Mensch sein

maskeso

Mitglied
Mensch sein

Wenn zartes Fleisch
Durch die Winde schwebt
Zerplatzt von Minen
Rund und fein.

Wenn Blut, so rot
Wie junge Rosen
Spritzt nach einem
Selbstmordattentat.

Wenn Schädel brechen
Mit leisem Knacken
Durch Knüppel aus
Feinstem Buchenholz.

Wenn Lebern reißen,
mit leisem Flüstern,
Ein Schuss aus -
Nächster Nähe.

Wenn Menschen hassen,
Schlagend diskutieren,
Gestikulieren,
Exekutieren.

Dann weiß ich:
Hier bin ich Mensch
Hier darf ich's sein.
 

Kathrien

Mitglied
Die letzte Strophe erinnert mich etwas an den Slogan von Drogerie Moll "Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein" (Oder war das Marktkauf?), aber ansonsten gefällt es mir sehr gut. Liegt wahrscheinlich daran, dass es kurz gehalten ist und dadurch übersichtlich wirkt.

°°°°°kati°°°°°
 

maskeso

Mitglied
Das ist jetzt einer der Momente, an denen mich Naivität zu Tränen rührt.
"Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein" - Goethe, Faust, Waldszene. Als meine Deutschlehrerin einst sagte, den Faust müsse man gelesen haben, hatte ich zunächst auch nur mit dem Kopf geschüttelt. Aber sie war im Recht gewesen.
Interessant, dein Hinweis auf die Übersichtlichkeit - ich war mir dessen nie so bewusst gewesen, aber das spielt bei mir tatsächlich keine unerhebliche Rolle.
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Mensch, ist das stark!
Zugegeben - beim ersten Lesen hatte ich noch Probleme mit dem Rhythmus. Aber das verging mit dem zweiten und dritten Mal. Toll, die letzte Strophe. Bis dahin hatte ich erwartet, daß in ihr eine mit dem erhobenen Zeigefinger dargebotene Zusammenfassung über die Brutalität unserer Welt versteckt sei. Weit gefehlt!
"Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein."
Der Mensch namens Faust wird nicht Opfer des Mephisto - er ist Mephisto. Verdammt - ist das noch Satire?

Beeindruckt - Ralph
 



 
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