Rosenrauch

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ENachtigall

Mitglied
Rosenrauch

für sergeRobert


seit nicht mehr ich
mein Herz an prallen Blütenbrüsten
dumm, durstig und welk schlage
nicht mehr begreife
als der Dornen rotes Gespür
für den Hunger phantastender Hände
bleibt allenfalls äuglings
der Griff nach Jenem
nach diesem bestechenden
Schön vereinzelter Sterne


am Firmament
der Neuen Nüchternheit


[ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4]so sie das Ausufern
[ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4]der Katzenjammertage
[ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4][ 4]seltsam mittelos benachtet


stürzen ab
kurz vor Elf
die jungen Worte
von den Umlaufbahnen
wollen alle nur noch
Sputnik heißen​


Roter Mond, was atmest du schwer am Rauch der verruchten Rosen



© elke nachtigall
August 2011
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Elfenzeit ist voller Abstürze. Wie wahr.
:)

Ganz schön sperriges Gedicht, das sich windet und die Ernüchterung auch als Textbild präsentiert.

Bei den Metaphern bin ich etwas ins Stolpern geraten. Benachtete Nüchternheit - da muss man sich erst einmal überlegen, wie man zu diesem emotionalen "nüchtern" steht, um das "seltsam mittelose" Benachten gedanklich aufbrechen zu können.
Überhaupt schwelgst Du in Neuschöpfungen.
Seltsamerweise finde ich das gar nicht gekünstelt sondern eher elegant. Eine Wortspirale, die sich in den Boden dreht, wie eine Schraube oder eine Tänzerin im roten Bolerokleid.

Du überraschst als Lyrikerin immer wieder!
 

HerbertH

Mitglied
liebe Elke,

hinter den eindringlich schönen metaphern stiegen nach dem dritten oder vierten lesen bilder auf, die mir das gefühl gaben, vielleicht ein kleinwenig verstanden zu haben. Ein lyrI, verletzt von den dornen vergänglicher gefühle, dem die worte durch den kopf wirbeln wie satelliten, auf der suche nach abstand , und das schließlich seine klage dem abendmond und den gestirnen entgegen schleudert.

Liebe Grüße

Herbert
 
F

Fettauge

Gast
Hallo Elke Nachtigall,

ich stehe diesem Gedicht etwas gespalten gegenüber: auf der einen Seite begrüße ich Neuschöpfungen von Wörtern, sofern sie ein oftmals ge- oder vielmehr missbrauchtes Wort adäquat "übersetzen", wie ich überhaupt ein Freund von lyrischen Metaphern bin. Tun das aber zum Beispiel die "phantastenden" Hände? Auf der anderen Seite habe ich aber doch ein wenig den Eindruck, dass du hier auf Teufel komm raus dich an Neubildungen versuchst, um "originell" zu wirken. Das verleidet mir am Ende doch ein wenig den ästhetischen Genuss des Gedichts, das durchaus seine sprachlichen Schönheiten hat, die ich zu schätzen weiß. lg Fettauge
 

ENachtigall

Mitglied
@ GerhardBakenfalter,

ich habe mich sehr über Deinen Beitrag gefreut.

@ Phiebi,

dumm: ich habe hier das Wort im Sinne von "wider besseres Wissen, aus Nachlässigkeit, unvernünftig" gebraucht. Es sei nicht so abwertend gemeint, wie umgangssprachlich oft interpretiert.
Auch ein herzliches Danke für Dein Feedback.

@ Karl,

danke, für die Beglückwünschung und das große Lob.

@ revilo,

danke, Oli, auch Dir, dass Du Deine Begeisterung gleich in die Tasten gehauen hast.

@ Franke,

gern geschehen, Manfred. Ob das Kunst oder gekünstelt liegt letzlich im Empfinden des Lesers.
Ich wollte einfach etwas zum Ausdruck bringen.

Euch allen einen lieben Gruß,

Elke
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Elke,

das Firmament der Nüchternheit ist dem Lyri zu gönnen, nachdem die angebliche "Rosenzeit" so viel Leid brachte in der ersten Strophe.

Die Sterne stehen unverrückbar am selben Platz und manchmal kommt ein Komet vorbei und splittert kurz vor elf einige Teilchen funkelnd herab, aber das Lyri lässt sich nicht mehr beeindrucken von dieser Leuchtkraft, diesem aufgebauschten Getue, wenn jedes Splitterchen vortäuscht, dass es doch die Raumstation sei, die allerdings auch gerade über den Himmel gleitet. Nein, nein, inzwischen hat das Lyri den Blick geschärft.

Und auch der Mond weiß, wie oft er mit Liebesschwüren belästigt wird, die morgen schon nicht mehr wahr sind.

"Das bestechende Schön" vereinzelter Sterne bringt die Rettung aus vergeblichen Anläufen zum Glücklichsein in den Rosenzeiten.

Die vergangenen Abende mit diesem Sternschnuppenregen und die sichtbare Raumstation haben Dir möglicherweise diesen gekonnt geschriebenen Text entlockt. Vielleicht hattest Du aber auch andere Inspirationen. Wie auch immer, die Aussage bleibt dieselbe und war für mich (allerdings nur wegen der Gedankenverbindung zu diesen Himmelserscheinungen ) leicht zu entziffern.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
bleibt allenfalls äuglings
der Griff nach Jenem
nach diesem bestechenden
Schön vereinzelter Sterne
Viel mehr ist es ja nie. Allerdings: der Griff, das ist Dir zuzutrauen, bleibt durchaus eigenhändig (wie mit diesem Gedicht bestens bewiesen).

Danke Dir!

Serge/Robert
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo lap,

vielen - wenn auch denkbar späten - Dank für die Blumen!

Benachtete Nüchternheit - da muss man sich erst einmal überlegen, wie man zu diesem emotionalen "nüchtern" steht, um das "seltsam mittelose" Benachten gedanklich aufbrechen zu können.
Genaugelesen handelt es sich um eine "benacht[red]ende[/red] Nüchternheit".
Warum? Weil ich mir "Neue Nüchternheit" nur als einen Prozess vorstellen kann, der sich aus dem Zulassen stark einwirkender äußerer Kräfte allmählich vollzieht. Dabei erscheint das Neue noch ohne Mitte, weil alle "Fühler", wie Wahrnehmung, Stimmungsbildung, Orientierung, Bedürftigkeit, etc. noch auf das Alte geprägt sind. Als solche ist sie denkbar fragil; daher sogar selbst ob ihrer Haltbarkeit noch in Frage gestellt ("so sie ...")

(Nebenschauplatzbegehung:

Man hat in der Stadt Oberhausen (und seitdem an vielen anderen Orten Ähnliches gestartet) in den Neunzigern z.B. auf einer großen Industriebrache einen wirtschaftlichen Wiederbelebungsversuch unternommen, indem man einen Einkaufs- und Unterhaltungspark aus dem Boden stampfte; das Ganze wurde "Neue Mitte" genannt. Mich interessiert seither - auch weil ich dort arbeitete - die Frage, inwieweit tatsächlich eine Mitte "synthetisch", gewissermaßen künstlich" verschiebbar sein kann. Welchen Grenzen (bezüglich Ausmaß und Tempo) hält ein Ganzes stand, um nicht an solchen Umbildungen zu zerbrechen?)

Sorry, das hat sich hier so in den Text eingeschlichen und ist sicher nicht unbedingt nachvollziehbar. Aber ich finde den Einfluss solcher Intuitionen beim Schreiben lyrisch befruchtend und mute ihn deshalb auch meinen Lesern gern zu :)

Liebe Grüße,

Elke
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Herbert,

hinter den eindringlich schönen metaphern stiegen nach dem dritten oder vierten lesen bilder auf
Was mehr kann sich ein Autor wünschen, als dass der Leser diese Geduldund den Willen aufbringt , sich mit den Worten auseinanderzusetzen und anzufreunden, wie Du es hier getan hast!

Ich habe Deinen Auslegungen nichts entgegenzusetzten und lasse sie gerne als Lesart stehen.

Vielen Dank für Deinen Kommentar und liebe Grüße,

Elke
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Fettauge,

danke, dass Du mir mittels Deines Kommentars nahelegst, Beweggründe auf die eine und andere Weise offenzulegen:

auf der einen Seite begrüße ich Neuschöpfungen von Wörtern, sofern sie ein oftmals ge- oder vielmehr missbrauchtes Wort adäquat "übersetzen", wie ich überhaupt ein Freund von lyrischen Metaphern bin. Tun das aber zum Beispiel die "phantastenden" Hände? Auf der anderen Seite habe ich aber doch ein wenig den Eindruck, dass du hier auf Teufel komm raus dich an Neubildungen versuchst, um "originell" zu wirken.
Anders als Du, (ge)brauche ich Neologismen, - nicht, um Worte zu übersetzen; eher - um Fäden, die ich zwischen Sprach- und Deutungsebenen spinne, sichtbar zu machen. Dass Dir das willkürlich und effektheischerisch erscheint, muss ich so inkauf nehmen. Mir eröffnet es Räume, die begehbar erscheinen. Ob sie es für Andere auch sind, bleibt dahingestellt.
So sind die "phantastenden Hände", Wesen zwischen vorgefundener und imaginierter Welt. Sie kratzen Löcher in die Trennwände; hämmern, klopfen, meißeln daran. Oder zementieren sie neu. Je nachdem.
Ich brauche diese Durchlässigkeit zwischen den Schichten.

Auf der anderen Seite halte ich bewusst an Worten fest, die manchen als abgegriffen erscheinen mögen (dumm, Schön) - vielleicht, um dennoch ein sprachliches Gleichgewicht zu halten. Dass es nicht kippt, unter der neologistischen Last.

Vielen Dank, für Dein mutiges Entgegentreten, den sonst so lobenden Kommentaren.

Liebe Grüße,

Elke
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Vera Lena,

vielen dank für Deine, wie immer sehr vergnüglich zu lesende, emphatische Interpretation der Zeilen.

Vielleicht hattest Du aber auch andere Inspirationen. Wie auch immer
Diese, Deine herzensoffene Einstellung finde ich riesengroß!

Liebe Grüße,

Elke
 



 
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