Realitas und Romeo

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JeanJeudi

Mitglied
Realitas Du böser Held
Komm stell dich mir! Der Recke gellt
Steh nicht so steinern, ruhig, stumm
Mich treibt die blanke Wut. Zu dumm

Du weichst mir nicht mit Schritten aus
Bleibst stehen dort im Weltenhaus
Denkst Du, ich beug mich sanft heut und ergeben
Mich treibt die blanke Wut zu Leben

Komm stell Dich, riesig, meiner Wut
verweile nicht, gib frei die Glut
die mich nicht nährt, nicht wärmt, nicht speist
weck auf in mir des Ritters Geist

Wir sind geschaffen, nicht für Leiden
und keiner wird den andren meiden
Lass Dir nur sagen, ohne Hohn
in jeder Zeit besiegt ich schon

das was für mich Du vorgesehn
kann streiten, kämpfen, vorwärts gehn
Nur eines kann ich wirklich nicht
allein stehn, ohne Licht

Ich laufe, springe, weiss vor Glut
mit kaltem Herz, doch voller Mut
Du vor der Sonne, starr wie Stein
ab heute wirst Du anders sein
 

JeanJeudi

Mitglied
Den metrisch Orientierten sei angeraten das Folgende zu beachten:
Dort, wo es nach euren werten Normen hakt, liegt hier das Entscheidende verborgen. Merci für eure werte Toleranz.
 

Rhea_Gift

Mitglied
Hi,

die zwei Zeilen, die holpern,

Denkst Du, ich beug mich sanft heut und ergeben

allein stehn, ohne Licht

sind wirklich bedeutsam - aber dann hätte ich auch in die letzte noch nen Hopser eingebaut - dann passen Form und Inhalt auch komplett zusammen... und kommt überzeugend als gewollt rüber ;)

Hier würd ichs umdrehen, muss aber nicht unbedingt, nur ein Lesegefühl:

in jeder Zeit besiegt ich schon

das was [blue]Du[/blue] für mich [strike]Du[/strike] vorgesehn

LG, Rhea
 

Sta.tor

Foren-Redakteur
Hallo JeanJeudi,

ein bisschen viel Wut zu Anfang für meinen Geschmack.
Warum die aus der Reihe tanzenden Verse besonderer Bedeutung unterliegen, erschließt sich mir, ehrlich gesagt, auch nicht so ganz. Warum kann es nicht heißen:

Denkst du, ich beug mich sanft ergeben

bzw.
Denkst Du, ich beug mich heut ergeben
oder
alleine stehen, ohne Licht.?

Was macht den Unterschied? Ich kann keinen erkennen.

Viele Grüße
Sta.tor
 

Rhea_Gift

Mitglied
Hey Sta.tor -

die genannte Zeile beugt sich eben nicht - auch formal nicht. Ist auch die längste Zeile. Bricht aus aus dem Schema... hab sowas auch schon versucht, kommt bei Lesern aber oft nicht an.
Ebenso das allein stehn - steht halt allein da - auffällig klein und nicht reinpassend in seine metrisch sonst glatte Umgebung.

So verstehe ich es - aber genau deswegen muss die letzte Zeile dann auch wirklich "anders" sein als der Rest - vielleicht kursiv setzen??

Mit der Wut hast du recht, ist wirklich etwas viel - aber die blanke Wut scheint mir hier absichtlich wiederholt in S1 und S2 - und dann geht Lyri in der S3 genau auf diese ein - wäre komisch, wenn es dann plötzlich Zorn hieße... für mich passt es daher.

LG, Rhea
 

JeanJeudi

Mitglied
Liebe Rhea,

über dem "Du", dem vorgezogenen, habe ich lange gesessen. Ehrlich gesagt, hat es so zuerst auch auf dem Blatt gestanden. Der Inhalt passt eh, weil voller Wut. Ich hab es verrückt. Es klingt sperriger, altbacken. Es verträgt aber am Schluss keine Korrespondenz.

Was holpern soll ist das, was die Wut erst entstehen lässt. Das Heute. Die Hoffnungslosigkeit.
Dem gegenüber steht ein klassischer Schluss. Ohne "Un"reim. Wenn sich der Bauch an den richtigen Stellen zusammenzieht, dann wird Realitas heut anders sein. Der Schluss verträgt keinen Holperer. Sry. Er ist die Lösung dessen, was mir vorher Bauchschmerzen bereitet hat.

Lieben Dank für Deine Beschäftigung mit meinen Zeilen. Ich bin romantisch, nicht wagemutig.


Lieber Sta.tor,

natürlich kann ich auch Schiller nachäffen oder mit meinem Finger beim Schreiben auf dem Tisch klopfen. Das möchte ich aber nicht. Ich hab schliesslich eine Feder zu halten. Ich weiss nicht einmal, ob ich das in lesbarer Form könnte.
Da Du den Unterschied selbst niederschreibst, gibt es ihn wohl. Genau der ist es, der "ein bischen viel Wut" ausdrückt. Ich hatte nicht vor episch zu dichten, sondern voller Wut habe ich.

Auch Dir danke ich sehr für Lesen und Kritik.

Jean
 

Rhea_Gift

Mitglied
Hallo Jean.

mit der Begründung, klar - und ein romantisches Ende ist nach dem Wut entbrannten Wagemut ja auch ein schöner Schluss... :)
Romantik nach Wagemut läge mir auch näher als ein Wagemut ohne einen wollendes Ziel... nach dem Sturm halt auch Ruhe wieder gefragt nicht nur davor - die danach nur viel schöner, entspannter :)

LG, Rhea
 



 
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