Postkartenidylle

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Zarathustra

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Postkartenidylle

Unkeusch feucht; - nackt und nass
Almwiesen von Wolken begattet
im Regen,
kleine Bäche sickern –
Rinnsal trinkende Au
sumpfig trunkene Welt.

Nebel ziehen,
Zigeunern gleich
heimatlos aus Tälern herauf; -
verschlingen die Wege,
vertreiben Krähen in Höhen hinauf
zur Spitze der moosgrünen Tanne.

Dotterblumen waschen ihre eigelben Köpfe
im Nieselregen
Bärlauch bestäubt vom Morgentau
Hahnenklee tropft
vor Nässe; -
fahler Tagmond schimmert quittegelb.
Noch am Morgen singt er von der Nacht.

Beifuss,
heil und leben spendende Artemis
Erdmutter,
nach der die hungrigen Zuchtochsen brüllen
mit grossen Augen voller Furcht,
das Maul gefüllt mit Angst.

Anders die Schellen der Kühe,
laut und kehlig
klingt es am Morgen
wie Glück unter den Federn der Wolken,
wo tollkühne Schwalben Mücken den
Mittagsglocken entgegenjagen.

Hochgrat,
östlich der Au
trägt es die schwimmende Sonne
auf Wolkentüchern
der schwülen Nachmittagsstunde entgegen.

Müde vom Laster,
bin ich,
nur summende Bienen
ein maändernder Tanz; -
ein Labyrinth ins Nichts.
Basstief brummen Hummeln
gegen flirrende Mauern blauender Himmel

Gewitter erwachen fern,
schweben über uns.
Hinter steilen Graten rollen Donner heran,
grollen aus heiseren Kehlen,
dröhnen wie Posaunen, rufen wider im Hochwald.
Stille; -
Atem holende Winde
beugen Bäume und Büsche,
Blätter im wirbelnden Staub.

Stürme treiben
schnaufende, schwere, schwarze Wetter herbei,
Unheil bringend tauchen sie tiefer auf das Hochmoor herunter.
Feuchte Auen dampfen unter zuckenden Blitzen.

Müde treibt der Tag
gegen die Ufer der Dämmerung.
Am Abend
bellen Hunde gegen den Mond,
sie keifen zornig gegen den Maimond,
bellen wie besessen,
bevor er ertrinkt in der schwarzen Nacht; -
Frühlingsmond
geh schnell, wandere weiter,
Andachtsglocken rufen dich; -
zum Gebet im Marienmonat Mai.

23/26.05.2005 © Hans Feil; Oberreute im Allgäu
 
Postkartenidyll

Lieber Hans,

das ist ja ein gewaltiges Werk, ich bin sehr beeindruckt!!!
Da ich die Gebirgswelt sehr schätze, habe ich Dein Gedicht mit großer Freude und mit Spannung gelesen. Dabei habe ich dann auch gleich vor meinem geistigen Auge einen großar-tigen Urlaubstag, gleich einem Postkartenidyll (bis auf die gewittrigen, stürmischen Unwetterphasen) erlebt.
Du verwendest sehr vielfältige und starke Metaphern, so daß Dein Werk dadurch ganz und gar lebendig wird.
Einen schönen Sommerabend wünscht Dir,

mit lieben Grüßen,

Brigitte.
 



 
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