Nacht

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O

orlando

Gast
Ein anmutiger Tanz unter Gestirnen, die auf die Straße versetzt wurden. Das lichte Glück im Dunkel.
 

ThomasStefan

Mitglied
Hallo Otto

Über solch kleinen Texte kann man ewig nachdenken und sie verändern. Dieser hat es mir angetan.

Der Mann lehnt im Dunkeln an einer Hauswand und wartet auf jemanden, sein kleines Glück. Also blickt er mit Absicht zur Laterne, nicht zufällig fällt sein Blick auf sie, wie hier suggeriert wird. Wenn die Frau vorübergeht, ist sie da nicht schon (fast) weg? Er sieht sie im Schein der Lampe, von weiter weg aus der Dunkelheit, sie ist im Gegensatz zu ihm also der Laterne relativ nah. Wie will sie da seinem Blick zum Licht folgen? Wie können beide in etwa eine gemeinsame Blickrichtung haben?
Später dann: Neumondene Gestalt. Also steht er gleich neben der Laterne, wird beschienen?
Übrigens, Tänzerin der Nacht gefällt mir richtig gut.


In diesem Sinne habe ich es mal probiert, es sei erlaubt, ganz ohne Gewähr:

Er lehnte an der Hauswand.
Wartete.
Sein Blick ging zur Straßenlaterne, ihr Schein erreichte sein Gesicht.
Die Tänzerin der Nacht kam,
spürte seinen Blick.
Komm, sagte sie, als sie ihm nahe war, ich mache dich licht.
Sie umarmte seine neu-mondene Gestalt.
Weißt du, sagte sie, es wird ein kleines Glück sein.
Nicht das perfekte, aber wer hat das schon.
Sie lächelte ihn an.
Ja, dachte er.
Ja!

Was meinst du? Viell. ist es so nicht das, was du ausdrücken willst.

Besten Gruß, Thomas
 
E

eisblume

Gast
Ich stimme Thomas zu - über solche Texte lässt es sich sehr gut nachdenken. Von einer Veränderung würde ich in dem Fall aber die Finger lassen.
Tut mir leid, Thomas, aber deine diesbezüglichen Vorschläge empfinde ich als sehr anschauliches Beispiel einer Verschlimmbesserung.
Besonders dieser Satz
Sein Blick ging zur Straßenlaterne, ihr Schein erreichte sein Gesicht.
ist mit Verlaub echt gruselig.

Lieben Gruß
eisblume
 

ThomasStefan

Mitglied
Okay, zumindest wirkt es arg geschraubt, das merke ich jetzt auch. Ich wollte das interessante Adjektiv "neu-Monden"begründen, da reichte es irgendwie nicht, das Licht nur in das Gesicht fallen zu lassen.
Sei's drum, es hat mich gereizt, daran zu werkeln, und ich staune immer wieder, was kleine Veraenderungen bewirken.
Gruß, Tom
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Thomas,

danke dir für deine Gedanken. Allerdings kann ich nichts davon übernehmen. Der Begriff Neumond (lat. Interlunium) bezeichnet die mit bloßem Auge nicht erkennbare Lichtgestalt (Mondphase) des Mondes. Im Zusammenhang zu unserem Mann, der da an der Wand lehnt, also eine Person, die für sich selbst genommen oder auch für die Welt so gut wie unsichtbar ist. Diese innere Unsichtbarkeit ändert sich nicht durch äußeres Licht.
Was unsere Königin der Nacht betrifft...wer sagt dir, dass sie tatsächlich stehen geblieben ist? Wäre es nicht denkbar, dass wir als Leser nur den Hoffnungen und Gedanken des Mannes folgen? Ich sage nicht, dass dies so ist...aber wäre es nicht möglich? Und sollte sie doch stehen geblieben sein, sollte ich dies tatsächlich schreiben? Ich nähme allem einen Teil der Möglichkeit. Dies möchte ich nicht.

Danke dür deine Gedanken und auch danke für die positiven Antworten und Bewertungen. Ich nehme sie mit in die Nacht.


die königin der nacht
ist tot
sie starb
an einer überdosis
liebe

am ende
kotzte sie sich tot

an ihr

so rot
so blutig rot

die königin der nacht
ist tot

sie starb
an ihrer liebe
 

Vessel

Mitglied
das ist großartig, in seiner höflichen zurückhaltung und seiner kürze. besonders die neumondene gestalt hat es mir angetan, eine wirklich vielsagende neuschöpfung.
 

sonah

Mitglied
Hallo Otto,

mir hat der Text spontan sehr gut gefallen. Ein Text, an den ich nicht die Gesetze der Logik schraubstockartig anwenden würde, sondern in deren Poesie ich mich hineinziehen lasse.

Beste Grüße,

Sybille
 



 
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