Nachtschatten

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Nachtschatten

Er drehte sich um.
„Pitsch – Patsch“
Ununterbrochen. Und dazu, Regen, Wasser in Unmengen fielen herab, es regnete und regnete. Er schaute auf die Uhr, als ob sie mit dem Regen etwas zu tun hätte. Nur eines war ihm in diesem Moment klar: Die Uhr, wasserdicht, hatte in diesem Moment nichts gemeinsam mit seinen Schuhen. In diesen suchte sich das Wasser von vorne nach hinten unaufhaltsam einen Weg. Gummistiefel wären besser gewesen. Auch seine Kleider wurden vom Regen nicht verschont. Einen Schirm! Aber erst einmal einen haben. Und außerdem war ihm so ein Ding viel zu umständlich: Mit sich herum tragen, dann darauf achten, ja nicht liegen lassen. Viele hatte er schon liegen gelassen.
Und wieder dieses Pitsch – Patsch. Als ob jemand nur in den überall vorhandenen Pfützen, ausgerechnet darin, springen würde. Im Licht der Straßenlaternen spiegelten sie wie Silber Lackpapier.
Immer nur für kurz schimmerte das Mondlicht zwischen den dunklen Wolken des Nachthimmels hervor.Sicherlich hatte auch er dieses Pitsch – Patsch gehört, und verkroch sich darauf hin hinter einer vorbeiziehenden Wolke. Dann wieder dieses Pitsch – Patsch. Unheimlich.
Dann hatte es sich der Mond doch überlegt. Und er schob die schwarze Wolke wieder zur Seite.
„Pitsch – Patsch.“ Es erschreckte ihn immer mehr.
Und im Licht des Mondes stand nun ein großer Schatten von der Straße reichend an der Hauswand hinauf. Größer als ein Pferd es sein konnte. Der Schatten blieb stehen, zitterte und wackelte nicht. Wie an die Wand gemalt unbeweglich verankert.
Verschwunden war auf einmal dieses Pitsch – Patsch. Eiskalt wurde ihm vom Hals bis zu den Füßen. So ein Kribbeln. Dabei bemerkte er schon gar nicht mehr, dass es vielleicht auch nur die durchnässten Kleider sein konnten, die ihn frösteln ließen.
Er machte einen Schritt rückwärts. Stolperte und setzte sich, ausgerechnet in einer der großen Pfützen. Als hätte das Schattenbild nur darauf gewartet. Es löste sich von der Hauswand und kroch lautlos heran. Direkt auf ihn zu, umklammerte ihn, deckte ihn zu. Ihm wurde noch kälter. Mitten in dem Schatten lag er nun. Wenn nur nicht die Füße so schwer wären, dachte er und schloss die Augen. Nur nicht hinsehen wollte er. Dann spürte er Wärme, ein Hauch davon, der sein Gesicht schon fast streichelte. Ein Atem, der schnell ein- und ausgeatmet wurde. Als mutig galt er nicht. In diesem Zustand erst recht nicht.
Der Kopf brummte, der Magen knurrte, fast übel war ihm. Und jetzt die Augen öffnen? Nein, dachte er. Noch nicht, erst überlegen, langsam denken. Erst einmal abwarten, was noch kommt.
Und dann wieder dieses Pitsch – Patsch. Um ihn herum. Neugier war es dann doch schon. Er öffnete erst das linke Auge und langsam das rechte.
Zwei im Laternenlicht leuchtende Augen blickten ihn an. Eine Nase beschnuppert ihn. Und dann spürte er wieder diese Wärme, aber anders als vorher. Zutraulich! Oder war es Mitleid mit ihm? Auch er war nass bis auf die Haut. Und wenn er nicht gewusst hätte, dass er nicht lachen kann, hatte er doch das Gefühl, auch er lache. Er über ihn und der Vierbeiner über ihn. Zwei in der Nacht im Regen und pitsch patsch nass.
Lange gingen sie danach nebeneinander her. Der Hund als gehöre er zu ihm. Der Regen hörte nicht auf, es regnete und regnete unvermindert weiter.
Er aber fühlte sich nicht mehr alleine in dieser Nacht. Pitsch – Patsch begleitet ihn.
 
N

nobody

Gast
Hallo,
ich würde den Text eher als Kurzgeschichte bezeichnen - egal. Mir gefallen diese kurzen Texte - unheimliche alltägliche Begebenheiten, mit einem Touch ins Komische. Vielleicht könnte man sie noch etwas straffen? Lakonischer?
Übrigens: herzlich willkommen in der Leselupe! (oder warst Du schon mal hier?)
Gruß Franz
 



 
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