Namen sind Schall und Rauch

hwg

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Wer zu viele Bekannte hat, vermag sie einfach nicht mehr auf seiner Mattscheibe festzuhalten. Einer aus dem Strom der Passanten lächelt und bleibt stehen. „Hallo, wie geht’s?“ Der Angesprochene, der natürlich nicht weiß, wo er diesen hintun soll, kontert: „“Und selber?“ Und jetzt beginnt die Suche in allen Gehirn-Schubladen. Ist man per Du mit seinem Visavis oder per Sie? Woher kennt man ihn?

Man fragt: „Wohin geht die Reise?“ Und kriegt zu Antwort: „Na ja, ein bisserl unter die Leut’ halt!“ - „Und wie geht’s daheim?“ - „Soso, lala.“ - „Wann haben wir uns zuletzt gesehen?“ - „Ist auch schon einige Zeit her.“ – „Und was macht denn übrigens der Dingsda? Wie heißt er denn gleich?“ – „Da weiß ich jetzt wirklich nicht, wen Sie meinen!“ – „So was, mir fällt der Name auch nicht ein.“ Jetzt weiß der Interviewer wenigstens, wir sind nicht per Du. Also hat man seinen Gesprächspartner nicht beim Barras, in der Untersuchungshaft oder beim Schweinehüten kennen gelernt.

„Na, wie viel Kinder sind’s denn jetzt daheim?“ – „Immer noch dieselben.“ – „Aber der Bub heißt doch hoffentlich auch Franzl so wie Sie?“ – „Welcher Bub denn?“ – „Ach, bin ich ein Esel, das Töchterchen mein’ ich ja!“ – „Ja so, die Luise, die ist auch schon groß jetzt.“

In diesem Stadium des gegenseitigen Abtastens entschließt man sich zu einer neuen Finte. „Was macht denn eigentlich der Joschi Wrblar?“ Aber der andere lässt sich nicht überrumpeln. „Ja, von dem habe ich auch schon lange nichts mehr gehört.“ Der andere weiß also auch nichts vom Joschi Wrblar. Den es ja gar nicht gibt. Denn der wurde gerade erfunden. Nun weiß aber der Fragensteller, dass sein Gesprächspartner schwindelt.

„Übrigens, haben Sie vielleicht eine Visitenkarte dabei? Ich kann mir nämlich Adressen so schwer merken“, wird der Ertappte in die Enge getrieben. Das Kärtchen wechselt den Besitzer, und man schnauft erleichtert auf. Denn da steht schwarz auf weiß „Ferdinand Hofer, Immobilien“. Na endlich. Bei der Verabschiedung klopft man ihm auch noch in enger Verbundenheit kräftig auf die Schulter.

„Auf Wiedersehen Herr Hofer, hat mich wirklich sehr gefreut!“ Und man wendet sich, die Augen zufrieden zum Himmel gerichtet. Bis einem der andere schon halb im Gehen noch einen Genickschlag verpasst: „Übrigens, Simader heiße ich, Otto Wilhelm Simader. Hofer ist nur der Name der Firma, bei der ich beschäftigt bin. Auf Wiedersehen, Herr…Herr…Herr…“
 
An sich nicht schlecht, aber:

Eine sehr sehr ähnliche Geschichte kenne ich von Günther Fritsch, der die Serie "Wiener Bezirksgericht" schrieb. Dabei lässt er die Protagonisten vor Gericht deren Geschichten erzählen, und wie sie letztendlich vor dem Bezirksgericht landeten.

Eine Geschichte heisst Gespräch auf der Strasse, wo sich analog zu dieser Geschichte die "entfernten Bekannten" treffen, miteinander ein Gespräch führen und dabei versuchen herauszufinden, woher sie den jeweils anderen kennen und wie er heissen könnte. Die Wendung ist allerdings anders, sie landen schliesslich vor Gericht.

(Die Geschichte kannst Du übrigens auf einer CD unter dem Titel "Wiener Bezirksgericht 4. Folge" mit Brigitte Swoboda, Ernst Meister, Helmut Qualtinger und Kurt Sowinetz finden)

Auch Kishon hat eine entfernt ähnliche Geschichte namens Sonst, sowie auch Roda Roda: Ein unverhofftes Wiedersehen. Am ähnlichsten ist aber die von Günther Fritsch.

Marius
 

hwg

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Ähnlichkeiten

Hallo Marius!

Besten Dank für Deinen Hinweis. Ich darf Dir versichern,
dass ich die von Dir angeführten Geschichten von Fritsch und
Kishon nie zu Gesicht bekommen habe, obwohl mir beide Autoren ein Begriff sind. Deshalb bin ich mir auch keiner "Schuld" bewusst. Man kann es wie Karl Valentin halten: Es ist alles schon gesagt (geschrieben) worden, nur nicht von jedem.

Gruß aus der Steiermark!
 
Kein Problem. Für mich war das Szenario nach den ersten Sätzen klar, nur die Pointe war dann anders und neu.

Vielleicht könnte man die ganze Story aber etwas besser machen. Es endet nämlich ein bisserl fad und plätschert so vor sich hin. Wenn es zu einem Konflikt kommt, dann ist da mehr Humorpotential. Siehe z.B. der Gang vor Gericht. Man könnte in Deinem Text die Protagonisten icht nur einfach so vor sich hinplaudern lassen, sondern wirklich einen Konflikt konstruieren, indem z.B. der andere vermeintliche Intimitäten des anderen anspricht/andeutet (z.B. ob er sein Erektionsproblem schon gelöst hat) und der Angesprochene reagiert pikiert. Das kann man dann steigern.

So ist in dem Text nicht wirklich ein Konflikt.

Marius
 

hwg

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Raumvorgaben

Grüße Dich!

Alle meine hier und in anderen Foren geposteten Texte sind bereits in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht worden, weshalb ich vorerst nichts daran ändern möchte. Ursprünglich ist auch diese Geschichte länger gewesen, ich habe sie jedoch auf die vorgegebenen Layout-Verhältnisse (etwa 2200 Anschläge) zurecht gestutzt. Ins Forum setze ich die Texte, weil ich an Kollegen- und Leserreaktionen, die ich sonst ja äußerst selten bekomme, interessiert bin.
Nochmals besten Dank!
 



 
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