Regensburg

Omar Chajjam

Mitglied
Regensburg

Das Café am Bahnhof

Ich mag nicht klagen, aber ich fühl mich hier nicht wohl. Eigentlich möchte ich weg aus Regensburg. Immer wenn ich den Eurocity einfahren hör, drüben in den Bahnhof, den nach Budapest, denk ich an den Plattensee und an die große ungarische Stadt. Dann wär ich gern ein Café aus der Gründerzeit mit eleganten Damen und Herren an meinen mit den Blumen des Tages geschmückten Caféhaustischchen, die über die neueste serbi-sche Krise plaudern und sich über den Kaiser in Wien ärgern. Statt dessen stehe ich hier dumm herum in Regensburg – oder vielmehr, die Leute sitzen in mir dumm herum und trinken Klosterbräu statt Kaffee. Ja, so sinds halt, die Regensburger.

Man kanns kaum glauben, daß hier amal die Residenz der bayerischen Kurfürsten war und daß hier Reichstage abgehalten wurden. Am Bahnhof merkt man sowieso nichts da-von. Hier kommen nur Reisende her, wenns draußen regnet in Regensburg, die gleich erschrecken und schnell wieder gehen wollen oder Rentnerinnen, die sich beim Bier eine warme Nase holen.

Die Sprache der Regensburger kann ich auch nicht richtig verstehen, trotzdem ich schon so lange da bin. Manchmal ertapp ich mich dabei, daß ich a bisserl Dialekt spreche und dann schäm ich mich vor meinen Kollegen in Wien. Eigentlich bin ich ja gar kein richtiges Café mehr, seit sie bei mir Pizza und Spaghetti bestellen können und ein italienischer Be-sitzer der Chef ist. Der hiesige Dialekt hat sowieso nur wenig mit dem Deutschen gemein-sam. Er ist auch inhaltlich auf das Wesentliche reduziert wie „I häd gern noa Bia“ oder „Hams vieleichd noa Semml“, daß einem ehemals anständigen Café wie mir die Sau graust.

Die schönste Zeit hatt ich übrigens damals, als ich über und über mit roten Fahnen ge-schmückt war. Das war , als die Männer mit den braunen Uniformen und den Schnurrbär-ten unter den roten Nasen bei mir einkehrten mit kleinen, schüchternen Frauen am Arm. Heut stehen statt des Fahnenschmucks nur Plastikblumen und durstige Zimmerpflanzen auf meinen Fensterbänken. Nur die gleichen kleinen Frauen kommen immer noch zu mir – und manchmal, aber immer seltener auch die gleichen Männer, aber ohne die Unifor-men. Und sie unterhalten sich immer noch über die gleichen Themen in ihrer fremdartigen Sprache. Nur, daß sie sich nicht über Juden auslassen, sondern von den Ausländern re-den, die sie rauswerfen möchten, aus Regensburg.

Dann möcht ich als Café ganz weit weg sein, weiter noch als bis Budapest. Denn da stamm ich eigentlich her, aus der Türkei.


Das Theater

Ich wird gerade umgebaut, daher fühl ich mich innerlich so leer, ganz ohne Schauspieler und Besucher. Aber im Grund geht’s mir gut, ich kann mich vom Regensburger Publikum erholen. In den letzten Jahren sind mir die vielen Abonnenten schon ganz schön auf die Nerven gegangen mit ihren ewiggleichen Themen „Wie gehds eana denn. Scho long nimma gseng. Des moderna Zeig mogi ned, oba mei Abo bhold i“. Trotzdem, ein bißchen fehlt mir der Duft der Frauen in den Abendroben und schwarzen Kleidchen.

Bald bin ich ja fertig geputzt. Dann kommt ganz sicher der bayerische Ministerpräsident zu meiner Einweihung und hält a Red. Das wär dann ein Höhepunkt in meinem Leben. Dann gebens sicher die Czardasfürstin. Zum Wagner reichts ja nicht richtig bei dem un-terbesetzten Orchester. Wenn das alles so kommt, dann soll nur noch amal einer sagen, daß ich eine Provinzbühne bin und daß die Tänzerinnen nur in der Gegend herumham-peln, wenn sie einen echten Czardas tanzen. Ich bin immer noch ein Dreispartentheater und das sind andere schon lange nicht mehr. Verzeihns mir übrigens meine Aussprach, aber ich bin ja schließlich der kulturelle Höhepunkt der Oberpfalz.


Die Donau

Also, ich bleib nicht hier in Regensburg. Lieber fließ ich ins Schwarze Meer. Servus.
 
K

Kadra

Gast
Hallo Omar!

Du wirst wohl damit leben müssen, dass einige deiner Sachen ohne Antwort bleiben. Mich wundert die Art, wie du hier (immer wieder) Feeback einforderst, ohne jedoch selbst zu anderen Autoren Kommentare zu verfassen.

Gruss von
Kadra
 



 
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