Zwillingsjungfrau
Mitglied
Onkel Bastian geht in die Oper
Mein Onkel, getauft auf die Namen Franz Leopold Bastian, den alle nur Basti riefen, war sein Leben lang ein Mensch, der gerne anderen eine Freude bereitete. Zum Geburtstag seiner geliebten Trudel hatte er sich etwas Besonderes ausgedacht. Er schenkte seiner Frau zwei Opernkarten, damit sie gemeinsam einen unvergesslichen Abend erleben konnten.
Rechtzeitig waren sie in der Oper. Da sie im Parkett Mittelsitze hatten, gingen sie sich nach einigem Suchen zu den für sie reservierten Plätzen. Basti griff zum Programmheft, um Trudel vorzulesen, welche Sänger und Sängerinnen sie hören würden. Dabei entdeckte er den Hinweis, ‚Pause nach dem zweiten Akt’. „Trudel“, ermahnte er sein holdes Weib, „du gehst besser vorher noch einmal zur Toilette. Du weißt, deine Blasenschwäche. Ich komme mit.“
Beide erhoben sich und eilten durch die noch leere Reihe, um möglichst schnell alles zu erledigen. Doch in den Toiletten war es voll. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie die Örtlichkeiten wieder verlassen konnten. Es hatte bereits zum zweiten Mal geläutet. Gemeinsam, fast laufend, eilten sie wieder zu Ihren Sitzplätzen im Parkett. Die Bestuhlung in der Reihe war inzwischen fast sämtlichst besetzt. Basti schritt voran, Trudel folgte ihm.
Mit vielen Verbeugungen und gemurmeltem Dank schlängelte sich Basti an den Operngästen vorbei. Der Gang war sehr schmal, die Gäste mussten aufstehen, damit Basti und Trudel weitergehen konnten. Jedem Gast nickte er zu. Doch plötzlich fuhr ihm wie ein Blitz ein Gedanke durch den Kopf. Hatte er eigentlich seinen Reißverschluss wieder geschlossen? Ein Griff zur Hose, der Reißverschluss war offen. Der Ruck am Nippel war automatisch, Hui, noch mal gutgegangen.
Er wollte weitergehen, doch das ging nicht, etwas bremste ihn. Die Dame, die vor ihm stand, um ihn vorbeizulassen, murrte „Nun gehen Sie endlich weiter, setzen Sie sich doch“. Das ging noch immer nicht. Basti blickte an sich herab. Und dann sah er es. Beim Schließen des Reißverschlusses hat sich der bunte Seidenrock der Dame, die vor ihm stand, im Reißverschluss verfangen. So sehr er sich auch bemühte, den Reißverschluss wieder zu öffnen, er saß bombenfest. „Ihr Rock hat sich in meinem Reißverschluss eingeklemmt“ flüsterte er der Dame zu. „Ich kann ihn nicht wieder öffnen.“ „Das gibt es doch gar nicht“, schimpfte die Dame und versuchte ihrerseits, Bastis Reißverschluss wieder aufzuziehen. Trudel, die nicht verstand, was Basti mit der fremden Dame zu flüstern hatte, schubste Basti, er solle weitergehen.
„Lass das, Trudel, ich bin mit der Dame verklemmt“, fuhr Basti seine Frau an. „Hilf mir lieber“. Sie beugte sich vor, langte um ihren Mann herum und versuchte nun ihrerseits, den Reißverschluss wieder zu öffnen. Doch dieser saß fest, als wäre er zugeschweißt.
Die Situation spitzte sich zu, es wurde dramatisch. Das dritte Klingelzeichen ertönte. Gleich würden die Lichter im Saal erlöschen. Eine Dame, welche auf dem Nebenplatz saß, hatte das Malheur mitbekommen. „Ich habe eine Schere, damit könnte ich Sie befreien“. Die eingeklemmte Dame war jetzt wirklich erbost. „Das ist ein neuer Rock, ein Designer-Stück. Er war sündhaft teuer. Sie können mir doch kein Loch hineinschneiden.“ „Nun gut“, meinte die Nachbarin, dann bleiben Sie eben gemeinsam stehen. Und wie wollen Sie nach der Oper das Haus verlassen? Ein, zwei, drei, im Walzerschritt, etwa tanzend? Entweder jetzt oder gar nicht. Im Dunklen schneide ich nämlich nicht mehr, wer weiß, was ich dabei verletzen kann“.
Basti aber flehte mit sich fast überschlagender Stimme und nun schon ziemlich laut: „Bitte schneiden Sie den verdammten Rock ab, ich ersetze alles.“ Die Leute drehten die Köpfe und wollten wissen, was geschehen war. Bevor die Lichter ganz verloschen waren, hatte die Platznachbarin mit sicherem Griff ein kreisrundes Loch in den Rock geschnitten.
Zwei Menschen verließen während der Pause ihre Plätze nicht, sondern hielten krampfhaft die Hände auf die verschandelten Teile. Basti verdeckte bunte Stofffetzen am Reißverschluss, die alle Blicke magisch auf sich zogen und die Dame mit dem Loch im Rock versuchte, den Tränen nahe, krampfhaft ihre aus dem Loch durchschimmernden Dessous zu verbergen.
Trudel aber war sich sicher. Dieser Opernabend wurde wirklich für den Rest ihrer Jahre zu einem unvergesslichen Erlebnis. Sie selbst sprach nie darüber. Doch zu vorgerückter Stunde und einigen Gläsern Wein kam es vor, dass Basti sie zum Vergnügen seiner Zuhörer erzählte. Gutgläubig meinte er, wenn seinen Zuhörern, sogar seiner geliebten Göttergattin, vor unterdrücktem Lachen die Tränen kamen, alle würden mit ihm empfinden und ihn bedauern. Das tröstete ihn etwas.
Mein Onkel, getauft auf die Namen Franz Leopold Bastian, den alle nur Basti riefen, war sein Leben lang ein Mensch, der gerne anderen eine Freude bereitete. Zum Geburtstag seiner geliebten Trudel hatte er sich etwas Besonderes ausgedacht. Er schenkte seiner Frau zwei Opernkarten, damit sie gemeinsam einen unvergesslichen Abend erleben konnten.
Rechtzeitig waren sie in der Oper. Da sie im Parkett Mittelsitze hatten, gingen sie sich nach einigem Suchen zu den für sie reservierten Plätzen. Basti griff zum Programmheft, um Trudel vorzulesen, welche Sänger und Sängerinnen sie hören würden. Dabei entdeckte er den Hinweis, ‚Pause nach dem zweiten Akt’. „Trudel“, ermahnte er sein holdes Weib, „du gehst besser vorher noch einmal zur Toilette. Du weißt, deine Blasenschwäche. Ich komme mit.“
Beide erhoben sich und eilten durch die noch leere Reihe, um möglichst schnell alles zu erledigen. Doch in den Toiletten war es voll. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie die Örtlichkeiten wieder verlassen konnten. Es hatte bereits zum zweiten Mal geläutet. Gemeinsam, fast laufend, eilten sie wieder zu Ihren Sitzplätzen im Parkett. Die Bestuhlung in der Reihe war inzwischen fast sämtlichst besetzt. Basti schritt voran, Trudel folgte ihm.
Mit vielen Verbeugungen und gemurmeltem Dank schlängelte sich Basti an den Operngästen vorbei. Der Gang war sehr schmal, die Gäste mussten aufstehen, damit Basti und Trudel weitergehen konnten. Jedem Gast nickte er zu. Doch plötzlich fuhr ihm wie ein Blitz ein Gedanke durch den Kopf. Hatte er eigentlich seinen Reißverschluss wieder geschlossen? Ein Griff zur Hose, der Reißverschluss war offen. Der Ruck am Nippel war automatisch, Hui, noch mal gutgegangen.
Er wollte weitergehen, doch das ging nicht, etwas bremste ihn. Die Dame, die vor ihm stand, um ihn vorbeizulassen, murrte „Nun gehen Sie endlich weiter, setzen Sie sich doch“. Das ging noch immer nicht. Basti blickte an sich herab. Und dann sah er es. Beim Schließen des Reißverschlusses hat sich der bunte Seidenrock der Dame, die vor ihm stand, im Reißverschluss verfangen. So sehr er sich auch bemühte, den Reißverschluss wieder zu öffnen, er saß bombenfest. „Ihr Rock hat sich in meinem Reißverschluss eingeklemmt“ flüsterte er der Dame zu. „Ich kann ihn nicht wieder öffnen.“ „Das gibt es doch gar nicht“, schimpfte die Dame und versuchte ihrerseits, Bastis Reißverschluss wieder aufzuziehen. Trudel, die nicht verstand, was Basti mit der fremden Dame zu flüstern hatte, schubste Basti, er solle weitergehen.
„Lass das, Trudel, ich bin mit der Dame verklemmt“, fuhr Basti seine Frau an. „Hilf mir lieber“. Sie beugte sich vor, langte um ihren Mann herum und versuchte nun ihrerseits, den Reißverschluss wieder zu öffnen. Doch dieser saß fest, als wäre er zugeschweißt.
Die Situation spitzte sich zu, es wurde dramatisch. Das dritte Klingelzeichen ertönte. Gleich würden die Lichter im Saal erlöschen. Eine Dame, welche auf dem Nebenplatz saß, hatte das Malheur mitbekommen. „Ich habe eine Schere, damit könnte ich Sie befreien“. Die eingeklemmte Dame war jetzt wirklich erbost. „Das ist ein neuer Rock, ein Designer-Stück. Er war sündhaft teuer. Sie können mir doch kein Loch hineinschneiden.“ „Nun gut“, meinte die Nachbarin, dann bleiben Sie eben gemeinsam stehen. Und wie wollen Sie nach der Oper das Haus verlassen? Ein, zwei, drei, im Walzerschritt, etwa tanzend? Entweder jetzt oder gar nicht. Im Dunklen schneide ich nämlich nicht mehr, wer weiß, was ich dabei verletzen kann“.
Basti aber flehte mit sich fast überschlagender Stimme und nun schon ziemlich laut: „Bitte schneiden Sie den verdammten Rock ab, ich ersetze alles.“ Die Leute drehten die Köpfe und wollten wissen, was geschehen war. Bevor die Lichter ganz verloschen waren, hatte die Platznachbarin mit sicherem Griff ein kreisrundes Loch in den Rock geschnitten.
Zwei Menschen verließen während der Pause ihre Plätze nicht, sondern hielten krampfhaft die Hände auf die verschandelten Teile. Basti verdeckte bunte Stofffetzen am Reißverschluss, die alle Blicke magisch auf sich zogen und die Dame mit dem Loch im Rock versuchte, den Tränen nahe, krampfhaft ihre aus dem Loch durchschimmernden Dessous zu verbergen.
Trudel aber war sich sicher. Dieser Opernabend wurde wirklich für den Rest ihrer Jahre zu einem unvergesslichen Erlebnis. Sie selbst sprach nie darüber. Doch zu vorgerückter Stunde und einigen Gläsern Wein kam es vor, dass Basti sie zum Vergnügen seiner Zuhörer erzählte. Gutgläubig meinte er, wenn seinen Zuhörern, sogar seiner geliebten Göttergattin, vor unterdrücktem Lachen die Tränen kamen, alle würden mit ihm empfinden und ihn bedauern. Das tröstete ihn etwas.