Psychose

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tho schett

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Psychose

Jetzt sitzt es tagelang in ihm, und
entweder es schläft, - oder es schreit.
Vielleicht geht es irgendwann zu weit,
denkt er, - und sitzt mitten drin.

Und da sind so viele als Begleiter,
sie sind so still, und groß und stumm.
Und dulden alles, bis auf einen,
vielleicht auch noch ein Zweiter, -

der plötzlich, - alles hält den Atem an,
ein Ende setzt, mit schrecklicher Gewalt.
Nur weil er endlich Ruhe haben sollte,
dem großen Streit entkommen wollte.

Doch er selbst geht lautlos weiter,
und es sitzt nach wie vor in ihm.
Manchmal schweigt es, ach wie selten,
meistens schreit es, schreit mit ihm!

Dann ist er still, noch stiller will er werden,
der stillste, allerstillste Mensch auf Erden.
Doch es macht weiter was es will. In ihm.
 

Kasper

Mitglied
Hallo Tho!

Mehrmals habe ich heute deinen Text schon aufgerufen und "eingesaugt". - Und von mal zu mal habe ich ihn besser verstanden, den Text und diesen armen Menschen.
Sehr gut dargestellt, dieses Zerwürfnis einer multiplen Persönlichkeit - lediglich das "tagelang" würde ich überdenken, da eine schizofphrene Psychose in der von dir interpretierten Intensität eher längerfristig "reift".

Für mich ein einwandfrei nachvollziehbarer Zustand in interresanter Form dargebracht.

Lieben Gruß,
Kasper :)
 

Kasper

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interessant

"interessant" sollte es natürlich heißen! - war wohl ein unterbewusster Ausdruck meiner grammatikalischen Persönlichkeitsspaltung! ;)

lg,
Kasper
 

rosste

Mitglied
"Dann ist er still, noch stiller will er werden,
der stillste, allerstillste Mensch auf Erden."
- das ist einfach gut gesagt
von einem,
der so
"mit schrecklicher Gewalt"
eine veränderung herbeiführen möchte.

"und es sitzt nach wie vor in ihm."
- das ist beides
resignation, dass alles bleibt, wie es ist
und
erfahrung, dass veränderung schwer fällt.

"dem großen Streit entkommen" - geht eben nicht

"es sitzt nach wie vor in ihm."

unbehandelbar?

ehrliches gedicht, was soll ich da noch dazu sagen?


"Doch es macht weiter was es will." Komma zwischen weiter und was.

lg
 

NewDawnK

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Hallo tho schett,

eine interessante "Innenansicht", die die Entfremdung eines Menschen zum Thema hat.
Ich vermute, dass Menschen in einer aktiven Psychose kaum so viel eigene Krankheitseinsicht besitzen, sich in dieser Weise selbst zu abstrahieren.
Du beschreibst das Fühlen Deines Protagonisten von außen.
Handelt es sich demnach um die Perspektive eines Beobachters, der etwas von außen beschreibt, das er selbst nicht persönlich erlebt/gefühlt hat?

Gruß, NDK
 

tho schett

Mitglied
@Kasper
Danke fürs "einsaugen", schön zu wissen dass jemand einen Text wirklich ernst nimmt, und er noch gefällt dazu. Zu "tagelang": Da hast du einerseits natürlich recht, und ich werd mir das noch überlegen. Andererseits gibt es in diesem Bereich Schwankungen, Phasen des Auf- und Abflauens, auf die sich ein solches "seit Tagen" auch beziehen könnte.

@rosste
Danke! Deine Gedanken dazu sind interessant und haben auch mich noch mal neu angeregt.

@NewDawnK
Das ist eine berechtigte, zugleich aber auch schwierige Frage. Du sagst ja selber, dass Menschen in einer "aktiven" Psychose dazu nicht fähig sind, danach aber vielleicht sehr wohl. Aber um folgendes klar zu stellen: Ich hatte bisher keine Psychose (und hoffe im Übrigen, dass das so bleibt, denn es kann jeden treffen).

Dennoch habe ich beruflich viel damit zu tun gehabt. Also, um die Frage zu beantworten: Es ist eine Mischung aus intensiver theoretischer Auseinandersetzung, Erfahrungen im beruflichen Alltag mit Menschen in psychotischen Phasen und dann noch ein bisschen Imaginationskraft.

gruss an alle

tho
 



 
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