Ob ich es wage

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Walther

Mitglied
Ob ich es wage


Ob ich’s doch wage, sie erneut zu treffen?
Die Angst, mich zu vergeben, bremst und lähmt.
Auf einmal bin ich kindisch und verschämt,
Will mitten in der Fahrt die Segel reffen.

Die Liebe hat mich weich gemacht, gezähmt,
Denn ich will nur noch geben, nicht mehr kämpfen.
Die Sehnsucht, sie will brennen und doch dämpfen.
Frei wollte ich’s ihr sagen, unverbrämt,

Jetzt schweige ich und finde keine Worte:
Nicht mal sie anzurufen trau ich mich.
Ich bin sonst keiner von der feigen Sorte,

Doch jetzt verzage ich ganz fürchterlich.
Da höre ich das Klingeln an der Türe.
„Hallo!“ Sie lächelt, als ich sie berühre.
 

Carina M.

Mitglied
Hallo Walther,

ich lese einen von zweifeln gepackten Mann und dann am Ende war es ganz einfach. :)Schön.
Habe es gern gelesen.

Allerdings haut der lerzte Vers nicht so ganz hin.

Lieben Gruß,
Carina
 

Walther

Mitglied
Liebe Carina,

danke für Deinen Eintrag. Hier das Silbenbild des vierten Strophe:
Doch jetzt verzage ich ganz fürchterlich.
xXxXxXxXxX
Da höre ich das Klingeln an der Türe.
xXxXxXxXxXx
„Hallo!“ Sie lächelt, als ich sie berühre.
xXxXxXxXxXx
Was stimmt daran nicht?

Gruß W.
 

Walther

Mitglied
Liebe Carina,

auch das Reimschema ist korrekt. Sonette mit solchen Reimschemen sind durchaus häufig. Es wird besonders dann eingesetzt, wenn die Synthese in den letzten beiden Versen enthalten ist. Das ist hier der Fall.

LG W.
 

Carina M.

Mitglied
Nun ja, wenn es so ist... ist mir aber neu.
Ich fände es anders nur schöner.
Aber Bitte, das ist nur meine ganz persönliche Meinung dazu.

Ich selber habe auch nur 3 geschrieben , weil ich es sehr schwierig finde ein Sonett zu schreiben.
 

Walther

Mitglied
Hi Carina,

man könnte die beiden Terzette so umstellen:
Jetzt schweige ich und finde keine Worte:
Ich bin sonst keiner von der feigen Sorte,
Doch hier verzage ich ganz fürchterlich.

Nicht mal sie anzurufen trau ich mich.
Da höre ich das Klingeln an der Türe.
„Hallo!“ Sie lächelt, als ich sie berühre.
Ich habe das mal gemacht. ;)

Danke und Gruß W.
 

Walther

Mitglied
Ob ich es wage


Ob ich’s doch wage, sie erneut zu treffen?
Die Angst, mich zu vergeben, bremst und lähmt.
Auf einmal bin ich kindisch und verschämt,
Will mitten in der Fahrt die Segel reffen.

Die Liebe hat mich weich gemacht, gezähmt,
Denn ich will nur noch geben, nicht mehr kämpfen.
Die Sehnsucht, sie will brennen und doch dämpfen.
Frei wollte ich’s ihr sagen, unverbrämt,

Jetzt schweige ich und finde keine Worte:
Ich bin sonst keiner von der feigen Sorte,
Doch hier verzage ich ganz fürchterlich.

Nicht mal sie anzurufen trau ich mich.
Da höre ich das Klingeln an der Türe.
„Hallo!“ Sie lächelt, als ich sie berühre.
 

Walther

Mitglied
Lb. Carina,

ich bin zwar manchmal hartleibig, aber durchaus nicht uneinsichtig. :D Nebenbei: Fehlerfrei ist ein Sonetter auch nach 300 Sonetten nicht (und die habe ich bereits hinter mir). ;)

Erklärt sich ein Dichter für sakrosankt, ist er eh auf dem absteigeden Ast. Danke für Deine Geduld mit mir.

Gruß W.
 

Carina M.

Mitglied
oooch lieber Walther,dafür nicht.:)
Wenn du es gelassen hättest wie es war und du es für richtig empfunden hättest, würde ich das auch akzeptieren.

Pssst..ich bin manchmal auch ein bissi stur. ;)

LieGrü,
Carina
 

wirena

Mitglied
was stimmt nicht?

Hallo Walther

Dein Beitrag gefällt mir gut und als "Neuling" ging ich der Frage nach, was nicht stimmen könnte. Ohne Silben zu zählen, ich schreibe intuitiv vom Gefühl her, versuchte ich den harmonischen Rhytmus der ersten Strophe aufzunehmen und diesen unter Einbezug der weiteren Aussagen etwas zu straffen. Resultat:


Ob ich’s doch wage, sie erneut zu treffen?
Die Angst, mich zu vergeben, bremst und lähmt.
Auf einmal bin ich kindisch und verschämt,
Will mitten in der Fahrt die Segel reffen

Die Liebe hat mich weich gemacht, gezähmt,
Will nur noch geben, nicht mehr kämpfen.
Die Sehnsucht, sie will brennend dämpfen.
Frei wollte ich’s ihr sagen, unverbrämt,

Jetzt schweige ich, finde keine Worte:
Bin sonst keiner von der feigen Sorte,
Doch hier verzag ich fürchterlich.

Nicht mal anzurufen trau ich mich.
Da höre ich das Klingeln an der Türe.
„Hallo“ Sie lächelt, als ich sie berühre.


Kannst Du damit etwas anfangen?
 

Walther

Mitglied
Lb. wirena,

vielen Dank für Deinen Eintrag. Machen wir das Silbenspiel:
Ob ich’s doch wage, sie erneut zu treffen?
xXxXxXxXxXx
Die Angst, mich zu vergeben, bremst und lähmt.
xXxXxXxXxX
Auf einmal bin ich kindisch und verschämt,
xXxXxXxXxX
Will mitten in der Fahrt die Segel reffen.
xXxXxXxXxXx

Die Liebe hat mich weich gemacht, gezähmt,
xXxXxXxXxX
Denn ich will nur noch geben, nicht mehr kämpfen.
xXxXxXxXxXx
Die Sehnsucht, sie will brennen und doch dämpfen.
xXxXxXxXxXx
Frei wollte ich’s ihr sagen, unverbrämt,
xXxXxXxXxX

Jetzt schweige ich und finde keine Worte:
xXxXxXxXxXx
Ich bin sonst keiner von der feigen Sorte,
xXxXxXxXxXx
Doch hier verzage ich ganz fürchterlich.
xXxXxXxXxX

Nicht mal sie anzurufen trau ich mich.
xXxXxXxXxX
Da höre ich das Klingeln an der Türe.
xXxXxXxXxXx
„Hallo!“ Sie lächelt, als ich sie berühre.
xXxXxXxXxXx
Zum obigen Silbenbild noch ein paar Erläuterungen:

[blue]* "x" = Senkung (unbetonte Silbe)
* "X" = Hebung (betonte Silbe)
* Xx am Versanfang = Trochäischer Versbeginn
* xXx am Versanfang = Jambischer Versbeginn
* X am Versende = männliche Kadenz
* Xx am Versende = weibliche Kadenz[/blue]

Das ist ein sauberer, durchgängig fünfhebiger Jambus mit männlichen und weiblichen Kadenzen am Ende im Reimschema abba bccb dde eff. So sollte ein Sonett auch aussehen.

Nun zu Deinem Vorschlag:
Ob ich’s doch wage, sie erneut zu treffen?
xXxXxXxXxXx
Die Angst, mich zu vergeben, bremst und lähmt.
xXxXxXxXxX
Auf einmal bin ich kindisch und verschämt,
xXxXxXxXxX
Will mitten in der Fahrt die Segel reffen
xXxXxXxXxXx

Die Liebe hat mich weich gemacht, gezähmt,
xXxXxXxXxX
Will nur noch geben, nicht mehr kämpfen.
xXxXxXxXx [red]=> nur noch vierhebig[/red]
Die Sehnsucht, sie will brennend dämpfen.
xXxXxXxXx [red]=> nur noch vierhebig[/red]
Frei wollte ich’s ihr sagen, unverbrämt,
xXxXxXxXxX

Jetzt schweige ich, finde keine Worte:
xXxX/XxXxXx [red]=> hier fehlt eine Hebung, der Vers stockt am "/"[/red]
Bin sonst keiner von der feigen Sorte,
XxXxXxXxXx
Doch hier verzag ich fürchterlich.
xXxXxXxX [red]=> nur noch 4 Hebungen[/red]

Nicht mal anzurufen trau ich mich.
XxXxXxXxX [red]=> trochäisch statt jambisch, die Anfangssenkung [= unbetonte Silbe] fehlt)[/red]
Da höre ich das Klingeln an der Türe.
xXxXxXxXxXx
„Hallo!“ Sie lächelt, als ich sie berühre.
xXxXxXxXxXx
Du siehst, was passiert ist. Dein "Gefühl" liegt falsch, was zumeist daran liegt, daß man zu Anfang leise liest, anstatt innerlich laut vorzulesen, um den Rhythmus des Versmaßes wirklich zu erspüren.

Ich danke Dir sehr für Deine Mühe und Dein Engagement für diesen Text, besonders aber dafür, daß Dir der Text gefällt. Allerdings bitte ich Dich um Verständnis, wenn ich bei meiner Version bleibe, weil diese das korrekte Versmaß hat.

Alles Gute und lieben Dank nochmals!

LG W.
 

Walther

Mitglied
Ob ich es wage


Ob ich’s doch wage, sie erneut zu treffen?
Die Angst vor einem Korb, sie bremst und lähmt.
Auf einmal bin ich kindisch und verschämt,
Will mitten in der Fahrt die Segel reffen.

Die Liebe hat mich weich gemacht, gezähmt,
Denn ich will nur noch geben, nicht mehr kämpfen.
Die Sehnsucht, sie will brennen und doch dämpfen.
Frei wollte ich’s ihr sagen, unverbrämt,

Jetzt schweige ich und finde keine Worte:
Ich bin sonst keiner von der feigen Sorte,
Doch hier verzage ich ganz fürchterlich.

Nicht mal sie anzurufen trau ich mich.
Da höre ich das Klingeln an der Türe.
„Hallo!“ Sie lächelt, als ich sie berühre.
 
B

Benedikt Behnke

Gast
Hi!

Sieht schonmal schön aus, was die Form anbelangt; der Textfluss aber ist kein Fluss, ist Stocken, was aber zur Aussage des Gedichtes passt! Klingt teilweise unpassend hochgestochen, ist vielleicht aber auch eine komisch lyrische Situation, in der sich das lyrische Ich befindet ... ganz anders kommt der Schluss, der wahrhaft eine Befreiung ist, ganz leicht, engelsgleich berührt mich das "Sie lächelt, als ich sie berühre." Das ist so leicht und unverfänglich, so plötzlich herzlich und richtig, dass ich nur schreien kann: "JA!"

Das ganze Gedicht scheint stockend, bis endlich am Schluss das große Fließen beginnt, unterstreicht die Aussage, die Story hinter den Zeilen!
Danke für dieses Gedicht! ;D

Gruß
Bene

PS: Natürlich kann ich irren ... bin immerhin kein Fachmann! : >
 

Walther

Mitglied
Lb. Benedikt,

danke für Deinen Eintrag. Der Mann traut sich meist weniger zu, als er vielleicht sollte. Er möchte sich nichts vergeben.

Diese Gefühlslage habe ich versucht zu bearbeiten. Das Stockende des Anfang, der ersten beiden Quartette, ist in der Tat ein Stilmittel, wie Du fein bemerkt hast.

Über die beiden Terzette kommt der Gordische Gefühlsknoten zur Auflösung. Der dritte Vers des 2. Terzetts hat bewußt diese Leichtigkeit, die anzeigt, daß alle Bedenken Bedenken waren, alle Ängste, entstanden durch einen Streit oder auch durch eine nicht richtig verstandene vorherige Begegnung der Beiden.

Am Ende löst die fast selbstverständliche kleine Zärtlichkeit und ihr anschließendes Lächeln die ganze Bedrängung des LyrIchs wie durch einen Zauber auf. Nur Frauen können so lächeln, mit leicht schräg gestelltem Kopf, einfach umwerfend sehen sie dann aus.

Das ist sicher kein großes Sonett und auch keines meiner besseren Gedichte. Aber vielleicht ist es doch eine ganz ordentliche Beschreibung dieses Gefühlswirrwarrs und des Wunders der Liebe, der Übereinstimmung zweier Menschen über alle Mißverständnisse hinaus.

Bester Gruß W.
 



 
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