Mutter und Tochter

3,10 Stern(e) 8 Bewertungen
Geliebte Tochter 5

du vergräbst meine Liebe in der Erde
ich sehe kein Licht
du wirfst meine Liebe in den Fluss
ich ringe nach Luft
du übergibst meine Liebe dem Feuer
höllisch brennt meine Haut

das Alles könnte mir nichts anhaben
wenn ich dich nicht liebte
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo!

Die Liebe verzeiht alles oder wenigstens vieles - das ist der Tenor in deinem Gedicht.

Leider hast du das nicht besonders gut in Szene gesetzt.
Das eingegraben sein, ertrinken oder verbrennen in einer Liebe sind doch allesamt schon recht verbrauchte Bilder.
Zumal der Schluss mit der Verzeihung dann doch zu erwartet kommt.

Liebe Grüße
Manfred
 

Label

Mitglied
Liebe Christine Kühn-Schierholz

schon Eugen Roth sagte "schwer ist's mitunter Luft zu kriegen, in der nicht schon Gedanken liegen"

Ich empfinde dein Gedicht in der Zusammenstellung als keineswegs abgegriffen oder verbraucht.
Gerade die Aufzählung und der Vergleich wie LyrIch fühlt, lässt den Leser (mich) mitempfinden und berührt dadurch.
Kann auch sein, dass ich die passenden Rezeptoren habe (habe auch eine Tochter, allerdings ohne diese Erfahrung), die andere gar nicht haben.
Besonders
das Alles könnte mir nichts anhaben
wenn ich dich nicht liebte
ist universell anwendbar, lässt sich bei allen Beziehungsproblemen anwenden und enthält implizit die weise Einsicht: nicht festhalten oder abwenden sondern - loslassen.

Und das kann gar nicht oft genug gesagt werden.

mit einem lieben Gruß
Label
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Christine,
mich beschäftigt dein Gedicht vor allem auf der inhaltlichen Ebene.
Einerseits kann ich mich ganz gut in die Mutter einfühlen: die Reaktionen des Kindes können weh tun, können hilflos machen, vielleicht manchmal ein Gefühl der Ohnmacht erzeugen. Ich finde es mutig, das zu sagen.
Andrerseits: In den 8 Zeilen steht 3x meine Liebe und einmal wenn ich dich nicht liebte. Das ergibt in der Summe eine Dauerpräsentation der Liebe; die gegebene Liebe wirkt übermächtig und unfreiwillig erdrückend. So kann es passieren, dass der Leser sich am Ende stärker in die Tochter einfühlt: eine von der Liebe erdrückte Tochter, die gegen diese Situation aufbegehrt durch unangepasstes Verhalten.
Ich hoffe, du verstehtst mich recht: ich maße mir hier keinerlei Urteil an über eine konkrete Mutter-Kind-Beziehung, sondern stelle lesend fest, dass ich mehr Nähe zur Tochter als zur Mutter spüre.

lg wüstenrose
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Gedicht verwendet im ersten Teil eine rhetorische Figur, die man Priamel nennt, hier in Form einer Triade. (In der Wikipedia wird die Priamel als Spottgedicht bezeichnet, was aber so nicht stimmt. Es stimmt aber, dass sie heute seltener verwendet wird.)
Es wird dreimal leicht variiert das sprachlich gleiche parallele Bild verwendet, was den Text eindringlicher macht.

Die letzten Verse lösen dann alle drei Formen des Anfangs auf und vereinigen sie im Resultat.

Es ist eine sehr sehr alte und traditionsreiche Form.
 



 
Oben Unten