dinge die ich gern tun möchte, die mich treiben, motivieren und aus der Schwäche befreien. Das alles wird besser, jeden Tag ein Stück des Weges mehr, ich arbeite daran und ich hole es mir zurück, mein Leben, mein Traum und auch meine Liebe.
Max Bryan
25.04.2011
http://www.facebook.com/media/set/fbx/?set=a.173634115987753.40772.161102710574227&l=d903f0f507
Nun gut, ich bin dann stundenlang durch die Stadt gelaufen, auf der Suche nach etwas Neuem, wo ich tagsüber bleiben kann und halbwegs für mich allein bin. Die Sozialstationen haben zwar Gemeinschaftsräume, aber Rauchverbot ist dort ein Fremdwort und die Öffnungszeiten sind eher an Frühstück und Mittag gebunden.
Ich bin dann letzten Sonntag zur Kirche hin, zum St. Michaelis (auch Michel genannt), dort stand ich dann mit Rucksack und Schlafsack und eine Frau fragte mich, ob ich einer von den Obdachlosen sei, von denen der Pastor in der Kirche sprach, und ich antwortete „Ja, das bin ich“. Sie gab mir 10 Euro und einen Palmwedel, den sie mir an meinen Schlafsack knüpfte. „Weil heute Palmsonntag ist“, meint sie, und wünscht mir viel Glück.
Etwa eine halbe Stunde zuvor saß ich noch auf einer Bank, in eben dieser Kirche, auf der hintersten Reihe, dort wo keine anderen Leute sonst sitzen und ich weiß nicht woran es lag, dass ich weinen musste, vielleicht weil mein geistiges Auge über mir schwebte und dort ein Versager saß, ein Typ der sein Leben lang nichts auf die Reihe bekam, gescheitert in allen Punkten, keine Familie, keine Kinder, nur Unmengen von Papier, für das er sich nichts kaufen kann.
Als der Pastor die Leute dann aufforderte dem Sitznachbarn die Hand zu reichen und „Friede sei mit Dir“ zu wünschen, schaute ich nach links und nach rechts und sah niemanden. So war es 15 Jahre und so ist es immer noch, nur der Ort hatte gewechselt.
Die Pastorin kam dann doch noch zur mir rüber und gab mir die Hand, verbunden mit dem Spruch, den ich schon nannte. „Friede sei mit dir“, sagte sie und ich dachte mir, eine Wohnung wäre mir lieber.
Jedenfalls schämte ich mich, für mein Sosein, die Armut die jeder mir ansieht, wenn er mich nur schon von weitem sieht. „Hallo Penner“, rief gestern ein Kind aus der Kindergarten-Gruppe. Sie sind morgens die Ersten, die mir auf dem Weg zum Waschplatz begegnen.
Wer mich so sieht, fragt sich wahrscheinlich, was hat der Mann für ein Problem ? Er ist jung und wirkt gesund, warum geht er nicht arbeiten, schneidet sich den Bart und versucht ein normales Leben zu führen ? Diese Frage ist ein Echo, ständig wiederkehrend zeigt es auf ein Zweiermenschen Ich.
Das gibt es den Einen, er ist gerade mal 20 und etwas zurückgeblieben und jeder auf der Brücke liebt ihn, wenn er morgens so unbeholfen von dannen tapst, wenn es Zeit wird den Schlafplatz zu räumen, dann sehen die Leute einen sehr schwachen Menschen: „Guck mal, da liegt ein Penner“, oder „Schau mal, der hat dort geschlafen“, dann laufe und bewege ich mich anders, viel langsamer, humpelnden Schrittes, dann spreche ich mit der Stimme von Max, mein schwächstes Ich ! Kraftlos, erschöpft, dem Kinde gleich, dass ich einst verlor, vor vielen Jahren.
Und dann gibt es Bryan, den Starken, den Autor, der hier auch schreibt, er hasst diese Schwäche und auch diese Menschen, die ihn so sehen - in dieser Schwäche - der Äußerlichkeit nach verurteilt, zum Menschen 3. Klasse.
Ja, ich bin intelligent, ich hatte mal einen Beruf und auch ein Leben und ich habe jeden Tag neue Ideen, Dinge die ich gern tun möchte, die mich treiben, motivieren und aus der Schwäche befreien. Das alles wird besser, jeden Tag ein Stück des Weges mehr, ich arbeite daran und ich hole es mir zurück, mein Leben, mein Traum und auch meine Liebe.
Max Bryan
25.04.2011
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