Nibelungenlied - Neubearbeitung (Textheft, letzte Seite)

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Wittgenstein

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Nibelungenlied /4. Bild / 6. Aufzug


Kriemhild:[ 8][ 8] Kannst du in diesen Ritterzeiten
[ 8][ 8][ 8][ 7]mal ohne dein Gezitter reiten,
[ 8][ 8][ 8][ 7]des guten Rufs der Ritter wegen?

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Ich fürcht mich vor Gewitterregen.

Kriemhild (zu sich):[ 3]Ich muss mit wenig Wonne sehen,
[ 8][ 8][ 8][ 7]dass Wolken vor die Sonne wehen.
[ 8][ 8][ 8][ 7]Wenn Siegfried jetzt zum Himmel schaut,
[ 8][ 8][ 8][ 7]kann's sein, dass ihn vom Schimmel haut.
(zu Siegfried):[ 8][ 3]Komm, essen wir die Eierspeis
[ 8][ 8][ 8][ 7]und abends noch in Speyer Eis.

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Ich wollt auf unsre Feier sparen
[ 8][ 8][ 8][ 7]und nicht ins teure Speyer fahren,
[ 8][ 8][ 8][ 7]wollt hier noch hinter Buchen kacken
[ 8][ 8][ 8][ 7]und dann für morgen Kuchen backen.

Kriemhild:[ 8][ 8]Gebäck ist gut für Vierbeiner,
[ 8][ 8][ 8][ 7]ich find zur Hochzeit Bier feiner.

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Wo andre sich bei Bieren necken,
[ 8][ 8][ 8][ 7]geht Bier bei mir aufs Nierenbecken,
[ 8][ 8][ 8][ 7]drum presst uns morgen Hagen Saft,
[ 8][ 8][ 8][ 7]denn Saft

Kriemhild:[ 8][ 8]bekommt dir sagenhaft.

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Du sagst es, meine süße Fee!

Kriemhild:[ 8][ 8]Weil ich grad deine Füße seh -
[ 8][ 8][ 8][ 7]just eben hab ich mir gedacht:
[ 8][ 8][ 8][ 7]Du hast wohl Socken dir gemacht?

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Die nicht, die hat mir Ute geben.
[ 8][ 8][ 8][ 7]Ich fror. So ist die Gute eben.

Kriemhild:[ 8][ 8]Mir dünkt, die Socken stinken fein.

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Sie stammen aus Burg Finkenstein.

Kriemhild:[ 8][ 8]Was man am Hofe mächtig preist,
[ 8][ 8][ 8][ 7]ist leider halb so prächtig meist.

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Ach Liebste, ob ich's wagen sollte?
[ 8][ 8][ 8][ 7]Was ich dir längst schon sagen wollte:
[ 8][ 8][ 8][ 7]Ich stick auf meine Reckenhose
[ 8][ 8][ 8][ 7]zur Hochzeit eine Heckenrose.

Kriemhild:[ 8][ 8]Was man am Hofe mächtig preist,
[ 8][ 8][ 8][ 7]ist leider halb so prächtig meist.

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Oh Gott, siehst du den Schattenriss?

Kriemhild:[ 8][ 8]Hast du jetzt schon vor Ratten Schiss?

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Mir machen Blitz und Nässe Kummer.

Kriemhild:[ 8][ 8]Dagegen hilft ne kesse Nummer!

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Ich würd ja unter Flieder lüstern
[ 8][ 8][ 8][ 7]dir liebend gerne Lieder flüstern,
[ 8][ 8][ 8][ 7]doch graut mir vor der Mücken Stich
[ 8][ 8][ 8][ 7]mit dem sie oft bestücken mich.
[ 8][ 8][ 8][ 7]Du solltest noch vom Baden wissen,
[ 8][ 8][ 8][ 7]wie arg sie meine Waden bissen
[ 8][ 8][ 8][ 7]als ich vom vielen Singen schlief.


[ 8][ 8][ 8][ 7]Drehbuch: Christoph Schlingensief
 

Thylda

Mitglied
Lieber Wittgenstein

Normalerweise sind Schüttelreime mehr oder weniger sinnlos aneiandergereiht. Nicht so hier: dies ist eine Glanzleistung.

Tief beeindrukt
Thylda
 
Nibelungenlied

Hallo Wittgenstein,
eine Meisterleistung, kann ich nur sagen.
Ich habe es mal versucht, Schüttelreime zu schreiben. Folgendes ist dabei rausgekommen:

Eichen haben Eichenleben.
sind sie gefällt, sinds Leichen eben.
Im Park des Grafen Finkenstein,
da liegen sie und stinken fein.

Der Finkenstein ist bei dir ja auch präsent.

Wie Thylda schon sagte. Schüttelreime mit Sinn sind sehr selten.

Es grüßt dich
Marie-Luise
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hey,

wo is n der anfang hiervon? kannst uns doch nich mit der letzten seite abspeisen! wir wolln mehr davon!
lg
 

Wittgenstein

Mitglied
Nibelungenlied /4. Bild / 6. Aufzug

Siegfried und Kriemhild beim gemeinsamen Ausritt im Wormser Auenwald am Vortage ihrer Hochzeitsfeier (Kriemhild hält Picknickkörbchen im Arm)


Kriemhild:[ 8][ 8] Kannst du in diesen Ritterzeiten
[ 8][ 8][ 8][ 7]mal ohne dein Gezitter reiten,
[ 8][ 8][ 8][ 7]des guten Rufs der Ritter wegen?

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Ich fürcht mich vor Gewitterregen.

Kriemhild (zu sich):[ 3]Ich muss mit wenig Wonne sehen,
[ 8][ 8][ 8][ 7]dass Wolken vor die Sonne wehen.
[ 8][ 8][ 8][ 7]Wenn Siegfried jetzt zum Himmel schaut,
[ 8][ 8][ 8][ 7]kann's sein, dass ihn vom Schimmel haut.
(zu Siegfried):[ 8][ 3]Komm, essen wir die Eierspeis
[ 8][ 8][ 8][ 7]und abends noch in Speyer Eis.

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Ich wollt auf unsre Feier sparen
[ 8][ 8][ 8][ 7]und nicht ins teure Speyer fahren,
[ 8][ 8][ 8][ 7]wollt hier noch hinter Buchen kacken
[ 8][ 8][ 8][ 7]und dann für morgen Kuchen backen.

Kriemhild:[ 8][ 8]Gebäck ist gut für Vierbeiner,
[ 8][ 8][ 8][ 7]ich find zur Hochzeit Bier feiner.

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Wo andre sich bei Bieren necken,
[ 8][ 8][ 8][ 7]geht Bier bei mir aufs Nierenbecken,
[ 8][ 8][ 8][ 7]drum presst uns morgen Hagen Saft,
[ 8][ 8][ 8][ 7]denn Saft

Kriemhild:[ 8][ 8]bekommt dir sagenhaft.

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Du sagst es, meine süße Fee!

Kriemhild:[ 8][ 8]Weil ich grad deine Füße seh -
[ 8][ 8][ 8][ 7]just eben hab ich mir gedacht:
[ 8][ 8][ 8][ 7]Du hast wohl Socken dir gemacht?

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Die nicht, die hat mir Ute geben.
[ 8][ 8][ 8][ 7]Ich fror. So ist die Gute eben.

Kriemhild:[ 8][ 8]Mir dünkt, die Socken stinken fein.

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Sie stammen aus Burg Finkenstein.

Kriemhild:[ 8][ 8]Was man am Hofe mächtig preist,
[ 8][ 8][ 8][ 7]ist leider halb so prächtig meist.

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Ach Liebste, ob ich's wagen sollte?
[ 8][ 8][ 8][ 7]Was ich dir längst schon sagen wollte:
[ 8][ 8][ 8][ 7]Ich stick auf meine Reckenhose
[ 8][ 8][ 8][ 7]zur Hochzeit eine Heckenrose.

Kriemhild:[ 8][ 8]Was man am Hofe mächtig preist,
[ 8][ 8][ 8][ 7]ist leider halb so prächtig meist.

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Oh Gott, siehst du den Schattenriss?

Kriemhild:[ 8][ 8]Hast du jetzt schon vor Ratten Schiss?

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Mir machen Blitz und Nässe Kummer.

Kriemhild:[ 8][ 8]Dagegen hilft ne kesse Nummer!

Siegfried:[ 8][ 8][ 2]Ich würd ja unter Flieder lüstern
[ 8][ 8][ 8][ 7]dir liebend gerne Lieder flüstern,
[ 8][ 8][ 8][ 7]doch graut mir vor der Mücken Stich
[ 8][ 8][ 8][ 7]mit dem sie oft bestücken mich.
[ 8][ 8][ 8][ 7]Du solltest noch vom Baden wissen,
[ 8][ 8][ 8][ 7]wie arg sie meine Waden bissen
[ 8][ 8][ 8][ 7]als ich vom vielen Singen schlief.


[ 8][ 8][ 8][ 7]Drehbuch: Christoph Schlingensief
 

Inu

Mitglied
Von mir bekommst Du eine 10, denn erstens ist es sehr gut gemacht und zweitens hab ich selten so gelacht.

LG
Inu
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
mensch,

ja! vor lauter begeisterung über den tollen text übersieht man glatt, dass siegfried am ende tot ist. aber vielleicht spielt dieser allerletzte teil ja in walhalla?
lg
 

Wittgenstein

Mitglied
Herzlichen Dank an alle Laudatoren!

Dennoch bin ich mit dem Gedicht noch nicht zufrieden.

Mir erscheint es problematisch, dass der Anfang und das klare Ende fehlen.

Lieber hätte ich das Gedicht "Limburger Fragment" genannt und folgendermaßen eingeleitet:

Im Herbst 2009 wurde bei Bauarbeiten im Limburger Dom ein Fragment des bis dato verschollenen Urtextes des Nibelungenliedes gefunden. Die in Form eines klassischen Dramas verfasste Textpassage ist nicht nur von unschätzbarem literarischen Wert, sie ermöglicht darüberhinaus fundamentale Neuerkenntnisse über die Persönlichkeitsstruktur des Protagonisten Siegfried und schildert einen gemeinsamen sommerlichen Ausritt mit seiner Verlobten Kriemhild am Vortage der Hochzeitsfeier:

[ 3]imhild:[ 8][ 8]Kannst du in .............
[ 8][ 4][ 8][ 8].............................
[ 8][ 4][ 8][ 8].............................
[ 8][ 4][ 8][ 8].............................

[ 8][ 4][ 8][ 8]Oh Gott, siehst du den Rattenschiss?
[ 8][ 4][ 8][ 8]hast du jetzt schon vor

dann wäre der abrupte Einstieg logisch und zudem wäre (da Fragment) - wie im Beispiel - auch ein unvermittelter Abbruch möglich.

Aber an welcher Stelle könnte das Ende gesetzt werden, oder wie könnte die Geschichte (inhaltlich) zu einem kurzen, überzeugenden Ende kommen?

Grübel, Grübel, Grübel.

Kurzum: Für Anregungen wäre ich sehr dankbar.

Herzliche Grüße an die Kollegenschaft
sendet
Wittgenstein
 

Sta.tor

Foren-Redakteur
Mir gefällt der Text in seiner Gänze, möchte auf Nichts verzichten, und dem guten Christoph alles Gute und viel Mut für die Zukunft wünschen.

LG Sta.tor
 

Wittgenstein

Mitglied
@flammarion:

Das freut mich, dass mein Gedicht so schnell zur Welturaufführung gelangt ist.

Und natürlich auch, wenn's Freude macht.

Gruß
Wittgenstein
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Wittgenstein

...leider erst jetzt gelesen und zutiefst bedauert, dass auf mit meinem Büro-Computer keine (exzellente!) Bewertung möglich ist.
Habe mich köstlich amüsiert und was Deine Selbstkritik im Kommentar anbetrifft: Die ist angesichts der vorgefundenen Perfektion vollkommen unangebracht. Vergiss das mit dem Einstieg, der Titel allein ist Einstieg genug und was danach kommt ist handwerklich perfekt.
Wenn man Dir überhaupt etwas vorwerfen könnte, dann den Umstand, dass ausser Schlingensieff sämtliche Schüttelreime irgendwie schon bekannt sind (mir jedenfalls). Dieser Vorwurf wäre aber frech, denn die eigentliche Kunst besteht nicht im Erfinden neuer Schüttelreime sondern in der gekonnten Kombination und im Verspinnen zu einer Geschichte und das ist Dir ohne logische Brüche in fast epischer Länge gelungen, was sehr sehr selten anzutreffen ist.

Kurzum: Gratuliere!

Jürgen
 
D

DerKleinePrinz

Gast
Dieses Meisterwerk lockt auch mich hervor, um dir meine Freude darüber mitzuteilen! Sagenhaft!
 



 
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