Philipp Konrad

Arbeitstitel:philipp Konrad



- Prolog -

11.Januar 1993
Zu dem monotonen Geräusch des fahrenden Nachtzuges München - Dresden, mischte sich im Abteil Nummer 5 des Erste - Klasse - Wagens,
indem sich nur ein einziger Fahrgast befand,ein leises Schnarchen.Der 21 - jährige Mann,der dieses Geräusch von sich gab,hatte die beiden mittleren Sitzbänke so herausgezogen,das es sich auf der dadurch entstandenen leicht geneigten Liegefläche bequem schlafen ließ.Die mittelgroße,prall gefüllte,grüne Reisetasche des jungen Mannes stand auf einer der Gepäckablagen neben einer kleinen,schwarzen Aktentasche.Das Licht des Abteils war so eingeschaltet worden,das nur ein schwaches Leuchten aus der Deckenlampe in der Mitte des Raumes drang,das genügte, um sich im Abteil zu orientieren,das aber nicht ausreichte,um jegliche Art von Literatur zu lesen.
Das schlicht eingerichtete Abteil des Reisezugwagens bot insgesamt sechs Personen auf zwei gegenüberliegenden Sitzen platz.Die ausziehbaren,gut gepolsterten Sitze,die mit einem braunen,weichen,samtähnlichen Stoff überzogen waren,boten auch auf längeren Reisen den nötigen Komfort,der dafür sorgte,das die Reisenden nicht am Reiseziel mit starken Rückenschmerzen den Zug verließen.Über beiden Sitzen waren jeweils zwei kurze und eine längere Ablage,die fast die ganze Breite des Abteils einnahm,angebracht,auf der man sein Reisegepäck deponieren konnte.Unter den Ablagen befanden sich auf jeder Seite des Abteils jeweils vier Kleiderhaken,wovon einer dieser Haken einen brauner Parka trug.Durch eine Schiebetür,an deren beiden Seiten zwei Fenster angebracht waren,betrat man das Abteil.Über der Tür befand sich der rote Griff der Notbremse,mit der der Zug in einer Gefahrensituation zum halten gebracht werden konnte,und ein Lichtschalter mit dem die Fahrgäste das Licht der Deckenlampe auf volle ,oder auf eine geringere Stärke einstellen konnten.Um den neugierigen Blicken Anderer zu entgehen,konnten die Reisenden die Fenster mit Gardinen verschließen.Auf der kleinen Ablage,die unterhalb des Fensters angebracht war und die eine tischähnliche Funktion erfüllte,lag,neben einer Brille und einer geöffneten Büchse Cola,die Fahrkarte des Schlafenden.Unter dieser Ablage befand sich ein Hebel,mit dem man die Wärme,die die Heizung von sich gab,in verschiedenen Stufen regeln konnte.Der Abfallbehälter,unterhalb des Hebels,war,mit Ausnahme einer zusammengedrückten Dose,noch leer.
Philipp Konrad,so der Name des jungen Mannes,war einer derjenigen,die die deutsche Einheit genutzt hatten,um ihre Berufskarriere im Westen Deutschlands zu machen.Er hatte damals,nach einer geradeeinmal halbjährigen Berufspraxis als Schlosser in einer unbedeutenden,dreckigen Autoschlosserei einer südostdeutschen Kleinstadt nicht lange überlegen müssen,um seinen Job einfach hinzuwerfen,seine Freunde,Verwandte und seine Heimat hinter sich zu lassen und mit dem wenigen Ersparten aufs Geradewohl nach München zu fahren,ohne zu wissen,was auf ihn zu kommt.Seine beiden Eltern Martina und Wolfgang Konrad waren über seinen Entschluß erstaunt gewesen und hatten angeboten,ihn finanziell zu unterstützen,doch er hatte abgelehnt.
In München angekommen suchte er sich zunächst ein billiges Hotel .Erst nach einer Woche,in der er sich ausgiebig die Stadt und ihre Umgebung angeschaut hatte,suchte er sich einen Arbeitsplatz.Es hatte fast einen Monat lang gedauert,bis er einen Job in einer großen und modernen Autowerkstatt bekam.
Philipp war ein Träumer.Er träumte von fernen und romantischen Orten,an denen es noch wahre Liebe,Abenteuer und Freundschaft gab,an denen die Hektik einer Großstadt,der Lärm und Schmutz von Verkehr und Industrie,die Gier nach Karriere,Macht und persönlichen Reichtum und der Gegensatz von Arm und Reich nicht existierten.Er reiste in seinen Gedanken und Träumen mit den Helden aus Filmen und Büchern,die er geradezu verschlang mit und erlebte an ihrer Seite ihre Abenteuer mit.
Während am Fenster des Abteils das Dunkel der Nacht von den vorbeirauschenden Lichtern unterbrochen wurde und der Schnee das Licht reflektierte,träumte Philipp von einem Ort,den er aus einen Reisekatalog und aus einem Roman kannte,in dem von Wikingern und anderen nordischen Völkern erzählt wurde...



- 1.Nur ein Traum -

Inmitten einer saftig,grünen Wiese am Rande eines Berges stand einsam ein blaues Zelt.Es war später Vormittag,als ich,der Besitzer des Zeltes,mit verschlafenen Gesichtsausdruck,vor meiner Behausung erschien.Ich trug an diesem sonnigen Morgen einen blauen Trainingsanzug und hatte über meine rechte Schulter ein Handtuch geworfen.Den Berg vor mir und im Rücken eine riesige,vom Menschen scheinbar unberührte Wiese,stapfte ich den Berg hinauf,an dem ich mein Zelt gebaut hatte.
Das Blöken der Schafe,die auf der Wiese weideten,das Kreischen der Möwen,die auf Nahrungssuche am Himmel kreisten,das Geräusch,das der Wind verursachte,wenn er böenartig auffuhr,so wie es nur die Winde der ozeanischen Klimaregion vermochten,all diese natürlichen Geräusche wurden überlagert von dem tosenden Rauschen,dessen Ursache ohne Zweifel ein Wasserfall von immenser Höhe war.Der Fluß,aus dem dieser Fall entsprang,war mein Ziel.Mit seinem kühlen Wasser,dessen Ursprung sicherlich einmal ein Gletscher oder ein Schneefeld gewesen war,wollte ich meine Morgentoilette verrichten.
Nach wenigen Minuten kam ich an dem Fluß an.Ich entkleidete meinen Oberkörper und wusch mich.Anschließend tauchte ich meine Brille in das Wasser des Flusses und reinigte sie gründlich mithilfe eines Taschentuches.
Jetzt,nachdem mich das klare Wasser der Fossá erfrischt hatte,schaute ich mich um.Was ich sah,war eine sanfte Mittelgebirgslandschaft,die im Sonnenlicht erstrahlte,in deren Mitte ich der einzige Mensch zu sein schien.
Etwa fünfzig Meter östlich von mir stürzte die Fossá mit ohrenbetäubendem Getöse einhundertundzwölf Meter in die Tiefe.Vorsichtig lugte ich über den Fels schaute hinunter und genoß den Anblick dieses Wasserfalles,der einer der größten des Landes war.Da mir leicht schwindelte trat ich vom Fels zurück und ging ein Stück am Fluß entlang,bis zu der Stelle,an der mein Handtuch lag.
Ohne mich umzuschaun,denn ich war mir sicher,ich war allein,legte ich meine Kleider ab und sprang in das kalte Wasser des Flusses.
 

Zefira

Mitglied
Hallo SchnuffelAndree,

willkommen auf der Lupe erst mal und noch viel Spaß bei uns.

Es ist für mich ein bißchen schwierig, diesen Text zu kommentieren, weil er mir so angelegt scheint, daß die Hauptsache erst noch kommt. So geht jede Bemerkung dazu von meiner Seite in bißchen ins Blaue.

Interessant finde ich schon mal den abrupten Wechsel sowohl der Schauplätze, die verschiedener nicht sein könnten, als auch der Erzählperspektive (von der dritten Person zur ersten).

Beim Lesen des Prologs kam mir jedoch ein Ausspruch in den Sinn, ich glaube von Tschechow: "Jedes Gewehr, das an der Wand hängt, muß auch schießen!" Was bedeutet: es hat keinen Sinn, den Leser mit einer Fülle von Details zu überschütten, die für die Erzählung nicht von Bedeutung sind und die er obendrein längst kennt - wie z.B. die Funktion einer Notbremse (die mußt Du uns wirklich nicht erklären!) oder die Ablage unter dem Abteilfenster, die als Tisch benutzt werden soll. Das kennt jeder, der in seinem Leben je Zug gefahren ist, ohnehin.

Um die Atmosphäre des Orts einzufangen, genügt ein Detail, z.B das schummrige Licht, die abgestellten Gepäckstücke - und der Leser weiß, wo er ist, und denkt sich den Rest selbst dazu.

Kleiner Tip noch: hinter jedes Satzzeichen gehört ein Leerzeichen, das macht den Text übersichtlicher.

Lieben Gruß,
Zefira
 
Hallo,

danke für deine Info. Man merkt, das du nen Profi bist und weist, worauf es ankommt. Philipp Konrad war ein recht alter Text, den ich vor Jahren einmal für ein Schriftstellerfernstudium geschrieben habe. Ist sicher nicht ausgereift.


MfG
René
 



 
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