Mein Weg zurück ins Leben 2

Kapitel 2:
„Blutige Schreie“


Den ganze Tag hatte ich schon ein komisches Gefühl und als ich mit seiner Schwester in sein Zimmer stürmte, wusste ich auch warum.
Er hockte in der Ecke seines Zimmer.
Blut klaffte aus den Wunden an seinen Handgelenken.
Der Teppich färbte sich rot.
Langsam und wie in Trance ging ich auf ihm zu.
Er sah mich an, mir lief ein kalter Schauer über den Rücken.
Diese Augen waren so unsagbar leer, wie zerbrochenes Glas.
Seine Stimme klang dünn und war kaum hörbar, als er zu mir sagte:
„Es tut mir leid, aber ich kann einfach nicht mehr. Ich bin froh dich kennen gelernt zu haben, doch für dich wäre es besser gewesen, wenn wir uns nie getroffen hätten. Ich hoffe du wirst endlich dein Glück finden, denn das du nun wirklich nicht verdient.“
Das einzig was mir durch den Kopf ging, war ‚Nein, bitte nicht’, doch ich bekam kein Wort über meine Lippen, es schnürte mir die Kehle zu.
Mit einem Lächeln wurde er bewusstlos und ich nahm ihn zum ersten in die Arme.
Seine Schwester trat in das Zimmer und sagte etwas zu mir, doch ich nahm sie nur im Unterbewusstsein wahr, genauso wie die immer lauter werdenden Sirenen.
Ich lies ihn erst zu Boden sinken, als die Notärzte ins Zimmer stürzten.
Rückwarst ging ich zurück, bis ich gegen das Fenster stieß.
Ich weiß nicht wie lange sie brauchten um die Wohnung zu verlassen, ich weiß nur noch das ich sie vom Fenster aus beobachtete.
Als ich die Wohnung verließ und ich noch einmal zurück sah, wurde mir bewusst, das ich nie wieder sein Lächeln sehen würde.
Nie wieder würde ich deine Wärme spüren, nie wieder würdest du mich beschützen können und ich werde dir niemals sagen können, was du bedeutest.
Dann drehte ich dieser Wohnung für immer den Rücken zu.

Am nächsten Tag bekam ich einen Anruf von seiner Schwester, sie teilte mir mit in welchem Krankenhaus er lag.
Am Mittag traf ich mich mit ihr, wir müssten die Unterschrift ihr Eltern fälschen für die Besucherlaubnis.
Ich ging ihn jeden Tag besuchen und jedes mal fing ich am ganzen Körper an zu zittern.
Ihn so zu sehen mit all diesen Schläuchen am ganzen Körper verteilt und immer zu wissen, das er seine Augen niemals mehr öffnen wird, war ein Gefühl, das sich nicht in Worten fassen lässt.
Eine Woche lang verbrachte ich jede freie Minute bei ihm und habe deshalb auch oft die Schule geschwänzt.
Jede Stunde, die ich bei ihm verbachte, kam mir wie ein eisige Ewigkeit vor.

Es vergingen einige Tagen, an denen ich stumm an seinem Bett saß und ihn anstarrte.
Ich war nicht in der Lage auch nur ein Ton hervor zubringen, selbst als sein Herzschlag aufhörte.
Sofort kam Hilfe ins Zimmer gestürmt.
Eine Krankenschwester schickte mich raus, ohne zu widersprechen, verließ ich den Raum.
Draußen stellte ich mich vor das Fenster.
Dort stand ich die ganze Zeit, bis sie die Wiederbelebungsversuchen aufgaben.
Mir wurde erlaubt noch einmal zu ihm zu gehen, um Abschied zu nehmen.
Ich trat an das Bett und ich diesem Moment empfand ich nichts.
In meinem Herzen war kein Gefühl, es fühlte sich an als hätte auch mein Herz aufgehört zu schlagen.
An diesem Tag war ich mit ihm gestorben.
Der erste Mensch, der mich nicht wie den letzten Dreck behandelt hat, der mir zeigte was Liebe ist.
Was es heißt, etwas wert zu sein, der mich Geborgenheit lehrte.
Der Mensch, der mich leben lehrte, riss mich mit, in den Tod.

Es vergingen einige Tage, in denen meine Seele, nicht in der Lage war, etwas zu empfinden.
Jeder Tag war für meine Gefühlswelt, wie der andere.
In meiner Seele machte sich eine eisige Leere breit.
Wieder blieb ich allein in meiner Einsamkeit zurück.

Als ich an einem Tag von der Schule nach Hause komme, bin ich allein.
Ich sitze in meinem abgedunkelten Zimmer, nur eine Kerze an meinem Bett durchbricht die Finsternis.
Doch dieser kleine Schein kann mein Herz nicht erhellen.
Mein Blick fällt auf einen kleinen Schnitt auf meiner Hand, den ich mir aus versehen zugefügt habe.
Ich hatte ihn völlig vergessen, bis mein Blick in traf.
Plötzlich steigt in mir ein seltsames Gefühl auf, ich sehne mich danach mich zu schneiden.
Ich erinnere mich, was es für ein befreiendes Gefühl es war den Schmerz des Schnittes zu spüren, wie schön es war das Blut aus der Wunde rinnen zu sehen.
Langsam ziehe ich mein Butterfly aus meiner Hosentasche.
Einige Zeit starre ich wie gebannt auf die glänzende Klinge.
Den ersten Schnitt, den ich mir in diesem Moment zugefügt habe, habe ich nicht registriert, erst als das tiefrote Blut über mein Arm rinnt, bemerke ich ihn.
Wie weggetreten schaue ich dem Blut dabei zu, wie es von Arm läuft.
Dieser Schnitt war der Erste, den ich mir absichtlich zugefügt habe und diesen Tag auch der Letzte.
Das Gefühl, das ich dabei empfinde, kann ich nicht in Worte fassen.
Ich es war nur ein leichtes Gefühl von Schmerz, aber er und das Blut bewiesen mir, das ich noch lebe.

Als ich die Haustür zugehen höre, ziehe ich schnell meinen Ärmel über meinen Arm und gehe aus meinem Zimmer.
Meine Mutter ist gerade dabei ihre Tasche auszupacken, als ich sie mit einem Kuss begrüße, wie es immer tat, obwohl ich schon seit längerem Abstoßung dabei empfinde.
Aber, das kann ich ihr nicht zeigen, da ich ihr nicht weh tun möchte.
 



 
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