Schmitzky’s Range

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MDSpinoza

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Schmitzky’s Range

Heutzutage bläst immer noch der Wind wie frisch aus einer Ofentür um die staubigen Felsen im Norden Arizonas. In der Nacht sieht man einen gewaltigen Sternenhimmel, die kalten Sterne zum Pflücken nah, und wenn einen die Sonne nicht blendet, sieht man im Sand noch die alte Rollbahn der aufgelassenen Air Force Base. Die Baracken, Hangars und der Tower sind zusammengestürzt, längst ausgeweidet und von allen Wertgegenständen befreit. Nicht einmal die Fahnenmasten stehen noch.
Vor sechzig Jahren war das anders: damals übten junge Piloten und andere mutige Luftkämpfer für den Einsatz in den Himmeln über Deutschland und dem Pazifik. In fliegenden Festungen vom Typ Boeing B-17 und Superfestungen vom moderneren Typ B-29 übten sie Bombenabwürfe, Luftkämpfe und Präzisionsschießen auf winzige Ziele, die sich wie wild bewegten. Junge Männer, meist gerade von der Schule, die sich im Krieg beweisen sollten. Doch nicht sie sind es, um die sich diese Geschichte dreht.
Fast einhundert Meilen südlich der Base, in einem Gewirr von Schluchten, Canyons, Bergen und reichlich Sand hatte ein alter Prospektor einen Claim abgesteckt, der ihn und seine Familie lange Zeit mühsam, aber ehrlich ernährt hatte. Haim Schmitzky, der Prospektor, war mittlerweile in die Jahre gekommen, seine Kinder waren ihrer Wege gegangen, und seine wunderschöne Frau Rachel hatte er neben seinem Haus begraben, ohne einen Grabstein, nur ein großes Rosenbeet erinnerte ihn an sie. Er pflegte die Rosen fast so liebevoll wie seine Frau, die einen langen, verzweifelten Kampf gegen den Krebs verloren hatte.
Nicht weit von seinem Haus stand ein wackliges Windrad, das unter lautem Quietschen das Wasser für sein Haus und seine Mine aus dem Boden schöpfte. Haim hatte zu Anfang Gold gesucht, aber der Boden gab in der ganzen Zeit, in der er verzweifelt suchte und grub, weniger als eine Unze davon preis. Unglücklich war er trotzdem nicht, er hatte etwas anderes gefunden, das war zwar nicht so schön wie Gold, aber in letzter Zeit sehr gefragt: Molybdän.
1943, Haim war bereits fünfundsiebzig Jahre alt, wurde sein beschauliches Leben empfindlich gestört: die 104. Bomberstaffel der United States Air Force hatte die Base übernommen um in der menschenleeren Wüste die Besatzungen für den Einsatz im Bombenkrieg über Deutschland zu schulen. Fünfzig Meilen südlich seines Claims wurden Ziele aufgebaut und mal von großer Höhe mit Bomben, mal im Tiefflug mit Maschinengewehren beschossen.
Haim störte sich nicht an den Flugzeugen, die fast über seinen Dachfirst flogen. Oft konnte er den Besatzungen zuwinken, so dicht über dem Boden flogen die großen Maschinen. Sein Haus war der markanteste Punkt in der Einflugschneise zum Übungsplatz, und bald war der Platz bekannt als Schmitzky’s Range.
Die Zeit relativer Ruhe war jedoch zu Ende, als einige der Bordschützen begannen, zum Spaß auf seine Windmühle zu schießen. Nicht lange, und immer mehr Flügel des alten Windrades waren so durchlöchert, daß Schmitzky auf das wacklige Gestell klettern und sie flicken oder austauschen mußte.
Als ihm wieder einmal die Splitter und Querschläger um die Ohren flogen, platzte ihm der Kragen, und, angespornt von einem Glas Kaktuswein drehte er wie wild an der Kurbel seines Telefons, und wies den Vermittler barsch an, ihn mit dem Kommandanten der Air Force Base zu verbinden. Der Vermittler kannte Schmitzky schon lange, hatte ihn aber noch nie so aufgeregt und empört erlebt. Schmitzky war selten verlegen, aber mit dem Telefon zu sprechen brachte ihn regelmäßig zum Stottern, besonders wenn er entweder angetrunken war oder aufgeregt. Heute war er beides, und so hatte es einige Zeit gedauert, bis er sich hatte verständlich machen können.
Als der Commander sich routiniert am Telefon meldete, flogen ihm ungewohnt harte Wortfetzen entgegen, auf die er sich zunächst keinen Reim hatte machen können. Irgendein Idiot, dachte er sich, besoffen und bestimmt falsch verbunden. Er hörte gar nicht richtig hin und legte auf. Der Tag war auch so schon hart genug, da brauchte er nicht noch irgendwelche Zivilisten, die sich an ihm ihr Mütchen kühlen wollten.
Der nächste Tag brachte ein paar neue Löcher in Schmitzky’s Windrad, und eine Woche später schoß ihm ein besonders ungeübter Bordschütze die Spitze seines Dachfirsts ab.
Schmitzky griff wieder zur Telefonkurbel und ließ sich wieder mit dem Commander verbinden.
„Commander O’Henlan, was gibt’s?“
„S-s-s-ie, I-i-i-h-re Jun-nnn-nn-ngs, wenn d-d-d-ie n-n-n-n-och-m-m-m-m-al m-m-m-ein-n-e W-w-w-w-indm-m-m-m-m-ühle a-a-a-nsch-sch-schießen, d-d-d-d-dann ho-ho-ho-hol ich den Vogel r-r-r-r-runter. A-a-a-a-lso sa-sa-sagen S-s-s-s-sie das I-i-i-hren M-m-m-m-m-änn-n-n-nern!“
Klick.
Am nächsten Morgen, bei der Befehlsausgabe ließ O’Henlan die Mannschaften noch einmal antreten.
„Männer!“ rief er über den Platz hinweg. „Ich habe jetzt bereits mehrfach Klagen von Zivilisten erhalten, daß unsere Schützen, statt auf ihre Übungsziele zu trainieren, sich einen Spaß zu machen scheinen, das Eigentum friedlicher Bürger zu beharken. Eins sollte klar sein: Die Aufgabe unserer Armee ist, genau diese Bürger vor dem Krieg zu schützen, nicht sie zum Ziel dieses Krieges zu machen. Erfahre ich noch einmal, daß unsere Bordschützen auf irgendetwas anderes schießen als offizielle Übungsziele, geht es nicht nach Deutschland, sondern nach Japan, und zwar zu Fuß! WEGTRETEN!“
Ein paar Tage ging alles gut, aber dann gab es neue Löcher in Schmitzky’s Windrad. Einen Tag später lag das ganze Rad am Boden und ein Teil des Gestells dazu: die Air Force hatte die kleinkalibrigen Maschinengewehre für die Schulung durch die Halbzölligen Brownings für den Kampfeinsatz ersetzt.
Der Vermittler konnte schon an Schmitzky’s Ton erkennen, wen der sprechen wollte, und so wurde das Gespräch in Rekordzeit zu Commander O’Henlan durchgestellt.
„I-i-i-ich ha-ha-ha-habs I-i-i-hnen ge-ge-gesa-sagt: Ich ho-ho-ho-hol d-d-d-den ve-ve-ver-ver-da-da-dammten Vo-vo-vo-vog-g-gel ru-runter!“
O’Henlan war beeindruckt, aber die B-17 ist ein recht stabiles Gerät, das der deutschen Flak schweres Kopfzerbrechen machte, und die schweren Browning –MGs machten den deutschen Jagdfliegern die Hölle heiß. Gar so einfach ist es nicht, diesen Vogel vom Himmel zu holen, selbst wenn er im Tiefflug fast die Schindeln vom Dach kratzt. Und der Mann war zwar außer sich, aber der Stimme nach schon sehr alt und außerdem ziemlich besoffen. O’Henlan machte sich nie ernstlich Sorgen. Mehr Kopfzerbrechen machte ihm die Disziplin seiner Männer, die wurden von Tag zu Tag nervöser, weil sie bald nach England versetzt würden, um im richtigen Krieg zu kämpfen. Er sah auf die Uhr: jetzt sollten sich seine Staffeln zu ihrem letzten Zielanflug für heute formieren. Geplant war MG-Training im Tiefflug auf Bodenziele, Windräder ausgenommen. Die Flugzeuge sollten Schmitzky’s Range in einer Schleife durchfliegen und im Tiefflug durch das Tal, in dem Schmitzky’s Mine lag, nach Hause kommen.
Er legte den Einsatzplan zur Seite und blieb neben dem Telefon sitzen. Für heute Abend war ein Dinner geplant mit einem Rancher und einem Minenbaron, das würde hoffentlich nicht ausfallen müssen wegen eines Spinners, der auf seine Flugzeuge schoß. Er hoffte, der würde sich noch weiter besaufen und in der Hitze des Tages einschlafen.
Schmitzky kannte mittlerweile die meisten Übungsprogramme im Schlaf. Er konnte sich ausrechnen, wann und wo die Flieger in welcher Höhe auftauchen würden, und vor allem, welche Programme Gefahr für sein Windrad bedeuteten. Heute war so ein Tag. Die Flieger waren in aller Frühe über sein Haus gedonnert und hatten dann im Tiefflug eine große Kurve nach Westen gemacht. Die würden in einer Stunde aus Südosten zurückkommen und sich dabei genau über seiner Mine in den Zielanflug nach Hause einreihen. Gerade Zeit genug für ein paar Schuß auf sein Windrad.
Er hatte seine beiden Mulis mit Wasser und Kaktuswein beladen, sie in einer flachen Senke hinter einer der hohen Sanddünen angepflockt und sich selbst auf dem Kamm der Düne eingegraben. Er hatte selbst im Weltkrieg in Flandern gekämpft und seine Winchester war zwar alt und etwas abgeschabt, aber technisch einwandfrei. .30-30 ist nicht gerade ein traditionelles Flak – Kaliber aber in der Hand eines geübten Schützen nicht zu unterschätzen.
Die erste Staffel B-17 flog knapp über sein Haus weg, aber keiner schoß. Die beiden nächsten ebenso, erst die letzte Rotte mußte ihren Spaß haben. Kaum erklang das Stakkato der MG-Salven, riß Schmitzky das Gewehr an die Backe und zielte auf die großen Motoren. In weniger als fünf Sekunden brachte er acht Schuß aus der klapprigen Waffe, drei davon fanden ihr Ziel: die Ölkühler der schweren Motoren. Die B-17 hatte vier Neunzylindersternmotoren mit fast dreißig Litern Hubraum, die wurden recht heiß, und ohne Öl liefen sie nicht lange. Mit drei ausgefallenen Motoren hätte es schon eines Fliegerasses bedurft, die schwere Maschine in der Luft zu halten, und so konnten die zehn jungen Männer von Glück sagen, daß der Pilot den angeschlagenen Bomber ein paar Dutzend Meilen weiter zu Boden brachte, ohne einen von ihnen schwer zu verletzen. Tatsächlich war es mit ein paar Prellungen, blauen Flecken und Schürfwunden pro Nase getan. Der Schütze in der Bodenwanne, der das Desaster eigentlich zu verantworten hatte, bekam noch einen Schock dazu, denn er hatte Schmitzky fast in die wütenden Augen sehen können, als der Bomber knapp über die Düne flog.
Der Bodenschütze hatte es noch knapp bis ins Cockpit geschafft, bevor der schwere Bomber seine Bauchlandung machte.
Als sich die zehn wackeren Flieger von ihrem ersten Schrecken erholt hatten, sahen sie sich einem aufgebrachten alten Knaben gegenüber, der mit einer alten Winchester und zwei Mulis bewaffnet auf sie zurannte und sie unter gewaltigen, leider etwas gestotterten Flüchen gefangen setzte. Nach einem Marsch durch zehn Meilen glühendheißen Staubes wurden die Zehn in einen finstren Keller gesperrt, wo sich außer ein paar Schwarzen Witwen und einem kurzen Kerzenstummel nur einige Gallonen selbstgebrauten Kaktusweines befanden. Gläser gab es keine, doch das stört in Extremsituationen niemanden. Die Jungs hatten Durst.
Etwa zwei Stunden später saß Commander O’Henlan auf glühenden Kohlen. Eine seiner B-17 war überfällig gemeldet. Einen Notruf hatte sie nicht abgesetzt, aber sie hatte zur letzten Rotte gehört, die über Schmitzky’s Range hatte trainieren sollen. Beim Durchflug durch Schmitzky’s Canyon hatten die Flugzeuge für kurze Zeit keinen Sichtkontakt, und die vermißte Maschine hatte die letzte Position zugewiesen bekommen. Keiner konnte also mit Sicherheit sagen, was passiert sein konnte.
Eine Ordonnanz wurde herbeigepfiffen, eine einmotorige Aufklärermaschine alarmiert, die die Flugroute der Bomberstaffeln noch vor Sonnenuntergang überprüfen sollte. Commander O’Henlan kaute sich dieweil die Nägel bis zum Ellenbogen ab.
Es dauerte nicht so lange wie befürchtet, bis der Pilot des Aufklärers Meldung machte, doch die war alles Andre als beruhigend: die vermißte Maschine war offensichtlich notgelandet und dabei schwer beschädigt worden, von der Besatzung konnten keine Spuren bestätigt werden. O’Henlan scheuchte den Rettungszug hoch, die Maschine mußte sofort geborgen werden. Zwei Tieflader, Sanis und einen Trupp Ingenieure jagte er aus dem wohlverdienten Feierabend und ließ es sich nicht nehmen, den Zug selbst zu befehligen. Es war der erste Absturz unter seinem Kommando, und wenn er schon von seinen Vorgesetzten und möglicherweise vom Kriegsgericht gegrillt werden sollte, wollte er sich selbst nichts vorzuwerfen haben.
Als der Konvoi drei Stunden später bei der Absturzstelle ankam, fanden sie nicht nur ein verwaistes Flugzeug vor, das wohl nie wieder fliegen sollte, sondern auch einen ziemlich betrunkenen Haim Schmitzky, der trotz aller Promille immer noch sehr, sehr erbost darüber war, was die Jungs im Bomber seiner Windmühle angetan hatten. Commander O’Henlan war überrascht, diesen Veteranen aus besseren Zeiten einmal persönlich kennenzulernen. Er mußte seine Einschätzung, der sei nur ein ständig besoffener Querulant, bald berichtigen. Schmitzky bestand darauf, daß die Soldaten ihre Kameraden aus seinem Keller abholten, und dabei auch von ihrem Kommandanten begutachtet würden. Ebenso bestand er darauf, daß Commander O’Henlan sich persönlich vom Zustand seiner Windmühle überzeugte.
O’Henlan gab die Anweisungen, den Bomber auf die Tieflader zu verfrachten und zusammen mit den Sanis und dem immer noch wutschnaubenden Schmitzky fuhr er zu dessen Haus.
Der Verlust des Bombers war schon ein Knick im Stolz des Mr. O’Henlan, den Rest gab ihm allerdings der traurige Zustand seiner Männer, die sich mittlerweile an den Rand des Komas gesoffen hatten. Die Sanis hatten Mühe, die Jungs in den Krankentransporter zu rollen. O’Henlan sah sich außerstande, seinen Offizieren an Ort und Stelle eine Zigarre zu verpassen, die waren nicht mehr aufnahmefähig.
Der Mast des Windrades war auf halber Höhe geknickt, die Stahlträger waren kein ernsthaftes Hindernis für die schweren .50“ Geschosse, die zur Bekämpfung gepanzerter Ziele ausgelegt waren. O’Henlan entschuldigte sich in aller Form bei dem alten Prospektor und versprach, ihm umgehend das zerschossene Windrad zu ersetzen. Aber eine Bitte hätte er doch: Schmitzky möge ihm bitte die Waffe zeigen, mit der er den Bomber abgeschossen hatte.
Der zögerte nicht, und drückte dem Offizier seine betagte Winchester in die Hand.
„Das soll wohl ein Witz sein?“
„Schauen Sie selbst!“ Ohne Vorwarnung riß der Prospektor dem verdutzten Offizier das Gewehr wieder aus der Hand, legte an und schoß von einigen Kakteen die Früchte herunter, daß der Saft nur so spritzte. In weniger als zehn Sekunden war das Magazin leer und von acht Schüssen hatten acht jeweils eine Kaktusfeige getroffen. O’Henlan hatte sich niemals vorzustellen gewagt, daß ein Zivilist so meisterhaft mit einer Waffe umzugehen verstand. Er lud den Prospektor zu einem Besuch in der Air Force Base ein und verabschiedete sich. Nicht ohne noch einmal versprochen zu haben, daß der Schaden an seiner Windmühle schnellstens behoben würde.
Am nächsten Morgen sahen sich zehn verkaterte Offiziere einer hochnotpeinlichen Befragung ausgesetzt, die, obwohl sehr kurz, auch sehr, sehr unangenehm war. Der Fußmarsch nach Japan würde ihnen erspart bleiben, wenn sie innerhalb eines Tages da Windrad ersetzten, das sie zusammengeschossen hatten. O’Henlan hatte bereits im nächsten Ort ein neues Windrad mit Mast bestellt, die Rechnung würden die übermütigen Herrschaften vom Sold abgezogen bekommen. Nun mußten sie es nur noch montieren. Vor dem Frühstück. Im Gegenzug wurde Haim Schmitzky eingeladen, den verblüfften Soldaten seine Schießkunst zu beweisen und an einer Instruktionsstunde teilzunehmen, in der den Piloten dargelegt wurde, was es bedeutet, im Gefecht einem entschlossenen und fähigen Gegner gegenüberzustehen.
Auch das Dinner, das dank des Absturzes hatte ausfallen müssen, wurde nachgeholt, mit Haim Schmitzky als Ehrengast. Hatte Commander O’Henlan befürchtet, Schmitzky würde in seiner Arbeitskluft erscheinen, wurde er angenehm enttäuscht: Schmitzky hatte sich, wohl das erste Mal seit dem Tod seiner Frau, rasiert, gebadet und sogar seinen besten Frack hervorgekramt. Hatte er vorher ausgesehen wie der Tod auf Urlaub, würde man ihm so ohne Weiteres die Fünfundsechzig abnehmen. Auch die Unterhaltung mit seinen zivilen Gastgebern erwies sich als äußerst interessant. Schmitzky verstand sich prächtig mit dem Minenbaron, der seinerseits sehr erregt darauf reagierte, daß Schmitzky statt Gold Molybdän schürfte. Er bat Schmitzky, am nächsten Morgen doch in seinem Büro vorzusprechen und lud ihn ein, in seinem Haus zu übernachten. Schmitzky schlug ein und der Abend verlief so angenehm, wie er mit neugewonnenen Freunden nur verlaufen kann.
Schmitzky war früh um sechs munter, fand allerdings schnell heraus, daß er damit im Haus den Gentleman-Miners recht einsam war. Frühstück würde es erst um Acht geben, aber der Butler hatte ein Einsehen und ließ den Koch rufen, der immerhin einen sehr guten Kaffee und ein paar Spiegeleier mit Speck zubereitete.
„Mr. Schmitzky, Sie sind mindestens dreißig Jahre älter als ich und Sie haben jedes einzelne dieser Jahre schwerer gearbeitet als ich in meinem ganzen Leben!“ Ein sehr verkaterter Minenbesitzer staunte ihn aus verschwollenen Augen an.
„Und doch sind Sie seit sechs Uhr morgens auf den Beinen und das wesentlich fitter als ich. Das alleine nötigt mir Respekt ab. Ich möchte Sie nicht überanspruchen, deswegen möchte ich auch gleich zum Geschäft kommen. Sie wissen, Amerika ist im Krieg, und wir müssen alle verfügbaren Ressourcen nutzen, um diesen Krieg zu gewinnen und Amerika als Bollwerk der freien Welt zu erhalten und zu stärken. Mr. Schmitzky, Sie haben Ihre Arbeit getan, wahrscheinlich viel besser als ich, und Sie wissen, was das Geld wert ist, was Sie sich erarbeitet haben. Ich möchte Ihre Mine kaufen, um der Bethesda Steel das Molybdän zu liefern, das sie so dringend braucht. Mein Angebot.“
Er legte Schmitzky einen Scheck auf den Tisch. Der hob ihn auf und setzte sich erst einmal hin.
„Das sind acht Millionen Dollar. Wenn Sie mehr haben wollen, sagen Sie es bitte.“
Schmitzky sah etwas verstört drein.
„Sir, das ist weit mehr als ich zu erhoffen gewagt hätte...“
„Sind Sie bereit zu verkaufen?“
„Setzen Sie den Vertrag auf.“
„Sie können gerne Ihren Anwalt konsultieren, ich habe allerdings nicht vor, Sie zu übervorteilen.“
„Ist schon OK, ich verkaufe Ihnen meinen kompletten Claim, aber unter einer Bedingung: daß Sie das Rosenbeet neben meinem Haus nicht antasten!“
„Ihr Haus können Sie gerne behalten, und für das Rosenbeet werden wir schon einen Gärtner finden, der es pflegt.“
Schmitzky stand auf und reichte dem Minenbaron die Hand. „Dann ist es abgemacht!“
Der Sekretär hatte alles mitstenographiert und wenig später hatten beide einen frisch getippten Vertrag in der Hand, der alle Klauseln klar und deutlich enthielt. Schmitzky unterschrieb, der Minenbaron ebenfalls und der Scheck über acht Millionen Dollar verschwand in Schmitzky’s Tasche. Noch ein fester Händedruck, und Mr. Schmitzky verließ die Residenz des Industriellen, in dessen Buick. Der Minenbaron hatte es für angemessen gehalten, Schmitzky heimfahren zu lassen, statt ihn zu Fuß in die Stadt zu schicken. Schmitzky hatte den Chauffeur gebeten, ihn zur nächsten Filiale von Wells Fargo Inc. zu bringen, damit er seinen Scheck einlösen könne.
Schmitzky stellte sich ordentlich ans Ende der kurzen Schlange, als er das Bankgebäude betrat und wartete, bis er an der Reihe war. Er nannte dem Angestellten am Schalter seinen Namen und seine Kontonummer und bat ihn, den Scheck gutzuschreiben. Als der Angestellte die Summe auf dem Scheck las, wurde er bleich und bat Schmitzky, im Büro des Filialleiters zu warten. Dort wurde ihm eine Tasse Kaffee angeboten und der Filialleiter wollte ihm gerade die Vorteile langfristiger Anleihen erklären, als Schmitzky, verhalten lächelnd, ihn unterbrach, er glaube daß das Geld schon gut angelegt sei, er aber nun endlich wieder nach Hause wolle, zu seiner Rachel. Der Filialleiter sah ihn selig lächelnd aufstehen und ihm seine Hand entgegenstrecken. Er ergriff Schmitzky’s Hand in dem Irrtum, daß dieser sich verabschieden wolle und dann fiel Schmitzky ihm mit seinem vollen Gewicht in die Arme.
Als der Arzt, den der Filialleiter zur Hilfe gerufen hatte, Schmitzky für tot erklärte, lächelte der immer noch.
Die Molybdänader ist längst abgebaut, aber immer noch blüht in der Wüste Arizonas, ganz versteckt, ein Rosengarten.
 



 
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