Schneeflocke Jenny

B.Wahr

Mitglied
Jenny Schneeflocke

Jenny, die Schneeflocke kam von ganz weit weit her.
Ganz weit oben, im Norden der Erdkugel, war sie geboren wurden.
Dort wo es das ganze Jahr lang Winter ist, und wo es selbst dann noch bitterbitterkalt ist, wenn die Sonne scheint!

Dort wo keine Menschen mehr wohnen, weil es für sie dort viel zu kalt ist.
Von dort kam sie mit ihrer großen Schneeflocken-Familie und den Neunhundertneunundneunzig (999 - das sind 3 Neuner hintereinander) Schneeflocken Geschwister.

Ein dicker fetter Schneesturm hatte sie, ihre Familie und noch Neunhundertneunundneunzigtausendneunhundertneunundneunzig (999.999 - das sind 6 Neuner hintereinander) zu einer riesigen schwarzen Schneewolke zusammengetrieben. Nur eine einzige Schneeflocke fehlte, und es wäre eine ganze Million gewesen (1.000.000 - das ist eine Eins mit sechs Nullen hintereinander!)

Lange blies der Sturm die Riesen-Schneewolke mit rasender Geschwindigkeit über das ewige Eis. Jenny und die anderen wirbelten wie wild durcheinander und vor lauter Schneeflocken nichts erkennen. “HUI, HUI” - pfiff der Wind immer und immer wieder, wenn sie ihre Geschwister rufen wollte. Aber in dem lauten “HUI, HUI” konnte niemand ihr dünnes Stimmchen hören. Ja, vor lauter lautem “HUI, HUI” konnte sie nicht einmal ihre eigene Stimme mehr hören und wußte schließlich hinterher nichteinmal, ob sie nun gerade nach ihrer Schwester Frieda oder ihrem Bruder Frido gerufen hatte. So laut war das “HUI, HUI”!!

Erst nach 77 geschlagenen Stunden machte der Sturm eine Pause, weil ihm ein bißchen die Puste ausgegangen war. Drei ganze, lange Tage, drei ganze, lange Nächte und eine ganze, lange Stunde lang hatte er jetzt hintereinander ohne Pause kräftig “HUI, HUI”  geblasen. Jetzt war er machtig müde und konnte gerade noch “HU” sagen, dann schlief er ein.

Sofort wurde es ruhig in der Wolke und Jenny konnte ihre Geschwister am linken Wolkenrand erkennen. Dahin flog sie nun, und sie erzählten sich, wie sehr sie alle Angst gehabt hatten, in den vergangenen 3 Tagen und 3 Nächten und in der letzten Sturmstunde nit dem fortwährenden “HUI, HUI” .
Und alle waren froh, daß sie jetzt ein Weilchen ihre Ruhe hatten vor dem “HUI, HUI” .

Alle waren sehr müde geworden. Und weil es jetzt Abend wurde, und auch der Sturm schon lange schlief, legten sie sich dicht nebeneinander auf den weichen Boden der Wolke und schliefen ganz schnell ein. Was die vielen Schneeflocken alles geträumt haben, wissen wir nicht. Auch nicht, ob alle das gleiche geträumt haben oder jede etwas anderes. (Dann wären das ja 999.999 verschiedene Traumgeschichten in einer einzigen Nacht!)

Jedenfalls müssen es lustige und schöne Träume gewesen sein. Denn am nächsten Morgen waren Sie alle ganz besonders fröhlich und putzmunter.
Draußen, neben der Wolke schien hell und warm die Sonne. Der Himmel war strahlend blau, keine zweite Wolke war am Horizont zu erkennen.

Tief unten konnten sie die Erde erkennen und sehen, wie der Schatten ihrer Schneewolke dort vorüberzog. Wie gebannt starrten sie alle miteinander da hinunter. Das hatten sie noch nie gesehen, das war ja niedlich:

Eskimomänner stachen mit großen Schaufeln Schneesteine aus dem tiefen Schnee und bauten runde Iglu-Häuschen. 
Dick in Pelz vermummte Eskimokinder machten es ihnen nach und bauten Mini-Iglus für ihre Schneepüppchen. 

Die ganze Landschaft war weiß wie Puderzucker und weit und breit war kein einziges Auto. Wenn sich die Menschen da unten besuchen wollten, dann nahmen sie einen Schlitten, spannten ihre Hunde davor und ab ging´s! Wenn sich zwei Schlittengespanne unterwegs im Schnee begegneten, machte es nicht wie in unseren Straßen ganz häßlich TÜT, TÜT und HUP, HUP, sondern HALLO und WAU, WAU weil sich die Menschen und die Hunde über die Begegnung freuten und nicht ärgerten wie zwei Autofahrer auf der Kreuzung.

Dann flogen Jenny und die anderen Schneeflocken mit ihrer Wolke weiter und weiter.

Auch der Sturm war inzwischen aufgewacht, hatte dreimal kräftig gegähnt und wieder angefangen zu pusten. Doch weil er immer noch recht müde war, blies er nur ganz schwach, sodaß die vielen Schneeflöckchen nur ein kleines wenig in der Wolke herumgewirbelt wurden. Das war für sie wie Karuselfahren oder Boxauto- oder Achterbahn- das machte ihnen Spaß, wie dir sicher auch. Zwischendurch machte der müde Sturm immer wieder mal eine Pause, wo sie sich miteinander auf den Wolkenrand setzen konnten.

Dann sahen sie hinunter zur Erde und hatten viel Spaß miteinander.

Gerade flogen sie über eine Meeresbucht, die noch halb zugefroren war. Am vereisten Ufer liefen große Kinder mit Schlittschuhen. Kleinere fuhren mit Schlitten die Böschung hinunter und andere schauten dem bunten Treiben nur zu.

Weiter draußen schwammen viele große Eisschollen im Wasser. Auf manchen saßen Robbenmütter und spielten mit ihren Jungen Fischefangen, weil sie keine Bälle hatten. Die Robbenväter lagen faul in der Sonne und spielten Feierabend.

Noch weiter draußen hörten sie, wie sich zwei große bärtige Seelöwen um eine große Eisscholle stritten. UAAAH  macht der eine und OAHH der andere. Bis hoch hinauf in die Schneewolke hörte man das ständige OAHH und UAAAH  der beiden Raufbolde, die sich jetzt auch noch gegenseitig ins Wasser schmissen, daß es nur so klatschte und spritzte. Das dauernde UAAAH  und zu OAHH und KLATSCH- KLATSCH wurde dem müden Sturm zu dumm. Drum bließ er die beiden Streitlöwen kurzerhand weit herunter von der Insel ins kalte Wasser. Da machte es nocheinmal kräftig KLATSCH- KLATSCH, dann schwamen die Raufbolde auseinander und jeder von ihnen suchte sich eine eigene Eisscholle.

Weit draußen auf dem Meer sahen die Schneeflocken noch ein paar riesige Eisberge schwimmen. Die sahen von oben aus wie Sahnetorten, aber von unten waren es gewaltige Berge mit tiefen Schluchten und steilen Hängen. Und unter dem Wasser waren sie sogar noch sieben mal größer als das, was aus dem Wasser schaute und schon groß genug war! Da mußten die Schiffe aber gewaltig aufpassen, daß sie da nicht zu nahe ran kamen.

Nur ein einziger Zentimeter zu nah, und schon würde es fürchterlich krachen.
Das harte Eis würde sofort den hölzernen oder stählernen Schiffsbauch aufritzen wie eine dünne Tomatenhaut. Die Schiffssirene würde gellen UIUIUIUI, die kleinen Rettungsboote würden heruntergelassen und der Funker würde an alle Schiffe S.O.S. (SAVE OUR SOULS - RETTET UNSERE SEELEN) funken. Nach wenigen Minuten wäre das große Schiff auf dem tiefen Grund des Meeres.

Noch weiter draußen, hinter dem letzten Eisberg sah Jenny plötzlich eine
große Wasserfontäne aufsteigen. Schau mal, schau ein Springbrunnen mitten im Meer” rief sie zu ihrer älteren Schwester. Die lachte lauthals und sagte; “Oh du dumme Jenny, einen Springbrunnen auf dem Meer gibts doch nicht. Das ist doch nur ein Wal. Hast Du denn noch gar nie einen Wal gesehen?”

Jenny schüttelte den Kopf, denn sie hatte wirklich noch niemals zuvor einen Wal gesehen, der einen so großen Springbrunnen ins Meer zaubern konnte.
Aber Du hast sicher schon mal einen Wal gesehen: Auf einem Bild, in einem Buch, im Fernsehen oder vielleicht sogar in einem Zoo.

“Der Wal sieht aus wie ein großer Fisch. Aber er ist eigentlich gar kein Fisch, sondern ein Säugetier wie die Menschen, die Hunde oder die Kühe und viele andere Tierarten” erzählte Jennys Schwester (Sie hatte das in der Schneeflockenschule gelernt!) weiter. “Ja, er ist das größte Säugetier auf der ganzen Erde. Größer als ein Elefant, viel größer als ein Mensch und noch größer als ein Auto. So groß wie ein mittelgroßes Haus und manchmal sogar noch etwas größer. Von allen Lebewesen ist der Wal das größte, nur die Dinosaurier waren noch größer. Aber die sind schon lange ausgestorben auf der Erde. Nur im Museum sieht man noch ihr Knochen und gemalte Bilder. Denn kein Mensch hat sie je gesehen.”

Was die alles weiß und kennt, dachte Jenny, denn sie selbst hatte noch nie einen Wal und noch nie einen Elefanten gesehen oder gehört. Ja noch nichteinmal eine echte Kuh!. Auch war sie noch nie im Museum. Und die einzigen Häuser, die sie gesehen hatte, waren Wolkenhäuser und die kleinen Iglus der Eskimos. Deshalb konnte sie sich immer noch nicht so richtig vorstellen, wie groß ein Wal wirklich ist.

Da sah sie ihn plötzlich unter sich auftauchen: Ein riesengroßer schwarzblauer Koloß mit einem riesigen breiten Maul und zwei lustigen kleinen Äuglein, die ihr zublinzelten stieg aus dem Wasser. Aus einem Loch auf seinem Rücken schoß eine meterhohe Wasserfontaine bis hinauf zu ihrer Wolke. So weit hinauf, daß sie ihn hätte berühren können. Ab der Wasserstrahl war so stark und breit, daß sie Angst davor hatte und es lieber bleiben ließ.

“Hast Du gesehen” fragte Jennys Schwester, “so weit und so stark kann nicht einmal die Haupt-Feuerwehr von Berlin spritzen. Und Berlin ist die Hauptstadt von Deutschland. Und die Berliner sind bekannt für ihr Gespritzes.”

Aber Jenny hatte noch nie einen Feuerwehrschlauch gesehen und war auch noch nie in Berlin gewesen. Auch wußte sie natürlich nicht, daß es zwei Sorten Berliner gibt: Die einen, die aus der Bäckerei, die man essen kann, und die anderen: die ungenießbaren von der Spree, die keine süße Marmelade innen drin haben und “icke” sagen, statt “ich” und “nee” statt “nein”!

Und Du, FREDERIK, welche Berliner kennst Du?

Die BERLINER vom Bäcker 
oder die von der Spree?

Inzwischen war es Nacht geworden. Alle Schneeflöckchen kuschelten sich wieder dicht aneinander und schliefen auf dem weichen Wolkenteppich. Jenny träumte von einem schönen Park mit einem runden Teich in der Mitte, aus dem eine Wasserfontaine in den Himmel stieg. Und nur sie allein wußte, daß dies kein Springbrunnen war, sondern ein lustiger Riesenwal, der manchmal, wenn keine Leute im Park waren aus dem Wasser sprang, ihr lustig zuzwinkerte und mit einem lauten PLATSCH wieder im Teich verschwand.

Jennys Schwester träumte von einer großen Bäckerei, in der die Berliner und andere leckere Backwaren niemals ausgingen...

Und von was willst Du heute träumen, FREDERIK?

Und: Soll die Schneewolke morgen nach Deutschland fliegen? Direkt über Euer Haus in Hochdorf?

Und wenn es dann anfängt, zu schneien, und Du auf Deiner Stirn eine besonders feine Schneeflocke spürst, - eine, die nicht ganz so kalt ist wie die anderen, dann ist es bestimmt Jenny, die kleine Schneeflocke vom hohen Norden. Wenn sie Dir einen Kuß auf die Stirn gegeben hat, dann mußt Du es gut im Gesicht verreiben. Das bringt Dir Glück und viele schöne Träume!

All, die schönen und interessanten Sachen, die Jenny auf der Erde gesehen hat, kannst Du dann besonders gut nachträumen.

Viel Spaß dabei und - GUTE NA-ACHT!!
 



 
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