No Man is an Island

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Sonic

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Ab und zu saß er in seinem abgedunkelten Zimmer. Das fahle Licht der Straße und ihr Lärm drangen nur gedämpft zu ihm, das anschwellende und absterbende Geräusch vorbeifahrender Wagen, der nervenzerfetzende Krach von Motorrädern und Mofas und ab und an der -im Vergleich dazu harmlos wirkende- Lärm von Bussen und LKW. Im Halbdunkel zwischen Tag und Nacht, zu früh um aufzustehen und zu spät, um einfach zu schlafen saß er auf einer Insel zwischen Gestern und Heute, zwischen hell und dunkel, zwischen Stille und Lärm.
Allerlei Gedankenfetzen schwirrten durch seinen Kopf, unzusammenhängend und, in der Dämmerung zwischen Träumen und Denken, unmöglich zu verfolgen. Also schrieb er. Denn auch wenn die im Halbdunkel zu Papier gebrachten Sätze keine Klarheit in seinen Gedanken schaffen oder ersetzen konnten, so konnte er wenigstens einen auf diese Weise greifen.
Aber ähnlich den Quantenteilchen, die beim Messen ihren Zustand ändern, waren sie in der Niederschrift nicht mehr seine Gedanken, sondern eine Geschichte. Sie mussten zu einer werden, da sich Gedanken nicht schreiben lassen. Schreiben kann man immer nur Worte, eines nach dem anderen, bestimmt von den Regeln der Grammatik (wenn sie nicht nur Worte bleiben sollen). Sie entfernen sich immer weiter von dem Gedanken, der die Niederschrift auslöste. Nach ungefähr einer Seite konnte er nicht mehr erkennen, was das Geschriebene mit seinen Gedanken zu tun hatte und hörte auf.
Folgenlos war die Niederschrift deswegen nicht. Sie brachte Ordnung in das Chaos, da er während des Schreibens andere Gedanken nicht mehr verfolgen konnte. Am Ende war sein Kopf leer, so, als hätte er seine Gedanken auf das Papier umgebettet. In Wahrheit hatte er sie einfach kurzzeitig vergessen oder verdrängt und ging zufrieden ins Bett. Er verließ die Insel gereinigt und hatte das Gefühl, auf ihr etwas hinterlassen zu haben, was er später wieder abholen könnte.
 

Sylvia

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Hallo Sonic,

eine nette Geschichte. Die Länge, bzw. Kürze der Story finde ich gut. Nur einige Sätze finde ich zu lang, es sind Aufzählungen. Als stilistisches Mittel, hätte ein langer Satz mit Aufzählungen gelangt, wie z.B. der erste Satz.

Gruß
Sylvia
 



 
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