Schneeflocke

zettelstraum

Mitglied
interessant wie du alles verwechselst...der tod=wärme?
aha.
interessant ist was anders ist.
aber ist es poesie?
oder nur ver-rückt aufgrund des bindestrichs?

l.G.,chris
 
hallo zettelstraum!

Gegenfrage: was ist Poesie für dich? Muß es denn immer ein bestimmtes Schema geben?
Aber nun zum 2. Punkt: Tod muß doch nicht immer kalt und bitter sein, oder? kann er nicht auch Wärme und Licht versprechen? Vielleicht kommt es hier nicht sehr gut raus, ich geb es zu, aber ich wollte ausdrücken, daß der Tod einem manchmal unausweichlich erscheint und gleichzeitig warm, schön, so daß man sich ihm entgegenstreckt, ihn willkommen heißt.
Doch trotzdem danke für deine Meinung.

deine Chrissi
 
S

Sohn des Rhein

Gast
Hallo,

Natürlich ist es ein Gedicht, denn was wäre es sonst? Abgesehen davon entspricht die "Bewegung" des Gedichts der Bewegung einer Schneeflocke, mal schneller, mal langsamer, mal fliegt sie auch kurz nach oben (zweimal gleiche Zeile); die Form ist dem Inhalt also durchaus angemessen, was ein gutes Gedicht auszeichnet.

Die Todessehnsucht, die auch in Deinem anderen Text, "Der letzte Sprung", Thema ist, wird sehr schön dargestellt, in dem Gedicht allerdings gelungener, wie ich finde. Symbolik und indirekte Darstellung liegen Dir sehr gut, wie man es auch bei "Herbstblatt" sehen kann.

Viele Grüsse,
Sohn des Rhein
 
Hallo Sohn des Rhein!

Wie du es schon gemerkt hast, ist die Todessehnsucht ein Thema, mit dem ich mch öfters beschäftige. Aber ich freue mich, daß dir das Gedicht und auch die anderen Werke gefallen :)

Deine Chrissi
 
tod?

also mich erstaunt auch, dass der tod
hier mit waerme assoziiert wird.
realistischer weise kann man die
eigenschaft tod zu sein eigentlich
mit gar nichts verknuepfen, da
nicht-existenz keine eigenschaft
hat.

was die schneeflocke betrifft - die
hoert ja nicht zwangslaeufig auf zu
'existieren', wenn sie unten ankommt.
unten ist auch nicht notwendig waermer
als oben. die schneeflocke besteht
hauptsaechlich aus wasser in einer
etwas eigenartigen kristallform.
diese kann bei geeigneten temperaturen
unten erst mal liegenbleiben und aendert
dabei wohl die struktur nur wenig.
der liegengebliebene schnee kann sich
dann unter umstaenden zu eis umlagern.
davon gibt es auch wieder verschiedene
formen. wenn es taut, hat man wasser
in fluessiger oder gasfoermiger art
vorliegen - daraus kann man aber wieder
schneeflocken machen, die zugegebener
massen nicht identisch mit der urspruenglichen
schneeflocke sein werden - insofern natuerlich
eine parallele mit dem menschlichen leben -
wo auch derselbe mensch nach dem tod nie
wieder erscheinen wird.

die korrelation zwischen dem schicksal einer
schneeflocke und dem leben eines menschen
erscheint mir dann doch recht schwach, um
das eine als metapher fuer das andere zu
verwenden - schnell fallen einem unterschiede
auf, die die metapher so nicht haltbar erscheinen
lassen.
 

zettelstraum

Mitglied
ach ja, was man auch aus schneeflocken machen kann sind schneebälle,die können ein versteinertes liebespärchen wieder zu leben erwecken.
im glücklichsten zufall.
den kindern dienen sie auf jeden fall als spaß und lebensfreude instrument.
die schneeflocke ist nicht traurig...die ist ein ding aus einer menge, und zwar aus der menge der gänsefedern des bettes der frau holle.
 
S

Sohn des Rhein

Gast
Prinz und Gloeckner,

interessanter physikalischer Dirkurs über das "Leben" einer Schneeflocke, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass Du mit einer falschen Einstellung an solche Gedichte wie dieses herantrittst. Es gibt Vergleiche, die physikalisch unsinnig , psychologisch allerdings sinnvoll sind. Mag die Welt auch physikalischen Gesetzen gehorchen- die Gesetze der Poesie sind andere.

Viele Grüsse,
Sohn des Rhein
 

Omar Chajjam

Mitglied
Schneeflocke

In der Wolke hockte eine Flocke
Und der Winter kam nicht richtig,
weil die kleine Flocke bockte.

Tat dem Armen nichts zu Gefallen
Schnee zu sein war´s ihr zu warm
Drum ließ sie sich gar nicht fallen.

Um das Wasserloch zu stopfen
Macht der Winter kurzerhand
Aus der Flocke Regentropfen.

Drum
Wo sonst die Flocken leise rieseln
Schneemänner in den Gärten stehn,
jetzt Tropfen in die Locken nieseln.
 
falsche einstellung?

Sohn des Rhein,

soso, falsche einstellung, die 'gesetze' der
poesie betreffend? ;o)

da bin ich denn doch lieber einer von jenen,
die zugestehen, dass man einerseits schreiben
darf, was man will, wenn man andererseits
auch bereit ist einzukalkulieren, dass die
assoziationen und gedankengaenge bei anderen
ganz anders als die eigenen sein koennen.
mit verschiedenen sichtweisen muss man leben
lernen. und wenn man die von anderen mitgeteilt
bekommt, ist das immerhin sinnvoll, um einen
moeglichen interpretationsbereich abzustecken.

in der tat gibt es verschiedene moeglichkeiten,
mit literatur umzugehen - sich emotional darin
zu ertraenken ist sicherlich eine.
eine nicht minder radikale ist, gedichte
nach versmass, reimschema, rhythmus, was weiss
ich zu sezieren, zu pruefen, ob aufbau und
inhalt zusammenpassen.

warum sollte man nicht aber zusaetzlich (?)
noch heran gehen, und gezielt versuchen, metaphern
zu assoziieren - entweder aus der eigenen
persoenlichen perspektive, aus einer dem autor
unterstellten oder auch einer perspektive einer
gemeinsamen erfahrungswelt?

es gibt eben viele moeglichkeiten, mit literatur
umzugehen - nicht einmal die schlechteste bei
manchem werk ist es, sie einfach unter ein zu
kurzes tischbein zu klemmen ;o)

deine behauptungen
1. es gibt eine falsche einstellung zu gedichten
2. ich haette eine solche
3. die gesetze der poesie sind andere als die der physik
scheinen mir da argumentativ schlecht belegt zu
sein. wenngleich ich auch der ansicht bin, dass
man schreiben kann was man will, wenn man
eine diskussion anfaengt, sollte man seine
behauptungen aber auch bereit sein, zu belegen ...

mal noch eine anmerkung von einem naturwissenschaftler
zu punkt 3: wie sollte das moeglich sein? ist die
poesie doch zweifellos bestandteil unseres universums,
wie sollte sie anderen gesetzmaessigkeiten gehorchen?
der akt des schreibens, denkens ist bestandteil der
welt.
der inhalt von literatur muss nicht zwanglaeufig
etwas mit der realitaet zu tun haben, doch das literarische
produkt selbst ist hingegen immer bestandteil unserer
gemeinsamen realitaet, solange es nicht vernichtet
wird.
 
S

Sohn des Rhein

Gast
Einstellung

Hallo Prinz und Gloeckner,

ich müsste sehr weit ausholen, um darauf zu antworten. Dafür reicht aber der Platz hier nicht, von daher würde ich mich freuen, diese Diskussion bei "Allgemeine Diskussionen" weiterzuführen.

Grüsse,
Sohn des Rhein
 

zettelstraum

Mitglied
ach ja, da ich selber geisteswissenschaften studierte will ich hier mal etwas anbringen was ich gerne bei einem anderen prosastück angebracht hätte:

philososphie ist eine geisteswissenschaft.
das heißt soviel wie eine wissenschaft die sich nur mit annäherung beschäftigt, nicht mit der absoluten weisheit.

in diesem sinne:
der kopf ist rund, damit sich die gedanken drehen können.

liebe grüße,
chris
 
V

Vadian

Gast
"Interessant, wie Du alles verwechselst" - "Einer Nicht-Existenz kann man keine Eigenschaft zusprechen." - ich zitiere aus dem Gedächtnis. Beide Äusserungen beziehen sich auf das Begriffspaar "Tod" und "Wärme", und die zweite wird ausgeweitet zum versuchten Nachweis, der Vergleich mit der Schneeflocke hinke.

Eine Verwechslung, so meine ich, liegt nicht vor. Diese Verbindung von Tod und Wärme, eben das, was auch in diesem Thread schon "Todessehnsucht" genannt worden ist, ist reine Romantik. Beispielsweise lässt sich dies in beinah sämtlichen Musikdramentexten Richard Wagners finden: Sehnsucht nach dem Tode, nach einer Umarmung des Todes, die Wärme spendet. Nicht Verwechslung also, sondern romantische Sehnsucht und Hoffnung, im Tod sei's wärmer, sprich: besser als hienieden auf kaltem Grund (ich mag sie schon etwas, die Romantiker).

Und daher ist auch der Einwand des falschen Vergleichs fragwürdig. Keineswegs wird einer Nicht-Existenz eine Eigenschaft zugesprochen. Der Einwender (Prinz_und_Glöckner, wenn's mir recht ist), stellt die Gleichung "Tod = Nicht-Existenz" von selber auf, unabhängig vom Gedicht, das eben gerade durch die Zuschreibung der Wärme die Nicht-Existenz im tot Sein verneint.

Eine Lesart, die vom Text ausgeht, führt zu völlig anderen Resultaten als eine, die vom eigenen Standpunkt ausgeht.

Vadi
 
2 argumente

vadian,

es handelt sich um zwei argumente -
das eine in der tat beruht auf logik,
die nicht zwangslaeufig dem autor
oder dem werk innewohnt, sondern
dem leser (mir) - der nicht-existenz
koennen keine eigenschaften zugeordnet
werden.

bei der anderen argumentation geht
es um eine korrelation zwischen dem
schicksal einer schneeflocke und dem
eines lebewesens - in diesem fall
insbesondere bezogen auf den tod des
letzteren.
 
V

Vadian

Gast
Nein. Es sind nicht zwei Argumente. Es ist eine Argumentationskette, bestehend aus zwei Gliedern. (oder wie ich zuvor geschrieben habe: Das erste Argument wird "ausgeweitet").
Du trennst jetzt, was zusammen hängt. Dein zweites Argument sticht erst, wenn das erste als richtig akzeptiert worden ist. Just dies aber ist hier nicht möglich: Das Gedicht geht von einer anderen Voraussetzung aus, konnotiert (was ich ein fast noch schöneres Wort finde als "korreliert" - das tönt immer so wie ausgeleierte Hanftaue) - das Gedicht also konnotiert Tod mit Wärme. Bang, da hat man's. An dieser Stelle ist der Einwand, einer Nicht-Existenz könne keine Eigenschaft zugesprochen werden, hinfällig: Das Gedicht will's nun mal anders und beschreibt den Tod durchaus mit Begriffen des Existierens. Dann aber hat das Dahinschmelzen und in anderer Form Weiterexistieren einer Schneeflocke sehr wohl sehr viel mit menschlichem Leben zu tun.

Deine Argumentationskette ist nicht kritischer, sondern, nun ja, meinetwegen weltanschaulicher Art.

Vadi
 



 
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