Sangesfreude

Inge Anna

Mitglied
Sangesfreude

Sie sang beim Bügeln und am Herd,
beim Hausputz, auch im Bad.
Die Nachbarn fühlten sich gestört
und wußten keinen Rat.

Gundula pries unbeschwert
frühmorgens ihren Herrn.
Nur einer fand dies hörenswert,
Gesang mochte er gern.

Es war ihr Kater Adrian,
der maunzte fröhlich mit;
er liebte Gundulas Sopran,
der in die Seele schnitt.

Sie sandte Bittgesänge aus,
die Saat schien aufzugeh'n;
man war nicht taub im Himmelshaus,
für dieses heiße Fleh'n.

Später sang sie von der Braut,
die nie mehr ward geseh'n;
und manchem kroch 'ne Gänsehaut
vom Hals bis zu den Zeh'n.

Sie würdigte den Wandersmann,
der keine Heimat fand
und auch die schwang're Mariann',
verstoßen und verbannt.

Beim Jüngling, der im Eis erfror
und seinem Abschiedsbrief,
stieg ihre Stimme steil empor
und sank gefährlich tief.

Für Adrian klang's wunderbar,
das Lied vom Christkindlein,
das einer Jungfrau Knäblein war,
froh stimmte er mit ein.

Die Mitbewohner zürnten ihr,
das kümmerte sie nie;
sie streichelte ihr liebes Tier
und weiter sangen sie.

An einem Morgen, klirrend kalt,
verlosch ihr Lebenslicht;
die Sangesfreude war verhallt,
doch die Erinn'rung nicht.

Ihr Adrian lebt jetzt bei mir,
sein Fell ist weich und warm;
oft wiege ich das brave Tier
ganz sanft in meinem Arm.

Du träumst von Deiner Gundula
und schmiegst Dich scheu an mich.
Es sind auf einmal Tränen da
und haltlos weine ich.
 



 
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