Ruhelos

DirkH

Mitglied
Ruhelos
Januar/Februar 1994

Mondlicht ueber Neonlampen.
Feuchte, kalte Luft laesst den Atem zu Dampfwolken werden. Auf den Strassen hat sich das Wasser in Pfuetzen gesammelt. Um diese Zeit sind nicht mehr viele Menschen unterwegs. Es ist zu spaet, das Wetter zu kalt. Niemand ist jetzt gern draussen unterwegs.

Aber verzweifelt suche ich in den fremden Gesichtern nach einem vertrauten Blick. Angespannt und ruhelos. Das vertraute Gefuehl meiner schwarzen Lederkleidung passt zu der Unnahbarkeit, die ich nach aussen hin trage, um Trauer, Schmerz und Einsamkeit zu verdecken.

Was wenn ich sie nun treffe? Wie wird sie sich verhalten, wie werde ich reagieren? Meine Augen verengen sich als der Druck in meiner Brust groesser wird. Die Bewegung tut mir gut - noch. Spaeter wird der Schmerz hinzukommen, doch ich werde weiter laufen bis ich gefunden habe was ich so verzweifelt suche. Oder bis ich vor Erschoepfung nicht mehr kann. Dann werde ich nach Hause zurueckkehren, den Anrufbeantworter kontrollieren und dann vor Muedigkeit einzuschlafen. Wieder ein Tag voll Unruhe und Unwissenheit vorbei, keine
Hoffnung auf den morgigen.

Ein nutzloses Erwachen nach einer ruhelosen Nacht. Die Erschoepfung war nicht tief genug. Zu lange lag ich wach, in der Dunkelheit. Meine Gedanken wanderten, versuchten zu verstehen waehrend ich mich erinnerte. Immer wieder durchlebe ich in Gedanken das Vergangene, versuchte zu verstehen, meinen Fehler zu finden. Fragte mich, was waere passiert wenn...
Ich weiss das ich nichts mehr aendern kann, zu weit ist sie weg, zu verschlossen. Was immer es war, was sie wieder von mir entfernte - innerhalb von Minuten, - nachdem wir uns so nahe waren. Fragen ohne Antworten.

Ich ertrage den Vormittag, schlage die Zeit tot. Erledige wichtige Dinge, die mir nutzlos scheinen. Doch ab dem fruehen Nachmittag kommt wieder die mir so vertraute Unruhe, wird immer staerker, treibt mich ruhelos auf die Strasse. Vielleicht heute?´

Ich weiss das mein Wunsch irreal ist. Wuerde ich sie sehen, wer waere bei ihr? Ich suche die Klaerung meiner Fragen oder den Schmerz der mir die Ruhelosigkeit nimmt, mir klarmacht wie sinnlos mein Verhalten ist.

Ich hielt mich immer fuer einen Realisten, ich analysiere, denke nach und handele. Doch diesmal laesst mich mein Geist im Stich. Zu unwirklich sind die Gefuehle, zu tief. Ich bin kurz zu Hause. Suche Trost in meiner Musik. Schnelle, harte Musik laesst den Schmerz nicht mehr so schlimm erscheinen. Ich esse etwas, bevor ich es in meinem Zimmer nicht mehr aushalte. Alles ist zu ruhig, laesst mir zuviel Raum zum Nachdenken, kein Platz zum Handeln.

Also bin ich wieder unterwegs. Der einsame Steppenwolf, als der ich mich so gerne sehe. Draussen, auf der Suche nach der Begegnung die zur Erfuellung oder zum Schmerz werden kann. Egal was passieren wuerde, es waere endlich wirklich. Als auch dieser Tag vorbei ist, kehre ich muede, mit schmerzenden Knochen in meine Wohnung zurueck. Waerme mich auf, versuche endlich frei zu kommen. Von meinen Gefuehlen, ihren Gefuehlen, die so real waren und wieder verschwanden als haetten sie niemals existiert.

Ich versuche zu schlafen, weiss das ich sie morgen sehen werde. Kurz nur, bevor sie faehrt. In ihre Welt die so entfernt ist von meiner. Ich verbleibe, im meiner - vertrauten - Welt, die mir so fremd geworden ist.


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DirkH69@gmx.de
 
S

Sanne Benz

Gast
Hallo dirk,
ich hatte es schon einmal gelesen..
also zumindest bringst Du diese RUHELOSIGKEIT gut rüber..
steckt an..(mein Termin um 12 macht mich jetzt schon zappelig)
Das was zwischen den Zeilen steht..das kann ich nicht lesen,nicht mal erahnen.
Was mir dann gefällt ist der Schluß.(letzten drei Zeilen)
Zu spüren also sehr gut Deine Ruhelosigkeit..
und irgendwie scheinst "Du" Deine Zeit ganz nach "ihr" aus zu richten,es scheint,als wäre da null Platz mehr für anderes,andere Dinge.
Völliges Aufgeben,Hingabe,Selbstaufgabe..das fällt mir noch dazu ein.
Nur mal meine Gedanken zu diesem Text..
lG
Sanne
 



 
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