Satire

Michel

Mitglied
Ich war an der Front (ein Aldi Portrait) von Michael Graf

Tagebucheintrag Nr.1
Hauptzentrale Muggensturm 8:00 Uhr:

Befehl von meinem Offizier, mich pünktlich 9:00 Uhr an der Front zu melden. Meine zweite höchstgefährliche Mission in diesem Gebiet.
Mein Auftrag: Vier Jeanshosen (je zwei) in Größe 128 u.134 aus den Fängen der großen organisierten Aldikette zu befreien. Doch auch dieses mal wusste ich, daß dieses Unterfangen nur mit höchster Vorsicht, Präzisionsarbeit und unter strengster Geheimhaltung zu gewinnen war.
Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, daß auch andere Agenten (die meist als Frauen getarnt waren) ebenfalls den gleichen Auftrag vor Augen hatten. Unter diesen erschwerten Bedingungen wurde meine Mission zur doppelten Belastung. Nicht nur die Einkaufskette Aldi stand mir als Gegner gegenüber, sondern mehrere Dutzend, zähnefletschender, getarnter Geheimagenten, die zu jedem Kampf bereit waren.
Liebes Tagebuch, ich hoffe, dies ist nicht mein letzter Eintrag.

Tagebucheintrag Nr.2
An der Front: Aldiparkplatz Rastatt 8:58 Uhr

Mit gepanzertem Wagen fuhr ich unter deutscher Flagge vor. Ich war pünktlich. Aber nicht pünktlich genug. Ich musste feststellen, daß vor der verschlossenen Aldifront schon Hunderte, bis zu den Zähnen bewaffnete, kampfbereite Hyänen standen. Ich schwöre bei Gott, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis sich dieses Pulverfass entzündete.
Und wenn es soweit wäre , dann hätte ich nur noch ein paar Sekunden Zeit, bevor es mich in tausend Fetzen riss. Meine schlechte Lage war mir nun bewusst. Als ich mich vorsichtig der unruhigen Meute näherte, konnte ich ein geheimes Kriegsgespräch verfolgen, dass mir keine guten Karten in dieser Mission versprach.
Zitat: „Ich stehe schon seit 8:30 Uhr hier. Ich hole 128 und 134 da raus. Koste es was es wolle.“
Harte Worte, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließen.

Tagebucheintrag Nr.3
An der Front: Punkt 9:00 Uhr

Die Tür ging auf.
Oh mein, Gott steh mir bei. Die Flut der Gewalt schwemmte mich unweigerlich durch die Tür der organisierten Einkaufskette. Wäre doch mein Offizier hier und könnte mich in dieser heiklen Mission unterstützen.
Nun stand ich unmittelbar im Kriegsgeschehen. Diese menschlichen Tragödien, die sich vor meinen Augen abspielten waren grausam. Nicht einmal meinem schlimmsten Feind hätte ich diese gewünscht.
Langsam und unter strengster Blickkontrolle näherte ich mich den Wühltischen, in denen sich die gefangenen Jeanshosen 128 und 134 befinden mussten. Doch genau hier befand sich eine riesige Traube von Geheimagenten, die unter absolut harter Waffengewalt ihre Mission zum Abschluss bringen wollten. Zu meiner Verwunderung flogen einige gefangene Jeanshosen in Größe 140 bis 176 von vorne nach hinten. Und von nun an war ich mir sicher: Alle Agenten, die an der Front wie besessen kämpften, scherten sich einen Dreck um die anderen Größen. Sie wollten nur 128 und 134.
Nun wurde es Zeit meine Taktik zu ändern, wollte ich noch erfolgreich agieren. Doch es gab absolut kein Durchkommen zu den Jeanshosen.
Langsam und jeden Schritt gut durchdacht, umging ich das grausige Schlachtfeld und näherte mich von der anderen Seite des Wühltisches. Unbemerkt stellte ich mich ganz dicht an den Tisch. Als ich hier stand, wurde mir das Szenario noch deutlicher vor Augen geführt. Ich sah, dass die Gefangenen grob und übelst von einer Hand zur anderen gereicht wurden. Nun galt es besonders gut aufzupassen und bei der geringsten Gelegenheit 128 und 134 zu ergreifen und sich aus dem Staub zu machen. Ich wusste, da ich groß bin und mit meinen langen Armen weit in den Wühltisch hinein langen konnte, dass ich die Jeanshosen zur richtigen Zeit heraus zerren konnte.

Tagebucheintrag Nr. 4
Aldikriegsschauplatz: 9:13 Uhr mittendrin

Plötzlich spürte ich, wie ich von Geheimagenten die von links und rechts herbei strömten, eingekesselt wurde. Meine Panik, die sofort in mir hochstieg war unberechtigt. Diese Agenten waren wohl in einer anderen Mission unterwegs. Ich danke dir lieber Gott, denn ich sah, wie sie schwer gefesselte Gummistiefel aus ihrer Gefangenschaft befreiten.
Wie aus heiterem Himmel eröffnete sich auf einmal meine große Chance. Als ich in das Gefangenen- Jeanslager blickte, lagen 128 und 134 gleich zweifach vor meinen Augen. Diese Unachtsamkeit der vor mir wütenden Agenten musste ich ausnutzen. Todesmutig warf ich mich nach vorne, ergriff alle vier Jeanshosen, die recht benommen schienen, und schlängelte mich gekonnt aus dem Geschehen. Zum Glück blieben wir alle unverletzt.

Tagebucheintrag Nr. 5
Hauptzentrale Muggensturm: 9:40 Uhr

Bericht und Gefangenenübergabe an meinen Offizier

Mit stolz geschwellter Brust konnte ich 128 und 134 (die ich ja doppelt befreien konnte) meinem Obersten Offizier übergeben. Der Dank und ein Orden für besonders todesmutigen Einsatz waren mir sicher.
Am Mittag wurden die befreiten Jeanshosen den kleinen Unteroffizieren zur weiteren Obhut übergeben.
Wieder konnte ich unter höchster Lebensgefahr eine Mission auf dem größten Kriegsschauplatz „der Welt des Einkaufens“ erfolgreich beenden.
Liebes Tagebuch. Bis zu meinem nächsten Auftrag lege ich meinen Stift nieder.
 

Andrea

Mitglied
7 von 10 Punkten

Irgendwie ist Aldi ja schon ein beliebtes Thema - jedenfalls ist, das mußt du zugeben, die Grundidee nicht sonderlich originell. Aber es gibt immer gute Variationen eines Themas und weniger gute, und deine Geschichte gehört zu den ersteren.

Es ist in einer schön lockeren Sprache geschrieben, und du fällst auch nie aus deinem Bild heraus. Es macht Spaß, über den Kampf deines Ichs zu lesen - nur wie es in diesem Gedränge es geschafft hat, Papier und Bleistift zu zücken, wird wohl auf ewig ein Rätsel bleiben.. ;)
 
S

Sansibar

Gast
Aldi

Hallo Michel,
willkomen auf der Lupe falls ich es noch nicht getan habe.
Du kannst zweimal wöchentlich von der "Aldifront" berichten, weil dann immer die Sonderverkäufe sind.So können dir die Ideen nicht ausgehen, Aldi macht es möglich
Gruß
Sansibar aus Sansibar
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo michel,

ich finde es ziemlich geschmacklos, wie Du den heroischen Kampf, den tausende wackere Streiter täglich an der Aldi-Front auszufechten bereit sind, zu solch schändlicher Satire verkommen läßt. Daß Du obendrein noch so verdammt gut und flüssig schreibst, setzt deiner Niedertracht die Krone auf. Das sagt dir ein zur Zeit arg an zerschrammten Ellenbogen und geprellten Rippen leidender

Ralph.
 
S

Sansibar

Gast
ellebogen

Hallo Ralf,
verputze die Ellebogen mit Rasierklingen und du bist der, der den vollen Wagen zuerst hinausschiebt.
Sansibar der auch gerne an der "Front" ist
Gruß
Sansibar
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hi Sansi,

danke für den coolen Tipp. Ich zieh gleich los, um Rasierklingen zu kaufen. Bei Aldi sind auch die schön billig - ach Scheiße - und wie komme ich nun wider an die Klingen? Na ja - dank deines Vorschlages wird es der letzte Kampf, bei dem ich ernstlich in Bedrängnis gerate.

Gruß Ralph
 



 
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