Russisch Roulette

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Fleur de Sol

Mitglied
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Die schnurgerade Schlange Unter den Linden ist nicht lang.
So früh am Morgen warten nur Damen an der russischen Botschaft.
Die Grazien stöckeln in Lackpumps aus Italien, transparenten Pantoletten oder Sandaletten mit strassbesetzten Riemchen unruhig auf und ab. „Klack, klack. Klack, klack. Klack, klack“, hallen zwanzig Paar High-Heels auf dem Gehweg.

Oh Gott, lauter Schuh-Amazonen!
Zwar sind ihre sexy Stilettos kein geeignetes Schuhwerk für das Berliner Straßenpflaster, aber als Waffe durchaus brauchbar. Genial - Russinnen haben immer ein Ass im Ärmel!

Wenn ich dagegen mit nackten Zehen in den abgewetzten Biolatschen aus dem Kleiderschrank meiner Freundin nicht "ausversehen" auf offener Straße massakriert werden will, muss ich vorsichtig zu Werke gehen. „Kto poslednaja?“, erkundige ich mich so demütig wie möglich nach dem Ende der Schlange und schaue treudoof auf die Wartenden.

Vom Top-Model-Verschnitt am Aschenbecher kommt ein müdes Kopfnicken.
Die platinblonde Dame in Lederstiefeln – außerhalb der Reihe – ist demnach als Letzte gekommen. Wahrscheinlich plant sie eine Tour ohne Umwege. Direkt nach Sibirien! Andernfalls bleibt mir die Wahl ihres Schuhwerks unverständlich.
Overknee‘s, bei der Affenhitze!

Die Turmuhr schlägt acht, als ein Schmerbauch mit Goldkettchen überm Trainingsanzug auf uns zusteuert. Er schnauft vor Wut, und sein „Ju… twoju ma…! “ – Donnerwetter prasselt auf mich nieder.
Na klar, auf wen sonst? Die anderen Damen sind ja gerüstet!

Ob ihn nun die Reaktion der rauchenden Blondine nervt, weil sie ihn – bei seiner Bitte nach einer Zigarette – von ihren Plateau-Tretern herab keines Blickes würdigt, und ich das Kichern nicht unterdrücken kann, da er neben ihr zum Zwerg mutiert, oder … ob ihm sein Gesprächspartner am Handy soeben „Russisch Roulette“ androht, kann ich nicht mehr feststellen, denn ein Amtsträger steckt seine fleischigen Lefzen durch die Tür am Eingangsportal.
Bevor ich mich versehe, stürmen alle auf ihn zu. Fast alle!

Goldkettchen und ich bleiben auf unseren Plätzen und fixieren uns mit Blicken.
Bis ich begreife, dass man dem Mopsgesicht am Eingang zuerst seinen Ausweis entgegenwerfen muss, um später Einlass zu erhalten, fällt die Tür hinter dem Amtsträger ins Schloss.
Ohne meinen Pass!

Mit zwanzigminütiger Verzögerung stolpere ich durch die Sicherheitsschleuse, und meine Nagelfeile aus Glas wird zum Schutz der Staatsdiener vor tätlichen Angriffen in einen dicken Stahlschrank gesperrt.
Seltsam, dass im selben Spind nirgends die zwanzig Stilettos-Paare zu erspähen sind!

Kopfschüttelnd erklimme ich die Treppe zur Visa-Abteilung, wo sich die Amazonen scheinheilig auf den Sesseln räkeln. Keine von ihnen ist barfuß.
Versteh einer die Russen - bei solch einem Waffenarsenal wähn(t)e ich mich keinesfalls in Sicherheit!
 

JANKO

Mitglied
Hi, Fleur de Sol!
Für eine tiefschürfende Kritik fehlt mir die Kompetenz,
aber mir kommt das Ende zu plötzlich.
Obwohl die Botschaften für die Besucher eingerichtet
werden, ist für ihre Beschäftigten doch jeder Kontakt
während der ArbeitsZeit ein Ärgernis, welches überhaupt
nicht länger zu ertragen wäre, gäb es nicht das Ventil,
die Leute StaatsMacht spüren zu lassen.
Das gilt für mopsgesichtige Anal-phabeten ebeso, wie
für den Botschafter, der sich nie sehen läßt.
Es bleibt bei mir die (unbeantwortete) Frage nach dem
Erfolg des Besuchers.
 

Fleur de Sol

Mitglied
Hallo Janko,
... eigentlich war das auch gar nicht meine Absicht. Ich wollte lediglich die kuriose Situation mit der russischen Damenwelt "auf's Korn" nehmen - eine kleine Begebenheit des Alltags.
Aber vielen Dank für Dein Feedback!
VG Fleur
 

Charmaine

Mitglied
Hallo Fleur,

die kurze Szene entlockt mir ein breites Grinsen, aber mir fehlt doch etwas die Klarheit von Freund(in) oder Feind. Sind wirklich die stilettotragenden Damen eine Bedrohung oder eher die machistischen Männer des Botschaftspersonals?

In den beiden letzten Absätzen weist du zweimal auf die nicht abgegebenen Stilettos hin. Das zerfranst stilistisch ein wenig. Vielleicht könntest du eine Verbindung zwischen dem leeren Safe und den noch an den Füßen befindlichen Schuhen herstellen, das machte es runder.

Ansonsten: Gerne gelesen.

LG Charmaine
 

Fleur de Sol

Mitglied
Hallo Charmaine,
ich danke Dir für Deine Rückmeldung.
Es ist für mich immer schwer nachzuempfinden, was der geneigte Leser interpretiert. In diesem Fall wollte ich ausdrücken, dass die Absätze der Damen durchaus als Waffen zu betrachten sind. Im Berliner Nahverkehr konnte ich mich davon schon überzeugen, zumal ich selbst in solchen Tretern gar nicht laufen könnte.
Über die beiden letzten (Text)Absätze denke ich gerne noch einmal nach.
LG Fleur
 

Fleur de Sol

Mitglied
Die schnurgerade Schlange Unter den Linden ist nicht lang. So früh am Morgen warten ausnahmslos Damen vor der russischen Botschaft. Die Grazien stöckeln in Lackpumps aus Italien, Sandaletten mit strassbesetzten Riemchen oder transparenten Pantoletten unruhig auf und ab. „Klack, klack. Klack, klack. Klack, klack“, hallen ihre zwanzig Paar High-Heels drohend auf dem Gehweg. Oh Gott, lauter Schuh-Amazonen!
Zwar sind ihre sexy Stilettos kein geeignetes Schuhwerk für das Berliner Straßenpflaster, aber als Waffe im Gedränge durchaus brauchbar.

Genial diese Russinnen, haben immer ein Ass im Ärmel!

Wenn ich in meinen abgewetzten Biolatschen hier nicht ausversehen massakriert werden will, muss ich entsprechend vorsichtig zu Werke gehen. „Kto poslednaja?“, erkundige ich mich - so demütig wie möglich - nach dem Ende der Schlange und schaue treu doof auf die Wartenden.
Vom Top-Model-Verschnitt am Aschenbecher kommt ein müdes Kopfnicken. Aha, jenes platinblonde Busenwunder in Lederstiefeln außerhalb der Reihe ist also die Letzte. Wahrscheinlich plant Madame eine Tour ohne Umwege - direkt nach Sibirien! Andernfalls bleibt mir die Wahl ihres Schuhwerks unverständlich. Overknee‘s, bei der Affenhitze!

Die Turmuhr schlägt acht, und ein Schmerbauch mit Goldkettchen überm Trainingsanzug steuert grinsend auf uns zu.
Das Grinsen verschwindet bald, denn die Blondine würdigt ihn von den Plateau-Tretern herab keines Blickes und blockiert den Aschenbecher weiterhin mit ihrem ausladenden Hinterteil. Als Goldkettchen neben ihr zum Zwerg mutiert, steckt mir ein Frosch im Hals. Prompt wird mein Räuspern falsch ausgelegt, und er schnauft vor Wut. Sein „Jup… twoju mat…!“ – Donnerwetter prasselt auf mich nieder. Na klar, auf wen sonst? Die Dame neben ihm ist ja gerüstet!

Plötzlich streckt ein Amtsträger seine fleischigen Lefzen durch die Tür am Eingangsportal. Bevor ich mich versehe, stürmen alle auf ihn zu. Fast alle!
Goldkettchen und ich bleiben auf unseren Plätzen und fixieren uns mit Blicken.
Bis wir begreifen, dass man dem Mopsgesicht an der Pforte seinen Ausweis entgegenwerfen muss, um Einlass zu erhalten, fällt die Tür wieder ins Schloss.
Aus die Maus!

Mit zwanzigminütiger Verzögerung stolpere ich durch die Sicherheitsschleuse, und sofort wird mein Nageletui - zum Schutz der Staatsdiener vor tätlichen Angriffen - in einen imposanten Stahlschrank gesperrt. Seltsam nur, dass im selben Spind nirgends die zwanzig Stilettos-Paare zu erspähen sind!
Kopfschüttelnd erklimme ich die Treppe zur Visa-Abteilung. Die wartenden Amazonen räkeln sich scheinheilig auf den Sesseln. Keine von ihnen ist barfuß. Versteh‘ einer die Russen, mein Minimäppchen mit Schere und Feile muss in den Arrest, aber an solch einem Stich- und Hiebwaffen-Arsenal nimmt MAN(N) keinen Anstoß.
Das nenn‘ ich Russisch Roulette!

Komme was wolle - für meine Russlandreise kaufe ich ein Paar Stilettos! Irgendwie muss man sich ja im Nahverkehr verteidigen ...
 

Fleur de Sol

Mitglied
Überarbeitung Russisch Roulette

So, wer mag, kann jetzt die überarbeitete Version lesen und natürlich gern kommentieren.
LG Fleuer
 

Ofterdingen

Mitglied
Hi,

Ich nehme an, dein Erzähler ist ein Mann. Wenn ein solcher Stilettos trägt, betrittst du damit bereits eine spezielle Szene, die du womöglich gar nicht anpeilst, oder?

Deine Rechtschreibung ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, der Text wirkt jedoch erfreulich frisch.
 

Fleur de Sol

Mitglied
Danke für's Kommentieren und Gefallen. Meinst Du mit Rechtschreibung [red]- ... [/red]Einschübe [red]... [/red][red]-[/red] dieser Art?
LG Fleur
 

Ofterdingen

Mitglied
Mit gewöhnungsbedürftig meine ich:

"Genial diese Russinnen, haben immer ein Ass im Ärmel!"
statt: Genial, diese Russinnen, haben immer ein As im Ärmel!

"nicht ausversehen massakriert werden"
statt: nicht aus Versehen massakriert werden

"Overknee‘s, bei der Affenhitze!"
statt: Overknees, bei der Affenhitze!

"die zwanzig Stilettos-Paare"
statt: die zwanzig Stiletto-Paare
(Du sagst ja wahrscheinlich auch nicht Äpfelmus, sondern Apfelmus, obwohl da mehr als ein Apfel drin ist)

LG,

Ofterdingen
 

Fleur de Sol

Mitglied
Die schnurgerade Schlange Unter den Linden ist nicht lang. So früh am Morgen warten ausnahmslos Damen vor der russischen Botschaft. Die Grazien stöckeln in Lackpumps aus Italien, Sandaletten mit strassbesetzten Riemchen oder transparenten Pantoletten unruhig auf und ab. „Klack, klack. Klack, klack. Klack, klack“, hallen ihre zwanzig Paar High-Heels drohend auf dem Gehweg. Oh Gott, lauter Schuh-Amazonen!
Zwar sind ihre sexy Stilettos kein geeignetes Schuhwerk für das Berliner Straßenpflaster, aber als Waffe im Gedränge durchaus brauchbar.

Genial diese Russinnen, haben immer ein As im Ärmel!

Wenn ich in meinen abgewetzten Biolatschen hier nicht aus Versehen massakriert werden will, muss ich entsprechend vorsichtig zu Werke gehen. „Kto poslednaja?“, erkundige ich mich - so demütig wie möglich - nach dem Ende der Schlange und schaue treu doof auf die Wartenden.
Vom Top-Model-Verschnitt am Aschenbecher kommt ein müdes Kopfnicken. Aha, jenes platinblonde Busenwunder in Lederstiefeln außerhalb der Reihe ist also die Letzte. Wahrscheinlich plant Madame eine Tour ohne Umwege - direkt nach Sibirien! Andernfalls bleibt mir die Wahl ihres Schuhwerks unverständlich. Overknees, bei der Affenhitze!

Die Turmuhr schlägt acht, und ein Schmerbauch mit Goldkettchen überm Trainingsanzug steuert grinsend auf uns zu.
Das Grinsen verschwindet bald, denn die Blondine würdigt ihn von den Plateau-Tretern herab keines Blickes und blockiert den Aschenbecher weiterhin mit ihrem ausladenden Hinterteil. Als Goldkettchen neben ihr zum Zwerg mutiert, steckt mir ein Frosch im Hals. Prompt wird mein Räuspern falsch ausgelegt, und er schnauft vor Wut. Sein „Jup… twoju mat…!“ – Donnerwetter prasselt auf mich nieder. Na klar, auf wen sonst? Die Dame neben ihm ist ja gerüstet!

Plötzlich streckt ein Amtsträger seine fleischigen Lefzen durch die Tür am Eingangsportal. Bevor ich mich versehe, stürmen alle auf ihn zu. Fast alle!
Goldkettchen und ich bleiben auf unseren Plätzen und fixieren uns mit Blicken.
Bis wir begreifen, dass man dem Mopsgesicht an der Pforte seinen Ausweis entgegenwerfen muss, um Einlass zu erhalten, fällt die Tür wieder ins Schloss.
Aus die Maus!

Mit zwanzigminütiger Verzögerung stolpere ich durch die Sicherheitsschleuse, und sofort wird mein Nageletui - zum Schutz der Staatsdiener vor tätlichen Angriffen - in einen imposanten Stahlschrank gesperrt. Seltsam nur, dass im selben Spind nirgends die zwanzig Stiletto-Paare zu erspähen sind!
Kopfschüttelnd erklimme ich die Treppe zur Visa-Abteilung. Die wartenden Amazonen räkeln sich scheinheilig auf den Sesseln. Keine von ihnen ist barfuß. Versteh‘ einer die Russen, mein Minimäppchen mit Schere und Feile muss in den Arrest, aber an solch einem Stich- und Hiebwaffen-Arsenal nimmt MAN(N) keinen Anstoß.
Das nenn‘ ich Russisch Roulette!

Komme was wolle - für meine Russlandreise kaufe ich ein Paar Stilettos! Irgendwie muss man sich ja im Nahverkehr verteidigen ...
 



 
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