Reste

3,70 Stern(e) 3 Bewertungen

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Was bleibt
sind ein paar Worte,
seltsam ungeordnet,
grobe Skizzen auf liniertem Papier.

Vielleicht
ein roter Drachen,
hingemeißelt vor die letzte Oktobersonne,
ein Mahnmal im fahlen Blau.

Eine Ahnung
der möglichen Liebe -
zwei Blätter
im wilden Veitstanz auf dem Fluss,
ein Wissen vom Meer
braucht es nicht.

Was bleibt
ist der Lärm aus den Hinterhöfen,
magischer Anziehungspunkt
und wenn du näher kommst,
schreien sie:
Tod den Poeten.
 

revilo

Mitglied
Hallo Franke, ein Mensch sitzt vor einem Stück Papier, das er
zuvor mit Buchstaben bestückt hat. Er hält einen kurzen Moment inne, beschnüffelt sein Werk und weiß nicht so recht, wie er sich fühlen soll. War der lyrische Toilettengang erfolgreich? Oder droht eine manische Verstopfung? Du hast für mich den Prozess des Schreibens ziemlich gut dargestellt. LG revilo
 
B

Beba

Gast
Für mich spiegelt der Text auch genau den Schaffensprozess und das Auftauchen zurück in die Wirklichkeit wieder, das oft mit Zweifeln behaftet ist. In der kreativen Phase, wenn man alles aus einer anderen Ebene betrachtet, sieht man diese roten Drachen oder tanzende Blätter auf einem Bach. Man taucht in diese Bilder ein, lebt in ihnen. Wie grausam dann der Moment, wo alles nur Worte sind, Skizzen der Phantasie! Und wo die Realität Lärm und Hinterhöfe sind. Und dann die Möglichkeit, dass das eigene Schaffen vielleicht für nichts gut ist, nicht in die Wirklichkeit, nicht in die Zeit passt.

Ob die Interpretation der Intention des Autors folgt, weiß ich nicht. Für mich ergibt sich aber ein klares Bild, und so gefällt mir der Text.

Ciao,
Bernd
 

ENachtigall

Mitglied
Was bleibt
ist der Lärm aus den Hinterhöfen,
magischer Anziehungspunkt
und wenn du näher kommst,
schreien sie:
Tod den Poeten
Ein schöner Anfang: so lange alles im Vagen liegt, in der Schwebe bleibt, tragen die Mosaik-Schnippsel sämtliche Möglichkeiten in sich wie ungeborene Bilder. Versuchst du aber, ihnen beizukommen, schreien sie dich nieder: Ein jähes Erwachen.

Mich stört am Schluss das anonym personifizierte "sie"; da wäre ich lieber beim einfachen Lärm geblieben. Vorschlag:

... und wenn du näher kommst
hörst du nur höhnisches Lachen

Damit bleibst du in der Aussage zwar weniger konkret, aber dem einfühlsamen Leser dennoch ein offenes Buch.

Was bleibt, ist in jedem Fall dein schönes Beispiel der beiden Vielleichts.

Grüße von Elke
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo ihr drei!

Danke für eure Kommentare.
Ihr habt meine Intention bis auf einen Punkt getroffen. Es geht mir nämlich nicht alleine um den Schaffensprozess, sondern auch um die Reaktion der Außenwelt.
Deshalb ist der Tod der Poeten hier wichtig und sollte auch so bleiben.

Liebe Grüße
Manfred
 



 
Oben Unten