Meine Mutter

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Harders

Mitglied
Meine Mutter I.

Meine Mutter ist eine reizende Frau. Ich verzichte hier auf die Begrifflichkeit „Person“, da ich der Überzeugung bin, dass „Frau“ persönlicher klingt und ich hab sie
(sie - eigentlich ja auch unhöflich) ja nun mal auch lieb.
Übrigens komme ich darauf, über meine Mutter zu schreiben, aus aktuellem Anlass. Ich besuchte sie kürzlich, wie so oft und erlebte Surreales, ja fast malerisches Lesen
<- kontrastbehaftete Metapher) aus tausend-und-einem Elfenbeinturm…auch wie so oft. Nein….eigentlich wie immer! Vielleicht ist der Anlass ja doch nicht so aktuell, aber ich muss diese Gedanken veräußern, im Rahmen einer Schreibtherapie.
Stellen Sie sich vor, sie nähmen ein Bad, gingen danach duschen, wüschen, schrubbten und peelten sich.
Fingernägel schneiden, Enthaarung an allen nur denkbaren Stellen, inkl. Desinfektion. Dann beamten Sie sich, um äußere, körperbeschmutzende Faktoren gänzlich ausschließen zu können, in das Haus meiner Mutter…direkt auf die weiße Ledercouch.
Sie würden sich schmutzig und ungewaschen fühlen.
Mutter versteht sich, Ihr Haus und ihr Schaffen innerhalb dieses Hauses als Einheit, als konstantes Gesamtkunstwerk, kreativer häuslicher Gestaltung.
Wieder verzichte ich bewusst auf eine Begrifflichkeit: Hausarbeit. Sie würde der Situation vor Ort nicht genügen.
Nun gehöre ich zu den Menschen, die auf Grund selbstständiger Arbeit nicht jeden Tag um 06:00 Uhr das Haus verlassen müssen und ich genieße es, manchmal um 13:00 Uhr zu frühstücken und zuweilen den ganzen Tag über im Pyjama, gänzlich sprachlos vor meinem Rechner zu sitzen.
Da ist es mir ein Rätsel, wie es möglich sein kann, dass, egal zu welcher Tages-/Nachtzeit Sie bei Mutter klingeln könnten…sie würde immer frisiert, geduscht, geschminkt und mit Collier, samt passendem Armreif die Türe öffnen. Vor allem immer bestens gelaunt.
Wie kann es sein, dass ein Leben so straff und preußisch geplant sein kann, so dass schon 2 Wochen vor dem Besuch des geliebten Sohnes, die exakte Ankunftszeit vorliegen muss?
„Männlein, langsam müsste ich wissen, wann Du am Samstag kommst!“
„Wieso?“
„Ja, man muss sich doch einrichten können!“
„Wir sprechen doch von übernächstem Samstag!?“
„Ja, ja, aber wir müssen doch wissen, ob Wilhelm vom Edeka auch Teilchen mitbringen soll!“
„Ach so!“
Ich weiß nicht mal, wie mein heutiger Nachmittag verlaufen wird und Mutter kann prognostizieren, dass Wilhelm in 2 Wochen um 10:30 Uhr bei’m Edeka sein wird.
Beachtlich!!!
Sie nennt es „etabliert“ und irgendwann werde ich es verstehen und vor Allem zu schätzen wissen…und wenn denn dann bei mir mal Alles in geordneten Bahnen verläuft, dann bekomme ich auch das Meissner Porzellan von Oma Else.
Nächsten Monat werde ich 32!
 



 
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