Nordindien Reisetagebuch

Tezetto

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Schon lange hatten wir geplant, nach Indien zu fahren. So führte uns unsere Hochzeitsreise etwas unkonventionell mit dem Rucksack nach Rajasthan und Gujarat.

Wir hatten so viel von Indien gehört und gelesen, aber man muß sich einfach sein eigenes Bild machen: Indien ist so extrem, daß man es nur lieben oder hassen kann, dazwischen gibt es nichts.Wir lieben es und möchten immer wieder hinfahren, trotz all der Strapazen, die so eine Reise mit sich bringt. Vielleicht kommt ja etwas von der Stimmung mit dem Tagebuch unserer Nord-Indien-Reise rüber. Viel Spaß!

2. Juli 96: Delhi
Heute ist unser erster Tag in Indien. Jetzt ist Nachmittag, wir liegen auf dem Bett und ruhen uns ein wenig aus. Unten auf der Straße brodelt das Leben, wir wohnen in der Main Bazar Road, eine schmale Straße mit vielen kleinen Geschäften, voll mit Menschen, Kühen und Fahrzeugen aller Art. Es wird wie wild gehupt und gebimmelt, hupen ist hier zum Fahren fast noch wichtiger als das Gaspedal. Heute morgen haben wir auf der Dachterrasse unseres Hotels gefrühstückt. Man hat von hier oben einen guten Blick über die kleinen Seitengassen. Über den Tischen thront ein dicker Ganesh auf einem Podest und am Himmel sehen wir viele sehr große Greifvögel. Ob das wohl Adler sind? Sieht schon toll aus. Nach einem stärkenden Frühstück hatten wir unsere erste Begegnung mit der berühmt-berüchtigten indischen Bürokratie, nämlich bei der Reservierung eines Zugtickets. Man geht nicht einfach an den Schalter und kauft eins, nein, erst muß man einen Antrag ausfüllen. Dort muß man die exakte Zugnummer eintragen lassen, das Ganze quittieren und unterschreiben lassen, sich hiermit in die richtige Schlange stellen und wenn man Glück hat, ist in dem gewünschten Zug auch noch ein Platz frei. Wir hatten Glück, und so können wir morgen nach Agra weiterfahren. Vom Bahnhof aus ist es nicht weit zum Connaught Place, und so sind wir dort hinspaziert, obwohl das jedem Rikschafahrer ein Rätsel ist, wie man freiwillig zu Fuß gehen kann. Der Connaught Place ist recht unübersichtlich, da alle Blöcke des Kreises gleich aussehen. In der Mitte gibt es einen kreisrunden Park, in dem man sich ausruhen kann. Von dort aus sind wir mit einer Autorikscha nach Alt-Delhi zum Roten Fort gefahren, was eine abenteuerliche Aktion war, denn die Fahrer kennen weder Tod noch Teufel und klemmen sich furchtlos auch in die kleinste Verkehrslücke.Das Rote Fort ist ein riesiger Komplex mit sehr schönen Gebäuden. Man betritt es durch ein Tor, dann kommen viele kleine Geschäfte in einem Arkadengang, es glitzert und schillert und man kommt sich vor wie auf einem Bazar aus 1001 Nacht. Es folgt ein Park und eine Halle aus rotem Sandstein mit vielen Säulen, in der früher der berühmte Pfauenthron von Shah Jahan gestanden hat, bevor die Perser ihn gestohlen haben. Weil es hier angenehm kühl ist, ruhen wir uns ein wenig aus. Hinter der Empfangshalle folgen verschiedene Gebäude aus Marmor mit wunderschönen Intarsienarbeiten. In den Böden sind überall kleine Rinnen, durch die früher einmal ein kleiner Bach floß, um die Räume zu kühlen. Nach dem roten Fort haben wir dann den Versuch unternommen, über den Chandni Chowk, die Einkaufsstraße Alt-Delhis zu gehen, aber es ist nicht übertrieben zu sagen, daß man vor lauter Menschen, Autos, Rikschas und was sich sonst noch fortbewegen kann, nicht durchkam. Wir wollten dann zurück ins Hotel, unser Rikschafahrer schien aber nicht zu wissen, wo es ist und ist erst einige Zeit herumgefahren, hat dann mehrmals Kollegen nach dem Weg gefragt und es dann irgendwann auch gefunden. In einem Schuhgeschäft gegenüber unseres Hotels habe ich mir dann noch ein Paar "Kleiner Muck"-Schuhe gekauft, sehr schön! Abends haben wir in Ruhe noch eine Kleinigkeit auf der Dachterrasse gegessen und sind noch mal durch die Straße spaziert. Tagsüber ist hier ja schon viel los, aber nach Einbruch der Dunkelheit tobt hier das Leben. Wir genießen die Atmosphäre und gehen zeitig schlafen, da wir morgen früh raus müssen, um den Zug nach Agra zu bekommen.

3. Juli 96: Von Delhi nach Agra
Nach einer durchschwitzten Nacht stehen wir um halb sechs auf und frühstücken auf dem Dach. Es kreisen Adler und Geier am Himmel. Wir fahren durch die noch leeren Straßen zum Bahnhof Nizzamuddin. Die Zugfahrt nach Agra dauert drei Stunden. Hier angekommen, versuchen wir, einen Zug nach Jaipur zu reservieren, aber in den nächsten Tagen sind alle besetzt. Dann müssen wir wohl einen Bus nehmen, Busse kriegt man immer. Wir mieten eine Autorikscha für zwei Tage und finden ein akzeptables Hotel

In einem kleinen indischen Restaurant, in dem wir die einzigen Touristen sind, essen wir superlecker zu Mittag, Linsen mit Bohnen und eine Art Gemüsepfannkuchen. Eigenartig ist nur das grüne Neonlicht, das hier alles etwas komisch aussehen läßt. So gestärkt fahren wir zum Fort von Agra, das den gleichen Erbauer wie das in Delhi hat. Da hier aber immer wieder etwas von verschiedenen Architekten dazugebaut wurde, sind die Gebäude sehr unterschiedlich. Trotzdem paßt alles ganz gut zusammen. Die Marmorintarsien sind ein Traum. Tragisch ist die Geschichte von Shah Jahan, der auch das Taj Mahal für seine geliebte Frau erbaute, das etwas weiter unten am Jamuna steht. Er wurde von seinem machtgierigen Sohn entthront und verbrachte seine letzten Lebensjahre hier im Fort in Gefangenschaft, von wo er durch das Fenster seines Gefängnisses das Grabmal seiner Frau sehen konnte. Bevor wir zum Taj Mahal fahren, gehen wir noch mal ins Hotel um und frisch zu machen, es sind bestimmt 40° im Schatten. Das Taj Mahal ist unbeschreiblich. Wenn man durch das Eingangstor kommt und das Taj sieht, das in der Sonne fast zu schweben scheint, fehlen einem die Worte. Ich hatte einen Klo im Hals und konnte nichts sagen, so schön ist es! Wir sind um das Taj herumgegangen und haben es uns von allen Seiten angesehen. In der Grabkammer ist es recht dunkel, die Sarkophage stehen in der Mitte, von einem Marmorgitter umgeben. Wir haben Blumen aufs Grab geworfen und ein Mann leuchtete die Einlegearbeiten an den Wänden mit einer Taschenlampe an. Dadurch fingen die Blüten aus Karneol an zu leuchten, der umgebende Marmor glimmte ein wenig und die schwarzen Stiele blieben dunkel. Traumhaft schön! Wir haben danach noch sehr lange im Park gesessen und zugesehen, wie das Taj in der untergehenden Sonne seine Farbe verändert. Anschließend haben wir in der Shanti-Lodge auf der Dachterrasse gesessen, Postkarten geschrieben, lecker gegessen und dabei zugesehen, wie neben dem Taj Mahal die Sonne langsam untergeht. Dabei kreisten viele Vögel und Flughunde am Himmel. Einfach fantastisch!


4. Juli 96: Von Agra nach Jaipur
Heute nacht haben wir zum ersten Mal so richtig gut geschlafen, aber Torsten geht es nicht so gut, deshalb ist er am Vormittag im Hotel geblieben und hat sich ausgeruht, während ich mir mit der Rikscha verschiedene Geschäfte angesehen habe, eine Teppichfabrik, ein Stoffgeschäft, wo ich einen Sari anprobiert habe und ein Laden, in dem Marmoreinlegearbeiten wie die im Taj Mahal hergestellt werden. Das ist eine Heidenarbeit, sehr schön und sehr teuer, aber gucken kostet ja nichts. Auf dem Weg zum Hotel haben die Rikschafahrer an einem Straßenstand etwas zu essen gekauft, Biryani, ein Reisgericht. Das haben wir dann im Hotel mit Torsten, dem es zum Glück wieder besser ging, gegessen. So gestärkt sind wir durch die Stadt zum "Baby Taj" gefahren. Wir kamen dabei an einem Kali-Tempel vorbei, in dem eine mit ihrer Totenkopfkette recht blutrünstig aussehende Kali-Statue stand. Das Baby Taj sieht ganz anders aus wie das Taj Mahal, der Name kommt wohl daher, daß es auch ein Marmor-Grabmal für eine Frau ist. Es wurde aber acht Jahre vor Baubeginn des Taj Mahal fertiggestellt. Auch sehr sehr schön, mit vielen Wandmalereien innen an den Wänden und Decken, die irgendwie nicht sehr indisch aussehen. Bei beiden Gebäuden aber liegt die Frau genau im Zentrum, alles ist auf ihr Grab hin ausgerichtet und der Mann liegt links daneben. Abends haben wir dann unsere Bustickets abgeholt, wobei uns der Verkäufer, der auch ein Schmuckgeschäft hat, überreden wollte, für ihn Edelsteine mit nach Deutschland zu nehmen. Eine ziemliche Nervensäge, so daß wir froh waren, als wir im Bus saßen. Die Fahrt nach Jaipur dauerte sechs Stunden, von 10 Uhr abends bis 4 Uhr morgens, mit diversen Unterbrechungen. Ziemlich müde kamen wir in Jaipur an, haben aber als Entschädigung ein tolles Zimmer mit großem Bad und Aircondition. Das Hotel war ein Tip von Richard aus Los Angeles, den wir in Delhi kennengelernt hatten. Ein guter Tip!

5. Juli 96: Jaipur
Wir haben bis zwölf geschlafen, in Ruhe gefrühstückt und dann eine Weiterfahrt für Montagnacht nach Udaipur gebucht, so haben wir also vier Tage in Jaipur. Da wir kaum noch Geld haben, hat uns Soni, der Rikschafahrer, der aussieht wie Mario Adorf mit rotgefärbten Haaren, zur Bank und dann in die Altstadt gefahren. Die Altstadt von Jaipur steht komplett unter Denkmalschutz. Sie heißt ja auch die rosa Stadt, weil alle Häuser einmal für den Besuch eines Königs in der Begrüßungsfarbe rosa gestrichen wurden, aber für meinen Geschmack ist das eher ein orangerot. Die Altstadt hat eine tolle Atmosphäre, man fühlt sich um Jahrhunderte zurücckversetzt. Während wir so durch die Straßen liefen und ich die schönen Saris bewunderte, die vor den kleinen Geschäften hingen, standen wir auf einmal vor dem Palast der Winde, ohne daß ich es bemerkte. Der Palast ist ja nur eine Fassade, hinter der die Frauen des Herrschers das Leben auf der Straße beobachten konnten, ohne selbst gesehen zu werden. Er trägt seinen Namen aber trotzdem zu recht, denn in den kleinen Fensternischen weht immer ein angenehm kühlender Wind und man hat einen schönen Blick über die Altstadt. Man kann sich gut vorstellen, wie hier früher die Haremsdamen in bunten Gewändern gesessen und das Treiben auf der Straße beobachtet haben. Von hier aus sind wir ein Stückchen weitergegangen zum Jantar Mantar, einer Sternwarte, die man auch schon vom Palast der Winde aus sehen konnte. Es ist schon erstaunlich, was die Leute vor ein paar hundert Jahren schon alles erfunden haben, um den Himmel zu erforschen. Hier leiden wir allerdings selber ganz schön unter dem Himmelskörper, der Sonne heißt. Deshalb fahren wir zurück ins Hotel und ruhen uns bis Sonnenuntergang aus. Abends gehen wir noch mal in die Altstadt. Wir lernen Bantu und seine Freunde kennen, er ist ein Sikh, der uns bei einem Kaffee viel über seine Religion erzählt. Die drei fahren uns anschließend mit ihren Motorrädern zurück ins Hotel. Das war eine sehr interessante Bekanntschaft und wir beschließen, morgen zusammen zum Affentempel zu fahren.

6. Juli 96: Jaipur
Um halb elf haben wir uns mit Bantu und Shiva getroffen und sind in einem kleinen CafÈ Kaffee trinken gegangen. Nach einer halben Stunde stieß Naeem dazu. Er arbeitet als Tierarzt in einer Tierklinik ganz hier in der Nähe. Weil uns das interessierte, sind wir dort vorbeigefahren. Die Menschen hier haben eine große Achtung vor allem, was lebt, deswegen ißt hier auch kaum jemand Fleisch. Mit den Motorrädern sind wir dann nach Galta zum Affentempel gefahren. Wir waren die einzigen weißen Touristen dort. Das ist Indien, so wie ich es mir immer vorgestellt habe, Frauen, die ihre bunten Saris in der Sonne trocknen lassen, bunt bemalte Tempel und Affen, Kälbchen und badende Menschen. Dieser Tempel liegt in einer engen Schlucht und hat eine magische Atmosphäre. Wir haben die Affen gefüttert, die das hier gewöhnt sind und einem mit ihren kleinen Händchen die Erdnüsse aus der Hand nehmen. Ein komisches Gefühl, denn ihre Hände fühlen sich an wie die eines Menschen, nur viel kleiner. Eine alte Frau kam lachend auf mich zu, sah, daß ich einen Fotoapparat hatte, fing an zu tanzen und rief immer wieder: Foto, Foto, Foto! Sie wollte daß ich sie fotografierte Sie lachte die ganze Zeit und drückte mir die Hand. Eine schöne Begegnung. Weiter in die Schlucht hinein kamen in verschiedenen Höhen Wasserbecken. Im ersten Becken badeten die Frauen. Das Wasser für dieses Becken kam aus einem steinernen Kuhkopf, aber angeblich weiß niemand wo dieses Wasser herkommt. Weiter oben ist ein 55 m tiefes Wasserbecken, in dem die Männer und sogar ein noch ganz junges Kälbchen badeten. Die Jungs machten sich einen Spaß daraus, von der Mauer mehrere Meter tief ins Wasser zu springen. Von hier oben hat man einen phantastischen Blick über die gesamte Tempelanlage. Weiter unten führte ein weiterer schmaler Weg den Berg hinauf, vorbei an einem Gebäude wo ein Sadhu saß und Männer musizierten. Ganz oben setzten wir uns auf die Treppe, um uns ein wenig auszuruhen. Nach wenigen Minuten kam ein freundlicher kleiner alter Mann mit langem weißen Bart, bloßen Füßen im weißen Gewand und mit Gehstock zu uns. Baba, ein heiliger Mann. Er begann ein Gerspräch mit Bantu und Naeem, sie erzählten ihm, daß wir gerade geheiratet hätten. Er segnete uns, indem er seine Hand auf unseren Kopf legte und wir seine Füße berührten. Dann setzte er sich zu uns und unterhielt sich mit uns. Er war sehr heiter, sehr einfach und hatte eine umwerfende Ausstrahlung. Seine Augen waren voller Liebe. Naeem zeigte mir, wo Baba wohnt. Dort oben am Felsen war eine kleine Terrasse, wo an der hinteren Wand zum Felsen hin ein kleines Loch in Bodenhöhe war, circa einen halben Meter hoch und breit. Dahinter war eine kleine dunkle Höhle ohne irgendwelche Möbel. Da lebt und meditiert Baba. Zum Abschied segnete er uns noch einmal, indem er uns mit heiliger Asche einen Strich auf die Stirn machte. Er gab uns auch etwas Asche in die Hand und sagte, daß ich en wenig davon auf meine Zunge tun und etwas Wünschen solle, indem ich das Bild seines Meisters ansehe. Diese Begegnung hat Torsten und mich tief beeindruckt. Unten vor dem Tempelbezirk war ein kleines Restaurant, wo wir gemütlich unter den Bäumen sitzend, eine indische Cola mit dem Namen ìThums up" getrunken haben. Schmeckt besser als die richtige Cola, ist nicht ganz so süß. Jetzt ging es wieder zurück und nach Gaitor zur Grabanlage der königlichen Familie. Auch hier keine Touristen, es ist herrlich ruhig, nur die Pfauen rufen und der Wind rauscht. Die Gräber sehen aus wie kleine Tempel und sind aus Marmor. Hier sind so feine Schnitzereien, wie man sie in Stein gar nicht für möglich hält. Wir sitzen in einem der Gebäude, während der Himmel sich dunkelgrau färbt und wir ein Gewitter erwarten. Es fallen aber nur ganz wenige tropfen, was sehr erfrischend ist. Der weiße Marmor, der verlassene Ort und der dunkle Himmel bilden eine ganz unwirkliche Atmosphäre. Wir fahren zurück ins Hotel. um halb acht holen Bantu und Naeem uns ab. Wir fahren zuerst zu Bantu nach Hause. Er hat eine schöne Wohnung, in der gerade seine Tante mit ihren Kindern aus Afrika zu Besuch ist. Bantu und Naeem haben eine Hochzeitstorte für uns gekauft, sehr schön und sehr lecker. Wir müssen uns gegenseitig lecker duftende Rosenblütenketten um den Hals legen, gemeinsam die Torte anschneiden und uns gegenseitig mit einem Stück Kuchen füttern. Hochzeit auf indisch. Die Familie spendet uns Applaus. Jetzt machen sich alle über den Kuchen her, besonders natürlich die Kinder. Als alles aufgegessen ist, machen wir uns auf den recht weiten Weg nach Choki Dali, einem Traum aus 1001 Nacht! Es war wie im Märchen. Choki Dali ist eine Anlage im typisch rajasthanischen Stil, wo verschiedene Künstler, im Gelände verteilt, ihr Können zeigen. Es gibt kein elektrisches Licht, überall brennen Petroleumlampen und über uns leuchten die Sterne. Wir sehen einen Mann, der auf althergebrachte Art Pfeile über dem Feuer schmiedet, auf einem Podest spielte eine Musikgruppe mit Tablas und davor tanzte ein kleiner Junge und forderte uns zum Mittanzen auf. Die Musik ist sehr rhythmisch und der Tanzstil ist dem orientalischen Tanz sehr ähnlich, so daß es sehr viel Spaß gemacht hat, dort zu tanzen. Nur die Kopfbewegungen sind sehr schwer! Wir sind auf einem Kamel durch die Anlage geritten, haben einem Puppenspieler zugesehen, der gleichzeitig Akrobatische Dinge mit seiner Zunge machen konnte, zum Beispiel Perlen im Mund auf einen Faden aufziehen und mit Kugeln aus dem Mund auf Tellerchen schießen, die er auf Stäben auf seiner Stirn balancierte. Es gab auch eine Seiltänzerin und einen Astrologen, der Papageien Zukunftskarten ziehen ließ. Erst am Ende erfährt man dann, daß die Prognose nicht für einen selbst, sondern für den Papagei gilt. Als weiterer Höhepunkt am Tag der Superlative folgt ein phantastisches Essen im Punjabi-Stil. Wir sitzen an Eisentischen auf einer Wiese und eine Musikgruppe spielt indische Musik. Wir bekommen ein Thali, ein Gericht mit vielen kleinen Schüsselchen, in denen unterschiedliche Speisen sind. Sündhaft lecker! Zum Abschluß haben wir dann noch Betel gekaut, der sehr frisch schmeckt. Auf dem Rückweg haben wir uns gegenseitig Lieder vorgesungen und waren um ein Uhr todmüde wieder im Hotel. Ein wünderschöner, einzigartiger Tag ist vorbei.


7. Juli 96: Jaipur
Um halb elf haben wir uns mit Naeem und Shiva zum Frühstück getroffen. Wir waren in einem Restaurant nahe dem Sisodia Rani Palast, an dem wir gestern schon vorbeigefahren sind. Der Palast steht mitten in einem See, aber es gehört ein schöner Park und ein Tempel dazu. Anschließend waren wir im Kino und haben uns einen indischen Spielfilm angesehen. der Film dauerte drei Stunden, es wurde mit aller Inbrunst geliebt und gelitten und natürlich immer wieder gesungen, wobei pro Lied mindestens vier mal die Kostüme gewechselt wurden. Das war sehr lustig und natürlich haben die guten am Ende gesiegt und sind ein Paar geworden. Nachmittags sind Torsten und ich noch mal zum Palast der Winde gefahren, haben Fotos gemacht und ich habe mir einen Rock gekauft. Wir haben an den Marktständen gestöbert und einen Parfümstand mit zig verschiedenen Ölen gefunden. Wir haben uns durch die verschiedenen Sorten geschnüffelt und schließlich ein Parfüm mit dem Namen ìNine Flowers" gekauft. Riecht sehr gut! Der Verkehr in Indien ist erstaunlich, anfangs dachte ich, daß schon eine Menge Fatalismus oder Gottvertrauen dazugehört, um hier Motorrad zu fahren. Aber obwohl links und rechts und übewrall gefahren, überholt und abgebogen wird, mit Fahrrad- und Autorikschas, Autos, Bussen, LKWs, Pferde-, Ochsen- und Kamelkarren, wobei mittendrin noch die Kühe in aller Seelenruhe herumstehen, fädelt sich hier alles wie von unsichtbarer Hand gelenkt, ineinander.

9. Juli 96: Von Jaipur nach Udaipur
Heute sind wir mit dem Nachtzug aus Jaipur um zehn Uhr morgens in Udaipur angekommen. Udaipur ist viel kleiner und gemütlicher als die Städte, in denen wir bisher waren. Es ist wunderschön hier und es herrscht eine gelassene Atmosphäre. Wir wohnen im Badi Haveli, dem ältesten Hotel am Ort, es ist ein altes Wohnhaus mit tausend kleinen Eckchen, Treppchen, Nischen und Terrassen, sehr sehr indisch, wir haben ein gemütliches Zimmer mit 2 Dachterrassen nach links und rechts und über eine kleine Treppe außen an der Wand kommt man auf noch eine Dachterrasse. Von hier aus hat man eine tolle Aussicht und man kann gemütlich bei einer Tasse Tee ein Sonnenbad oder den Sonnenuntergang genießen. Man sieht viele Reiher, die in Richtung See fliegen. Wir fühlen uns direkt wohl hier! Nachmittags haben wir ein wenig die Stadt erkundet. Torsten hat es nicht mehr ausgehalten mit den langen Haaren und ist hier zu einem Friseur gegangen. Der Schnitt ist gut geworden und die kurzen Haare stehen Torsten viel besser. Wir gehen zurück ins Hotel und ruhen uns auf der Terrasse aus. Auf einer Terrasse am Nachbarhaus sehen wir eine Affenfamilie herumtoben. Da müssen wir wohl immer die Türen gut verschließen, damit die Affen uns nichts stibitzen! Wir haben auch ein Streifenhörnchen auf der Terrasse, die gibt es hier zu Tausenden und mit Nüssen kann man sie gut anlocken. Die Hörnchen sehen sehr lustig aus, wenn sie rennen, als ob sie aus Gummi wären. Besonders auffallend sind aber die günen Sittiche, die während des Fliegens ein Riesengeschrei veranstalten (wenn sie irgendwo sitzen, sowieso). So unterscheiden sie sich also kaum von unseren blauen Schreihälsen zuhause. Auf der Dachterrasse des Wonderview haben wir zu Abend gegessen, man hat von hier wirklich eine schöne Aussicht auf den See mit dem Lake Palace in der Mitte und auf den wunderschön beleuchteten Stadtpalast. Als es dunkel wurde, kamen aus den umliegenden Bergen Tausende von Flughunden über den See herangeflogen. Im Gegenlicht waren ihre Flügel transparent. Nach einem leckeren Essen sind wir wieder zurück ins Badi Haveli spaziert.

10. Juli 96: Udaipur (Ranakpur)
Obwohl im Moment Regenzeit ist und wir schon 10 Tage in Indien sind, hat es erst einmal geregnet, und das war nachts. Heute morgen sind wir mit Anne-Claire, einer Schottin, Naomi und Caroline, zwei Holländerinnen, und Clemens, einem Österreicher, mit einem gemeinsam gemieteten Jeep 100 km nach Ranakpur zur Jain Tempelanlage gefahren. Der Weg führte durch die Berge durch sehr unterschiedliche Landschaften. Sattgrüne Wiesen wechselten mit kargen Felsen und sandigem Boden, an einigen Stellen waren sogar kleine Bambushaine. Hier und da waren kleine Dörfer, in denen man sich um Jahrhunderte zurückversetzt fühlte. Kleine Häuser mit Lehmziegeln, Frauen in bunten Saris mit großen Nasenringen und riesigen Krügen oder Riesenbündeln Zuckerrohr auf dem Kopf. Und immer wieder Schafe, Esel, Wasserbüffel, Kamele und natürlich Kühe, Kühe, Kühe. Die Kühe in den Straßen werden wir wahrscheinlich vermissen, wenn wir wieder in Deutschland sind. Nach fast vier Stunden Fahrt durch die Berge, was uns durch die Rappelei einen tauben Hintern bescherte, sind wir endlich da. Da wir alle sehr hungrig sind, gehen wir erst einmal in die Klosterküche, um etwas zu essen. Für 10 Rupien saß man an langen Tischen auf Holzbänken. Jeder hatte ein Metalltablett mit 2 Schüsseln vor sich stehen. Der Reihe nach kamen Männer mit Tschapattis, kleinem fritierten Gebäck, Sambar, Dal, Gemüse und Reis an den Tischen vorbei. Man konnte sich immer wieder nachschenken lassen, bis man satt war. Alles superlecker. Ich habe in diesem Urlaub noch nichts gegessen, was nicht vorzüglich geschmeckt hätte und Torsten ist auch ganz begeistert. Anschließend sind wir in den Tempel gegangen. Vor dem Betreten mußte man draußen alles Eßbare und alle Ledersachen abgeben. Von außen macht der Tempel nicht viel her, aber innen verschlägt es einem den Atem vor lauter Pracht. 1444 Säulen aus Marmor, wovon keine wie die andere ist, wundervolle filigrane Muster aus Marmor an den Decken und Wänden. Man kann bei der Feinheit der Arbeiten gar nicht glauben, daß das alles aus Stein ist. Ein Mönch führt uns herum. Er zeigt uns auch eine Säule, die mit Absicht ein wenig schief steht, da der Mensch nichts perfektes schaffen darf, denn das kann nur Gott. Darum muß auch dieser phantastische Tempel einen kleinen Fehler haben. Die Götterstatuen in den Nischen haben Augen aus Glas mit Silber, wodurch die Augen selbst aus der dunkelsten Ecke wie Diamanten strahlen. Die Jains sagen, daß die Augen der Spiegel der Seele sind. Nachher habe ich mich noch einige Zeit mit dem Mönch unterhalten und er hat mir eine Rosenblüte geschenkt. Es gab noch einen kleineren Tempel nebenan mit teilweise erotischen Skulpturen. Leider waren gerade diese extrem verwittert oder absichtlich zerstört. Den Kopf voll mit neuen Eindrücken ging es in einer vierstündigen Rütteltour zurück ins Hotel nach Udaipur. Im Moment genießen wir einen Tschai, einen indischen Tee mit viel Milch und Kardamom, auf der Dachterasse. Wir waren auch noch mal in der Stadt unterwegs und ich habe in dem Laden, wo Torsten gestern das indische Hemd mit passender Hose gekauft hatte, auch eine schöne Hose und eine Bluse gekauft. Das Handeln macht großen Spaß und zum Besiegeln des Kaufs trinken wir mit dem Verkäufer eine Tasse Tee. Vom Laden aus sind es nur wenige Meter zu dem Restaurant, wo wir uns zum Abendessen mit Anne-Claire und Clemens treffen. Hier haben wir gemütlich zusammengesessen und Reiseerlebnisse ausgetauscht.. Da wir aber alle vier kaputt waren von der weiten Tour, die wir heute gemacht haben, sind wir alle recht früh zurück in unsere Hotels gegangen und haben wir die Murmeltiere geschlafen.

11. Juli 96: Udaipur
Wir haben phantastisch geschlafen, an beiden Seiten haben wir die Flügeltüren zu den Terrassen aufgemacht, so daß der Wind durch den Raum ging. Nach dem Frühstück im Innenhof mit vielen Blumen, wo auch eine Schildkröte herumläuft, sind wir zum Jagdish-Tempel gegangen, der direkt an der nächsten Ecke liegt. Eine steile Treppe führt zum Tempel hinauf. Im Tempel selbst waren fast nur Frauen und Kinder, es war das reinste Farbenmeer mit den vielen bunten Saris. Wie trist muß diesen Leuten unser Land vorkommen! Indien ist eine Orgie aus Farben und Gerüchen. Leider war das Tempeläußere mit einem abenteuerlichen Bambusgerüst verkleidet, da er gerade restauriert wird. Vor den Stufen unten sitzen den ganzen Tag Frauen, die bunte Blumenkränze aus Rosen, Tagetes oder Night-Star, eine Blume, sie nachts ihre Blüten öffnet und sehr intensiv und süß duftet, als Opfergaben für den Tempel verkaufen. Hierher bringt auch jeden Tag zur Mittagszeit ein Elefant Gras für die Kühe. Nur 100 m weiter ist der Eingang zum Stadtpalast. Es ist der größte Palast Nordindiens, wirklich riesig und total verschachtelt. In den vielen Zimmern, die mit Glas und Silber-Einlegearbeiten oder ganzflächigen Bemalungen oder Spiegeln verziert sind, würde man sich garantiert verlaufen, wenn nicht kleine Pfeile an den Türen einem den Weg zeigen würden. Besonders prachtvoll ist ein kleiner Innenhof mit Pfauenreliefs. Im großen Palasthof kühlen wir uns mit kalten Getränken ab. Wir sind dann heute nochmal zum Friseur gegangen, weil Torsten sich auf altherkömmliche Weise mit dem Rasiermesser rasieren lassen wollte. Im Anschluß daran hat der Friseur uns noch eine Kopfhautmassage gemacht, ein tolles Gefühl! Ich wollte zuerst nicht, aber es hat sich gelohnt. Jetzt sitzen wir wider auf dem Dach und vom Tempel her kommt schon seit geraumer Zeit ein monotoner Gesang mit Trommeln. Die Menschen hier sind sehr religiös, es gibt zahllose Tempel und selbst im kleinsten Laden gibt es einen Hausaltar mit Götterstatue und Räucherstäbchen und frischen Blumen. Sogar in jedem Bus gibt es einen Altar und wir haben gesehen, wie vor der Fahrt Räucherkerzen entzündet und Lenkrad und Bremspedal gesegnet wurden. Da gehört hier ganz selbstverständlich zum täglichen Leben. Um drei Uhr nachmittags sterbe ich fast vor Hunger und wir gehen im Mayur Café, das sich zu unserem Stammrestaurant entwickelt, etwas essen. Ich esse ein leckeres Gemüsecurry und Torsten einen knubbeligen Gemüseburger. Danach gings ans Handeln. In einem winzig kleinen Laden habe ich eine Saribluse und einen alten Sri mit schöner Goldborte gekauft. Die Verkäuferin war sehr nett, sie näht die Sachen fast alle selber an einer uralten Nähmaschine. Einige Häuser weiter war ein Laden, der Maßanfertigungen anbot. Nach zähem Handeln hat Torsten dort zwei Nehrujacken in Auftrag gegeben. Es ist unglaublich, wie weit man hier alles runterhandeln kann. Morgen um 5 ist Jackenanprobe, ich bin schon mal gespannt!. Heute Abend werden wir feudal im Lake Palace dinieren. Wir ziehen uns fein an und lassen uns zur Anlegestelle des Bootes fahren. Dort ist schon eine elegante Rezeption aufgebaut und es wird überprüft, ob man eine Reservierung hat. In einem kleinen Boot mit Baldachin setzen wir Über zum Lake Palace. Vor dem rosavioletten Himmel und der untergehenden Sonne sieht der Palast sehr schön aus inmitten des Sees. Vom Anlegeplatz aus geht es einige Stufen hinauf zur marmornen Empfangshalle. Da wir noch etwas Zeit bis zum Dinner Haben, sehen wir uns hier etwas um.. Es ist wirklich sehr schön hier in dem ehemaligen Maharajapalast, sehr viele Arkaden mit wunderschönen Verzierungen, geschmackvolle Möbel und gemütliche Sitzecken, alles mit sehr viel Liebe gemacht und schöne kleine Innenhöfe mit Brunnen und vielen kleinen Lichtern. Genau der passende Ort, um die Flitterwochen zu feiern, und wir sind auch in der Stimmung dazu. Wir suchen uns ein gemütliches Plätzchen in einem separaten kleinen Raum in der Nahe der Cocktailbar. Vom offenen Fenster aus kann man die Wellen rauschen hören und man hat einen schönen Blick durch die Bar und den angrenzenden Innenhof, in dem jemand Sitar spielt. Es herrscht eine Atmosphäre wie im Märchen und wir fühlen uns wie Prinz und Prinzessin, während wir unseren Mangococktail schlürfen. Um neun gehen wir ins Restaurant an unseren reservierten Tisch, um das Büffet zu genießen. Es gibt verschiedene Sachen und wir probieren von allem ein bisschen. Der Nachtisch mit Ananas und Mangoeis ist besonders lecker. Müde vom Essen und von den Eindrücken fahren wir mit dem Bötchen zurück an Land und in unser Hotel. Heute Abend haben wir mal so richtig uns beide gefeiert.

12.Juli 96: Udaipur
Heute sind wir früh aufgestanden, weil Torsten um acht einen Massagetermin mit dem Friseur und ich eine Verabredung mit Manju zum Haarefärben habe. Der Rest des Tages stand ganz im Zeichen des Handelns. Wir wollen einige Miniaturmalereien auf Seide kaufen, aber so etwas zu einem vernünftigen Preis in vernünftiger Qualität zu bekommen, ist nicht so einfach! Dabei erzählt einem jeder Rikschafahrer, daß er Art Student sei, Miniaturmalerei mache und bald mit seiner Klasse zu einer Ausstellung nach Deutschland fährt, deshalb sollte man sich jetzt noch schnell seine Schule ansehen und etwas kaufen. Wenn das stimmen würde, wäre Udaipur in ein, zwei Wochen ausgestorben bei den vielen Leuten, die alle nach Deutschland fahren. Nach Aussage von HervÈ, einem Franzosen, der in unserem Hotel wohnt, gibt es mindestens genauso viele, die in den nächsten Wochen nach Frankreich fahren. Schon komisch! Wir haben dann aber, nach langem, zähem und ermüdenden Handeln doch noch ein paar schöne Arbeiten zu einem vernünftigen Preis gefunden. Besonders nett ist eine kleine Malerei auf Knochen mit einer Szene aus dem Kamasutra. Das ist doch ein passendes Mitbringsel von einer Hochzeitsreise nach Indien! Müde vom Handeln habe ich mich am Nachmittag ein wenig hingelegt und mir dann von Manju die rechte Hand mit Henna bemalen lassen. Die Hennakruste ist sehr zäh und geht schlecht ab. Bin mal gespannt, wie das nachher aussieht. Soll angeblich zwei Wochen halten. Weiter gings zu Jackenanprobe für Torsten. Die Jacken sehen schon sehr gut aus. Abends sind wir mit HervÈ zu Meera Kuta Mandir gefahren, einer rajasthanischen Tanzvorstellung. Es war sehr interessant, es gab einen Pfauentanz, Gruppentanz, einen Tanz mit Zimbeln und vieles mehr. Besonders eine Tänzerin, ein junges Mädchen, war sehr elegant und fein in ihren Bewegungen. Eine etwas ältere und pummeligere Dame brachte einen eher akrobatischen Tanz. Sie balancierte mehrere Tonkrüge und Schüsseln auf dem Kopf und tanzte dabei noch abwechselnd auf Glassplittern oder Schwertern. Unglaublich! Torsten mußte schon etwas früher gehen, um seine Jacke abzuholen. Ich bin mit HervÈ noch bis zum Ende geblieben und habe gewartet bis Boepie, der Rikschafahrer, mit dem wir auch schon in Ranakpur mit dem Jeep waren, uns abholte. Ich habe dann mit Torsten noch geraume Zeit auf die Jacken gewartet. Es hat sich aber gelohnt, sie sind sehr schön geworden. Wir haben dann noch die Rucksäcke gepackt, denn morgen geht es weiter nach Mount Abu. Wir sind fast ein bißchen traurig, aus Udaipur wegzugehen, es hat uns sehr gut gefallen hier.

13. Juli 96: Von Udaipur nach Mount Abu
Um halb acht sitzen wir auf den Stufen der Reiseagentur und warten auf den Bus nach Mt. Abu. Mit einiger Verspätung geht es los. Mit uns fahren einige indische Flitterwöchner, denn Mt. Abu ist ein Ort, wo frischverheiratete Inder mit Vorliebe hinfahren. In einem Buch von Gita Mehta lese ich ein sehr schönes Sufizitat: Die Hitze Deines Hierseins Blendet meine Augen Wirft meine Haut auf Dörrt mein Fleisch Wende Dich nicht voll Verachtung von mir Oh Geliebter, siehst Du nicht Daß nur die Liebe mich entstellt Die Landschaft, durch die wir fahren, ist beeindruckend. Sehr gebirgig, wild zerklüftet und es geht in Serpentinen immer weiter hoch, Mt. Abu ist der höchste Punkt Rajasthans. Gegen drei Uhr sind wir da. Ein vernünftiges Zimmer zu finden erweist sich als sehr schwierig, da Wochenende und fast alles belegt ist. So haben wir nur ein winzig kleines, sehr gammeliges Zimmer gefunden, das bereits von diversen Käfern und anderem Getier bewohnt wird. Wir haben es gut mit Baygon ausgesprüht und haben erst einmal einen Spaziergang gemacht. Der Weg um den See herum ist sehr schön und romantisch, überall finden sich kleine, versteckte Sitzgelegenheiten am Wasser. Irgendwie sieht es hier nicht sehr indisch aus, eher wie am Gardasee, was wohl auch an der Kirche liegt, die am Hang steht. Es ist hier angenehm kühl. Nach einem leckeren Essen gehen wir wieder ins Hotel, setzen uns vors Zimmer und beobachten durch eine durchbrochene Wand eine Horde Affen im Hinterhof. Abends Haben wir noch einen kleinen Stadtbummel gemacht. Sobald es dunkel wird, ist hier alles auf den Beinen und es ist sehr gemütlich. Hier gibt es viele kleine Geschäfte mit schönn Sachen. In einem Geschäft für Modeschmuck finden wir viele schöne Ketten und anderen Kleinkram.

14. Juli 1996: Mount Abu
Nach einer Nacht in dieser muffigen Absteige, die wohl nur für Insektologen ihren Reiz hat, checken wir in Windeseile aus und ziehen ins Lake Palace, das auch direkt am See liegt und sauber und gemütlich ist. Wir sind sehr froh, daß hier ein Zimmer frei wurde! Heute morgen haben wir auch endlich ein paar schöne Götterstatuen aus Bronze gefunden, wonach wir schon so lange gesucht haben. Natürlich ist Ganesh auch dabei, Torstens Lieblingsgott mit einem Elefantenkopf, der als Beseitiger aller Hindernisse bekannt ist. Ist auch eine sympathische Figur! Nach einem Imbiß im Madras CafÈ fahren wir zum Dilwara-Tempel, der neben dem Tempel in Ranakpur ein weiterer wichtiger Tempel der Jains ist. Mount Abu ist einer der vier heiligen Berge der Jains. Wir haben allerdings nicht bedacht, daß heute Sonntag ist und Scharen indischer Touristen in den Tempel strömen. Es ist sehr voll und sehr laut und sehr weit entfernt von der friedlichen, meditativen Stimmung in Ranakpur. Schade, denn die Marmorschnitzereien sind hier so fein, daß man sie eher für Elfenbein als für Marmor hält. Besonderes die hängende Decke ist ein Traum. Man kann gar nicht glauben, daß sie aus einem einzigen Marmorblock geschnitten worden ist. Da man dies alles bei dem Menschenauflauf nicht so recht genießen kann, fahren wir zurück ins Hotel. Ich schlafe ein wenig, denn die Bergluft macht sehr müde. Dann machen wir uns auf, um die Bergwelt zu erkunden. Leider verliert sich der Weg, den wir gehen, nach einigen hundert Metern im Gestrüpp. Wir beschließen, zur anderen Seite, auf der kaum etwas wächst, weiterzuklettern. Von hier oben hat man eine phantastische Aussicht über den See und die Stadt. Es geht auch ein angenehmer Wind, obwohl die Sonne ganz schön knallt. Wir machen Rast und genießen die Aussicht. Auf dem Rückweg spazieren wir den See entlang zurück ins Hotel und machen uns einen gemütlichen Abend.

15. Juli 1996: Mount Abu
"Only those items that are ready shall be served" steht auf der Karte des Madras Café, außerdem "Outside eatables are not permitted" Ob man hier nur am Vortag gekochtes bekommt? Da wir draußen auf der Terrasse sitzen, werden wir wohl gar nichts kriegen, denn, siehe oben, und das obwohl wir zu einer Zeit bestellt haben. "Customers are requested to place orders at a time". Aber trotz der eigenartigen Karte ist das Essen hier sehr lecker und der kleine Junge, der uns bedient, ist auch sehr nett. Gestern hatten wir ihn ziemlich verwirrt, als Torsten alleine am Tisch saß und auf indisch zwei Tee bestellte. Da konnte er nicht verstehen und dachte, daß Torsten die indischen Zahlen wohl verwechselt hat, bis ich schließlich auftauchte. Da mußten wir alle sehr lachen. Ich muß vor unserem Rückflug unbedingt noch Gewürze für Tee und Essen kaufen. Heute morgen sind wir mit dem Tretboot auf dem Nakkisee herumgefahren, haben die Aussicht genossen und dabei Mango- und Orangensaft geschlürft. Wir sind schon seit Ewigkeiten nicht mehr Tretboot gefahren! Nachmittags haben wir einen Spaziergang zum Honeymoon-Point und zum Ganesh-Tempel gemacht. Die Landschaft links und rechts ist einfach toll und vom Honeymoon Point aus hat man eine herrliche Aussicht über sie Berge. An den Felsen haben sich sehr viele indische Pärchen verewigt. Hier ist es angenehm ruhig und wir ruhen uns im Schatten der Felsen etwas aus. Gar nicht weit von hier ist der Ganesh-Tempel, der wie ein weißer Klecks im Hang klebt. Man muß jede Menge Treppen steigen, um dorthin zu kommen. Der Tempel ist viel kleiner, als er von unten aussieht. Im Schrein sitzt eine mit roter Farbe und frischen Blumen geschmmückte Ganesh-Statue. Am Honeymoon-Point haben wir noch ein Päuschen gemacht und beobachtet, wie die Ameisen unsere Kekskrümel wegschleppen. Im Moment sitzen wir wieder im Madras CafÈ. Ich habe gerade ein leckeres Masala Dosa gegessen, das ist eine Art RiesencrÈpe mit einer Kartoffel-Gewürz-Pepperoni-Füllung. Mittlerweile kann ich auch schon ganz gut mit den Fingern essen ohne allzuviel zu kleckern. Gleich werden wir zurück zum Hotel bummeln, denn wir müssen noch unsere Rucksäcke packen, morgen geht es weiter nach Diu. Auf dem Rückweg haben wir im Park noch einen ziemlich abgefahrenen Sadhu kennengelernt. Er saß neben einem kleinen Tempel, war ziemlich bekifft und winkte uns zu sich herüber. Er erzählte uns, daß er mit dem Fahrrad aus Nepal nach Mount Abu gekommen sei und in der Nähe in einer Höhle wohnt. Außerdem hätte er auch viele deutsche Anhänger. Er hatte wirres Haar, war sehr ausgemergelt, trug einen roten Lendenschurz und bot uns sein Chillum an. Ein sehr unheiliger Heiliger! Zurück im Hotel ist wegen des starken Gewitters der Strom ausgefallen. Wir sitzen hier jetzt bei Kerzenlicht und hören, wie es draußen plätschert. Zwar ist nach wenigen Minuten der Strom wieder da, aber es ist Notstrom und das Licht ist sehr funzelig.

16. Juli 1996: Von Mount Abu über Ahmedabad nach Diu
Nachdem es die ganze Nacht gewittert hat, ist es heute morgen wieder trocken. Wir frühstücken auf der Terrasse und sehen zu, wie die Berggipfel in den fallenden Wolken verschwinden und die Wolken immer tiefer sinken. Um halb neun geht es dann mit dem Bus los nach Ahmedabad. Während der Fahrt werden wir mit Cassetten gequält, die klingen, als ob der Recorder sie schon mindestens dreimal gefressen hat. Wir sitzen natürlich auch genau unter den Lautsprecherboxen. Nach 7 Stunden Fahrt kommen wir in Ahmedabad an. Ahmedabad ist unheimlich schwül und schmutzig. So ähnlich stelle ich mir Kalkutta vor. Man sieht viele Menschen, die zwischen fürchterlichen Auspuffgasen schwere Karren ziehen. Jetzt sitzen wir in der Reiseagentur und warten, da der Bus nach Diu erst in viereinhalb Stunden geht. Draußen gießt es in Strömen und Torsten vertreibt sich die Zeit, indem er mit den Angestellten hier ìVier Gewinnt" spielt. Um halb zehn soll es endlich losgehen, aber der Bus ist noch nicht da. Es hat zwar aufgehört zu regnen, aber ich bin vollkommen am Ende und habe das Gefühl, daß ich gleich umfalle. Mein Kopf brummt und meine Blase spielt verrückt. Ahmedabad gibt sich wirklich keine Mühe, irgendwelche Sympathiepunkte zu sammeln. Die Fahrt nach Diu kann man kurz und knapp als die Hölle bezeichnen. Idiotische Mitreisende, die bei jeder Geschwindigkeit die Fenster bis zum Anschlag offenlassen müssen, Durchzug und nicht regendichte Fenster, nasse Sitze und was einem sonst noch so an Nettigkeiten einfällt, diese Busfahrt bot alles. Wir sind vollkommen fertig.

17. Juli 1996: Diu
Es haben sich die Strapazen gelohnt. Diu ist ein schönes kleines verschlafenes Örtchen mit vielen bunt angestrichenen Häusern. Wir haben auch ein schönes Hotel gefunden. Nachdem wir uns ein paar Stunden hingelegt haben, sind wir zum Nagoa Beach gefahren, der 8 km vom Ortskern entfernt ist. Es ist ein schöner Sandstrand mit vielen Palmen, die Sonne scheint, und wir werfen uns in die Brandung und sammeln Muscheln. Nachmittags fahren wir zurück in die Stadt, essen etwas, und ich lege mich schlafen, weil ich noch sehr müde von der Anreise bin. Torsten sitzt noch lange auf dem Balkon, schreibt, und hört dem bunten Treiben vor dem Haus zu.

18. Juli 1996: Diu
Wir haben erst mal ausgeschlafen, wir sind beide ziemlich erkältet von der Anreise. Wir frühstücken und fahren anschließend zum Strand. Es ist sehr windig und bewölkt, deshalb bleiben wir nicht so lange. Im Hotel essen wir etwas und ruhen uns noch ein paar Stunden aus. Abends bummeln wir ein bißchen durch den Ort und sehen uns die alte portugiesische Kirche an, Diu war ja bis 1963 portugiesische Kolonie. Die Kirche ist 400 Jahre alt und hat einen sehr fein geschnitzten Altarraum aus dunklem Holz. Marienstatuen werden angeleuchtet und sehen ganz unwirklich aus. Man fühlt sich um Jahrhunderte zurückversetzt. Seitlich ist noch ein Kreuzgang mit einem schönen Innenhof voller Pflanzen. Von der Stimmung her ist es hier wie in dem Film "Mission". Wir bummeln noch ein wenig weiter, essen zu Abend und sitzen noch gemütlich auf dem Balkon. Wir haben heute beide nicht besonders viel Energie, hoffentlich ist es morgen besser.

19. Juli 1996: Diu
Es regnet in Strömen. Torsten geht es gar nicht gut. Zum Glück ist nebenan eine Apotheke, dort kaufe ich ein buntes Sortiment Tabletten gegen Grippe und Durchfall. Hoffentlich hilft es. Im Restaurant unten scheint heute der Tag des aufsässigen Mitarbeiters zu sein, obwohl es alles bestimmt keine böswilligen Mißverständnisse sind. Ich bestelle zwei Portionen Toast und eine große Kanne Kaffee mit zwei Tassen. Stattdessen bekomme ich eine Portion Toast und eine kleine Kanne Kaffee mit nur einer Tasse. Als ich dem Kellner sage, daß wir eine große Kanne haben möchten, bringt er stattdessen einen Deckel für die kleine Kanne. Eine zweite Portion Toast gab es auch nicht, aber wenigstens eine zweite Tasse. Wir ziehen uns aufs Zimmer zurück und Torsten legt sich hin, um sich auszukurieren. Ich setze mich auf den Balkon und lese. Obwohl es in Strömen gießt, ist der Himmel ganz hell. Gegen halb fünf hört der Regen schlagartig auf, der Himmel ist wieder blau und die Sonne scheint. Die Vögel scheinen nur darauf gewartet zu haben und ein Schwarm grüner Sittiche fliegt mit viel Gekreisch vor dem Haus herum.

21. Juli 1996: Diu
Über gestern gibt es nicht viel zu berichten, Torsten und mir ging es nicht gut, so daß wir den ganzen Tag im Bett geblieben sind. Wegen des Wetters war das kein Verlust, denn es hat sich jetzt so richtig eingeregnet. Heute nach dem Frühstück ging es uns wieder besser. Als es auch mal aufhört zu regnen, machen wir einen Spaziergang zum Fort. Dort angekommen, geht der Regen wieder los und wir retten uns in einen Tordurchgang. Hier kann man ganz gut trockenere Zeiten abwarten. Als der Regen schwächer wird, wagen wir den Rückweg und haben sogar das Glück, eine Rikscha zu finden. Das Fort wirkt sehr wuchtig und überall stehen Kanonen herum. In einem Teil des Forts ist heute ein Gefängnis untergebracht. Wenn man sich das hier so anguckt, ist das wohl sowas wie Alcatraz. Wer hier einsitzt, ist wirklich übel dran! Da an Badeurlaub nicht mehr zu denken ist, fahren wir morgen nach Ahmedabad, hoffentlich mit einem besseren Bus als auf der Hinfahrt (Daumen drück). Als wir uns abends im Hotel mit wachsenden Amüsement indische Musikvideos ansehen, ist plötzlich wieder der Strom weg. Schon erstaunlich, wie dunkel dunkel sein kann! Bei uns sieht man ja nie so eine absolute Finsternis. Aber wir haben vorgesorgt und haben Kerzen dabei. Hat schon was romantisches mit dem Kerzenschein bei dem Unwetter draußen.

23. Juli 96: Von Diu nach Ahmedabad
Nach einer nächtlichen Busfahrt sind wir nach 12 Stunden von Diu in Ahmedabad angekommen. Wir hatten zum Glück einen besseren Bus und sind trotz der Überschwemmungen zeitig angekommen, auch wenn wir teilweise Umwege durch die Felder machen mußten. Das lag bestimmt daran, daß der Bus vor der Abfahrt gesegnet worden ist. Vorne ist ein kleiner Altar, an dem ein Junge Räucherstäbchen entzündete und mit ihnen das Lenkrad und das Bremspedal segnete. Schade, daß Diu so verregnet war, es hätte sonst ganz schön sein können. Ahmedabad erscheint uns heute auch bei weitem nicht mehr so schlimm wie auf der Hinfahrt. Nachdem wir bis mittags geschlafen haben, machen wir uns auf zum Calico-Textilmuseum. Dachten wir zumindest, stattdessen landen wir auf einem Riesen-Stoffmarkt, wo gerade Ausverkauf ist. Auf 2 Etagen gibt es Saris, Saris, Saris. Trotzdem habe ich noch keinen für mein Kostüm gefunden. Hoffentlich finde ich noch einen in Dehli. Wir beschließen, zum Sabarmati Ashram zu fahren, dem Ashram, das Gandhi nach seiner Rückkehr aus Südafrika gegründet hat, wo er lebte und von wo er den Salzmarsch startete. Obwohl das Ashram direkt an einer vielbefahrenen Straße liegt, ist es ruhig und friedlich, als ob man in eine andere Welt eingetreten wäre. Dazu tragen wohl auch die vielen Bäume bei. Zur linken ist ein niedriges Gebäude, in dem anhand von Fotos und Zitaten das Leben und Denken Gandhis gezeigt wird. Weiter hinten am Ufer des Sabarmati stehen die kleinen, einfachen Häuser des Ashrams und auch das Haus, in dem Gandhi gelebt hat. Gandhis Zimmer ist nicht besonders groß und hat Fenster zum Fluß hin. Am Boden liegen Strohmatten und es sind seine weltlichen Güter zu sehen. Gandhi besaß kaum etwas, ein niedriges Tischen, ein Bänkchen, ein Kissen mit einer Decke, die drei Affen, eine Taschenuhr und natürlich ein Spinnrad. In der Ecke steht noch sein Gehstock und seine Sandalen. Man hatte uns das Zimmer aufgeschlossen, so daß wir ganz alleine dort waren. Es ist schon ein komisches Gefühl, so ganz alleine an einem historischen Ort zu sein, irgendwie zeitlos. Ich konnte es mir nicht verkneifen, einmal Gandhis Gehstock anzufassen. Tief beeindruckt fuhren wir zurück.

24. Juli 1996: Ahmedabad
Heute morgen sind wir ein wenig durch die Stadt geschlendert auf der Suche nach der Jami Masjid. Morgens ist hier erstaunlich wenig Verkehr. Wir kommen an vielen Marktständen vorbei und sehen auch einen bunt bemalten Elefanten. Bevor wir die Moschee fanden, haben wir uns das Grabmal von Ahmed Shah angesehen, das etwas versteckt in einer Seitengasse liegt. Frauen dürfen den Grabraum allerdings nicht betreten. Vor dem Grabmal wurden wir von einer Horde Kinder umringt, die uns etwa hundertmal fragten: What's your name? Das ist wahrscheinlich der einzige englische Satz, den sie können. Eine Ecke weiter war auch der Eingang zur Jami Masjid, die einen riesigen Vorhof hat, mit weißem Marmor gepflastert und deshalb so hell, daß man kaum gucken kann. Mitten auf dem Hof ist ein Wasserbecken zur rituellen Reinigung. Dort konnte man auch schön im Schatten sitzen und sich die Moschee ansehen. Sie wird von 260 Säulen getragen und sieht nicht sehr islamisch aus, was wohl daran liegt, daß zum Bau Säulen aus Hindu- und Jain-Tempeln gestohlen wurden. Heute habe ich auch endlich schöne Stoffe für mein Kostüm gefunden! In einem kleinen, schmalen Laden in der ersten Etage eines Hauses. Es entpuppte sich als so etwas wie Ali Babas Schatzkammer. Unmengen toller Stoffe, und der Verkäufer holte immer noch mehr aus den Regalen und machte einem die Wahl schwer. Nachmittags sind wir dann ins Kino gefahren und haben uns einen indischen Actionfilm mit dem Titel "Army" angesehen. War etwas komplizierter als Daraar, da es um 6 Männer und eine Frau ging und man so die Geschichten von sieben Leuten verfolgen mußte. Aber die Guten siegen immer, auch wenn sie auf dem Weg dorthin unendliche Schmach erleiden müssen. Die Bösen sind von einer Schlechtigkeit, die kaum zu übertreffen ist und sobald der Böse tot ist, verläßt das Publikum das Kino, selbst wenn der Film noch weitergeht.

25. Juli 1996: Von Ahmedabad nach Delhi
Heute mußten wir sehr früh aufstehen, weil wir nach Delhi zurückfliegen. Mit der Autorikscha ging es zum Flughafen Ahmedabad. Ich verstehe wirklich nicht, warum Indian Airlines so einen schlechten Ruf hat, denn der Flug ging pünktlich, die Maschine war in Ordnung und das Essen war auch okay. Wir sind sogar 5 Minuten zu früh in Delhi angekommen. Hier ist es viel wärmer und es scheint die Sonne. Eigentlich hatten wir eine Reservierung für das Hotel Namaskar, aber es ist voll, deshalb wohnen wir jetzt im Hotel Ricky in einer Seitengasse der Main Bazar Road und haben sogar eine Klimaanlage. Wir ruhen uns erst einmal aus, währenddessen es auch hier zu regnen anfängt und der Strom mal wieder ausfällt. Aber wir haben ja Kerzen und eine Taschenlampe dabei, Torsten ist immer für alles gerüstet. Mit Regen hatten wir hier eigentlich nicht gerechnet und sind etwas enttäuscht, aber wir freuen uns sehr, wieder in Delhi zu sein, denn uns gefällt es hier sehr gut. Während wir im Leema Restaurant aufs Essen warten, kommt auch wieder die Sonne raus. Es geht das Gerücht, daß hier schon Leute verhungert sind, während sie aufs Essen warteten. Auf geht es zu einer ausgedehnten Schnäppchenjagd. Wir finden einen Laden mit Unmengen schöner Kleinigkeiten wie Parfümölen, Räucherstäbchen, Windlichter, kleine Statuen, Tee und was das Herz sonst noch begehrt. Eine echte Schatzgrube, die wir mit großen Tüten verlassen. Am Janpath haben wir auch endlich eine schöne Bettdecke gefunden, cremefarben und mit unzähligen kleinen Spiegeln bestickt. Die sieht bestimmt toll aus auf unserem Bett! Wir haben dann eine kleine Pause im Hotel eingelegt und sind abends wieder losgezogen. Wir haben ayurvedische Medizin gekauft, die man bei uns ja nicht so leicht bekommt, Gewürze, Parfümflacons und ein T-Shirt für Torsten mit dem Om-Zeichen. Wie sollen wir das bloß alles nach Hause kriegen!


26. Juli 1996: Delhi
Der heutige Tag stand ganz im Zeichen der Kultur. Nach einem ausgedehnten Frühstück haben wir uns eine Rikscha für den ganzen Tag gemietet und sind zuerst zum Qtab Minar gefahren, das 13 km außerhalb von Delhi liegt. Es ist eine Siegessäule, die vor 800 Jahren von einem Moslemherrscher als Sieg über den Hinduismus gebaut wurde. Der Turm hat 5 Stockwerke mit Balkonen, die sich nach oben hin verjüngen. Nebenan steht die erste Moschee Indiens und im Hof die berühmte eiserne Säule. Sie ist 1500 Jahre alt und niemand weiß, warum sie nicht rostet. Man sagt, wenn man sich mit dem Rücken an die Säule stellt und man es schafft, sie zu umarmen, Hat man einen Wunsch frei. Wir haben es beide geschafft, mal sehen, ob das klappt! Nach einer kleinen Erfrischung im Schatten ging es weiter Zum Bahai-Tempel, der die Form einer Lotosblüte hat. Erliegt inmitten einer sehr schönen Parkanlage und ist von 9 Wasserbecken umgeben. Der weiße Marmor des Tempels blendet richtig und auf der Treppe dorthin verbrennt man sich die Füße, so heiß ist der Boden. Im Innern sind Bänke aufgestellt, man kann sich hinsetzen uns beten oder meditieren. Es herrscht eine sehr friedvolle Atmosphäre. Von hier aus ging es durch die sengende Sonne weiter zu Humayums Grab. Es ist 100 Jahre vor dem Taj Mahal erbaut worden und ist aus rotem Sandstein. Unterhalb der Terrasse, auf der das Grabmal steht, sind 56 Katakomben für Familienmitglieder. Wir sind in eine hineingegangen. Drinnen war es sehr dunkel und es gab Unmengen Fledermäuse, die erschreckt herumflogen, als wir kamen. Oben im eigentlichen Grabmal sind auch Frauen, Töchter und Brüder beigesetzt und ein wenig weiter sogar sein Friseur. Auf dem Rückweg haben wir noch das Gate of India gesehen und haben für heute genug von allen Sehenswürdigkeiten. Wir sind sehr hungrig und gehen lecker essen im Lord's Café. Die Bedienung, ein junges Mädchen, ist sehr nett und hat eine tolle Ausstrahlung.

27. Juli 1996: Delhi
Heute ist schon unser letzter Tag in Indien, heute Nacht geht es zurück. Die Zeit ist wirklich umgeflogen! Heute morgen sind wir zum Laxmi-Tempel spaziert, der ist nicht weit von Pahar Ganj, dem Viertel, in dem wir wohnen, entfernt. Der Tempel ist riesig, fast wie ein kleines Dorf mit dem ganzen Drumrum. Die Birla-Laxmi-Tempel sind von dem Industriellen Birla in ganz Indien errichtet worden. Dieser hier ist einer der ersten und stammt aus dem Jahr 1933. Der Tempel ist sehr schön, mit vielen Gemälden, die einem den rechten und den falschen Lebensweg auf drastische Weise veranschaulichen, vielen Spiegeln und schönen Verzierungen. Die Säulen enden fast alle in Elefantenköpfen. Links vom Haupttempel ist noch ein kleiner Ganeshtempel, Torsten hat ihn natürlich auf Anhieb gefunden. Von hier aus sind wir zum State Emporium gefahren, wo wir einen schon geschnitzten Beistelltisch gesehen haben. Wir wollten mit Dollar bezahlen, hatten aber natürlich mal wieder keine Ausweise dabei, das alte Spiel. Also noch mal mit der Rikscha zum Hotel und zurück zum Emporium, wo wir das Tischchen dann gekauft haben. Von hier aus sind wir zum Park in der Mitte des Connaught Place spaziert, wo wir uns, auf dem Rasen sitzend, die Ohren haben saubermachen lassen. Es ist unglaublich, was diese Männer einem mit viel Feingefühl alles aus dem Ohren holen. Man merkt nachher richtig, daß man besser hört. Nach diesen ganzen Aktivitäten haben wir wieder großen Hunger und gehen ins Lord's CafÈ. Wir schlendern ein wenig wehmütig noch ein letztes Mal über den Main Bazar und geben unser letztes Geld aus. Im Hotel packen wir zum letzten Mal die Rucksäcke, ruhen uns noch ein wenig aus und fahren zum Flughafen. Hier erfahren wir, daß es heute keinen Flug nach Paris geht, da das Flugzeug mit Maschinenschaden in Bangkok steht. Auch mit großem schauspielerischem Einsatz haben wir es nicht geschafft, umgebucht zu werden, weil wir ein preisreduziertes Ticket haben. So bleiben wir doch noch etwas länger in Indien und fahren zum Centaur Hotel, ein First Class Betonklotz in der Nähe des Flughafens. Hier gibt es noch ein Buffet für die Air-France-Opfer. Auf dem Zimmer sehen wir noch ein wenig fern und können nicht so recht einschlafen, weil es hier so furchtbar leise ist.

28. Juli 1996: Von Delhi nach Düsseldorf
Die Klimaanlage scheint die ganze Nacht auf "Schockfrosten" gestanden zu haben, es ist eisig kalt! Nach dem Frühstück erfahren wir, daß wir schon um 15.00 Uhr zum Flughafen gebracht werden sollen, wahrscheinlich haben wir doch einen früheren Flug als den um Mitternacht. Das wäre schön, denn dieses Hotel ist absolut unindisch und könnte überall in der Welt stehen. Wir haben uns noch ein Stündchen am Swimmingpool in die Sonne gesetzt. Von drei bis fünf sitzen wir in der Hotellobby und warten mit den anderen auf den Bus zum Flughafen. Um fünf geht es endlich los und die Maschine nach Paris startet um halb acht. Um ein Uhr nachts kommen wir in Paris an und können uns noch ein paar Stündchen im Sheraton ausruhen, wo wir ein absolut gigantisches Bett haben. Da könnte eine Großfamilie drin schlafen. Auch ansonsten ist das Hotel sehr schön eingerichtet, alles sieht ziemlich nach Philippe Starck aus. Um 7.20 Uhr geht es dann weiter nach Düsseldorf. Um zwanzig nach acht sind wir wieder auf heimischem Boden und werden von Peter am Flughafen abgeholt.

Ende
 

Zerok

Mitglied
Hallo Tezetto und Tezettos Frau! :)

Indien ist ein Reiseland, das auch mich reizt und so habe ich mir mal Euren Reisebericht zu Gemüte geführt.

Ich muss sagen: Es fällt mir schwer, den Text zu beurteilen... :(
Nach den ersten Tagen Eurer Erzählung habe ich mich gefragt, warum Ihr den Text geschrieben habt.
Wollt Ihr andere Leute auf Nordindien neugierig machen?
Wollt Ihr was vom Land und den Leuten erzählen?
Wollt Ihr möglichst viel der Reise in Erinnerungen behalten (also auch viele Kleinigkeiten, die einem Fremden wie mir, der Euch weder persönlich kennt, noch Fotos der Gegend betrachten kann, sehr unwichtig und ermüdend erscheinen) und habt deshalb diese Geschichten als Gedächtnisstütze aufgeschrieben?

Es kam mir so vor, als sei Letzteres Eure Motivation gewesen.
Deutlich wurde auf eine vollständige Darstellung der Ereignisse wert gelegt. Doch viele interessante Details bei den größten Momenten Eurer Tour habt Ihr nicht preisgegeben.
Das ist bedauerlich, denn mit etwas mehr Aufwand hättet Ihr die Geschichten deutlich interessanter schreiben können.

Es hätte meiner Meinung nach dem Bericht gut getan, sich ein bisschen mehr Zeit für die Highlights zu lassen, mehr zu beschreiben, Atmosphäre aufkommen zu lassen - wie es zum Beispiel beim Taj Mahal in Ansätzen zu erkennen war.

Dafür hättet Ihr einige Sachen weglassen können.
Dass man in Indien zum Beispiel gute und billige Jacken kaufen kann, hat Euch offensichtlich sehr beeindruckt.
Aber ich als Leser konnte Eure Begeisterung, so wie ihr davon erzählt habt, nicht nachvollziehen.

Überlegt Euch, was Ihr interessant findet, wenn Ihr einen fremden Reisebericht lest. Das wird im Zweifel auch einem fremden Leser bei Euren Berichten gefallen.

Da ich noch in Indien war, ist mir die Bedeutung einiger Begriffe unbekannt.
Was ist Gujarat?
Wie sieht der Ganesh aus? (Das habe ich mich am Anfang gefragt, später habt Ihr es dann doch erklärt.)
Was ist ein Sikh?
Was ist/sind Tablas?
Wieviele DM waren damals 10 Rupien?
Was ist Sambar, was ist Dal? Wonach schmeckt es?
Dazu hätte ich mir ein paar Erklärungen gewünscht.

Ein paar zusätzliche Absätze erleichtern das Lesen.

Mein Fazit: Ihr habt sicherlich eine grandiose Reise gemacht. Leider konnte ich durch Euren Bericht die Großartigkeit Eures Urlaubs nur erahnen.
Schade.

Viele Grüße
Zerok
 

Tezetto

Mitglied
Hallo Zerok,

ich habe den Text als Tagebuch für mich selbst geschrieben, nicht für andere, um die vielen kleinen Dinge in Erinnerung zu behalten. Daher auch keine athmosphärischen Schilderungen, denn die habe ich sowieso in meinem Kopf.

Mein Mann hat den Text hier eingestellt, ohne daß ich es wusste. Er wird nur für Leute interessant sein, die das, was geschildert wird kennen und vielleicht wiedererkennen.

liebe Grüße
Claudia
 



 
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