Panthera und Lalupa

Rhea_Gift

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Panthera und Lalupa

Panthera stieg mit traumwandelnd verschleiertem Blick immer tiefer und tiefer in die Dunkelheit hinab. Nach der letzten Stufe erschien vor ihr eine Felswand, sie streckte die Hände vor und legte sie auf deren Mitte. Sie murmelte ein paar Worte, die Wand teilte sich mit schleifendem Geräusch, ein Zucken lief durch Pantheras Körper und ihre Augen wurden wieder klar. In warmglühendem roten Schein eröffnete sich ihr eine große Höhle, im Augenwinkel nahm sie noch die sich teilende Sonne wahr, die fein ziseliert aber tief und deutlich in die Felswand eingegraben war, bevor die Wandhälften schließlich komplett in den Felsen zurückgewichen waren. Verwirrt starrte sie in die Höhle, eine leichte Gänsehaut überlief sie. Wo war sie?! Und wie war sie bloß hierher gekommen?!

Tritt näher, ich will dich ansehen!

Erschrocken blickte sie sich um. Woher kam diese Stimme, die ihr fremd und vertraut zugleich erschien? Sie trat zögerlich in die Höhle, die bis auf ein großes steinernes Becken mit Wasser, das leicht erhöht in der Mitte stand, leer erschien. Die Felswände schimmerten glänzend schwarz, schienen vor Hitze pulsierend zu glühen, doch in der Höhle war es nicht heiß, nur angenehm warm. Allerdings stieg leichter Dampf vom Wasserbecken auf.

Komm ans Becken!

Sie fuhr herum. Niemand. Woher..?

Fürchte dich nicht, trete heran, bald wirst du verstehen...

Langsam ging sie auf das Becken zu, das Wasser brodelte leicht. Der Beckenrand war mit verschiedenen Tierskulpturen verziert, ihr Blick fiel direkt auf einen Panther, daneben ein Wolf. Plötzlich fühlte sie ein Ziehen in sich, wie von selbst hoben sich ihre Hände, sie tauchte sie leicht ins Wasser ein, zog sie wieder heraus und legte die linke Hand auf den Panther, die rechte auf den Wolf. Der Wasserdampf verschwand plötzlich, das Wasser brodelte in der Mitte erst stärker, dann lag das Wasser auf einmal glatt wie ein Spiegel da, in dessen Mitte langsam eine noch schwach strahlende Sonne erschien.

Willkommen in Deinem Reich, Panthera!

Die Sonne blitzte plötzlich hellgleißend auf, die Strahlen fuhren ihr blendend in die Augen, sie zuckte zurück, doch ihre Hände waren wie an die Felstiere festgeklebt, das blendende Weiß wandelte sich hinter ihren geschlossenen Augen in silbrigblau-schimmernde Punkte, die sich verdichteten und ineinander flossen, ihr Kopf flog nach hinten, nur die an die Tiere gebannten Hände hielten ihren rückwärts gebogenen Körper vom Fall ab - und plötzlich sah sie.
Die Bilder wechselten rasend schnell, sie sah Sonnen und Monde auf- und untergehen, Sterne aufglühen und vergehen, Meer steigen und fallen, speiende Vulkane, Erdbeben, Stürme, sich verschiebende Geröllmassen, trockene Wüsten, vereiste Küsten, Bäume gedeihen und verschrumpeln, Tiere gebären, sich jagen, sterben, Menschen - Menschen, nackt, in Felle, in Tücher und Leder gehüllt, umherziehen, sich niederlassen, besiedeln, bebauen, Felsbrocken behauen, in der Erde graben, sich an Früchten laben, die Ernten nach Hause bringen, miteinander in Kriegen ringen, an Feuern tanzen und singen, sich inszenieren, imponieren, nacheinander gieren, lachen, schreien, weinen, grübeln und verführen, sich zu Tode ängstigen und andere besänftigen, wild und mutig, trüb und blutig, glücklich und auch wieder nicht - erschaffen und verderben, gebären, jagen, sterben.
Dann sah sie - Lalupa! Als kleines Mädchen, als junge Frau, als altes Mütterchen, schlafend, wachend, jagend, lachend, tanzend, singend, mit einem Wolfe und einem Panther ringend, weinend, sich fürchtend, sich freuend und im Zorne von dannen stürmend, in verschiedenen Kleidern und sich nackt zu ihr bekennend, entspannt ruhend und wild durch die Gegend rennend, aus dem See empor steigend, sich ihr im Mondlicht zeigend, in Liebe zu ihr entbrennend - dann in ihrem blauschimmernden Kleid, Silberfäden durchzogen es, sie stand am gleichen Wasserbecken, in der gleichen Haltung, nur ihr gegenüber, bei ihr der Wolf links, der Panther rechts - dann ging sie auf sie zu, plötzlich einen bordeauxroten Gürtel um die Hüften geschlungen und reichte ihr einen blauschimmernden - ,für immer und immer’, flüsterte sie rauh, ihr Gesicht näherte sich dem ihren, plötzlich nur noch ihre Augen, ganz groß, magisch grün, Liebe und Begehren sich wild wechselnd, hypnotisierend - plötzlich schlugen schwarze Wogen über ihr zusammen, ihre Hände lösten sich, sie fiel hinten über und schlug hart und verdreht auf dem Boden auf -
das letzte, was sie sah, dabei den Hals zum Becken hin verrenkend, war ein sich spiegelnder, voller Mond.
 

Schakim

Mitglied
Hallo, Rhea!

Das gefällt mir! Dein Erzählstil ist ein Strudel, der einen mitreisst bis zum spiegelnden Mond!

LG
Schakim
 



 
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